Mobilität der Zukunft

  • Da müssen dann sämtliche ÖPNV-Konzepte überdacht werden. Am besten jetzt schon. Dann kann man sich jetzt Großinvestitionen sparen, die in einigen Jahren eh überflüssig werden.


    ^^ Gerade hier wäre ich nicht zu voreilig. Von allen wirklich erwartbaren Entwicklungen in der Mobilität wäre das autonome Fahren wohl die am schwierigsten Umzusetzende. In Nürnberg hat es viele Jahre gedauert, eine komplett automatische U-Bahn einzuführen, die ohne menschliche Fahrer funktioniert. Siemens hat dafür glaube 15 Jahre benötigt, obwohl die U-Bahnlinie komplett für sich abgeschlossen ist und keinerlei überirdische Streckenteile oder Kreuzungen mit humangesteuerten Linien bestehen. Auch wenn Tesla mit autonomen Fahren bereits am Markt ist und Erfahrungen sammelt, sind wir von einer echten Marktreife v.a. für ÖPNV doch Lichtjahre entfernt. Die Unfälle, die Tesla passieren, werden schließlich letztlich den Fahrern zugerechnet, die das Auto zu steuern haben. Juristisch gesehen ist das Autonome Fahren bei Tesla lediglich eine Fahrassistenz. Jetzt stell dir mal einen solchen E-Bus vor, bei dem ein Fahrgast diese Aufgabe übernehmen soll? Oder ein vollbesetzter Bus, der in irgendwas reinfährt...
    Wer von uns würde sich in einen Tesla setzen, bei dem der Fahrersitz leer bleibt? Eben.


    Bevor das echte autonome Fahren kommt, verschwindet der massenhafte Individualverkehr so wie er heute ist. Als erstes würde vom Logischen her würde sich das autonome Fahren ja in schienengebundenen Systemen zuerst durchsetzen, aber selbst dort haben wir noch einen sehr weiten Weg vor uns. Bis sich das auf unseren Straßen sicher etabliert, mit all seinen Chaoten, frei fahrenden Bürgern, Schlaglöchern und sonstigen Störungen wir Radfahrern, umherfliegendem Laub usw.... bis dahin kann man noch viele Straßenbahnlinien bauen und lange sinnvoll nutzen.

  • ... Doch um den MIV ersetzen zu können ...


    Niemand erwartet ein Ersetzen - stattdessen eine Verschiebung der Anteile weg vom MIV. Nicht jeder arbeitet jeden Tag auf drei verschiedenen Baustellen und muss auch noch zu den KiTas und Bränden. Irgendwo habe ich mal Aussagen gelesen, nach den das autonome Fahren gegenüber dem händischen erst bei Geschwindigkeiten um -zig Kmh effizientere Straßenraum-Nutzung bringt - die kann man auf normalen Großstadt-Straßen seltenst erreichen.


    Die letzte Diskussion ging von möglichen Straßenrückbau in Berlin aus. In verschiedenen Metropolen Europas gibt es Straßenrückbau-Projekte, etwa East-West Cycle Superhighway in London (anstelle von Autospuren), Schließung rechtes Seineufer in Paris, Umwandlung der wichtigsten Nord-Süd-Durchgangsstraße Brüsseler Altstadt in eine Fußgängerzone im Sommer 2015. (Irgendwie schaffen diese Städte geringere MIV-Anteile am Gesamtverkehr, obwohl sie ebenfalls Bauleute, Feuerwehrmänner und Mütter haben.) In Deutschland fallen mir ähnlich mutige Projekte nicht ein.


    Die Kosten? Mit MIV kann man den zusätzlichen Verkehr wachsender Metropolen gar nicht bewältigen, weil der zusätzliche Raum nicht da ist. Man versucht manchmal Lösungen wie die Autotunnel des Düsseldorfer Kö-Bogens mit Kosten, für die man auch U-Bahnen und erst recht Straßenbahnen bauen könnte. Die darüber erwähnten Städte bauen den ÖV massiv aus, auch dort kriegt man es nicht umsonst - man nimmt das Geld in die Hand.


