Münchner Biergartenratsch

  • MiaSanMia:
    @1960er/1970er Jahre in München: Ich denke, es ist unbestritten, dass die Stadt in der Zeit von 1958 bis 1972 einen der größten Entwicklungsschübe ihrer Geschichte erlebt hat. Sowohl baulich als auch infrastrukturell als auch kulturell. Natürlich ist es letztlich Geschmackssache, aber als wertlose „Plattenbausiedlungen“ würde ich das städtebauliche und architektonische Erbe aus dieser Zeit in München niemals bezeichnen. Und die Versuche eines Umbaus zur Autostadt hatten ja bereits Ende der 1930er Jahre in voller Radikalität begonnen, als breite Schneisen rund um die Altstadt geschlagen wurden (auf den Abriss der Matthäuskirche 1938 hast du ja selbst kürzlich hingewiesen). Diese Fehler wurden schließlich seit den 1930er Jahren bis in unser Jahrhundert hinein weiter begangen, und auf die tatsächliche Umsetzung der „Verkehrswende“ warten wir ja bis zum heutigen Tag.

  • MiaSanMia:
    @1960er/1970er Jahre in München: Ich denke, es ist unbestritten, dass die Stadt in der Zeit von 1958 bis 1972 einen der größten Entwicklungsschübe ihrer Geschichte erlebt hat. Sowohl baulich als auch infrastrukturell als auch kulturell. Natürlich ist es letztlich Geschmackssache, aber als wertlose „Plattenbausiedlungen“ würde ich das städtebauliche und architektonische Erbe aus dieser Zeit in München niemals bezeichnen. Und die Versuche eines Umbaus zur Autostadt hatten ja bereits Ende der 1930er Jahre in voller Radikalität begonnen, als breite Schneisen rund um die Altstadt geschlagen wurden (auf den Abriss der Matthäuskirche 1938 hast du ja selbst kürzlich hingewiesen). Diese Fehler wurden schließlich seit den 1930er Jahren bis in unser Jahrhundert hinein weiter begangen, und auf die tatsächliche Umsetzung der „Verkehrswende“ warten wir ja bis zum heutigen Tag.


    Volle Zustimmung, ich würde den Zeitraum sogar noch weiter fassen. München hat sich auch in den 1980er und 1990er Jahren beeindruckend weiterentwickelt. Insbesondere die Infrastruktur hat große Sprünge gemacht (ein Weltklasse Flughafen, Ausbau des U-Bahnnetzes in atemberaubender Geschwindigkeit, Bau des Autobahnrings etc.). In den frühen 2000er Jahren kam diese Entwicklung ins Straucheln (ewige Vorlaufzeit für zweite Stammstrecke, kein Weiterbau des Autobahnrings, total verfehlter Wohnungsbau, Hochhaus-Bürgerbegehren...). Im Vergleich zur früheren Geschwindigkeit ist man heute dem Stillstand nahe und wird von anderen Metropolen eingeholt.

  • Na ja, ich finde hier muss man differenzieren. Seit den 1970er Jahren gab es eine deutliche Entwicklungs-Zurückhaltung, die ja bis heute anhält. Ich bleib dabei, die Abkehr vom Metropolendenken wurde gleich nach den Olympischen Spielen eingeleitet mit fatalen Folgen vor allem beim Wohnungsbau aber sicher auch bei der Infrastruktur. Gut, das U-Bahn-Netz wurde massiv weiter ausgebaut aber vielfach wurde gleichzeitig das Tram-Netz fast vollständig stillgelegt bzw. Tramlinien wurden durch U-Bahn-Linien ersetzt. Netzerweiterung: Fehlanzeige (mich würde echt mal interessieren, wie man das damals mit der Kosten/Nutzen-Rechnung hinbekommen hat…). Die Flughafen-Planung geht bereits auf das Jahr 1963 zurück, in dem die Kommission Standort Großflughafen München gegründet wurde und bald u.a. der Standort Erdinger Moos identifiziert war. Im Juli 1969 fiel die Entscheidung für den Bau des Großflughafens im Erdinger Moos. Nur die weitere Planungs- und die tatsächliche Bauzeit fiel dann eben in die 1970er und 1980er Jahre….

