Stadtgestaltung/ -entwicklung

  • Bei den Kleingärten geht es auch um soziale Nischen, die ein wichtiger Teil von städtischen Sozialstrukturen sind. Eben solche Nischen machen eine Stadt erst lebenswert und interessant. Daher sollten diese Bereiche der Stadt erhalten bleiben.


    Bestehende Kleingärten als soziale Nischen solten auch m.E. erhalten bleiben, jedoch sollte man in Zeiten von Wohnungsnot in zentralen Bereichen keine neuen Flächen für Kleingärten bereitstellen. Dies ist (leider) direkt vor meiner Haustüre bzw. Balkon im letzten Jahr durch die Stadt Köln genehmigt und ausgeführt worden. Im Grüngürtel wurde eine mit Garagen und Abstellräumen bebaute Fläche im Bereich der Schmalbeinstraße freigeräumt. Im Masterplan des Architekten Albert Speer sollte diese Fläche als Erweiterung des Grüngürtels als öffentliche Fläche umgewandelt werden. Jedoch wurden hier eine große Anzahl von privaten eingezäunten Kleingärten erstellt. Von meinem Balkon sehe ich nun auf bunte Holzhäuschen und kann den Grillgeruch genießen. Für mich persönlich ist das zwar ein schönerer und freierer Ausblick auf den Grüngürtel, der nun durch keinen Neubau verstellt wird, jedoch ist diese Fläche eindeutig zu zentral und wertvoll für diese Nutzung. Alternativ könnten hier - anlehnend an die vorh. Bebauung Richtung Aachener Straße - mehrer Gebäuderiegel entstehen.
    https://www.google.de/maps/pla…x51731e908c83f043!6m1!1e1

  • Bau-Lcfr Ist es möglich, dass für dich das Thema “Soziales“ eine Art rotes Tuch ist? Anders zumindest kann ich mir nicht erklären, dass in deinen Beiträgen manchmal eine Art neidischer Unterton mitschwingt über irgendwelche „Privilegien“ die irgendwem „für nix“ (also für wenig Geld) zugestanden werden. Diese Vorstellung scheint für dich ein grundsätzliches Problem darzustellen. Dabei kann hier von Privilegien überhaupt nicht die Rede sein, denn die Nutzung der Kleingärten oder die Schaffung Urbaner Gartengemeinschaften steht jedem Interessierten unabhängig von den monetären Verhältnissen offen.


    Hier wird öffentliche Fläche überlassen, die nicht öffentlich, sondern von einer partikulären Gruppe eingezäunt und privat genutzt wird - und die auch besser genutzt werden könnte.


    … so zum Beispiel von einer partikulären (reichen) Gruppe, die sie dann zwar auch einzäunt und privat nutzt aber zumindest ganz viel Geld dafür bezahlt hat.


    Nimm doch einfach zur Kenntnis, dass nicht alle Menschen städtische Räume als alleinige Spielwiese von Geld und Marktmechanismen betrachten möchten, denen gefälligst auch noch das letzte Fleckchen Erde verwertungstechnisch zugänglich gemacht werden muss, am besten noch durch Ausverkauf von öffentlichem Boden. Es ist ein Trugschluss zu glauben, daraus würde sich dann automatisch eine lebenswerte Stadt für alle entwickeln. "Lebenswerte Stadt" ist ohnehin ein vielschichtiger Begriff, hierzu hat So_Ge weiter oben ja schon wichtige Argumente gebracht.

  • Mir passierte auch schon mal, von einem Park in die benachbarte Kleingartenkolonie abzubiegen - ich musste lange durch die Ödnis auf engen eingezäunten Pfaden latschen, bis ich durch schaffte und wieder öffentliche Grünflächen erreichte.