    Genauso in der Firma davor wie auch in der jetzigen kommen die meisten mit dem ÖV, auch jene mit Kindern. Dafür reichen zwei Voraussetzungen:


    # Die Firma sitzt in der Innenstadt mit gutem ÖV-Anschluss
    # Es werden nur wenige Parkplätze für die oberen Chargen angemietet. In einer Firma davor weit von der Düsseldorfer City wurde jedem ein TG-Parkplatz umsonst überlassen, wer nur wollte. Dort kamen die meisten mit dem Auto - sogar einer, der kaum einen Kilometer entfernt wohnte mit vielen Buslinien Richtung Arbeitsplatz.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • ^
    Wenn es keinen Bedarf an flexibler, bequemer Fortbewegung gäbe, würden so viele Leute ja wohl nicht Auto fahren. Und sie nehmen es sogar in Kauf, sehr lange im Stau zu stehen. Trotzdem fahren sehr viele. Also muss das Bedürfniss vorhanden sein. Das irgendwie von Politikseite zu bekämpfen ist kurzsichtig. Drei, Vier Straßen in Fußgängerzonen umzuwidmen ist nett, ändert im Endeffekt aber gar nichts. Das jetzige ÖPNV-System hat gewisse Grenzen (Abdeckung, Takt, Komfort, ...) die es nicht überschreiten kann und auch niemals wird. Gewisse Leistungen sind systembedingt schlichtweg unmöglich. Dafür müssen eben neue Ansätze her.


    Einzelne subjektive Erfahrungen sind immer hilfreich. Es sind aber zu wenige und daher keine Grundlage für allgemeingültige Aussagen.


    ^^
    Oftmals geht die Entwicklung viel schneller als man sich das vorstellen konnte. Im letzten Jahrzehnt ging die Entwicklung im Smartphone-/ Internet-Bereich rasant vorran. Wo sind die alten Firmen wie Nokia, Kodak geblieben? Neue Unternehmer haben die Entwicklung vorangebracht. An autonomen Autos arbeitet ja nicht nur Tesla, auch Google, etc. Die etablierten OEMs sind nicht so innovationsfreudig. Die haben ihre "Cash Cows", Millionen personengesteurte Autos mit Verbrennungsmotor. Betriebswirtschaftlich machte es durchaus Sinn, daran festzuhalten. Viel Technik, viel Wartung und Service, viele Unfälle -> Viele Defekte, viel Reperatur, hohe Einnahmen. Aber die neuen Konkurrenten haben keine bestehenden "Cash Cows", sondern drängen mit neuen Produkten auf den Markt. Der "Automarkt" ist dafür sehr attraktiv, im Gegensatz zum "Eisenbahnmarkt".


    Schiene: Eine ehemalige Staatsbahn pro Land und kleinere private Unternehmen, oft Töchter ausländischer Staatsbahnen. Hersteller sind an der Hand abzuzählen. Dazu werden Züge sehr lange genutzt. Die Bahntechnik ist zum Teil sehr alt, wegen dem integrierten System aber nicht schnell zu ändern. Zudem diverse gesetzliche Regeln in jedem einzelnen Land. Einmal schnell mit'm Zug quer durch Europa ist nicht möglich. Zudem gilt Bahnfahren schon als umweltfreundlich, so lasstet kein politischer Druck auf diesem Gewerbe, etwas zu ändern. => alles in allem kaum Innovationen. Wie lange bereits das WLAN im ICE braucht ...


    Für die einzelnen Zugreisenden hätte autonomes Fahren auch nicht viele Vorteile gegenüber dem jetzigen Zustand. Ob da ein Lokführer drin sitzt oder nicht ist egal. Die Betreiber würden die Gehälter sparen, müssten dafür aber sehr hohe Investitionen in neue Steuerungs- und Sicherheitstechnik aufwenden. Ob dann soviele Züge mehr verkehren könnten ist fraglich. Lediglich das könnte eine Systemumstellung rechtfertigen.


    Im Straßenverkehr hingegen werden Millionen Autofahrer von der Tätigkeit des Fahrens befreit. Stattdessen Schlafen, Emails lesen, Telefonieren, Teetrinken, ...