  • Es ist mir unbegreiflich wie man zu dem Plan kommen kann, etwa 100km U-Bahnlinie zu bauen und daneben nur etwa 90km Trambahnlinien existieren zu lassen. Ein vernüftiges Veraältnis der Streckenkilometer Trambahn/U-Bahn sollte etwa 2/1 oder größer sein.


    Das wäre mal eine Ansage, dass man 200km Trambahn neu baut in München in den - sagen wir einmal - nächsten 15 Jahren! (Gerne auch echte Express-Busse mit eigenen Brücken und Tunnels.)

  • Man merkt, dass man alt wird, wenn man nostalgisch verklärt. Zumindest alt im Geiste.


    Was war denn früher hierzulande besser? Schwulenklatschen und Paragraph 175? Abfällig auf Italiener oder Türken herab zu blicken? Sperrstunde? Waldmeister-Grütze? Tageszeitung und drei TV Programme? Schrankwand Eiche rustikal? Um nix in der Welt würde ich in der Bundesrepublik der 60er, 70er oder 80er leben wollen. Und München ist heute ein Hub der globalen Gesellschaft, man spricht da von sogenannten global cities. Dass es in München weniger schmutzig, laut und mit Reibung zugeht hat eben viel damit zu tun, dass die Leute im Raum München Arbeit haben, Kaufkraft haben, laufend in öffentlichen Raum investiert wird. Aus mehr Tristesse, wie zB in Berlin, entstünde sicherlich mehr Kreativität der Lebenskünstler, notgedrungen.


    Aber welch dekadentes Geheul. Fast ganz Europa würde nur zu gerne mit den Problemen Münchens tauschen. Außer mit den Klötzen der hochgelobten Nachkriegsjahrzehnte. Gasteig oder Arabella besser heute als morgen abreissen. Zeitgemäß sind Bunker aus Beton und Glas auch nicht mehr. Die verkörpern das miefige alte Westdeutschland geradezu optisch.

  • Wir jammern hier auf sehr hohem Niveau. Hilfreich dagegen ist der Blick von aussen auf die Stadt, wie Touristen und Expats sie so sehen. Und genau die lieben diese "Provinzialität", vielleicht auch eine Art Verklärung ?
    In Beispielen:


    https://www.youtube.com/watch?v=V0bZCbwDQD0&t=5s


    https://www.youtube.com/watch?v=6GGKOrW7RqA


    https://www.youtube.com/watch?v=XoXDiHlWT7I


    https://www.youtube.com/watch?v=tOvEbQVRrWg


    https://www.youtube.com/watch?v=rCxYWA3_IOE


    https://www.youtube.com/watch?v=vXrmFVNHea8

  • Man merkt, dass man alt wird, wenn man nostalgisch verklärt. Zumindest alt im Geiste.


    Richtig.


    Was war denn früher hierzulande besser? Schwulenklatschen und Paragraph 175? Abfällig auf Italiener oder Türken herab zu blicken? Sperrstunde? Waldmeister-Grütze? Tageszeitung und drei TV Programme? Schrankwand Eiche rustikal?.


    Wer sagt den so etwas Absurdes?


    Und München ist heute ein Hub der globalen Gesellschaft, man spricht da von sogenannten global cities.


    Etwas mehr metropolitisches Selbstbewußtsein wie in Paris, London oder wenigstens Frankfurt wäre wünschenswert.


    Dass es in München weniger schmutzig, laut und mit Reibung zugeht hat eben viel damit zu tun, dass die Leute im Raum München Arbeit haben, Kaufkraft haben, laufend in öffentlichen Raum investiert wird. Aus mehr Tristesse, wie zB in Berlin, entstünde sicherlich mehr Kreativität der Lebenskünstler, notgedrungen.


    Niemand, der bei Verstand ist, wünscht sich Berliner Verhältnisse.


    Aber welch dekadentes Geheul.


    Das Geheul in diesem Forum (zumindest mein Geheul) bezieht sich nicht darauf, daß in früheren Zeiten angeblich alles besser war. Ich heule herum, weil alles so unfassbar lange dauert. Die Trambahn-Westtangente wurde 1991 (!) zum ersten mal beschlossen und bis heute wurde da noch kein Quadratmeter Boden umgegraben. Beim U-Bahnbau geht seit 2010 nichts mehr voran. Die 2. Stammstrecke wurde jahrzehntelang diskutiert. Man müßte längst bei der Realisierung des Südringes und des Nordringes sein. Jedes Bauvorhaben wird von Anfang an von wutbürgerlichen Bedenkenträgern torpediert. Darüber darf man schon eine wenig heulen.



