Friedrichswerdersche Kirche

  • Wenn man sich die verlinkten historischen Aufnahmen ansieht, erkennt man, dass kein Gebäude höher als max. vier Stockwerke gewesen ist.


    Das entscheidende Kriterium ist ja auch nicht die Anzahl der Stockwerke, sondern die Höhe derselben resp. des Gesamtbaus.

  • Ich glaube ich würde mich auch nicht so an der verfuschten Zentralperspektive stören, wenn das Gebäude das die Kirche links zur Hälfte verdeckt kleinteiliger oder vielleicht traditioneller gebaut wäre, aber so ist es echt wie Faust aufs Auge.


    http://abload.de/img/dscn0864xiquo.jpg


    Warum sieht man solche Fehlstellungen nicht vorher? fährt da keiner mit einer Minikamera mal durch das Stadtmodell? Oder bei den Renderings muss sowas doch auffallen.

  • @ Camondo : Schon mal auf den Gedanken gekommen, dass eine derartige Untersuchung oder Begutachtung der Sichtachse stattgefunden hat - und die Entscheidung bewusst so gefallen ist, die Bebauung entsprechend genehmigt und ausgeführt wurde ?


    Es sehen das eben nicht alle so vehement und wiederholt als Fehlstellung an ! Aber die Argumente ändern sich nicht durch deren stete Wiederholung und am MEINER Meinung nach durchaus reizvollem Endergebnis ändert es sowieso nichts.


    Einzig die gerade erfolgende Bebauung des unmittelbaren Umfeldes der Kirche wird diese Perspektive noch einmal etwas verändern - und das sicher auch nicht zum negativen hin.


    Der Alternative, nämlich aus dem dicht bebauten Friedrichswerder herauszutreten und auf eine in der Ödnis stehende Kirche zu treffen die "in the middle of nowhere" steht, keinen städtebaulichen Kontext hat und verloren wirkt, kann ich nichts abgewinnen im Vergleich zu dem, was dort nun im Werden begriffen ist. Sicher auch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss und nicht perfekt - aber perfektes Bauen unter Einschluss aller Perspektiven und Sichtweisen und allgemeines WOhlgefallen findend ohne Kritik - ich kenne kein einziges Projekt dieser Art ! ;)

  • Jetzt werden auch die "Kollateralschäden" an der Friedrichwerderschen Kirche heftigst bearbeitet. Innen und außen. Innen ist alles eingerüstet und jede Menge Zementsäcke werden reingeschleppt. Fotos leider nicht möglich :mad:



    Alle Fotos, sofern nicht anders angegeben, sind von mir!

  • Heute auch noch mal ein kleines Foto-Update. Momentan sieht es so aus, als ob da der Bau von nps Tchoban Voss und Schinkel ziemlich heftig aufeinanderprallen:



  • Ich hab für die Friedrichswerdersche Kirche mal einen eigenen Thread aufgemacht und alle damit zusammenhängenden Beiträge hierher verschoben. Durch das aktuelle Geschehen ist sie wieder deutlich mehr in den Fokus gerutscht.


    Die evangelische Landeskirche hat am Freitag ein Gutachten veröffentlicht wonach dem Gebäude weitere Schäden durch die nun bald auf dem Frankonia-Grundstück beginnenden Bauarbeiten drohen. Da die statischen Reserven der Kirche aufgebraucht seien, ließen sich neuerliche Beschädigungen nicht vermeiden. Man stehe mit der Frankonia in Verhandlungen in denen es lediglich um Schadensverringerung gehe.


    Artikel Berliner Zeitung - Die Friedrichswerdersche Kirche ist in Gefahr
    Artikel Berliner Zeitung - Ein Berliner Kleinod wird von Neubauten verschlungen
    Artikel Berliner Zeitung - Friedrichswerdersche Kirche in Mitte wurde durch Bauarbeiten beschädigt
    Artikel rbb online - Kampf um Schadensbegrenzung an der Schinkel-Kirche
    Artikel Tagesspiegel - Luxusbau gefährdet historische Kirche in Berlin

  • Das Geschehen um die Friedrichswerdersche Kirche wird auch überregional registriert. So berichten heute bspw. die Franfurter FAZ und Rundschau.


    Tenor ist, die Kirche sei etwas ganz besonderes, der Umgang mit ihr skandalös, das Auftreten der Investoren dreist und das Auftreten der lokalen Behörden liefere Interpretationsspielraum.