    Die schweren Unfälle der Teslas lagen meineswissens daran, dass bei tiefstehender Sonne weiße LKWs nicht vom Himmel unterschieden werden konnten. Problem erkannt, lässt sich einfach technisch lösen.
    Ansonsten wurden bereits soviele Testkilometer auf öffentlichen Straßen zurückgelegt, um valide Aussagen treffen zu können. Und da baut ein Tesla weniger Unfälle als ein Mensch. Und das mit der frühen Version des Autopiloten. Es ist bereits jetzt gefährlicher das Auto selber zu steuern als den Autopiloten fahren zu lassen.


    Das ist halt generell noch ein psychologisches Problem, der Maschine Vertrauen zu schenken. 90% der Flugzeugabstürze sind Pilotenfehler. Am sinnvollsten und sichersten wäre auch hier autonomer Verkehr.


  • Im Straßenverkehr hingegen werden Millionen Autofahrer von der Tätigkeit des Fahrens befreit. Stattdessen Schlafen, Emails lesen, Telefonieren, Teetrinken, ...


    Diesen Punkt finde ich sehr interessant. Denn ich habe mich die letzten Tage gefragt, worin eigentlich die Verbesserung in unserer täglich erlebten Umwelt liegt, wenn sukzessive heutige PKW durch autonome Fahrzeuge ersetzt werden. Was passiert mit den heutigen Fahrzeugherstellern und ihren "Freude am Fahren"-Versprechen usw., wenn der Mensch gar nicht mehr fährt? Haben wir dann am Ende nicht ein System aus Millionen kleinen Bussen, die herumfahren? Will ich eigentlich ein eigenes Auto, wenn ich es selbst nicht mehr fahren kann sondern eine Software und Sensoren das für mich erledigen? Inbesondere in großen Städten mit ausgebauten und eng getakteten ÖPNV gibt es das ja schon seit 100 Jahren. Einsteigen, Schlafen, Lesen, Teetrinken, telefonieren und am Ziel wieder aussteigen.


    Ich sehe in den Ballungsräumen so bald keine Zukunft mehr für den Individualverkehr, da die Kernprobleme, der enorme Platzverbrauch, bleiben.
    Auf dem flachen Land hingegen ist des selbstfahrende Kraftfahrzeug natürlich eine echte Innovation.

  • Es ist bereits jetzt gefährlicher das Auto selber zu steuern als den Autopiloten fahren zu lassen.


    Wie lässt sich diese Aussage belegen?



    Auf dem flachen Land hingegen ist des selbstfahrende Kraftfahrzeug natürlich eine echte Innovation.


    Das löst eines der größten Probleme der ländlichen Bevölkerung: Die Heimfahrt nach dem Stammtischbesuch...

  • ^^
    Sehe ich ähnlich.
    Einen weiteren Vorteil in der Stadt hatte ich in einer früheren Antwort beschrieben: Da die Fahrzeuge autonom verkehren sind keine Parkplätze im Innenstadtbereich mehr notwendig. Dadurch werden riesige Flächen in jeder Straße frei.
    Desweiteren reduziert sich die Anzahl der benötigten Fahrzeuge gegenüber heutigem Zustand signifikant. In Anbetracht dessen, dass wir bereits heutzutage pro Jahr mehr Ressourcen verbauchen als die Erde langfristig bereitstellen kann, sind deutlich weniger Fahrzeuge wünschenswert. Da zudem in Ländern wie China, Indien etc. hunderte Millionen zusätzliche Fahrzeuge benötigt werden, ist ein neuartiges System zwangsläufig von Nöten.


    "Freude am Fahren" ist letztenendes auch nur ein Konstrukt der Automobilindustrie um immer leistungsstärkere und somit teurere Fahrzeuge zu verkaufen. Diejenigen, die in Zukunft händisch Auto fahren wollen, werden das in gewissen Bereichen genauso machen können, wie heutzutage Leute auf Pferden reiten gehen. Die große Masse hat jedoch das Pferd hinter sich gelassen und wird auch das Auto der heutigen Form hinter sich lassen.