    Und dann nach diesem "Latschen" in der Kleingartenkolonie auf öffentlicher Grünfläche mit aufgeschwellter Brust?:lach:

  • Bau-Lcfr:
    Einen Unterschied zwischen Lexikon und wissenschaftlicher Literatur sehe ich durchaus...Aber ich verstehe Dich so, dass Du auf Deine Erfahrungen vor Ort ins Feld führst. Das ist aber ein problematischer Ansatz, denn ich bin ebenfalls häufig zwischen Kleingartensiedlungen unterwegs (Blücherpark, Xantener Straße, am Decksteiner Weiher, in Humbold-Gremberg etc.) und habe halt genau gegenteilige Erfahrungen gemacht: Es blüht dort unvergleichlich, die öffentlich zugänglichen Anlagen laden zum Spazierengehen ein usw. Du siehst: die persönlichen Erfahrungen können sehr voneinander abweichen, daher mein Bezug auf Literatur.


    Im Grunde sehe ich das so wie Du: Wir sollten mit Marktgesetzen (fast) so umgehen, wie mit Naturgesetzen. Und das heißt: Wir sollten uns ihnen nicht willenlos unterwerfen, sondern sie zu unseren Zwecken nutzen. Genau so, wie wir das seit Jahrtausenden mit den Naturgesetzen machen. Die Zeit des schicksalsergebenen Wartens darauf, dass sich von selbst alles richtet, ist ja eigentlich schon lange vorbei (auch wenn sie im Neoliberalismus sehr aktiv überdauert).


    Und genauso wenig, wie wir in die Naturgesetze irgendwelche Hoffnungen legen, dass sie schon von ganz allein das bestmögliche Ergebnis bringen, sollten wir auch in die Marktgesetze nicht so eine Hoffnung legen. Das ist aber genau der Fall, wenn man glaubt, der Preis würde die Bodennutzung schon irgendwie von selbst regeln und am Ende ein gutes Resultat zeitigen. In so einer Welt lebst Du im Übrigen auch nicht. Deutschland ist bei genauer Betrachtung in erheblichem Maße nicht marktwirtschaftlich geprägt. Vom Wohnungsbau, über das Bildungs- und Gesundheitssystem, bis hin zu Forschung und Entwicklung spielen fast in jedem wichtigen Bereich Marktkräfte eine untergeordnete Rolle! Und da Deutschland als eines der erfolgreichsten und stabilsten Länder der Welt gilt, kann das so verkehrt nicht sein.


    Du hast mich übrigens in einem irgendwie falsch verstanden: Ich habe mit keinem Wort die Abschaffung der Marktwirtschaft gefordert. Ich betrachte die Marktwirtschaft als ein Instrument unter vielen, um die Gesellschaft zu formen. Sie muss sich im Einzelfall als sinnvoll erweisen. Glauben im religiösen Sinne schenke daher ich ihr nicht.

  • Toller Artikel über Rudolf Schwarz den Kölner Generalplaner des Wiederaufbaus.


    http://www.ksta.de/koeln/wiede…7530,31097146,item,0.html


    Bemerkenswert: Rudolf Schwarz plante die Stadt ursprünglich so ähnlich, wie wir sie uns heute wünschen würden.


    -Nord-Süd-Fahrt nur 18m breit statt 32m


    -Ringe viel großzügiger und nach Pariser Vorbild entworfen


    -Hauptbahnhof verlegt


    -Heumarkt wieder hergestellt


    Leider wollten die Politiker damals lieber eine autogerechte Stadt.


    Schade, schade - aber vielleicht kann man in Zukunft noch mal auf seine Ideen zurückkommen.

  • ^ Im Artikel ist u.a. über die Erweiterung des P&C-Kaufhauses die Rede. Diesem Nachkriegsbau werde ich nicht nachweinen (er soll laut Artikel fallen), doch die Erweiterung sollte derart unterschiedlich vom Ist-Bestand gestaltet werden, dass unter dem Strich die bereits verminderte Kleinteiligkeit nicht noch weniger wird. Irgend etwas repräsentatives mit mehr Naturstein statt nur Vollglas.

  • Ich meine vor wenigen Tagen gelesen zu haben, dass die Stadtverwaltung Köln einen "Organisationsexperten" einstellen will, der sich darum kümmern soll, Abläufe in der Stadtverwaltung zu optimieren, auch was etwas Bauvorhaben angeht.


    Ich kann diesen Artikel aber partout nicht mehr finden. Hat den zufällig auch jemand von euch gelesen und kann mir weiterhelfen?