    Einen Bauskandal aufziehen sieht Dankwart Guratzsch in der Welt. Es zeige sich hierbei mal wieder, dass Berlin die wohl unfähigste deutsche Baubehörde hat.


    Bernd Kammer (ND) sieht in dem ganzen Vorfall ein Paradoxon. Während man Schinkels Bauakademie wieder aufbauen wolle, werde seine Kirche gleich nebenan der Zerstörung preisgegeben.

  • Ich finde die Schäden auch sehr ärgerlich. Dennoch sind die Journalisten wieder ganz scharf darauf Berlin den schwarzen Peter anzuhängen und schießen - wie so oft - meilenweit übers Ziel hinaus.


    Meine Prognose ist: Am Ende wird man der Kirche kaum etwas ansehen. Wenn alle Nachbarn stehen, kann auch nicht mehr viel passieren. Insofern ist es gut, dass jetzt der östliche Nachbar kommt und dann Schluss ist.


    Die Sperrung der U2 durch die Baustelle am Leipziger Platz hatte für die Berliner natürlich schwerere Folgen als die vorübergehende Schließung dieser wunderbaren Kirche. Dennoch ist es richtig zu bauen, sonst bestünde das Zentrum der Stadt weiter aus Brachen.

  • ^ Hast Du Dir den Beitrag im RBB angesehen? (Link, Bato hatte ihn schon in seiner Liste)
    Die Kirche ist schon derzeit nicht mehr zugänglich. Und die Schäden, die entstanden sind, sind zum großen Teil auch nicht mehr zu beheben, sondern nur kosmetisch zu verdecken, statische Schäden in der Tiefe des Baudenkmals. Und genau solche Schäden drohen nun wieder! Nimmt man dies sehenden Auges in Kauf?


    Was ist das denn für ein Umgang mit der Kirche? Und was für ein kulturgeschichtliches Verständnis zeigt sich hier?


    Es ist ja nicht so, liebes Rotes Rathaus (in diesem Kontext bekommt Dein Nick geradezu symbolische Bedeutung), dass die Kirche so empfindlich ist, dass man im Berliner Zentrum nicht mehr bauen könnte. Aber vielleicht in der unmittelbaren Nähe dieser, ich zitiere Dich mal, "wunderbaren Kirche" mit ein bisschen weniger Fokus auf Gewinnmaximierung und mehr das Fundament der Kirche achtend. Z. B. muss hier so tief gebaut werden, und mit solch einem Abstand?


    Und was der Vergleich mit der U2 Baustelle soll, entzieht sich meinem Verständnis. Mit so einer Argumentation habe ich das Gefühl, dass Du gar keine Vorstellung von dem Wert der "wunderbaren Kirche" hast und hoffe dabei, dass ich mich täusche.

  • ... Meine Prognose ist: Am Ende wird man der Kirche kaum etwas ansehen. Wenn alle Nachbarn stehen, kann auch nicht mehr viel passieren. ...


    Du meinst wohl, am Ende wird man der Kirche kaum etwas ansehen, weil man sie wegen all ihrer Nachbarn nicht mehr sehen kann, die sie total verstellen und einzwängen. Für mich eine echte Schande wie man einen guten ästetischen Zustand der die Kirche von allen Seiten gut sichtbar ließ in dieses völlig willkürlich erscheinende Konglomerat verwandeln kann. :Nieder: und ich widerhole es gern nochmal, da ist mir auch völlig Wurscht, ob das was da jetzt entsteht den Vorkriegsgrundrissen entspricht. Nicht alles was früher war muss gut gewesen sein und wenn man das erkennt muss man auch zu Korrekturen fähig sein.

  • ...und ich wiederhole es gern nochmal, da ist mir auch völlig Wurscht, ob das was da jetzt entsteht den Vorkriegsgrundrissen entspricht. Nicht alles was früher war muss gut gewesen sein und wenn man das erkennt muss man auch zu Korrekturen fähig sein.


    Aber in Venedig und Paris freuen wir uns auf die kleinen versteckten Kirchen?


    Ich finde die Bebauung grundsätzlich o.k. auch wenn das jetzt etwas heftig wirkt. Wir sollten nicht vergessen, dass wir hier im Zentrum der deutschen Hauptstadt sind, die immer noch zahlreiche Wunden des 2. WK und der DDR-Zeit hat. Brachen hier unbebaut zu lassen, fände ich gar nicht gut.