    ^
    Das ist eine Angabe von Tesla selbst. Die Aussage hatte Elon Musk (Tesla-Chef) in einem Interview oder einer Podiumsdiskussion getätigt. Weis leider nicht mehr genau welches. Auf die schnelle folgendes schriftliches gefunden: "Tesla betonte zugleich, bei Fahrten mit eingeschaltetem Autopilot passierten Unfälle seltener als bei komplett manueller Steuerung." Quelle: http://www.autobild.de/artikel…a-autopilot-10516973.html

  • ^ Sehe ich ähnlich? Ich zitiere einen Satz aus Nothors Aussage:


    Ich sehe in den Ballungsräumen so bald keine Zukunft mehr für den Individualverkehr, da die Kernprobleme, der enorme Platzverbrauch, bleiben.


    Darunter verstehe ich, dass nicht nur die Fläche für das Parken eingespart wird, sondern auch ein großer Teil der Fläche für das Fahren - dem Weggang vom MIV wegen. Immer wieder lese ich aus Metropolen wie NYC, London, Paris usw. genauso über ÖV-Großprojekte wie Crossrail wie auch über neue Fußgängerzonen und steigende Einwohnerzahlen. Wenn mehr Einwohner weniger Verkehrsfläche benötigen sollen, geht das ohne eine Verschiebung der Verkehrsmittel-Anteile nicht - automatische Steuerung spart bei geringen Geschwindigkeiten kaum Verkehrsfläche.

  • Die Parkplatzsache ist nicht zu unterschätzen. Über 10% der Verkehrsflächen sind Parkflächen. Dazu kommt noch, dass in der Stadt 25%+ des Verkehrs Parkplatzsuchverkehr ist. Fällt dies weg ergibt dies zusammen schon eine gewaltige Reduktion.


    Vor allem aber ist das heutige Auto eine Allzweckmaschine, wovon viele Features nur selten genutzt werden. So wird am häufigsten Luft transportiert, unnötig verbrauchte Straßenfläche. Mit etwa 1,5 Personen ist ein PKW durchschnittlich besetzt, Platz wäre idR für 4+. Viele Fahrten werden nunmal alleine erledigt, trotzdem wird extrem viel Raum verbraucht. Logischerweise kann man nicht für jeden Zweck ein spezialisiertes Auto besitzen, auch ändert sich der Nutzungszweck des Autos über den Tag. Da ist das bestehende Auto aber unflexibel. Mal soll es die ganze Familie transportieren, öfters viele Alleinfahrten, dann aber auch den Großeinkauf am Wochenende oder Einkäufe aus dem Baumarkt oder Möbelhaus transportieren. Daneben variieren die Geschwindigkeiten enorm. In der Stadt durchschnittlich 20 kmh, auf der Autobahn 140km, aber auch gerne mal 200km. Entsprechend massiv fallen Sicherheitseinrichtungen und -systeme aus. Für schnelle Fahrten ist ein geringer Luftwiderstand von nöten, also wird das Fahrzeug möglichst windschnittig gebaut und somit ziemlich lang. Außerdem bringt große Länge mit großem Radstand höheren Komfort bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn. In der Stadt spielt hingegen der Luftwiderstand keine Rolle, auch große Radstände sind eher unnötig. Dort währer eher kleine Autos optimal. Trotzdem fahren viele große und leere Autos umher. Sicher auch eine Folge der vielen heimischen Premiumhersteller. Auf der Straße könnten viel mehr Personen transportiert werden, wenn diese vernüftig ausgenutzt werden würde, was heute nicht der Fall ist.


    Mit den genannten Bussystem ist die Auslastung pro Fahrzeug deutlich höher, außerdem befinden sich Elektromotoren und Akkus nicht in einem seperaten, vorgelagerten Motorraum, sodass die Fahrzeuge relativ klein ausfallen können. Weil die zu fahrenden Geschwindigkeiten klein sind ist es problemlos möglich die verbrauchte Fläche optimal zu nutzten und daher sehr quaderförmige Fahrzeuge zu bauen.


    Bei allgemeinen Fahrten nutzt man die Kleinbusse mit anderen Personen zusammen, bei den seltenen Großeinkäufen, Möbeltransporten etc. kann aber auch ein kompletter Bus alleine genutzt werden. Die "Fahrzeuggröße" lässt sich somit jederzeit dem Bedarf anpassen. Dadurch kann die Transportkapazität auf der Straße deutlichst erhöht werden, oder der Verkehr reduziert.

