Ausbau HAM [Projekte, Chancen, Spekulationen]

  • @ Midas:


    das IfW ist das renomierteste deutsche Wirtschaftsinstitut, 200 Oekonomen unter Leitung von Dennis Snower, Konjunkturprognosen aus seriosen Medien wie FAZ, Zeit oder Sueddeutscher kommen vom IfW und noch 3-4 weiteren Instituten deutschlandweit.


    bezueglich mittelgrosser Flughaefen stellt sich wirklich die Frage der Rentabilitaet, man wird sehen, ob Airbus recht behaelt, dass ein paar riesige Hubs sich ueber die Kontinente verteilen, und dann an kleine Flughaefen weiter verteilt wird, oder ob Boeing mit der Strategie auf mehr direkte Langstreckenfluege recht behaelt.


    Dennoch ist ja glaube ich Fakt, dass Fuhlsbuettel momentan in Europa mit die groessten Wachstumszahlen aufweist, da nicht zu planen fuer den Fall, das dieser Trend anhaelt waere doch fahrlaessig oder ?


    Hinzu kommt die schlichte Kosten-Nutzen Rechnung, da ein Komplettumzug nach Baukosten in KK und abzueglich Ertraegen durch Verkauf von Fuhlsbuettel eventuell einige Milliarden im Sentassaeckel klimpern laesst, diese Kalkulation muss der Senat doch im interesse der Buerger HHs durchfuehren oder ?

  • Na, wir woll'n mal warten ob und wann das komlette Gutachten im Wortlaut vorliegt. Wenn Lehrstuhlinhaber für "theoretische Volkswirtschaftslehre" sich initiativ in Belange mischen welche sehr stark in das Terrain praktischer, branchenspezifischer Betriebswirtschafts-Kenntnisse gehen (z.B. Luftfahrt), dann wird es sehr oft sehr schnell heiter bis heikel.


    Ich habe unter anderem mal Public-Sector Consulting und Politikberatung gemacht. Mehr als einmal durfte ich mich da "an der Front" mit den Folgen vergleichbarer Gutachten herumplagen - um nicht zu sagen "Schadenbegrenzung betreiben". Diese (gutgemeinten) Gutachten kamen seinerzeit auch immer entwerder aus dem Elfenbeinturm oder aus dem Bürokraten- und Parteienstall (z.B. Brüssel). Infrastruktur war dabei immer eines der Lieblingsthemen. :nono:


    PS. Allein schon die 200 Ökonomen auf einem Haufen - wenn man sich das bildlich vorstellt. An Accident waiting to happen :D.

  • Meine Erfahrung aus Theorie und Praxis ist, dass die Praktiker in erster Linie den Vorteil haben, dass ein groesserer Prozentsatz der Bevoelkerung Ihrer Logik folgen kann, was nicht unbedingt heissen muss, dass sie richtiger liegen ;)

  • Monatsstatistiken des Arbeitskreises Deutscher Verkehrsflughäfen gibt es hier.


    Fluggastzahlen Jan-Okt 07:
    Hamburg 10.766.576 (+6%)
    Bremen 1.847.508 (+28%)
    Lübeck wird da gar nicht aufgeführt, hatte aber im ersten Quartal 2007 128.000 Fluggäste (+29% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Linear auf 10 Monate hochgerechnet sind das dann 426.667 Fluggäste. Pressemitteilungen gibt es hier.


    Zusammengerechnet kommt man dann auf über 13 Millionen Flüggäste in den ersten zehn Monaten

  • wenn ich die Zahlen so lese - dann muss ich sagen, dass cih davon nicht mal ein Drittel wahrnehme - natürlich gibt es welche die falsch abkurven oder nicht hochgenug sind. Aber Millionen Flüge... tzz - nein -

  • Wie ich oben schon gesagt habe: Ein Flughafenneubau lohnt sich nur für einen Hub. Dieser Zug ist jedoch vor über einem Jahrzehnt abgefahren.

    Diese Redewendung stößt mir regelmäßig sauer auf. Auch im Fall des BBI wird immer wieder behauptet, der Zug mit dem Hubflughafen sei abgefahren. Züge haben aber die Eigenschaft, das wenn sie einmal abgefahren sind, irgendwann der Nächste kommt. Gerade im Bezug auf wirtschaftlichen Wettbewerb ist dieses Bild von endgültig verpassten Chancen denkbar ungeeignet. Wo es einen Markt gibt, gibt es auch immer neue Chancen. Kein Wettbewerber kann sich seiner Stellung sicher sein, nur weil er länger am Markt ist oder weil er größer ist als seine Konkurrenten.