    Schäden an historischen Bauwerken sollten natürlich vermieden und wenn sie doch auftreten beseitigt werden

  • Es spricht nichts gegen eine Bebauung der als Parkplatz genutzten Brache westlich der Kirche. Aber man hätte (hist. Grundriss hin oder her) einen sinnvollen Abstand zur Kirche lassen können, z. B. in Form eines ausreichend breiten Fußweges. Und natürlich den Schutz des hist. Bauwerkes gewährleisten müssen. Nicht nur, dass es dadurch weniger Schaden an der Kirche entstanden wäre, man könnte die Seitenfassade dann auch in Zukunft betrachten.
    Genauso ist mir unverständlich, warum man beim Bau der Häuser südlich der Kirche (Friedrichswerder, Kurstaße) den vollständigen Blick auf die Portalseite der Kirche nicht freigelassen hat.


    Da ich mir bei alles Dummheit und Ignoranz der Beteiligten nicht vorstellen kann, dass man die Kirche verfallen lässt, wird wahrscheinlich folgendes passieren: Nach Fertigstellung der Nachbarbebauung wird es einen jahrelangen Rechtsstreit geben mit Gutachten und Gegengutachten. Währenddessen bleibt die Kirche gesperrt, Sicherungsgerüste usw. werden den Eindruck von außen trüben. Irgendwann mal wird es dann zu einer Entscheidung kommen und die Kirche wird (wieder jahrelang) aufwändig und für viel Geld saniert. Inkl. Fundamentstabilisierung usw. usf.
    Fertigstellung vrs. 2040 oder später.


    Witzigerweise werden viele Bewohner der Luxuswohnungen daneben langfristig darunter leiden - oder auch nicht, da es ja eher reiche Weltbürger sind, die nur ein paar Wochen im Jahr in ihrem Edelapartment verbringen.

  • Ich finde das durchaus ehrenwerte Vorhaben der Stadtreparatur als ursächlichen Grund für die entstandenen Schäden zu benutzen sehr zweifelhaft.


    Wenn man an so privilegierter Stelle bauen will muß man eben bei der Bauausführung bestimmte Vorgehensweisen bzw. Gebäudesicherungen einhalten.


    Gerade weil es sich hierbei um sehr exklusive Bebauung handelt (auch mit dem unbedingten Zwang ordentlich in die Tiefe des märkischen Bodens bauen zu müssen) dürfen die zuständigen Behörden die vermeintliche Entscheidung der kostengünstigsten Umsätzung nicht alleine den Bauherren überlassen.


    Wenn man vorher angemessene Auflagen formuliert und diese auch kontrolliert hätte gäbe es die bekannten Probleme wahrscheinlich garnicht.


    Bei der noch anstehenden Bebauung scheint man ja nun durchaus sensibler auf die Sicherung der Kirche zu achten, zumindest hoffe ich das.


    Ich bin ein großer Befürworter der Stadtreparatur auf historischem Grundriss, dann aber unbedingt mit der historischen Kirche und zwar in einem Stück.




    Gruß, Jockel

  • @ Dunning-Kruger


    Ich finde Deinen Angriff ehrlich gesagt zu heftig. Ich kenne die Kirche sehr gut, war häufiger drin und weiß natürlich, dass sie gesperrt ist und mit einem Stützgerüst gesichert wird.


    Ich bin kein Sachverständiger, sehe aber folgende Möglichkeiten:


    1. Die Kirche stürzt ein (bzw. muss großenteils rückgebaut werden).


    2. Es gibt andauernde sichtbare Defekte (z.B. neue Pfeiler/ Träger, die den Raumeindruck natürlich massiv Stören würden)


    3. Die Kirche wird wiedereröffnet und man sieht (so gut wie) nichts. Das Fundament wurde mit Beton verstärkt und das Gewölbe mit nicht sichtbaren Trägern dauerhaft gesichert. Die optischen Schäden beseitigt.


    Natürlich bin ich kein Hellseher. Aber nach der bisherigen Berichterstattung erwarte ich den Eintritt von 3.
    Sollte dies so sein, wäre die Kirche aus meiner Sicht gerettet. Der Schaden würde aus den Folgen der vorübergehenden Schließung bestehen. Deshalb der Vergleich mit der U2, die auch vorübergehend gesperrt war, was m.E. zu einem größeren Schaden geführt hat, da die Funktion eine andere ist.


