Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • Jöran:


    Das Kraus Maffei Gelände im Westen ist groß, da haben sicher einige tausend Wohnungen Platz.


    Generell ist es mir aber völlig unverständlich - ja es ist ein trauriger Skandal - warum die Landtagspolitiker hier frohlocken und auf die Vielzahl an möglichen Wohnungen in München verweisen, aber kein Wort darüber verlieren, dass auch Parsdorf jetzt unverzüglich 1.000 neue Wohnungen bauen müsste. Was soll denn das? Solange die Kommunen nicht endlich zum Wohnungsbau verpflichtet werden, wenn sie massenhaft Arbeitsplätze schaffen, wird die Pendlerei durch und um München immer schlimmer. Es dürfte klar sein, dass der Großteil der Arbeitnehmer mit dem Auto nach Parsdorf fährt...


    Für mich ist das Rosinenpickerei und an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.

  • Mia, seh ich genauso. V.a. Parsdorf hat eh schon ein beeindruckend grosses Gewerbegebiet. In Vaterstetten entsehen zwar derzeit im Westen viele neue Wohnungen, aber sicher nicht ausreichend.

  • Beispiel:


    Die Umlandgemeinden können wählen zwischen ausreichend Wohnungsbau unter Eigenregie, Alternativ Wohnungsbau als zukünftiger Stadtteil von München.

  • ^^


    1 % Wachstum pro Jahr, davon 6.000 bis 7.000 durch Geburtenüberschuss. Macht also eine Netto-Zuwanderung von 10.000 Menschen pro Jahr.


    Wie schon an anderer Stelle geschrieben ist München mit 1 % Wachstum im Moment nicht mal mehr auf einem Spitzenplatz in Deutschland. In Europa bewegt man sich im Mittelfeld und global gesehen ist 1 % Wachstum praktisch Stagnation.


    Ich würde mir wünschen, wenn diese Maßstäbe von möglichst vielen Menschen und vor allem den Medien verstanden werden. Not zur Hysterie besteht in keinem Fall. Vielmehr sollte sich die Politik fragen, warum die Immobilienpreise TROTZ des sehr marginalen Wachstums so hoch sind.

  • Meiner Ansicht nach wurde das Wachstum v.a. wegen der Preise abgebremst, sowie dass derzeit auch in vielen anderen Lagen von dtld. sehr gute Jobaussichten bestehen. Zu Preisen von Berlin hätten wir wahrscheinlich locker das doppelte Wachstum.

  • Wir sehen bei diesen Zahlen ja nur das Wachstum, somit gibt es sicher eine immer größer werdende Austausch, bzw. „Verdrängungszahl“, da es viele neue sehr gut bezahlte Arbeitsplätze gibt.


    Wie seht’s ihr des?

  • Vielmehr sollte sich die Politik fragen, warum die Immobilienpreise TROTZ des sehr marginalen Wachstums so hoch sind.


    Es gibt noch andere Preistreiber als Wachstum allein, vor allem:
    1. Verhältnis Angebot zu Nachfrage
    2. Zahlungsbereitschaft/Kaufkraft
    3. Spekulativer Immobilienmarkt


    In München sind vor allem die beiden ersten Faktoren stark ausgeprägt - sehr viele Menschen mit hohen bis sehr hohen Einkommen treffen auf einen Wohnungsmarkt mit zu geringem Angebot. Also überbieten sich diese Menschen gegenseitig und die Preise steigen immer weiter... was wiederum zu einem Anstieg der Spekulationen führt usw.


    Ich denke München würde ohne das Wohnungsproblem viel schneller wachsen. Viele Menschen wollen hier leben...

  • Diese Situation ist insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und der Region sehr ungünstig. Meine größte Hoffnung baue ich gerade auf die erneuten Anläufe im Stadtrat, endlich eine konsequente Mobilitätswende umzusetzen. Wenn die Stadt es schafft, den Autoverkehr massiv zurückzudrängen, werden ganz andere Nutzungsdichten möglich sein. Dann wird die Stadt auch im Inneren nochmal einen ganz neuen Wachstumsschub bekommen.

  • ^Den Zusammenhang verstehe ich nicht! Warum soll durch die Rückdrängung des Autoverkehrs eine höhere Nutzungsdichte möglich sein??