    Wenn es in einer Region vor einem Jahrzehnt einen Markt für einen Großflughafen/Hubflughafen gab, so gibt es diesen Markt jetzt immer noch und in zehn Jahren auch noch. Es sei denn die Rahmenbedingungen würden sich massiv ändern, was ich nicht sehen kann. Nur weil eine einzelne Fluggesellschaft ein bisschen in München und Zürich dreht, vernichtet das doch nicht für alle andren Flughäfen die Möglichkeiten im Umsteigeverkehr zu wachsen. Fluggesellschaften und -strecken entstehen und vergehen so schnell, das beinahe alles möglich ist.


    Allerdings ist für einen Hubflughafen eine kritische Größe und Bedeutung notwendig, die Hamburg derzeit wohl fehlt und die es demnach auch vor zehn Jahren noch nicht hatte. München ist die Hauptstadt und das gewachsene Zentrum eines 12,5 Mio EW Landes, Hamburg nicht. Ohne Nordstaat bzw. ohne eine gemeinsame Landesplanung der Nordstaaten, kann es in der Region keinen Großflughafen geben, (der dann vielleicht zu einem Hub heranwachsen könnte). Wer HH, HB, SH und NS als selbstständige Bundesländer (mit eigener Luftfahrtpolitik) haben will, muss eben auch auf einen Hubflughafen verzichten. Es gab also nie einen Zug, den man hätte verpassen können.

  • Das sich ein Flughafenneubau nur in Verbindung mit einem Hub (=Drehkreuz) lohnt, sehe ich absolut und gar nicht so. Der BBI wird auch nicht als Hub gebaut, sondern als ein Großflughafen, der die bisherigen beiden City-Airports Tegel und Tempelhof ablöst, da beide Flughäfen nicht mehr Ausbaufähig sind und bereits an ihre Grenzen gestoßen sind. So hatte man natürlich mit Schönefeld glück gehabt, welcher sich "auf dem Land" befindet, und somit "nur" noch ausgbaut und erweitert werden muss...natürlich mit allen Tam Tam der Anwohner. Sowas bleibt halt nicht aus. Aber ein klassisches internationales Drehkreuz, wie München und allen voran Frankfurt wird BBI nicht. Hier ging es nur darum, einen neuen Flughafen mit höherer Kapazität abseits des Großstadtmolochs zubauen.
    Und nur darum sollte es auch erstmal in HH gehen. Ich selber denke auch nicht, dass für HH ein Hub von nöten ist.

  • Ich denke ebenfalls, dass der Flughafenneubau nichts mit einem Hub zu tun haben muss. Entscheidend ist wieviele Einwohner im Einzugsgebiet leben und diesen Flughafen auch nutzen werden. Dazu kommt noch die schnelle Erreichbarkeit und die Anzahl an Zielen, die direkt und preisgünstig angeflogen werden können.
    Der Hub in München nutzt dem Würzburger garnichts, wenn er viel schneller aus dem nahen Frankfurt ans Ziel kommt. Damit hinkt das 12,5 Mio Beispiel von Guderian ein wenig.
    Gleiches gilt auch für Hamburg. Der Lüneburger wird u.U. besser mir Ryanair ab Lübeck nach Dublin fliegen als ab Hamburg.
    Die Stärke eines neuen Flughafens in Hamburg läge also bei mehr Direktverbindungen zu entfernteren Zielen. Da interessiert es dann weniger, ob zusätzliche Umsteiger aus Paderborn mit dazukommen sofern diese Verbindungen profitabel betrieben werden können. Bei dieser Gleichung spielen neue, kleinere und effiziente Mittel- und Langstreckenflugzeuge eine wichtige Rolle.

  • Guderian, Du hast meine Argumentation nicht korrekt nachvollzogen. Fakt ist: Ein Wachstum, welches sich rein aus der Zunahme der Flugnachfrage der Metropolregion generiert, kann vom bestehenden Hamburger Flughafen und ggf. von den Flughäfen der Region auf absehbare Zeit ohne weiteres bewältigt werden. Zahlreiche (!) Beispiele aus der ganzen Welt belegen das. Es gibt daher weder einen Bedarf für einen neuen Flughafen, noch ist dessen Bau höchstwahrscheinlich finanziell in irgendeiner Weise darzustellen. Dass einige Leute aus irgendwelchen Gründen trotzdem gern einen nagelneuen Flughafen im Großraum Hamburg hätten ist eine andere Sache: Entweder haben diese Leute ein wirtschaftliches Interesse, ein privates Interesse (zum Anrainer des Hamburg Airport), ein politisches Interesse (z.B. Steuereinnahmen) oder sie ergehen sich halt in ihrer Freizeit gern in lustigen theoretischen Planspielen.