  • Ist denn der Individualverkehr denn dann überhaupt noch ein Individualverkehr, wenn


    • Die Fahrzeuge nicht mehr vom Nutzer gesteuert werden müssen,
    • Der Nutzer die Fahrzeuge nicht mehr oder nicht mehr alleine besitzt (Car-Sharing)
    • Die Fahrzeuge nicht mehr vor der Wohnung des Nutzers abgestellt sind sondern auf Knopfdruck bereit gestellt werden?


    Ich sehe da kaum noch einen Unterschied zu einem engmaschigen und logisch getakteten ÖPNV. Und interessanterweise ist es hier vollkommen egal, ob autonom fahrend oder ein Lokführer/Busfahrer an Bord ist.


    Ich denke die Entwicklung der Mobilität wird weniger in den Kategorien Privatauto und ÖPNV sondern mehr in den Kategorien Ballungsraum und flaches Land erfolgen, auch weil die Investitionen und grundlegenden Entscheidungen, die eine Gesellschaft und der Einzelne treffen muss, sich bereits heute hier massiv unterscheiden.


    Aus diesem Grunde glaube ich persönlich wird das selbstfahrende Auto potenziell überschätzt.

  • Individuell wäre auf jeden Fall, dass es keine festen Strecken geben wird, sondern individuelle Routen ohne Umsteigen und ohne vorgegebene Haltestellen. Das wird für den einzelnen Fahrgast immer besser sein als jeder noch so engmaschig und logisch getaktete ÖPNV. Aber letzendlich ist es schon eine Mischung aus MIV und ÖPNV, die sowohl KfZ und Busse in der Stadt überflüssig machen könnte.


    Da denke ich auch, dass solch ein System in der Stadt/Ballungsraum funktionieren wird. An den Stadträndern würde es dann Parkhäuser geben, in denen von den "Land-PKWs" in das städtische "Bus-System" umgestiegen wird; ähnlich dem heutigen Park-and-Ride. Der Aufbau eines solchen Systems würde dann in den Großstädten beginnen und je nach Wirtschaftlichkeit immer weiter auf dünner besiedelte Gebiete ausgedehnt werden können.


    Zwischen zwei Großstädten mit solchen Bus-Systemen ist auch eine Art Hochgeschwindigkeits-Autozug für die Busse denkbar, also kombinierter Transport, sodass selbst dann Umsteigen nicht mehr nötig wäre.



    Das selbstfahrende Auto alleine ist in meinen Augen schon ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem jetzigen Auto, aber letztendlich hinsichtlich Materialaufwand, Energieverbauch und Flächenverbrauch immer noch ziemlich schlecht und auf Dauer nicht zukunftsfähig.

  • Ein sehr interessante Diskusion hier, auf die ich durch Zufall gestoßen bin.


    Allerdings geht die in eine Richtung, die ich nicht Teile.
    Autonomes Fahren wird meiner Einschätzung nach während meiner "Restlaufzeit" keine Alternative zum MIV werden, maximal eine Ergänzung des ÖPNV.


    Warum? Es löst keine Problem, sondern es ersetzt lediglich das eine durch ein anderes.


    1. Parkplatz und Parksuchverkehr
    Da in der Regel alle zu etwa den gleichen Zeitpunkt von A (Wohnung) nach B (Arbeitsstätte) wollen, wird der Parkplatzsuchverkehr lediglich durch lange Leerfahrten ersetzt, die in der Summe den Parkplatzsuchverkehr wohl übersteigen.
    2. My home is my castle.
    Das gilt auch für das Auto. Dort kann ich die Musik oder das Radioprogram hören das ich will (ohne Kopfhöhrer), kann meine Sachen deponieren und muss auf auf keinen andeen darin Rücksicht nehmen.
    3. Steuerung.
    Ich würde nie in ein autonomes individuelles Fahrzeug steigen, das von außen gesteuert wird, schon aus Datenschutzgründen. Ich möchte nicht, das irgendein (ausländisches) Unternehmen meine Bewegungsdaten kennt und nutzt.
    4. Viele Wege führen nach Rom.
    Wenn ich mit Navi fahre und die Umgebung kenne weiche ich oft vom empfolenen Weg ab, schon weil ich sehen will was sich wo verändert hat.
    5. Verfügbarkeit
    Mein eigenes Auto steht vor der Tür. Will ich schnell was aus dem Supermarkt setze ich mich rein und fahr schnell hin.


