Mehr Lebensqualität durch "bessere" Architektur?
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Hier einige Aussagen des Artikels, in dem Manuel Pretzl, der neue Fraktionschef der CSU im Stadtrat, zitiert wird:
- Die CSU im Stadtrat greift die mächtigen Architekten an, die "belanglos und uniform" bauen, die es nicht schaffen "das Lebensgefühl der Menschen" zu treffen. Die Optik der Gebäude orientiere sich häufig nur daran, wie es an der Universität gelehrt wird. So resümiert er:
- "Wir [Bürger, Politik] müssen die Stadt von den Architekten zurückholen"
- Sowohl die Wettbewerbskandidaten als auch die Jury, werden stets von einer "Clique aus zwei Handvoll Architekten" gebildet. Die CSU möchte daher zunächst eine zeitliche Begrenzung für Jurymitglieder durchsetzen.
- München würde aufgrund dieser "Monokultur" bald Schlusslicht bei innovativer Architektur", insbesondere nach Reisen, packe ihn zuhause der Frust, insb. wenn er sich die Messestadt Riem ansieht.
- Die immer gleichen Architekten würden die immer gleichen Häuser bauen, als Beispiel nennt er die Welfenhöfe in Haidhausen [hier jüngst scharf kritisiert].
- Von einer "Vielfalt zur Einfalt" spricht er. Fast überall Flachdächer, Rasterfassaden. Und wenn ein Entwurf mit anderen Formen, mit großen Balkonen arbeite, wird das in Jurys oft "niedergemacht".
- Pretzl führt als weiteres Beispiel den Wettbewerb zum Ex-Phillips Hochhaus am Heimeranplatz an: Hochdekorierte Jurymitglieder der Stadtgestaltungskommission würden Spezlwirtschaft betreiben.
- Die CSU will mit einem Stadtratsantrag daher erreichen, dass ein Bauherr ein höheres Baurecht bekommt, wenn er sich bei Gebäudeform, Höhe und Ausgestaltung innovativ zeigt. Markanz soll belohnt werden.
- "Wenn man neben dem BMW Vierzylinder wohnt, dann ist das was, wo man sagt: Daneben wohne ich. Kein Mensch würde sagen: Ich wohne neben den Welfenhöfen".
- Die Architektur müsse sich also mehr nach den Bedürfnissen der Menschen richten. Unterschiedliche Wohnformen sollten beibehalten werden, kein Einheitsbrei entstehen. Ein Positivbeispiel sei das geplante "Vertical Garden" am Arabellapark.
- Wie OB Reiter, will auch die CSU Hochhäuser "viel stärker forcieren". Die Achse HBF - Pasing oder das Gebiet Schwabing Nord seien verpasste Chancen gewesen.
- Deshalb will die CSU das Planungsreferat dazu verpflichten, bei jedem neuen, größeren B-Plan zu überprüfen, ob Wohnhochhäuser möglich seien.
- Die Verwaltung müsse neue Architekten zulassen, ein klares Signal setzen, dass eine andere Architektur erwartet wird.
- Letztlich müssen die Bewohner von Neubauten wieder sagen können: "Wow, da wohne ich".
- Entscheidend sei, ob es gelingt, die Bürger mit der "wachsenden Stadt zu vesöhnen".
Die SZ schreibt, die Ideen seien nicht neu, doch wären sie nun endlich im Rathausbündnis aus CSU und SPD angekommen, und damit sei es deutlich realistischer, dass diese nun auch umgesetzt werden.
Quelle: SZ Print, Rubrik: München, 10.02.2018
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Respekt, einen solchen Sinneswandel hätte ich der CSU gar nicht mehr zugetraut . Der Mann hätte schon viel früher die Fraktionsspitze einnehmen sollen. Die Architekten sind zwar nur eines von vielen Problemen, denn die Politik trägt bekanntlich auch häufig dazu bei, dass Entwürfe oft mutlos daherkommen, aber die Kritik trifft trotzdem ins Schwarze. Fast scheint es, als lese Hr. Pretzl hier selbst mit. Große zentrale Flächen mögen bereits zugebaut sein, aber mit der SEM MNO, Freiham Bauabschnitt 2, einer Entwicklung des Münchner Nordens, kleineren innerstädtischen Entwicklungsflächen, gibt es noch massenhaft Potential, den Worten und Ansätzen, Taten folgen zu lassen. Erste positive Beispiele sind Werksviertel, Macherei oder die Bayernkaserne. Aber dabei darf es nicht bleiben, mutige, innovative und menschenfreundliche Architektur muss von der Ausnahme zur Regel werden.
Edit: Wie ich gerade sehe, gibt's den Artikel auch online:
http://www.sueddeutsche.de/mue…choener-gruener-1.3861138