  • Der Autoverkehr ist - zumindest hier in München - das Hauptargument gegen dichtere und höhere Bebauung. Der Transport von Menschen mit dem Auto im Stadtgebiet ist ineffizient und platzintensiv. Fast alle Projekte müssen deshalb schon mit niedriger Dichte entworfen werden und im Laufe der Planungszeit wird diese aufgrund der zu erwartenden Probleme mit dem Autoverkehr noch weiter verringert. Dicht besiedelte Quartiere wie sie zuletzt vor der Einführung der Pkw als Massenverkehrsmittel bis Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, sind zwar aufgrund ihrer Lebendigkeit und kurzen Wege nach wie vor beliebt - können in dieser Dichte aber schon rein baurechtlich nicht mehr realisiert werden. Allein die Stellplatzverordnung schreibt in München teilweise bis zu 2 Pkw-Stellplätze pro Wohneinheit vor und verkompliziert und verteuert das Bauen massiv. Und trotz niedriger Nutzungsdichten ersticken die Straßen im Dauerstau.


    Mit anderen Verkehrsmitteln wie Öffentlichen oder auch auf innerstädtischen Kurzstrecken mit dem Radl oder zu Fuß können viel mehr Menschen auf effizientere und platzsparende Weise transportiert werden. Andere Städte machen vor, dass dann auch wieder höhere Dichten möglich sind.

  • Die niedrige Bebauungsdichte hat viele Gründe, der Autoverkehr ist aber eher keiner davon. Die Stellplatzverordnung könnte man 1. kippen und 2. geht die heute übliche Straßenbreite auf die Gründerzeit zurück, welche vor der Erfindung des Autos aufkam. Auch ohne Autos werden wir in Zukunft sicherlich keine mittelalterlichen Gassen mehr bauen.

  • Zitat Isek:
    Wie schon an anderer Stelle geschrieben ist München mit 1 % Wachstum im Moment nicht mal mehr auf einem Spitzenplatz in Deutschland.


    Welche Zahlen ziehst du denn für deine Behauptung heran?


    Von 2017 auf 2018, also für den Zeitraum wo schon Zahlen der Statistischen Landesämter (zur Vergleichbarkeit) verfügbar sind, verhält es sich unter den 20 größten deutschen Städten anders (klar, dass Kleinstädte z.T. deutlich höhere prozentualen Steigerungsraten aufweisen, aber da stellt sich dann nicht mehr die Frage der Vergleichbarkeit):



    Datenquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Großstädte_in_Deutschland, eigene Berechnung; eigene Grafik


    Zitat LugPaj:
    Zu Preisen von Berlin hätten wir wahrscheinlich locker das doppelte Wachstum.


    Da du dann fairerweise auch die Gehälter / Löhne kürzen musst, schließlich fallen die Preise nicht vom Himmel, sondern sind, wie Jai-C schon ausführte, auch einkommensbasiert, bezweifle ich das.


    Zitat Iconic:
    Diese Situation ist insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und der Region sehr ungünstig.


    Was ist an 1 % Wachstum / Jahr denn schlecht?


    Ein guter Ansatzpunkt wäre auch mal, die Umlandkommunen zu mehr Wohnungsbau zu bewegen, sonst kommt München niemals mit dem Angebot hinterher, geschweige denn mit dem Ausbau der Infrastruktur.


    Zitat Iconic:
    Fast alle Projekte müssen deshalb schon mit niedriger Dichte entworfen werden und im Laufe der Planungszeit wird diese aufgrund der zu erwartenden Probleme mit dem Autoverkehr noch weiter verringert.


    Hast du dafür Beispiele? Mir sind nur Projekte bekannt, bei denen die Dichte im Laufe der Planungen zugenommen hat, einzig an der Anzingerstraße wurde signifikant reduziert - aufgrund Lärmschutzvorschriften. Oder täusche ich mich?


    Zitat Iconic:
    Allein die Stellplatzverordnung schreibt in München teilweise bis zu 2 Pkw-Stellplätze pro Wohneinheit vor


    Wo das? Der Schlüssel schreibt bei Wohnnutzung in aller Regel maximal 1 Stellplatz pro Wohneinheit vor.
    https://www.muenchen.de/rathau…recht/vorschrift/926.html

  • Die Stellplatzverordnung könnte man 1. kippen


    Guter Vorschlag, u.a. das wird im Zuge der Verkehrswende auch passieren.