    Fast ganz Europa würde nur zu gerne mit den Problemen Münchens tauschen.


    München ist eines der letzten wirtschaftliche Kraftzentren Europas. Der Süden von Griechenland bis Portugal siecht dahin. Der Osten vom Baltikum bis zum Balkan kommt kaum in Schwung. GB verläßt die EU. Die Mitte und der Norden driften bedenklich Richtung Ökosozialismus. Es müßte und es könnte in München noch viel mehr gehen zum Wohle des ganzen Kontinents. Wenn NRW und Berlin und Neapel und Sevilla und Thessaloniki und Lille usw ähnlich stark wären wie München, dann könnte man in München ruhig etwas auf die Wachstumsbremse treten - aber das ist ja nicht der Fall.


    Außer mit den Klötzen der hochgelobten Nachkriegsjahrzehnte. Gasteig oder Arabella besser heute als morgen abreissen. Zeitgemäß sind Bunker aus Beton und Glas auch nicht mehr. Die verkörpern das miefige alte Westdeutschland geradezu optisch.


    Das ist Geschmackssache. Ich selbst finde das meiste, was zwischen 1950 und 1980 gebaut wurde abscheulich und würde es demzufolge auch nicht vermissen.

  • @Capriccio: Nur wenn man einige Gebäude aus der Vergangenheit nicht abreißen möchte, heißt das nicht, dass man die Gegenwart ablehnt und wieder drei Fernsehprogramme haben möchte.


    Fast ganz Europa würde nur zu gerne mit den Problemen Münchens tauschen.


    Na ja, bei aller Bescheidenheit: die aktuellen Probleme und Herausforderungen der Region München ähneln doch sehr den Problemen anderer (west)europäischer Metropolregionen – sooooooooo viel anders oder besser steht München nun wirklich nicht da und jetzt geht es eben darum, diese Probleme anzupacken und Chancen zu erkennen und zu nutzen.


    Wir jammern hier auf sehr hohem Niveau. Hilfreich dagegen ist der Blick von aussen auf die Stadt, wie Touristen und Expats sie so sehen. Und genau die lieben diese "Provinzialität", vielleicht auch eine Art Verklärung ?


    munichpeter: Ich wollte nie bestreiten, dass München einen unvergleichlichen Charme hat! Natürlich sind die Kleinteiligkeit und die Kompaktheit der Stadt, die Wirtshaus- und Biergartenkultur, die Gemütlichkeit, das Isarflimmern, die Seen, die nahen Alpen etc. einzigartig. Dass das alles in Kombination mit einer starken Wirtschaftskraft, guter Infrastruktur, gepflegten Grünanlagen, Schulen und öffentlichen Einrichtungen, ja und moderner, spannender Architektur auf viele Menschen ziemlich unwiderstehlich wirkt ist nachvollziehbar. Deshalb haben wir alle uns ja auch ausgesucht hier zu leben (auch wenn jeder seine persönliche Geschichte hat, unterscheide ich mich da relativ wenig von den Expats und Zugezogenen in den von dir verlinkten Videos). Aber was hat das mit Provinzialität zu tun?


    Übrigens ist das alles auch nicht selbstverständlich oder gottgegeben, sondern Dinge mussten und müssen weiterentwickelt werden. Würde man eine SWOT-Analysis der Region München anfertigen, würde man bestimmt viele Stärken identifizieren, die einem auch scheinbar niemand nehmen kann. Ist man aber ehrlich, gibt es aber auch Schwächen, also Bereiche wo andere Regionen besser scoren (auch wenn Monocle das natürlich in seinen Hochglanz-Videos nicht darstellt), ebenso wie Entwicklungen, die die hohe Lebensqualität in der Stadt gefährden könnten. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von neuen Möglichkeiten und Gelegenheiten, die es wahrzunehmen und zu entwickeln gilt. Dabei ist es auch mal wichtig einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, die zeigt, dass das was wir heute vorfinden, keineswegs das Ergebnis eines immerwährenden Festhaltens am Status Quo ist, sondern dass es Zeiten gab, in denen München sich sehr viel schneller und entschlossener weiter entwickelt hat als das heute der Fall ist.