    Die Journalisten, die jetzt wieder IM NACHHINEIN alles besser wissen, gehen mir auf die Nerven. Wer vorher gewarnt hat, der darf sich zurecht selbst loben.


    Sollte die Kirche dauerhaft beschädigt sein, so würde ich mir auch wünschen, dass man dort nie gebaut hätte. Nur weiß man es leider oft nicht vorher.


    Ich glaube auch nicht, dass Backstein richtig liegt und wir von 2040 als Wiedereröffnungsdatum ausgehen müssen. Wenn der Tiefbau beim östlichen Nachbarn abgeschlossen ist, ist die Kirche aus dem gröbsten raus. Die Fundamentsicherung passiert im Rahmen dieses Tiefbaus falls nötig. Westlich ist sie bereits mittels Hochdruckinjektion von Beton abgeschlossen. Danach wird das Gewölbe saniert. Inwieweit hier Stützmaßnahmen notwendig sind, das wird wohl ausschlaggebend sein für das Endergebnis. Dann Putz und Farbe; und fertig.
    Schäden an Nachbarn sind beim Bauen in der Innenstadt übrigens eher Regel als Ausnahme. Auch beim Lückenschluss im Gründerzeitblock kommt das regelmäßig vor. Dass die Schäden hier so gravierend waren, haben wir dem Prüfstatiker zu verdanken.

  • Wohnhaus 1 wird seit gestern abgerüstet. War noch sehr dunkel heute morgen beim Fotografieren. Allerdings ist schon zu sehen, dass es (zumindest von Weitem) schon einen edlen Eindruck macht.


    Apropos, was die enge Umbauung und die Schäden an der Friedrichswerderschen Kirche betrifft hat die rbb Abendschau gestern aus Anlass des Starts der Bebauung an der Ostseite zur Bauakademie hin folgenden Beitrag gesendet:


    http://mediathek.rbb-online.de…essort=tv&bcastId=3822076


    Interessant war auch zu erfahren, dass heute keiner der damals an der Entscheidung die Kirche so eng zu umbauen, beteiligten, noch gerne auf das Thema hin angesprochen wird.

  • Ich fahre ja täglich da vorbei und habe festgestellt, dass die Absicherung der Gründungsarbeiten des Moneo-Baus sehr sorgfältig durchgeführt werden. Man will wohl kein Risiko eingehen.



    Einmal editiert, zuletzt von KaBa1 ()

  • Also der RBB Beitrag hatte mit seriösen Journalismus wenig zu tun. Ein völlig einseitiges Pamphet ohne sachlichen Inhalt.
    Ich halte eine solche Berichterstattung vom Staatssender ziemlich deprimierend, wie alle Argumente der Gegenseite einfach unterschlägt und ignoriert, nicht einmal erwähnt, das ist schon beeindruckend.
    Ein Beispiel wie man Meinung manipuliert.

  • Ja, das ist schon ausgesprochen deutlich. Man hat sich ja nicht einmal die Mühe gemacht zu erwähnen, warum so dicht an der Kirche gebaut wird - weil es früher eben auch so war und Schinkel seine Kirche genau für diesen Lücken-Bauplatz entworfen hat.


    Im übrigen sind ja nicht "die Bauarbeiten" oder gar "die Luxusbauten" für die Schäden verantwortlich, sondern eine zweigeschossige Tiefgarage. Was man also lernen könnte aus derlei Baustellen, ist in nächster Nähe von Baudenkmalen nicht wesentlich unter die Fundamente zu gehen. Das aber alles nichts damit zu tun, in welcher Entfernung zur Kirche das aufgehende Mauerwerk steht.

  • Das eigentliche Problem ist allerdings nicht nur die tiefe Bohrung ins Erdreich, sondern auch die Vergrößerung der Bauvolumina im Vergleich zum historischen Maßstab. Auf zeitgenössischen Abbildungen der Kirche von Freydanck oder Gaertner ist gut zu sehen, wie unterschiedlich die Geschosshöhen angeordnet waren. Dieser kleinteilige Maßstab wird durch die Neubauten gesprengt.


    Freydanck (1839):



    Gaertner (1834):





    (c) SPK

    Einmal editiert, zuletzt von Gurke ()