    Kurz: Wenn ein neuer Flughafen anstelle des bestehenden Hamburg Airport auch nur ansatzweise finanzierbar sein soll, dann müsste der neue Airport eine realistische Chance haben, sich mindestens zu einem mittleren Knotenpunkt zu entwickeln und überproportional zu wachsen: Er müsste also auf Kosten des Marktanteils anderer Airports wachsen, anstatt nur aus dem Aufkommen der vergleichsweise schmächtigen Hamburger Metropolregion. Wie gesagt: Palma de Mallorca ist heute Hamburgs meistfrequentiertes Ziel. Den erlösstarken Business-Anteil dieser Flüge und ihren wirtschaftsstrategischen Wert für Hamburg kann sich jeder jetzt bitte mal selbst denken. Unser täglicher Flug nach JFK wird übrigens ab März 2008 mangels Nachfrage eingestellt. Wie so viele zuvor. Diese besagte Chance einen Knotenpunkt bzw. Hub zu etablieren ist seit Jahren nicht mehr gegeben. Um im Bild zu bleiben: Der Zug ist abgefahren.


    Wo sollten auch die Fluggäste herkommen? Heute fliegt man (z.B.) von Hamburg über Paris nach Los Angeles oder über Amsterdam nach Singapur. Glaubt hier ernsthaft jemand, dass sich die Franzosen 2030 darum reißen von Lyon über Hamburg nach New York zu reisen? Oder die Briten dann Manchester – Hamburg – Chicago fliegen?


    Selbstverständlich haben sich übrigens in den vergangenen zehn Jahren die Rahmenbedingungen massiv geändert. Grade auch aus Hamburger Sicht. Wer kannte vor zehn Jahren Billigflieger in Europa? Wer wusste vor zehn Jahren, dass das gegenwärtig mit Abstand meistbestellte Flugzeug kein(!) Hubflieger ist? Wer hat den Boom der Half-Way-Hubs prognostiziert? Wer hat die rasante Entwicklung von IUK vorhergesehen, die Teile des Business-Verkehrs verdrängt? Wer kannte vor zehn Jahren Hahn, Luton, Skavsta und Bauvais-Tillé und deren Marktanteile im Europäischen Wettbewerb?


    Und speziell für Hamburg: Wer konnte sagen ob der Transrapid nach Berlin kommt oder nicht? Wer konnte sagen, dass mit BBI ein Konkurrenzprojekt käme, welches mindestens eine Dekade Vorsprung hätte. (Ganz zu schweigen von den Entwicklungen in Amsterdam, Kopenhagen, Frankfurt, Paris und London, die uns Hamburger umzingeln.) Wer konnte voraussehen, dass trotz positiver wirtschaftlicher Entwicklung in HH der Business-Sektor so schwach bleibt?


    Ich habe den Eindruck, dass solche Projekte wie der Airport Kaltenkirchen für den einen oder anderen eine Art Selbstzweck haben. Aus den tatsächlichen Bedarfen der Metropolregion kann ich für mich jedenfalls nichts vergleichbares ableiten.

  • Doch Midas, ich hab dich schon verstanden und ich stimme deiner Argumentation auch weitestgehend zu. Es macht keinen Sinn für viele Milliarden einen leicht größeren Flughafen zu bauen. Sicherheits- und Lärmaspekte alleine können diese Ausgaben nicht rechtfertigen. Es muss einen handfesten wirtschaftlichen Grund geben. Ohne eine Vervielfachung des Passagieraufkommens, die nur ein Hub bringen könnte, bleibt Kaltenkirchen ein Luftschloss. Der bestehende Flughafen kann das lokale Wachstum der Metropolregion problemlos bewältigen. Da hast du vollkommen recht.


    Ich störe mich wie gesagt nur an der Redewendung von "abgefahrenen Zügen". Diese suggeriert, wenn man nur früher am Bahnsteig gewesen wäre, hätte man den Zug noch erreichen können. Also wenn man nur früher mit dem Bau eines Großflughafens begonnen hätte, dann könnte es heute einen Hub geben, aber weil man ein paar Jahre gewartet hat, ist diese Chance vertan. Ich weiss deine Kernaussage war eine andere, aber diese "Nur der frühe Vogel fängt den Wurm" Denkweise ist sehr verbreitet und sie ist meiner Meinung nach falsch. Es gibt reichlich Beispiele, das auch ein später Markteintritt erfolgreich sein kann. Auch München ist sehr spät in den Drehkreuzmarkt eingestiegen und hatte trotzdem Erfolg.