  • Falls diese Meldung stimmt, wäre es eine schöne Aufwertung für Neuperlach.


    https://www.tz.de/muenchen/sta…-am-ostpark-12363081.html


    Ebenfalls liegt um den Ostpark herum, ein Riesen Potential für neue Wohngebiete. Riesen Parkplatz des Eisstadions, ehemaliger Festzeltplatz im Norden des Ostparks, der riesige Michaelibadparkplatz, etc.


    Neuperlach könnte die Wohnungsnot München's komplett alleine lösen. Wenn man weiterhin hoch baut (bzw. noch deutlich höher und auch dichter) dann könnten gerade hier das Doppelte an Wohnungen entstehen, wie aktuell vorhanden.


    Würde die Ständlerstr. komplett in einen Tunnel gelegt werden, sogar nochmals deutlich mehr.


    Viele schreien, nach ner Entlastungsstadt, Satellitenstadt (nach dem Vorbild Hollands). Gut hier liegt sie. Und sogar nur zur Hälfte an WE ausgeschöpft, was eigentlich möglich wäre.


    Da wäre es Zeit für einen Masterplan.

  • "Ultra High Net Worth Individuals"

    Mal ein etwas anderes Ranking:


    Anzahl der Einwohner mit einem Vermögen von mehr als 30 Mio. Euro:


    Code
    1. London: 4944 EW
    2. Tokio: 3732 EW
    3. Singapur: 3598
    4. New York: 3378
    5. Peking: 1673
    6. Paris: 1667
    7. Seoul: 1594
    8. Taipeh: 1519
    9. Zürich: 1507
    10. München: 1290


    Quelle: €uro am Sonntag, Nr. 17 / 2019, zitiert nach Knight Frank (2018)


    Überrascht bin ich von der großen Abweichung zwischen London und Paris, der Listung Taipehs und dass L.A. nicht unter den Top-10 ist.

  • ^^


    Liegt vielleicht an der Abgrenzung der "Einheit" Stadt. Los Angeles hat als Gemeinde auch nur 3,5 Millionen und die Reichen Wohnen ja eher am Meer oder hinten raus.

  • Ich kann mir nicht vorstellen, wie man solche Daten halbwegs seriös erheben kann. Oder wer gibt schon seine Vermögensstände öffentlich an?

  • ...Aber genau solche zukunftsfähigen Arbeitsplätze braucht man, um auch noch in 20 Jahren wirtschaftlich stark zu sein. Viel Glück allerdings bei dem ausgedünntem Büromarkt

  • Also kommt die Betrugs... äh intelligente Software künftig vielleicht aus München...


    Nein, MartyMuc hat schon auch Recht, überwiegend mit Akademikern besetzte Arbeitsplätze treiben die Wohnungspreise nach oben.


    Zukunftsfähig unterwegs wären auch IT-Techniker mit Ausbildung, da gibt es hunderte Stellen auf die sich kein einziger bewirbt. Ein Informatikstudium ist für die meisten attraktiver und selbst da fehlt es an Personal.


    Sicher braucht es die Arbeitsplätze großer Konzerne. Die Frage ist, ob das sozial nicht auch verträglicher gestaltet werden kann wie bisher. Dass München drittgrößter Bürostandort in Europa ist und zugleich extreme Wohnpreise aufruft, hängt schließlich zusammen.


    Es ist auch zu erwarten, dass mit hochdotierten Akademikerstellen ein Haufen weiterer Dienstwagen auf die Straßen rollt, ob es jetzt BMW mit der FIZ Erweiterung, das neue LKW-HQ von VW, Google (die auf über 1.000 MA anwachsen wollen) oder eben ein IT-Standort der Wolfsburger ist.


    In New York hatten die Bürger mit ähnlichen Argumenten gegen die Ansiedlung eines neuen Amazon-Hauptquartiers protestiert. Mit Erfolg.


    Damit es erst gar nicht so weit kommt: Ich wäre stark dafür, die Unternehmen wieder strenger zum Bau von "Werkswohnungen" zu verpflichten und Firmenwägen höher zu besteuern.