    2. geht die heute übliche Straßenbreite auf die Gründerzeit zurück


    Meine Ausführungen bezogen sich in erster Linie nicht auf die Breite von Straßen, sondern auf die Dichte der Bebauung.


    Hast du dafür Beispiele? Mir sind nur Projekte bekannt, bei denen die Dichte im Laufe der Planungen zugenommen hat,


    OK, in letzter Zeit wird teilweise versucht, etwas mehr Dichte auf niedrigem Niveau auszuschöpfen. Da sehe ich aber noch keinen Durchbruch. Immer noch ist es das Argument des Verkehrskollaps - berechtigterweise - , das die zentrale Rolle spielt, wenn es darum geht, wie viele WE und/oder Arbeitsplätze auf einem Areal untergebracht werden. Reduzierungen z.B. der Anzahl der WE gab es in meiner Erinnerung sehr oft, z.B. an der Prinz-Eugen-Kaserne, bei der Paul-Gerhard-Allee, aktuell bei den Planungen an der Truderinger Str. und auch bei den Planung im Nordosten bzw. Norden ist dies das Hauptargument der Gegner einer dichten Bebauung. Und dieses Argument ist ja auch stichhaltig, wenn man davon ausgeht, dass die innerstädtische Mobilität mit dem MIV abgewickelt wird und u.a. viele WE's einen (ok nur einer, aber das ist auch schon zu viel ;-)) Stellplatz hingebaut bekommt.


  • Was ist an 1 % Wachstum / Jahr denn schlecht?


    Rein von der Zahl her wahrscheinlich nichts, sondern wahrscheinlich kein schlechter Wert, da dieses moderate Wachstum uns eigtl nicht überfordern sollte.



    in guter Ansatzpunkt wäre auch mal, die Umlandkommunen zu mehr Wohnungsbau zu bewegen, sonst kommt München niemals mit dem Angebot hinterher, geschweige denn mit dem Ausbau der Infrastruktur.


    Sicherlich schön, wenn das Umland mehr aufnehmen könnte, allerdings hat es ein ähnlich prozentuales Wachstum wie München, wenn du dir die umliegenden Landkreise anschaust.

  • Ein Wachstum von einem Prozent ist eigentlich unkritisch. Aber das ist ja nur das tatsächlich realisierte Wachstum! Wenn ausreichend Wohnungen zu akzeptablen Preisen bereitstünden wÜrde MÜnchen viel schneller wachsen. Das Wachstum korreliert ziemlich eindeutig mit dem Wohnungsbau.
    Von daher finde ich es zu simpel das IST-Wachstum (das vor allem einer zu behäbigen Bautätigkeit geschuldet ist) zu nehmen und dann mit Städten zu vergleichen, in denen ganz andere Rahmenbedingungen herrschen.


    Gerade das Wachstum der Städte in Schwellenländern ist übrigens nicht vergleichbar. Dort findet weiterhin eine Landflucht statt und die in die Städte drängenden Arbeitskräfte wohnen unter oft menschenunwürdigen Bedingungen.


    In Erste Welt-Städten ist die Lage ganz anders: da werden teilweise gezielte Förderprogramme für den Wohnungsbau aufgelegt (z.B. Wien), das ist nicht so schlafmützig wie in München. Daran gilt es sich zu orientieren.


    iconic: Ich stimme dir darin zu dass der zu hohe Stellenwert des Autoverkehrs eine bremsende Wirkung auf den Wohnungsbau hat. Ich würde Stellplätze innerhalb des Rings nicht nur nicht vorschreiben, sondern sogar nur gegen hohe Gebühren zulassen. Außerdem sollten Parkplätze am Straßenrand (die ineffizienteste Nutzung von Stadtraum) weitgehend verschwinden. Man könnte so viel Platz für Fahrradstraßen schaffen, hätte mehr Platz zum Bauen und würde den Verkehr in der Innenstadt drastisch reduzieren.

  • Außerdem sollten Parkplätze am Straßenrand (die ineffizienteste Nutzung von Stadtraum) weitgehend verschwinden. Man könnte so viel Platz für Fahrradstraßen schaffen, hätte mehr Platz zum Bauen und würde den Verkehr in der Innenstadt drastisch reduzieren.