    Auch die verbreitete und auch von dir geäußerte Vorstellung, Wachstum ginge nur über Verdrängung, ist meiner Meinung nach völliger Quatsch. Das gilt in der Planwirtschaft, wo jede Mark nur einmal ausgegeben werden kann. Im Kapitalismus ist es für dich vollkommen egal, ob deine Konkurrenten wachsen oder schrumpfen. Märkte sind keine kommunizierenden Röhren, wo jeder nur soviel gewinnen kann, wie ein anderer verliert. Wieder das Beispiel München, der Flugverkehr in Frankfurt musste nicht erst schrumpfen, damit er in München wachsen konnte. Deswegen sind auch Aussagen wie, "wegen Konkurrenz aus München ist ein Großflughafen Berlin nicht möglich", "wegen Konkurrenz aus Berlin ist ein Großflughafen in Hamburg nicht möglich" usw. sinnlos. Man muss sich jeden Standort und sein Potenzial einzeln anschauen.


    Also, Standort Berlin. Anders als spoonetti gebe ich ein Drehkreuz in Berlin noch lange nicht verloren. Das hängt nicht so sehr von äußeren Faktoren, sondern allein von der künftigen Attraktivität der Hauptstadt ab und zwar nicht einmal so sehr als Wirtschaftsstandort, sondern vorallem als Messe-, Kongress- und Verantstaltungsort. Ich halte es sogar prinzipiell für möglich, das Berlin binnen 30 bis 50 Jahren wieder zweitgrößter oder sogar größter Flughafen Deutschlands wird. Aber prognostizieren lässt sich da natürlich überhaupt nichts.


    Und Hamburg? Ich denke solange man Kaltenkirchen nicht als den Singleflughafen für ganz Norddeutschland plant, braucht man es mit Umsteigeverkehr garnicht erst versuchen. Die föderalistische Kleinstaaterei verhindert einfach, das aus der Idee eines Hamburger Großflughafens mehr werden könnte. Wenn man schon die Lübecker nicht davon überzeugen kann, über Hamburg in die Ferien zu fliegen, wie will man da internationale Verbindungen knüpfen und Passagiere, die eigentlich ganz woanders hinwollen, für einen Zwischenstopp in Hamburg begeistern?

  • die Zukunft wird zeigen wie sich die Passagieraufkommen weiter entwickeln, aber solange ihr Euch nicht auf Studien, oder offizielle Zahlen berufen koennt, lehnt ihr Euch glaube ich mit Eurer Kosten/Nutzen "Analyse" bezgl. eines Umzugs ziemlich weit aus dem Fenster.
    Die Anmerkung man koenne Luebecker nicht ueberzeugen ab Hamburg zu fliegen stimmt glaube ich nicht ganz mit den Tatsachen ueberein, oder beziehst du dich auf Ryanair ab Hamburg/Luebeck ? 3/4 der Passagiere die dort Landen werden direkt mit dem Expressbus nach HH ZOB gekarrt wie der von Ryanair so praezise(Ironie) gewaehlte Name ja auch suggeriert. Von wo denkst du fliegt der Rest von SH momentan ? Das muessten ja alles ziemliche Ryanair Fanatiker sein, wenn sie Fuhlsbuettel umgehen wollen.
    Fakt ist, dass SH und HH immer besser zusammenarbeiten was eine verzahnte Infrastrukturpolitik betrifft. Ein Umzug nach Kaltenkirchen muss auch garnicht als Drehkreuz enden, wenn man fuer das Gelaende in der Innenstadt mehr Geld einnehmen kann als man fuer Ankauf und Bau in Kaltenkirchen ausgeben wuerde (inkl Anbindung) dann waere ein gesteigertes Wachstumspotential durch den Umzug keinesfalls Notwendig.


    Die andere Frage ist, ob Drehkreuze ueberhaupt komfortabel sind fuer die Bevoelkerung, oder ob sowas tendenziell durch den Groessenwahn von Lokalpolitikern entsteht ? braucht Deutschland mehr Drehkreuze als das in Frankfurt ? Wie oft fliegt man interkontinental ? ist es nicht angenehmer 10mal direkt von Bremen nach London zu fliegen, und dann beim 11ten Flug der nach NY geht in Fra umzusteigen ? Wass wuerde es Norddeutschland ueberhaupt bringen seinen Flugverkehr in HH KK zu konzentrieren, nur um dann ein paar Interkontinentalverbindungen mehr zu haben ?