    Für Innenstadtbereiche ist ein gut ausgebauter ÖPNV viel effektiver. Auch auf den Weg ins Büro ist er die bessere Alternative, wenn man seinen gesammten Arbeitstag dort verbringt.
    Autonome Fahrzeuge wären ein Nischenangebot, wie das Carsharing heute. Billiger nur für Wenignutzer!

  • Ich glaube nicht, dass autonomes Fahren den Verkehr in Städten deutlich reduzieren wird. Dadurch, dass die Fahrt in einem selbstfahrenden Auto deutlich bequemer ist, als wenn man selbst fahren muss, werden wahrscheinlich mehr Leute wieder auf das Auto umsteigen.


    Wer will schon Bus oder U-Bahn fahren, wenn das selbstfahrende Auto ihn bis in die Innenstadt bringen kann? Ob die Fahrt etwas länger oder kürzer dauert, ist prinzipiell egal. Man kann ja während der Fahrt auch lesen, schlafen oder arbeiten.


    Ich halte eine Stärkung des Fußgänger- und Radverkehrs für die beste Lösung der Verkehrsprobleme von modernen Städten. Eine Stadt der kurzen Wege eben. Fuß- und Radverkehr ist die billigste Art der Fortbewegung. Außerdem muss keine teure Infrastruktur neu errichtet werden, wie zum Beispiel breite Straßen oder U-Bahntunnel.


    Wenn wir Städte bauen würden, die dicht und nutzungsgemischt wären, dann könnten diese Städte vielleicht irgendwann sogar komplett autofrei sein. Natürlich ist dies ein langer Weg, aber es wäre zumindest eine Vision :lach: Immerhin waren autofreie Städte über Jahrhunderte Realität.

  • Immerhin waren autofreie Städte über Jahrhunderte Realität.


    Das Argument ist aber nicht so stark, denn Städte waren auch über Jahrhunderte ohne Kanalisation. :lach:

  • ^


    Das stimmt natürlich :lach: Man sollte Städte ja auch nicht wie vor 100 Jahren bauen. Technische Verbesserungen sollten natürlich beibehalten werden, sofern sie unser Leben auch verbessern. Aber die Verkehrssituation ist seit dem 2. Weltkrieg ein großes Problem in fast allen Städten. Warum nach "innovativer Mobilität" rufen, wenn man die Städte auch einfach so bauen könnte, dass sie ohne Auto funktionieren?


    Mit der Aussage wollte ich eigentlich nur zeigen, dass Menschen auch in Städten leben könnten, die autofrei sind. Früher haben die Menschen es auch irgendwie geschafft :lach: Für viele Personen ist diese Vorstellung nämlich undenkbar.

  • zu #52:


    Volle Zustimmung zu deiner Vision von der autofreien Stadt. Allerdings schätze ich die Entwicklung mit dem selbstfahrenden Auto anders ein:


    Ich glaube nicht dass noch viele Leute Auto fahren würden, wenn es selbstfahrende Autos sind. Deshalb wird die Automobil-Industrie alles tun, um den großflächigen Einsatz selbstfahrender Autos zu verhindern. Und sie hat schon einiges dafür getan, indem sich große Autofirmen selbst der Entwicklung dieser Technik angenommen haben. Dann lässt sich die Entwicklung nämlich am besten steuern und lenken (also verschleppen).


    Das Autofahren macht den Menschen Spaß und das ist der wichtigste Motivator dafür. Einfach nur im Auto mitfahren macht dagegen keinen Spaß.


    Dann schon lieber Bus und Bahn fahren, da trifft man andere Menschen, kann sich unterhalten und lesen, es gibt auch immer wieder Bus- und Bahnfahrgäste die zumindest ein Nickerchen machen. Mein Vater erzählte mir häufiger davon, dass er deshalb hin- und wieder die richtige Haltestelle zum Aussteigen verpasst hat. Mir ist das auch schon passiert. Wenn ich rechtzeitig dran denke, stelle ich deshalb den Timer ein.