    Volle Zustimmung. Allerdings braucht man dann Alternativen für die Leute, die trotzdem ein Auto brauchen (und manche brauchen es, ob gesundheitlich, oder Großfamilie o.a.....)
    Wenn man alle Parkmöglichkeiten an der Straße wegnimmt, braucht man trotzdem für manche Fälle einen Ersatz. Gutes Beispiel sind hier meiner Ansicht nach asiatische Städte, wo es fast keinen öffentlichen Parkraum an der Straße gibt, aber man doch ein Parkhaus findet, wenn es nötig ist. Die absolute Mehrheit fährt da aber trotzdem mit dem (vielleicht auch privatwirtschaftlich organisierten) ÖPNV.


    =>
    - mehr Parkhäuser an Stadtrandlagen mit guten Park&Ride Möglichkeiten
    - mehr Parkhäuser im Mittleren Ring Gebiet.

  • ^^


    Großfamilie? Was ist das? Bis 5 Personen gibt es eine Gruppenkarte im ÖPNV. So viele Gründe finde ich nicht, die den Gebrauch eines Autos in der Innenstadt rechtfertigen. Wenn der Gebrauch eines Fahrrades aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, dann gibt es den ÖPNV. Und wenn ich nicht mehr weite Strecken gehen kann, dann bleibt wohl oder Übel noch das Taxi. Ich geh auch nicht davon aus, dass Gehkranke jeden Tag in die Münchner Innenstadt müssen.


    Daher kann es nur eine Lösung geben: Den motorisierten IV und in erster Linie das Auto so weit wie möglich aus den Innenstädten zu verbannen. Mehr Parkhäuser innerhalb des Ringes sind weder stadtplanerisch sinnvoll noch zeitgemäß.

  • Ich glaube das hatten wir noch nicht hier, die Stadt hat inzwischen den Demografiebericht München, Teil 2 veröffentlicht, darin geht es um die "Kleinräumige Bevölkerungsprognose 2017 bis 2040 für die Stadtbezirke":


    Die Bevölkerungsentwicklung wird in den einzelnen Münchner Stadtbezirken bis 2040 sehr unterschiedlich ausfallen. Während am Stadtrand wegen starker Neubautätigkeiten deutliche Zuwächse zu erwarten sind, wird es in der Innenstadt eher geringe Wachstumsraten oder sogar leichte Rückgänge geben.


    Der Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, in dem mit Freiham ein neuer Stadtteil entsteht, wird bis 2040 das stärkste Wachstum aller Bezirke aufweisen. Hier ist mit einem Einwohnerzuwachs von über 90 Prozent zu rechnen. Die Einwohnerzahl wird sich um über 40.000 Personen erhöhen. Des weiteren gehören die Stadtbezirke Feldmoching-Hasenbergl mit über 50 Prozent sowie Moosach, Trudering-Riem, Schwabing-Freimann und Bogenhausen jeweils mit einer Bevölkerungszunahme von 30 bis 35 Prozent zu den stark wachsenden Gebieten in München.


    Eher stabile Einwohnerzahlen und geringe Wachstumsraten oder auch leichte Rückgänge sind dagegen für die Innenstadtbezirke Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Schwabing West, Maxvorstadt, Sendling, Schwanthalerhöhe und Altstadt-Lehel sowie am Stadtrand für Hadern und Untergiesing-Harlaching zu erwarten.


    Quelle und vollständiger Demografiebericht zum Download: https://www.muenchen.de/rathau…evoelkerungsprognose.html


    Auch die SZ berichtete letzte Woche, der Autor machte sich insbesondere Gedanken zum Thema Infrastruktur. Als "Boomgebiete" gelten demnach insbesondere der Westen der Stadt mit Freiham (bis 2040 +40.000 EW) und der Norden (Feldmoching; +30.000 EW). Aber auch an den Rändern im Nordwesten (Moosach), Nordosten (Bogenhausen) und Osten (Trudering-Riem) ist ein starkes Wachstum zu erwarten. In den Innenstadtgebieten wird hingegen trotz viel Fluktuation eine Netto-Stagnation der Bevölkerung erwartet.


    https://www.sueddeutsche.de/mu…hstum-stadtrand-1.4546282