  • Guderian: Da bin ich ja froh, dass Du einige Punkte doch ähnlich siehst. Kurz zu Frankfurt vs. München und Hamburg vs. Berlin. Natürlich musste Frankfurt nicht schrumpfen damit München wachsen konnte. Frankfurt krebst ja seit Ewigkeiten tatsächlich ziemlich an seiner Kapazitätsgrenze herum und München konnte zum richtigen Zeitpunkt neue Kapazität anbieten. Hinzu kam ein politischer Rahmen, der zahlreiche Entscheidungsträger (kein Aufsichtsrat ohne politische Abgeordnete) sanft genötigt hat München strategisch auszubauen – zulasten zukünftiger Planungen in Frankfurt. Es heißt also nicht: „Nimm dem einen etwas weg und gib es dem Anderen.“ Aber es heißt schon: „Der eine bekommt, was ansonsten der andere bekommen hätte.“


    Im Falle Hamburgs und Berlins ist m. E. die Suppe einfach zu dünn für zwei Hubs. Sie reicht ja schon kaum für einen. Wenn es mittel- und langfristig einen Hub in Norddeutschland geben wird, dann wird es Berlin sein. Trotz politischem Rückenwind und Hauptstadtbonus wird es für Berlin es ein sehr hartes Brot werden, sich vorzuarbeiten. Ich traue BBI trotzdem sehr langfristig einen dritten Platz in Deutschland zu.


    johnsopb: Nun, ich glaube jeder der sich zu diesem Thema äußert lehnt sich naturgemäß weit aus dem Fenster. Insbesondere das Kieler Institut. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch deren Aussagen und Zahlen sicherlich zu einem Grossteil aus Prognosen und Schätzungen bestehen. Das ist nun einmal die Natur der Sache, wenn es um Entwicklungen geht die sich über Jahrzehnte in die Zukunft ziehen. Auch das IfW besitzt meines Wissens keine Glaskugel mit dem es in die Zukunft schauen kann. Wie will man strategische Vor- und Nachteile (Reisewege, Reisezeiten, ÖPNV-Anbindungen, wichtige Flugverbindungen, Sicherheit und Komfort, etc.) sowie finanzielle Bewertungen (Baukosten, Steuereinnahmen, Beschäftigung, lokale Kaufkraft, etc.) an einer Skala messen und vergleichen? Das geht naturgemäß nur subjektiv. Auch das IfW muss Zahlen mehr oder weniger frei prognostizieren und diese am Ende notgedrungen subjektiv vergleichen.


    Kurz: Ich kann zwar auch keine Zahlen herzaubern, behaupte aber „Pi mal Daumen“ trotzdem folgendes:


    Einen nagelneuen, zentral gelegenen, großen und modernen Flughafen mit erheblicher Kapazitätsreserve und neuem S-Bahn Anschluss abzureißen und / oder einzumotten, nur um dafür außerhalb der Stadt einen neuen Flughafen zu bauen ist schlicht Blödsinn. Besonders blödsinnig wird es für mich, wenn...


    - die Hälfte der Infrastruktur (eine Start- und Landebahn) in Fuhlsbüttel wegen der Lufthansawerft bestehen bleiben muss
    - mit BBI in 25 Flugminuten Entfernung ein (Möchtegern-) Drehkreuz mit Hauptstadtbonus entsteht.
    - Hamburg mit Umland nicht in einer dicht besiedelten Region liegt.
    - Das Eigenaufkommen der Region Hamburg seit Ewigkeiten schwächelt, wenn man von Billigfliegern und Pauschalreisenden absieht.


    Wer ein wenig der politischen Prozess im Lande kennt, der weiß ja auch wie solche Gutachten oft zustande kommen. Dem IFW geht es sicher (zum Teil) auch um seine Wahrnehmung und Profilbildung. Es wäre nicht das erste mal, dass so ein Institut mit einer bewusst provokanten / gewagten These vorprescht.

  • Ich gebe Guderian zum Teil recht. Einen neuen Flughafen in HH zu bauen, macht nur Sinn, wenn man damit in neue Groessenordnungen vorstossen kann, oder wie johnsopb meint halt aber auch, wenn man den Grund des alten fuer viel Geld verscherbeln kann. Allerdings ist es da halt schon recht unsinnig, dass man jetzt gerade noch viel Geld in den alten investiert hat.