  • Wohnungen über KVB Betriebshof oder KVB Abstellanlagen

    In Köln fehlen tausende von Wohnungen und die Mietpreise steigen immer schneller an.
    Viele Menschen können sich das Leben in der Stadt kaum noch leisten, wohnen deshalb in der Region und müssen lange Wege in Kauf nehmen.
    Damit die Stadt für Angestellte, Rentner, Familien weiter attraktiv bleibt, ist sie gefordert für ihre „Normalverdiener“ günstige Wohnungen zu errichten.
    Grundstücke sind aber teuer und schwer zu kriegen und würden die Baukosten in die Höhe treiben.
    Deswegen stellt sich die Frage, ob man nicht auf eigene Liegenschaften zurückgreifen kann.
    Ein Beispiel aus der Schweiz zeigt, dass das auch an Orten möglich ist, die auf den ersten Blick dafür ungeeignet scheinen.
    2014 wurde in Zürich ein 6350 m² großes Depot für Straßenbahnen mit Wohnungen und Gewerbe überbaut und zu einen attraktiven Ort umgestaltet.
    Das Projekt nennt sich Kalkbreite und wurde von einer Bürgerinitiative ins Leben gerufen, die später als Genossenschaft das Projekt verwirklichte.
    So entstanden 5000m² kleinteiliger Gewerbe- und Geschäftsräume mit Arbeitsplätzen für 200 Personen, gekoppelt mit 7500m² Wohnfläche für 250 Einwohner und dazu noch 600m² Gemeinschaftsfläche.
    Die Architekten des Projekts waren Müller Sigrist Architekten.
    Das ganze kam in Schwung als die Stadt Zürich die notwendigen Mittel für eine Machbarkeitsstudie, einen Architekturwettbewerb und die erste Projektierungsphase zu Verfügung stellte.


    Weitere Informationen:


    https://www.bauwelt.de/themen/…nossenschaft-2172373.html


    Wenn man so ein Projekt auf Köln überträgt, fallen mir sofort zwei sehr günstig gelegene KVB Anlagen auf:


    1. KVB Abstellanlage in Müngersdorf vor dem Rheinenergiestadion
    https://blog.kvb-koeln.de/wp-c…ploads/2017/04/Bild_4.jpg


    2. Der KVB Betriebshof in Köln Braunsfeld
    http://www.bilderbuch-koeln.de…yrocopter_luftbild_176491


    Hier könnten bei einer Überbauung hunderte preisgünstige, hervorragend an die Stadt angebundene Wohnungen auf städtischen Grundstücken entstehen.
    Entweder für Genossenschaften, städtische Angestellte, Familien, geförderte Menschen, oder alle zusammen.
    Für Architekten und Entwickler wäre das ein spannendes und herausforderndes Projekt. Gleichzeitig könnte man das dortige Umfeld verbessern.


    Nur mal so, als kleine Anregung;)

  • Hinweis: dieser und die nachfolgenden Beiträge bis #225 wurden aus dem Thema "Rudolfplatz" hierher verschoben. rec


    Es gab gestern einen Meinungsbeitrag der ehemaligen Dombaumeistern, Barbara Schock-Werner, in dem sie sich über das architektonische Einerlei der (Kölner) Neubauten auslässt.

    Ich teile ihre Meinung und fände es toll, wenn von ihr als bekannter Persönlichkeit ein Impuls in die Gesellschaft ausginge, der zu einem Umdenken bei den verantwortlichen Gruppen führt.

    Ich bin natürlich Laie und nicht mit den Vorgängen innerhalb der Führungssetagen vertraut, aber könnte die Stadt Köln nicht viel mehr auf die Entscheidungen Einfluss nehmen, was und wie gebaut wird? Ich denke, es wäre für Köln wichtig, wenn nicht nur die aktuelle Rendite-gesteuerte Einheitsarchitektur entstehen würde.

  • Dooo?


    da sagst du wahre Worte, die man eigentlich weiter vertiefen muss. Der Rudolfplatz und die dort jetzt entstehende Bebauung ist symptomatisch für Köln.