    Ich bin mir sehr sicher, dass eine Stadt, in der nur noch automatisch gesteuerte Autos unterwegs sind, ziemlich bald einen deutlichen Rückgang des Autoverkehrs verzeichnen könnte.

  • Wenn wir Städte bauen würden, die dicht und nutzungsgemischt wären, dann könnten diese Städte vielleicht irgendwann sogar komplett autofrei sein.


    Die nutzungsgemischte dichte Stadt in dieser Fassung setzt allerdings voraus, dass die Leute auch dort wohnen (wollen/können/bezahlen) wo sie arbeiten. In einer marktwirtschaftlichen Gesellschaft ist dies schlicht unrealistisch.


    Ob die Fahrt etwas länger oder kürzer dauert, ist prinzipiell egal. Man kann ja während der Fahrt auch lesen, schlafen oder arbeiten.


    Den Leuten ist das allerdings nicht wirklich egal. 80% aller Fahrten sind Pendelfahrten irgendeiner Form; zur Arbeit, zur Schule etc. Fast jeder optimiert diese Pendelfahrten bezüglich Fahrzeugwahl entweder nach persönlicher Vorliebe (-> Auto), nach finanziellen Rahmenbedingungen (-> ÖPNV oder Fahrrad) oder nach Zeit (-> überwiegend ÖPNV ab gewissen Mindeststrecken).


  • Den Leuten ist das allerdings nicht wirklich egal. 80% aller Fahrten sind Pendelfahrten irgendeiner Form; zur Arbeit, zur Schule etc. Fast jeder optimiert diese Pendelfahrten bezüglich Fahrzeugwahl entweder nach persönlicher Vorliebe (-> Auto), nach finanziellen Rahmenbedingungen (-> ÖPNV oder Fahrrad) oder nach Zeit (-> überwiegend ÖPNV ab gewissen Mindeststrecken).


    Das bezweifle ich allerdings stark, dass die Pendelfahrten nach den von dir genannten Kriterien optimiert werden. Wer ein Auto hat, der wird es auch möglichst häufig benutzen, alleine schon deshalb, damit seine Anschaffung sich lohnt. In Gesprächen mit Autofahrern und Nicht-Autofahrern höre ich immer wieder Folgendes heraus: Autofahrer argumentieren regelmäßig damit, dass die ÖPNV-Verkehrsmittel viel zu teuer seien. Aus der Sicht eines Autobesitzers mag das zumindest subjektiv betrachtet verständlich sein. Die meisten rechnen einfach nur den Sprit, den sie für eine bestimmte Strecke benötigen und setzen eine Fahrkarte für eine einfache Fahrt dagegen. Zum Beispiel 2,50 Euro für die Fahrt vom Stadtrand in die Innenstadt von ca. 10 km Länge. Spritpreis für 10 km bei mäßigem Verbrauch (5l pro 100km das entspricht 0,5 l pro 10km) x 1,50 Euro = 0,75 Euro.
    Anschaffungskosten, Wertverlust, Reparaturkosten, Versicherung usw. für das Auto werden einfach ausgeblendet.
    Andere Kosten wie zum Beispiel Parkplatzgebühren, Kosten für den Stellplatz vor der Haustür usw. werden ebenfalls entweder ausgeblendet oder es wird so getan, als sei es doch das ureigenste Grundrecht des "autofahrenden Bürgers" sein Fahrzeug kostenlos am Straßenrand abzustellen.
    Wenn man in einem Gespräch mit einem Autofahrer auf diese Kosten insisitiert, dann kommt als Reaktion: Aber diese ganze Kosten zahle ich doch sowieso schon, deshalb ist es doch sinnvoll, dass ich das Auto benutze, weil ich diese Kosten sowieso schon aufbringe.
    Was die Parkplatzkosten für einen Stellplatz in der Innenstadt angeht, bekommt man dann entweder zu hören: Die Parkhausgebühren werden mir beim Einkauf erstattet oder es sei ja ohnehin eine Unverschämtheit, dass die Stadt die Bürger dafür abzockt indem sie Parkplatzgebühren kassiere und die Anzahl der Parkplätze deshalb bewusst niedrig halte anstatt zusätzliche Parkplätze (und zwar kostenfreie!) einzurichten, worauf man als KFZ- und Mineralölsteuer-zahlender Auto-Bürger doch schließlich ein Anrecht habe!