    Midas
    BBI wird sogar ziemlich sicher der 3. groesste in Dtld werden. Die 3 Berliner Flughaefen haben doch zusammen jetzt schon mehr Verkehr als Duesseldorf. Wegen dem lokalen Aufkommen Hamburgs: In Muenchen konnte ich beobachten, dass sich nun mit dem Hub auch mehrere Firmen im Umkreis angesiedelt haben, wo die Mitarbeiter dauernd irgendwo herumgondeln muessen. Ich alleine kenne da 2 leute, die fast jede Woche im Flieger sitzen. Somit denke ich mal, wenn Hamburg einen Hub haette, waere auch das Lokalaufkommen um einiges groesser.
    Aber wo sollte so ein Hub herkommen? Ich denke wirklich nicht, dass hier noch mehr bedarf sein wird. Vor allem werden sehr wahrscheinlich noch einige osteuropaeische Hubs in die europaeische spitze mit aufschliessen. Und mit (wahrscheinlich) Berlin, Amsterdam, Frankfurt, Muenchen London liegt Ham schon wirklich perfekt innerhalb von viele grossen hubs.
    Berlin wird den Bonus haben, dass es hier eine aggresiv wachsende Fluggesellschaft gibt. Bleibt allerdings zu hoffen, dass die sich nie uebernehmen werden, was in der Luftfahrt recht schnell passieren kann.


    Wegen "was sollen ein paar interkontinentale Strecken schon bringen": Es gibt da eine Daumenregel, dass eine interkontinentale Route etwa 1000 Arbeitsplaetze im Hinterland des Flughafens schafft. In wie fern das wirklich zutrifft, weiss ich nicht. Gilt vielleicht auch um so weniger, je mehr verbindungen es gibt. Aber wenn man sich alleine anschaut, was fuer europa und deutschlandzentralen von internationalen konzernen in Frankfurt herumstehen......
    In Bezug darauf freue ich mich schon auf den neuen Scissors Hub der Air India in Muenchen (Start Anfang 2008), wo sich in Muenchen dann viele Flieger aus indischen Staedten treffen werden, PAXE austauschen und dann zu nordamerikanischen Zielen weiterfliegen werden, mit Lufthansa als Europaverteiler fuer die indischen PAX.
    Muenchen wird somit zum Einfallstor fuer indische Firmen auf den deutschen Markt werden.

  • Ich bin jemand, der von Kindestagen auf die Geburt und den Boom des Münchner Flughafens und damit auch seines Umlandes erlebt hat.
    Ich habe auch mal eine Zeit in HH gewohnt und mir die dortige Situation ausführlich vor Augen geführt.


    Und ich habe in meinem drolligen Studium einen städtebaulichen Wettbewerb zur Nachnutzung eines frei werdenden Messegeländes (in Stuttgart, nach dem Umzug der Messe auf den Filder) erstellt.


    Alle diese Erfahrungen lassen für mich einen Schluss zu:
    Die städtebaulichen Chancen, die Dynamik die freigesetzt wird, einfach die Entfaltungsmöglichkeiten und die damit einhergehenden Gestaltungsmöglichkeiten für eine Stadtlandschaft lassen das Vorhaben als sehr erstrebenswert erscheinen.
    Mir gehts dabei gar nicht so sehr um den Flughafen und die Arbeitsplätze, die durch höhere Runwaykapazitäten und Ausbaumöglichkeiten bestünden.


    Wir reden hier immerhin von einem Zeithorizont von 20-25 Jahren (ein viertel Jahrhundert! )


    Hamburg definiert sich als wachsende Stadt.
    Wunderbar !
    Soll doch die Stadt da wachsen, wo sie Stadt ist, und der platzfressende Flughafen weit raus, wo er ebenfalls Platz hat. Von der Fluglärmentlastung der Hamburger ganz abgesehen.


    Im übrigen ist es unnötig, das man bei einem Umzug den neuen Flughafen sofort als Hochwertigen Drehkreuzflughafen entwickeln sollte.
    MUC ist 1990 auch mit einer Kapazität von 15 mio (!) gestartet.
    Dann hat man mit An- und Umbauten das T1 auf ca 20 mio Kapazität erweitert.
    Munich Airport Center, Kempinski Hotel, Riesenparkhaus, Terminal 2 + Satellit kamen erst viel später.
    Wichtig wäre eine ausbaufähige, günstige und moderne Basisinfrastruktur, die dann auch aus der Verwertung von Fuhlsbüttel finanziert werden könnte.


    Eine Abfertigunshalle oder ein weiteres Pier, falls doch unerwartet der Boom eintritt kann dann immer noch schnell gebaut werden.


    Idealerweise könnte in HH dann analog zu MUC auch die Messe zum alten Flughafen(Fuhlsbüttel) verlegt werden.
    Dann kann man die S-Bahn weiterhin nutzen. Damit wäre dann auch wieder Entwicklungspotential in der Innenstadt aktiviert, und das Verkehrsproblem Messe entschärft. (Wie gesagt, wir reden hier von einem Zeithorizont von 25 Jahren, bis dahin ist das gesammte Messegelände auch wieder sanierungsbedürftig.)