    Anders als in vielen anderen Städten, in denen architektonsiche Fragen teils politische Schwerpunktthemen sind (man schaue nach Potsdam oder Dresden), spielt Architektur in Köln im öffentlichen Diskurs nach meinem Eindruck kaum eine Rolle. Das zeigt ja auch dieses Forum. Hier gibt es im gesamten Kölnforum in den letzten Monaten vielleicht 20 Beiträge, Baustellenupdates etc. gibt es so gut wie gar keine und das ist in anderen Architekturforen auch so.


    Ich bin oft in Köln, habe viele Freunde da, aber ein wirklicher Enthusiasmus für Themen wie Städtebau und Architektur kommt da nie auf. Ich sehe auch keinen Handlungsdruck, der von irgendwem erzeugt wird. Es ist eben Kölle hört man dann, ist eben so.


    Dabei hat Köln so viel, wo man etwas draus machen könnte.


    • Ja, na klar, da ist der Dom, der alles überstrahlt. Für mich ruht man sich leider zu sehr darauf aus, aber er ist natürlich das Pfund mit dem man erst mal wuchern kann, für mich die vollkommenste gotische Kathedrale weltweit, zusammen mit der Hohenzollernbrücke und Groß St. Martin ist auch der Skylineblick Weltklasse, das hat weder Bonn, noch Düsseldorf noch sonst wer. Es ist gerade abends einfach unglaublich schön.
    • Köln hat 12 romanische Kirchen, wenn der Dom nicht wäre, wären allein diese schon eine Reise wert, dazu haben sich in ihrer Struktur gerade im Altstadtbereich wesentliche Teile erhalten, hinzu kommen immer wieder schöne Ecken und das, was Köln am stärksten macht, die Menschen, die lokale Kultur und die gelebte Tradition und der Stadtstolz und das in einer sehr positiv gemeinten Art.

    Bei allem Positiven darf man aber gerade städtebaulich nicht vergessen, dass viel Potential einfach liegen bleibt, denn die größte Attraktion, der Dom, ist auch gleichzeitig ein großer Hemmschuh, denn:

    • viele Dinge, die man anpacken müsste, bleiben einfach liegen. Das fängt bei einfachen Dingen an wie Stadthygiene, Straßenmöblierung, Pfelge des öffentlichen Raums, Straßeninstandhaltung, Bürgersteige, und und und. Der öffentliche Raum ist in Köln, wie auch in sehr vielen anderen Städten in NRW, in einem desolaten Zustand. Diese Dinge werden oft unterschätzt, machen aber im Gesamtbild einen extrem schlechten Eindruck. Welche Wunder es bewirken kann, wenn man sich der Probleme konsequent annimmt, kann man aktuell in Siegen bestaunen. Hier hat man durch sehr kluge Stadtpolitik zur massiven Aufwertung der Innenstadt beigetragen, dies sollten sich andere Städte in NRW zum Beispiel nehmen.
    • neben dem Dom hat Köln mit den romanischen Kirchen echte kulturelle Schätze, diese gehen aber völlig unter, weil sie in städtebaulichen Nirwana kaum wahrgenommen werden. Man schaue auf St. Ursula oder St. Gereon. Aber dorthin verirrt sich kaum jemand, weil das städtebauliche Drumherum einfach unwürdig ist. Diese besser an die Innenstadt anzubinden, wäre ein erster Schritt.
    • Ich schrieb oben, dass man in Köln zumindest im Altstadtbereich einen Fehler nicht gemacht hat, den man in vielen anderen Städten gemacht hat, nämlich mehrere Parzellen zusammenzufassen und nach dem Krieg mit Großblöcken zu bebauen. Ob am Alter Markt oder am Heumarkt und selbst am Neumarkt sind die alten Strukturen noch ablesbar. Nur leider sind all diese Plätze in die Jahre gekommen. Man müsste hier in Kooperation mit den Eigentümern mal ran und schauen, wie man den Bestand mit realtiv einfachen Mitteln aufhübschen kann und vielleicht etwas nachhistorisieren könnte. Aufgrund der Struktur der Bebauung könnten hier sehr positive Effekte mit sehr wenig Aufwand erreicht werden
    • Der Zustand der Hohen Straße ist ein Skandal. Nicht nur, dass viele Häuser extrem runtergekommen sind. Es gibt bis heute - das muss man sich mal vorstellen - noch immer Brachen und Nachkriegsprovisorien. Vom Werbechaos ganz zu schweigen. Da müsste man mal mit dem Müllfahrzeug durch und diesen billig wirkenden Schilderwald mal komplett runter reißen. Manchmal habe ich das Gefühl, die Werbetafeln hängen nur da, damit man die miese Architektur nicht wahrnimmt.
    • Während die Hohe Straße, die Schildergasse oder die Breite Straße wenigstens stark frequentiert sind, sieht der Zustand von so mancher Parallelstraße einfach nur desolat aus. Ob Glockengasse, Hämergasse, Brüderstraße Marspfortengasse, Sporergasse ... was man da sieht hat nichts mit Städtebau zu tun, das ist städtischer Totraum direkt an den Haupteinkaufsstraßen. Man schaue mal auf die Rückseite des Standesamts am Haus Neuerburg. Einfach furchtbar. Hier sieht es aus wie in Sibirien.
    • Auf den Ringstraßen geht es weiter, anstatt sich an die gründerzeitliche Traufhöhe zu halten, hebelt jeder Neubau diese sogar auf und ein kleines Hochhaus nach dem anderen wird gebaut, ohne ein erkennbares Konzept, jeder baut einfach was er will.
    • Man könnte es endlos weiter vertiefen, am Ende bleibt, dass es keine wirkliche Sensibilität fürs Stadtbild in Köln gibt. Das zeigt auch die Diskussion um das Domumfeld. Ob Domhotel, Roncalliplatz, das neue Großprojekt am Unter Goldschmied der Gerch-Group, alles ist nur Stückwerk. Gerade am Roncalliplatz hätte man meiner Meinung nach einen großen städtebaulichen Wettbewerb veranstalten müssen, der das Römisch-Germanische-Museum, den Neubau des Museums auf dem Areal des Domforums, das Laurenzcarre der Gerch Group und das Domhotel sinnvoll und übergeordnet miteinander verbindet. In welcher Stadt hat man die Chance, dass zeitgleich einer der zentralsten Plätze der Stadt komplett neu bebaut werden könnte. Gemacht hat man daraus nichts.
    • Und dann sind wir beim entscheidenden Punkt. Es fehlt das Problembewusstsein, es fehlen auch die Prioritäten und auch der Wille, die Dinge nicht einfach so laufen zu lassen. Dazu kommt auch der fehlende Druck aus der Öffentlichkeit. Anders als in Potsdam, Dresden, Nürnberg oder Frankfurt, wo es sehr breite, bürgerliche Bewegungen gibt, die sich in städtebaulichen Fragen engagieren, kenne ich da in Köln keine einzige. Weder so etwas wie dieAaltstadtfreunde, die sich um ganze Städtebereiche in Nürnbrg kümmern und auch keine projektbezogenen Zusammenschlüsse wie die GHND in Dresden. Und somit nimmt in Köln eben alles irgendwie seinen Weg, aber es ist meist wenig durchdacht, viel ist vom Glück abhängig und es fehlt einfach völlig eine konsistente und übergeordnete Vision oder klare Linie. Man arbeitet einfach Projekt für Projekt ab, ohne aber daraus eine strategische Idee abzuleiten. Und daher sieht Köln eben so aus wie es aussieht.
  • All diese Dinge kann ich nur so unterschreiben. Ich will nicht sagen, dass alles anderswo besser läuft - aber verglichen mit anderen großen deutschen Städten ist es völlig offensichtlich, wie genügsam und entspannt - man kann auch sagen anspruchslos, unsystematisch und unprofessionell! - in Köln viele Stadtentwicklungsthemen angegangen werden.


    Ich bin aus allen Wolken gefallen, als im Vergangenen Jahr das erste mal ein rudimentärer Gestaltungsleitfaden (Möblierung, Gehwegzonierung, Materialien etc) für zentrale Innenstadtbereiche von der Stadt vorgestellt wurde. Das schien mir symptomatisch für die Lage Kölns: In anderen Städten gibt es sowas seit Jahrzehnten.


    Selbst der Masterplan (im Grunde ein großer Wurf) wurde der Stadt ja aus der schier verzweifelten Privatwirtschaft aufgenötigt.