    Vielleicht ändert sich diese Kosten-Betrachtung ja durch dieses Projekt:
    https://www.moia.io/de/
    Dabei geht es darum, dass die Teilnehmenden an dem Projekt per Handy-App ein Fahrzeug bestellen können, dass dann an den gewünschten Abholpunkt kommt und den Fahrgast zu den gewünschten Zielpunkt bringt. Abgerechnet wird ähnlich wie beim Taxi pro km. Quasi Autofahren zum kilometergenauen Preis. Perspektivisch soll das dann mit autonom fahrenden Fahrzeugen abgewickelt werden.
    Während der Testphase soll der Kilometerpreis 6 Cent betragen (also noch weniger als der Spritpreis bei der oben aufgemachten Rechnung). In der Hannoverschen Allgemeinen vom 14.9.2017 steht dazu geschrieben: "In Hannover sind es nur 6 Cent pro Kilometer und Person. Das deckt nicht einmal die Betriebskosten. Moia verlangt so wenig Geld, weil der Dienst dadurch von der Stadt nicht genehmigt werden muss. Im späteren Praxisbetrieb soll der Moia-Dienst teurer sein als Bus und Bahn, aber günstiger als ein Taxi."
    http://www.haz.de/Hannover/Aus…es-Sammeltaxi-in-Hannover


    Der Kilometerpreis für Fahrten mit dem eigenen Auto wird übrigens vom entsprechenden ADAC-Rechner zum Beispiel für einen VW-Polo mit rund 30 bis 35 Cent (je nach Ausstattung) pro Kilometer angegeben.
    https://www.adac.de/infotestra…sten-rechner/default.aspx

  • Witziger Artikel dazu aus der WELT zum Autonomen Fahren:


    http://www.msn.com/de-de/auto/…Iglc?li=AA8sb5&ocid=ientp


    Der Autor ist der Meinung, dass ein funktionierendes, flächendeckendes Autonomes Fahren das Ende des Öffentlichen Nahverkehrs bedeutet und Bus- und Bahn verdrängt.


    Ich bin da völlig anderer Meinung: Das flächendeckende Autonome Fahren wird den Individualverkehr völlig verdrängen, und die Flotte an autonomen Mobilen ist der ÖPNV. Wenn ich mein Auto nicht mehr selber fahren kann, warum soll ich es dann selber besitzen. Besonderes Design, Mehr PS, das ist ja dann alles wirkungslos. Also will ich gar kein eigenes mehr kaufen müssen. Insofern wird eine urbane Flotte aus autonomen Mobilen im Sinne einer Shared Economy schlussendlich von übergeordneter Hand zur Verfügung gestellt, z.B. von einem Taxiunternehmen oder einem Unternehmen des heutigen ÖPNV. Anders gar nicht denkbar.


    Wer glaubt, das einfach nur die Anzahl der heute existierenden PKW in einer Stadt bald autonom fahren, und zusätzlich ein paar weitere Fahrzeuge derjenigen hinzukommen, die heute noch mit Bus und Bahn fahren, der löst kein einziges Problem in der Stadt, z.B. die Platzverschwendung, verstopfte Straßen, Ressorcenvergeudung durch unnütz herumstehende PKW-Einheiten.
    Insofern ist der Autor und seine Partner zumindest im Hinblick auf den urbanen Raum auf dem Holzweg.

  • ^ Die Quellen des Autors sind ein Professor für Automobildesign und noch ein Beschäftigter der Autoindustrie - da hätte man auch gleich bei der Pressestelle des VW-Konzerns anrufen können.


    Der Text kümmert sich nicht um verbrauchte Fläche pro Fahrgast oder überhaupt irgendwelche Zahlen - damit kann unmöglich auch nur ansatzweise ernst genommen werden. Als Hauptargument soll herhalten, dass U-Bahnhöfe gefährlich sein können (als ob noch nie jemand auf einem Parkplatz oder in einem Parkhaus überfallen worden wäre). Das ist aber etwas, was man lösen kann, wenn man nur will. Es gibt durchaus Städte (die aber vermehrt im Ausland, London etwa), wo ich mich in Bahnhöfen absolut sicher fühle.