    Ich habe das hier zur verdeutlichung nochmals dargestellt.
    Das wäre ein Entwicklungsgebiet, das grösser wäre als die HafenCity. Es gibt nicht viele Städte, die solche Chancen haben. Und HH hätte auch das Wirtschaftswachstum , um das aufzufüllen


  • LugPaj: interessanter/guter Punkt bezgl. Unternehmenszentralen und Arbeitsplaetzen ! Mal schaun, wie sich die Passagierzahlen in den naechsten Jahren entwickeln, wenn s sich von den Zahlen her nicht potentiell rentiert, wird im Norden sicher kein Hub gebaut.

  • Braucht Deutschland mehr Drehkreuze als das in Frankfurt ?

    Deutschland braucht überhaupt kein Drehkreuz. Genau wie es keinen eigenen Börsenplatz braucht und keinen Containerhafen. Diese Aufgaben können auch London, New York und Rotterdam für uns erfüllen. Im Interesse der Wirtschaftskraft unsres Landes sollten wir aber versuchen, soviele und so große Drehkreuze zu etablieren, wie nur irgend möglich. Gäbe es nicht schon das Drehkreuz in Frankfurt, man müsste sich schwer überlegen, ob so eine kleine Stadt überhaupt einen eigenen Flughafen braucht. Aber wo es den Hub schonmal gibt und dazu noch den Bankenplatz, macht es auch Sinn, in Frankfurt die EZB anzusiedeln und in ihrer Umgebung immer weitere Finanzgremien. Wer gerne schlau tut, nennt diesen Effekt Clustering. Das Prinzip ist immer dasselbe: Wo schon viel ist, kommt noch mehr hinzu.


    Jeder starke Wirtschaftsstandort ist zugleich auch ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt und umgekehrt. Das Ganze ist ein bisschen ein Henne-Ei-Problem. Frage: Was war zuerst da, Wirtschaft oder Verkehr? Antwort: Das eine bedingt das andere. Die beste Möglichkeit um ein wirtschaftsförderliches Drehkreuz zu bekommen, ist wenn man schon eine starke Wirtschaft hat. Deswegen überrascht mich die Entwicklung in München auch nicht. Im Wirtschaftszentrum München lässt sich ein Hub nunmal leichter einrichten, egal ob Frankfurt Kapazitätsprobleme hat oder nicht. Und weil München sich mehr und mehr zum Hub entwickelt, profitiert auch wieder die Wirtschaft, wovon wiederum der Flugverkehr profitiert, wovon die Wirtschaft profitiert. Ei-Henne, Henne-Ei, usw. :D


    Das bestechende an den Hubs ist gerade, das sie Verkehre von weit weg bündeln und wieder verteilen. Damit ist ein nahezu grenzenloses Verkehrswachstum möglich, das nicht durch die Verkehrsbedürfnisse des Standorts oder der Region beschränkt wird. Ähnlich wie Containerhäfen nicht von den Hafenstädten selbst, sondern von ihrem Hinterland und dem Wirtschaftswachstum am andren Ende der Welt leben. Deswegen sollte jede Stadt, die die Chance dazu hat, einen Hub zu etablieren, dies auch versuchen. Nicht auf Verkehrswachstum zu setzen, kann langfristig verheerende Folgen haben. Als die Eisenbahn gebaut wurde, hat das manche Orte erst auf die Karte gesetzt, während andere weit größere Städte, die nicht an der neuen Technik teilhaben konnten oder wollten, auf ihrem damaligen Entwicklungsstand stehen geblieben sind. An einem Ort ohne Verkehr läuft auch die Zeit langsamer ab, bis sie schliesslich ganz stehen bleibt. Verkehr ist ein unabdingbares Zivilisationsmerkmal. Man kann nie genug davon haben.

    Wass wuerde es Norddeutschland ueberhaupt bringen seinen Flugverkehr in HH KK zu konzentrieren, nur um dann ein paar Interkontinentalverbindungen mehr zu haben ?

