Potsdam: Wiederherstellung der historischen Innenstadt (Projekte)

  • Herrje, Leute. Ich finde es etwas krass, wie schnell man sich hier inzwischen eine Negativbewertung zuzieht, nur weil man jemandem widerspricht. Ich glaube, ich habe, seit ich hier bin, keinen einzigen Punktabzug erteilt. Aber egal: Ich bin weit von 60.000 Euro im Jahr entfernt und zahle trotzdem meine Miete. Deshalb komme ich aber nicht auf die Idee, aus Neid die Vertreibung von Geringverdienern oder Arbeitslosen aus den Innenstädten zu befürworten – denn darauf läuft es hinaus, wenn man alles dem famosen Markt überlässt und Sozialen Wohnungsbau als Beleidigung und Ausbeutung des Mittelstands verwirft.


    Mir ging es in meinem von John Robie zitierten Eingangsstatement in erster Linie darum, den Abriss des Staudenhofes und die Wiederhersterstellung des alten Straßenverlaufes zu unterstützen – allerdings eben unter der Maßgabe, dass die Leute, die heute dort wohnen, auch bleiben (bzw. zurückkehren) können. Ich halte das für ein menschenfreundliches Konzept, und dass Mittelschichtsfamilien darunter zu leiden hätten, kann ich nicht sehen.


    Denn, John Robie, es gibt auch Leute, die nur 20.000 Euro im Jahr haben und trotzdem eine Familie ernähren müssen.

  • Ich führe Diskussionen nicht im Hintergrund mit Däumchen nach unten/oben, das nur nebenbei bemerkt.


    Wer mit einem Einkommen von 20.000 € eine Familie ernährt, dem gebührt in einer Sozialen Marktwirtschaft staatliche Unterstützung. Es geht auch nicht um Neid, denn ich bevorzuge meine aktuelle Wohnsituation sehr im Vergleich mit einer innerstädtischen.


    Mir ging es in meinem von John Robie zitierten Eingangsstatement in erster Linie darum, den Abriss des Staudenhofes und die Wiederhersterstellung des alten Straßenverlaufes zu unterstützen – allerdings eben unter der Maßgabe, dass die Leute, die heute dort wohnen, auch bleiben (bzw. zurückkehren) können.


    Ich sehe die Sache eher wie "Saxonia" in Beitrag # 152.


    Eine wie von Dir geforderte Garantie würde den bisherigen Mietern was genau sichern? Die "Rückkehr"!?! In eine neue Wohnung, zum ursprünglichen Mietzins, von staatlicher Seite subventioniert, oder wie kann man sich das vorstellen?

  • ^ Saxonia argumentiert für den Abriss des Staudenhofs, und da gehe ich mit. Finde das Ding nicht unbedingt hässlich (so es denn in Schuss wäre), aber der exponierten Lage direkt an der Nikolaikirche ist es städtebaulich nicht angemessen. Vom Vorschlag, das Areal an Investoren zu verkaufen, halte ich dagegen wenig. Das würde nämlich bedeuten, die Rendite des Investors wäre das zentrale Kriterium bei der Konzeption der Neubebauung – und diese Konstellation führt in der Regel auch nicht zu Ergebnissen, die städtebaulich und architektonisch überzeugen könnten. Zudem würde vermutlich ein weiterer Mietpreistreiber in einer Stadt entstehen, deren Mietpreise nun wahrlich schon hoch genug sind.


    Die Forderung nach Rückkehr passt nicht ganz, muss ich zugeben – ich hatte sie dem Beispiel der Sanierung Kreuzbergs in den Achtzigerjahren entnommen. Damals wurden die Mieter vorübergehend in Ausweichwohnungen untergebracht, die Häuser wurden saniert, und dann konnten sie zurückkehren. Wenn es allerdings um einen Neubau statt um Altbau-Sanierung geht, ist die Situation eine andere.


    Ich korrigiere mich also: Die Leute, die dort heute wohnen, sollten die Hilfe bekommen, die auch Saxonia vorschlägt. Und die Wohnungen, die neu gebaut werden, sollten wenigstens zu einem gehörigen Anteil dem Preisniveau entsprechen, das der Staudenhof heute hat. Auch wenn das heißt – und dabei bleibe ich – dass die Mieten subventioniert werden müssen. Ich finde es eben wichtig, sozial durchmischte Stadtteile zu haben. Wer die Gegenden für die Reichen von denen für die Armen trennt, leistet letztlich immer der Ghettobildung Vorschub. Und das ist am Ende für alle schlecht.

  • .. warum sollen neue Wohnungen, mit den heute üblichen Standards, zu den selben Konditionen vermietet werden wie alte ? Verstehe ich nicht, ist mir nicht logisch.
    Es gibt keine großflächige Vertreibung von Geringverdienern aus dem Areal, da dieses stark von Sozialwohnbauten geprägt ist. Es gibt auch nicht die Massen von Gutverdienern in Potsdam um damit ganze Wohngebiete zu besetzen.