    Vielleicht garnichts. Die Konzentration des Flugverkehrs ist ja nur ein winziger Wirtschaftsaspekt. Es macht allgemein Sinn, alles mögliche zu konzentrieren, damit angelockt von der Ballung bestimmter Dinge sich artverwandte Sachen dazu ansiedeln. Das Wachstum in Berlin, sei es in der Musik-, Film- oder Pharmabranche läuft fast immer über diese Schiene. Frage: Warum geht Jemand nach Berlin? Antwort: Na weil schon Andere, die was ganz ähnliches machen, nach Berlin gegangen sind. Logisch oder? Eine solche Kette braucht nur einen Induktionsanfang. Eine erste Anfangskonzentration (z.B. einen Singleflughafen), dann kann die Entwicklung unter günstigen Voraussetzungen zu einem Selbstläufer werden und es siedelt sich immer mehr vom Selben an. Oder aber die Ballungsreaktion zündet einfach nicht und das Wachstum bleibt aus (der Großflughafen bleibt ein etwas größerer Regionalflughafen ohne Drehkreuzfunktion).


    Bei ganz vielen Sachen hilft Konzentration, eben weil sie solche Kettenreaktionen auslösen kann. Ich denke, das die Südländer Bayern und Baden-Württemberg im Ländervergleich auch deswegen vor den Nordstaaten liegen, weil die norddeutschen Großstädte historisch durch die Hanse aus ihrer Region politisch herausgelösst wurden und seither nur bedingt als Konzentrationspunkte dienen konnten. München und Stuttgart hingegen liegen mitten im Zentrum von einwohnerstarken Bundesländern. Es ist einfach nachteilig, wenn Metropole und Umland in tausend verschiedenen Dingen ihr eigenes Süppchen kochen. Da hilft es dann auch nicht mehr, wenn sie miteinander kooperieren. Das mildert die negativen Effekte nur, beseitigt sie aber nicht.

  • Guderian:


    dem Tenor deines letzten Beitrages kann ich grundsaetzlich nur beipflichten (abgesehen vom geschichtlichen Exkurs ;) ), aber jetzt verstehe ich garnicht mehr, warum du gegen einen Umzug nach KK bist, als 5t groesster Wirtschaftsraum der EU (quelle: EUROSTAT) und als 4t reichste Metropolregion der EU (GDP/ Kopf im Pendlerneutralen Ballungsraum) waere es ja schon recht fahrlaessig mittelfristig nicht zu versuchen einen Hub zu etablieren, zumindest wenn man deiner Argumentation unter wirtschaftlichen Aspekten folgt. Das IfW sieht ja in seine Studie die Standortpolitische Signalwirkung aehnlich.


    @ pflo777: Tolle Graphik, verdeutlicht sehr schoen, wieviel Platz der Flughafen einnimmt ! Wahnsinn, was da fuer ein Entwicklungspotential laege !

  • Ich kann leider nur feststellen, das hier mal wieder einige blind für Potenziale sind, solange es um kleinteilige und realistische Projekte geht, aber gleichzeitig „Hurra“ schreien, sobald ein luftiges Gutachten ein nicht recht durchdachtes Großprojekt vorschlägt.


    LugPaj verdreht zum Beispiel meiner Ansicht nach komplett die Logik wenn er schreibt: „Allerdings ist es da halt schon recht unsinnig, dass man jetzt gerade noch viel Geld in den alten (Flughafen) investiert hat.“


    Auch die abstrusen „Was-könnte-man-auf-der-Fläche-alles-Bauen-Gedanken“ sind für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Ja: man könnte lauter schöne Wohnhäuser draufbauen. Ich kenne da noch eine schöne große Fläche, wo man das könnte: Sie liegt etwas außerhalb von Kaltenkirchen und ist schon in städtischem Besitz...


    Weitere schöne und riesige Flächen gibt es in Hamburg übrigens im Überfluss: Wer man die Güterumgehungsbahn entlang fährt, der könnte denken, Hamburg wäre ein einziger Kleingartenverein. Oft mit S-Bahnanschluss vor der Haustür. Prima Flächen-Inwertsetzung! Aber ehe wir diese antasten, solle man vielleicht doch erst den Flughafen abreißen.


    Eine Super-zentrale Fläche mit hohem Marktwert hätte man auch wenn man das Hamburger Rathaus abreißen würde. Allein vom Wert der Grundstücks könnte man in Kaltenkirchen ein neues Rathaus bauen. *Sarkasmus an* Da ist es schon recht unsinnig, dass man zum hundertjährigen Jubiläum gerade noch viel Geld in das alte Rathaus investiert hat *Sarkasmus aus* Doof eigentlich...


    Versteht mich nicht falsch: Planen ist natürlich erlaubt, aber ihr füttert hier grade eine Phantomdiskussion. Das wäre ja an sich nichts schlimmes, wenn nicht die ganze Kreativität und Energie hier verpuffen würde, statt in anderen Hamburger Projekten wirklich etwas zu nutzen...