    Wer bedürftig ist soll unterstützt werden, aber die Stützung solch Bedürftiger kann sinnvoller ausfallen, als die Dauer Subventionierung von gehobenen Wohnlagen. Und wer gibt die Garantie, dass dort wirklich Bedürftige die niedrigen Staudenhofmieten bezahlen und nicht Gutverdiener ?
    Von preiswertem Wohnraum profitieren am meisten Gutverdienende, denen dann mehr zum Leben / sparen bleibt. Geringverdiener können sich auch keine 400 / 500 € Miete leisten und benötigen eh Unterstützung.


    Deswegen. Bei Abriß meistbietend verkaufen und Gestaltungssatzung erlassen.

  • An den anonymen Negativbewerter: Was bitte ist an Beitrag #175 "schlechter demagogischer Stil"? Ich halte ihn für einigermaßen abgewogen und habe mich darin insoweit korrigiert, dass ich nun mit John Robie, mit dem ich mich gestritten hatte, ihm zufolge fast auf einer Linie bin. Und das Wort "Ghettobildung" bezog sich hier auf niemanden konkret, sondern auf eine allgemeine Tendenz, die mit massiv steigeneden Mieten in vielen Wohngegenden zu tun hat.


    Diese Analyse muss man ja nicht teilen - man muss aber auch nicht die, die sie vertreten, gleich mit Punktabzug bestrafen. Gleiches gilt für die Polemik, die ich mir in dem Beitrag zuvor erlaubt habe: Das ist doch keine Demagogie! Mann, mann, mann... :nono:


    @ Kleist: Bin nicht ganz einverstanden, wie Du Dir denken kannst. Aber ich steige an dieser Stelle aus der Diskussion aus. Meine drei Grünen Punkte sind mir zu schade...

  • Neugestaltung der historischen Mitte fast abgeschlossen

    Die Neugestaltung des Areals rund um das Potsdamer Stadtschloss ist laut einem Bericht der Märkischen Allgemeinen fast abgeschlossen. Bei einem Rundgang durch die historische Mitte informierte Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) über den aktuellen Stand der Arbeiten:


    • In der Breiten Straße wurden Fahrbahnen verschmälert, Gehwege verbreitert und nach historischem Vorbild Alleebäume gepflanzt.


    • Vor dem Marstall wurden neue Granitplatten verlegt. Darüber hinaus ist ein Wiederaufbau der ehemaligen Ringerkolonnade im Gespräch.


    • Auf dem Steubenplatz neben dem Landtagsgebäude wurde Rasen gesät. Das dazugehörige Denkmal soll erst später dorthin zurückkehren.


    • Ein genauer Termin für den Abriss der Fachhochschule steht noch nicht fest. Ebenso ungewiss ist der Baubeginn für die geplante Synagoge.


    • Gleichzeitig zum Richtfest des "HQ Humboldt Potsdam" soll im Juli auch der Obelisk auf dem Alten Markt wiederaufgestellt sein.


    • Zur Neugestaltung der Haveluferpromenade hat die Stadt mehrere Landschaftsarchitekten beauftragt.


    http://www.maz-online.de/Lokal…am-Neue-Mitte-fast-fertig

  • Wohnen an der Französischen Kirche

    Hallo zusammen,
    ich glaube über dieses Projekt wurde hier im DAF noch nicht berichtet:
    http://www.pwg1956.de/aktuelle…ranzoesischen-kirche.html.


    Hier sollen Neubauten mit barrierefreien Wohnungen entstehen. Das geplante Bauensemble für Wohnungen und Gewerbe soll aus fünf Gebäuden mit Freifläche bestehen. Wiederaufgebaut werden sollen die denkmalgeschützten und dokumentierten Holländer-Häuser (Häuser 1 und 2). Die Häuser 3 bis 5, für die kein historischer Bestand dokumentiert ist, sollen sich der historischen Situation anpassen.


    2015 soll alles fertig sein. Ich war gestern vor Ort. Man ist bereits beim Erdgeschoss. Ich bin hoch erfreut, dass es nun in dieser Ecke auch weitergeht. Ich hoffe nur, dass man die Französische Kirche demnächst auch sanieren wird.

  • Wenn man der Sonntagsausgabe der Berliner Morgenpost Glauben schenken darf, wird es bald so mancher "sozialistischen Notdurft-Architektur" (Günther Jauch) rund um das Potsdamer Stadtschloss an den Kragen gehen.


    In den nächsten Jahren sollen diverse Paläste und Bürgerhäuser von einst zurückkehren. Neben dem Palazzo Barberini, in dem Hasso Plattner seine Kunstsammlung präsentieren will, sowie den bereits in Bau befindlichen Palazzi Pompei und Chiericati soll u.a. auch das Palazzo Giulio Capra wieder neu entstehen. Angabe gemäß sind etwa die Hälfte der zu bebauenden Grundstücke in der historischen Potsdamer Mitte bereits vergeben.


    Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp hofft, dass ein architektonisches Ensemble geschaffen werden wird, das auch international Beachtung finden wird.


    http://www.morgenpost.de/brand…in-Hauch-von-Italien.html

  • Da kann ich mich nur riesig freuen wenn das so umgesetzt wird, ohnehin ist Potsdam neben Leipzig (und einem kleinen bisschen Frankfurt) derzeit DER Lichtblick schlechthin was versöhnliche, ästethische und vor allem Kulturschaffende/wiederbringende/heilende Bebauung/Rekos angeht. Zwei Daumen hoch von mir!

  • Alte Post

    Ergänzend zum Beitrag #181 über den Neubau der Alten Post gibt es noch die Pressemitteilung der ProPotsdam GmbH vom 17.04.2014 sowie den dazugehörigen Entwurf:



    Quelle: ProPotsdam GmbH

  • Mysteriös. In der MAZ war diese Überarbeitung des Redlich-Entwurfes von Schürmann:




    Quelle: MAZ


    Attikafiguren weg. Korithische Kapitelle des Originals abstrahiert. Andere Absturzsicherungen...

  • @ Konstantin: Aus welcher MAZ-Ausgabe stammt diese Variante denn? Bei dem in Batōs PNN-Artikel abgebildeten Entwurf handelt es sich jedenfalls um denselben wie aus meinem Beitrag.

  • Ich weiss es nicht mehr genau. Klar ist nur, dass Redlich seinen Auftrag vor einem halben Jahr zurückgegeben hat und nun Schürmann, der ursprünglich den Elefantenkäfig ertwarf, den Redlich-Entwurf nochmal "überarbeitet" hat.


    Allein für die die Mehrkosten der inzwischen gefühlt 50 Planungsvarianten hätte man den Originalentwurf herstellen können...

  • Straßenverbreiterung contra Achteckenhäuser

    Im Rahmen der Neugestaltung der Potsdamer Mitte ist ja bekanntlich auch der Wiederaufbau der berühmten Achteckenhäuser geplant. Zugunsten einer Verbreiterung der früheren Hohewegstraße (heute: Friedrich-Ebert-Straße) soll dieser leider jedoch nicht auf historischem Grundriss erfolgen, sondern um mehrere Meter versetzt*, was die Wirkung des filigranen Gebäudeensembles allerdings stark beeinträchtigen würde. Aus diesem Grund stellt sich die Frage: Warum verändert man nicht einfach die bisherige Trassenführung der Straßenbahn durch die Hohewegstraße und lässt diese stattdessen wie damals über den Alten Markt zum Wilhelmplatz (heute: Platz der Einheit) fahren?


    Es wäre eine kleine Maßnahme mit großem Effekt und vielen Vorteilen. Zum einen entstünde vor der Lustgartenfassade des Stadtschlosses mehr Platz und der Alte Markt würde mit der Tram zusätzlich belebt werden. Andererseits könnte das Ensemble der Achteckenhäuser exakt an seinem ursprünglichen Standort wiederentstehen und somit seine volle künstlerische Wirkung entfalten. Darüber hinaus würde die Verlegung der Straßenbahntrasse sogar noch die Wiederaufstellung der historischen Ringerkolonnade in voller Länge zwischen Stadtschloss und Marstall ermöglichen. Was haltet ihr von meinem Vorschlag?


    * ursprünglicher Gebäudeverlauf siehe rote gestrichelte Linie:



    Quelle: Sanierungsträger Potsdam GmbH

  • ^ Über das Thema Straßenbahn-Trasse über den alten Markt hatten wir schon im Stadtschloss-Thead diskutiert (ab #221).


    Ich persönlich halte nicht allzu viel davon, zumindest vorläufig nicht. Man sollte zunächst mal in Ruhe die fest geplanten Neu- und Umbaumaßnahmen realisieren und nicht zu viel auf einmal wollen. Die derzeitige Straßenbahnführung direkt zur F.E.-Straße halte ich für sinnvoll. Die Wiederherstellung der Ringerkolonnaden finde ich nicht so wichtig. Der heutige Lustgarten ist eh modern gestaltet und das Mecure wird noch eine Weile stehen. Eine 1:1 Widerherstellung des "historischen" Potsdams finde ich weder realistisch noch erstrebenswert.


    Einen attraktiven, fußgängerfreundlichen und verkehrsfreien Alten Markt finde ich wichtiger als einen freien Platz vor der Lustgartenfassade. Aber das ist natürlich nur meine private Meinung.

  • U.a. deshalb, weil die neue Trasse schon mit Fördergeldern fertiggestellt ist und deshalb 20 Jahre Bestandsschutz hat.

  • Zur Restaurierung des Obelisken am Alten Markt habe ich eine Frage: Werden die Sockelmedaillons künftig wieder die Preußenkönige (Großer Kurfürst, Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II.) darstellen oder bleiben uns die großen Baumeister (Knobelsdorff, Gontard, Schinkel und Persius) erhalten?