    Als jemand der beruflich viel in Hamburg beschäftigt ist, ist mir besonders unverständlich, dass die Stadt in einer solchen Boomphase der Baubranche immer noch keine Ambitionen hat klarere Qualitätsanforderungen an Bauherren zu formulieren. Diese endlose Ansammlung von billigsten WDVS-Putzfassaden auch in A-Lagen wäre in anderen Städten undenkbar! Sie wird das ungeliebte Vermächtnis dieses Baubooms bleiben.


    Ich habe den Großteil meines Lebens in Köln verbracht und werde leider das Gefühl auch nicht los, dass eine gewissen "liebenswerte Planlosigkeit", die man gemeinhin mit dem Rheinland assoziiert, zu einem völlig falschen Selbstverständnis der Planer und zu einer Planungskultur geführt hat, die übergreifenden Gesamtkonzepten eher kritisch gegenüber steht und eine liebevolle Haltung gegenüber individuell gewachsenem Chaos kultiviert. Das wird von der Bevölkerung offenbar auch nicht kritisch rezipiert.

    Das ist tatsächlich einer der Gründe, warum ich nicht in Köln arbeite. Denn trotz TH Deutz, RWTH und FH Aachen, Kunstakademie Düsseldorf und Hochschule Düsseldorf - also einer Vielzahl von Qualifizierten Ausbildungsstellen für Architekten in der Nähe - gibt es in Köln einen erstaunlich eklatanten Mangel an Bau- und Planungskultur. Im weiteren Sinne sehe ich das auch als einen der Gründe für einen offensichtlichen Investitionsstau in der Stadt an.


    Ich kann nur hoffen, dass die Reihe von anstehenden (und teils vielversprechenden) Großprojekten wie Deutzer Hafen, Mülheim Süd und Parkstadt Süd in der Stadt endlich so etwas wie Aufbruchsstimmung aufkommen lassen.

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  • Und um das klarzustellen: Ich finde auch, dass Köln ein einzigartiges Potenzial hat wie kaum eine andere Stadt in Deutschland (Struktur, historische Zeugnisse, Kulturelle Institutionen, Rhein usw). Nur wird das halt viel zu selten genutzt und weiter ausgebaut. Städte werden nicht durch Zufall schön - Hamburg feilt seit Jahren unaufhörlich und sehr zielstrebig daran die Schokoladenseiten weiter auszubauen.

  • Ich denke, es wäre für Köln wichtig, wenn nicht nur die aktuelle Rendite-gesteuerte Einheitsarchitektur entstehen würde.

    Danke – auch sehr schöne Analyse zum städtebaulichen Ist Zustand! Neben der Politik und der städtebaulichen Fachplanung sind natürlich auch die Einwohner einer Stadt durch ihr Interesse, und damit verbundenen Zustimmung oder Ablehnung, Einbringung von Vorschlägen, spontanen Ideen direkt oder im Umweg über politische Gremien Teil dieser Entwicklung. Da fehlt noch was – wie in so vielen Großstädten – auch in Köln - Architektur stößt häufig auf mangelndes Interesse.

    Leider habe ich den wunderbaren Artikel nur in Printform. Auf der Internetseite des KStA ist er auch 3 Tg. später nicht zu finden.

    Vielleicht kann ja einer nochmal recherchieren unter „Herrschaft der Klötze“.

    Denke es ist ein Artikel aus Ihrem 2019 erschienen kritischen Köln Buch. Zu dem ist es scheinbar auch kein Mainstreamthema, das für hohe Anklickzahlen und somit höheren Werbeeinnahmen auf der KStA Internetseite führt.

  • Bei den abgedruckten Leserbriefen in der heutigen Ausgabe des KStA kann man, als Resonanz auf den Meinungsbeitrag der ehemaligen Dombaumeisterin Prof. Schock-Werner, auch die gleichen Meinungen hinsichtlich der aktuellen bescheidenen Baukultur Kölns und ungenutzter Chancen wiederfinden.

    Es scheint, so ist mein Gefühl, nicht wenige Menschen in der Stadt zu geben, die sich für die Baukultur in der Stadt interessieren und unzufrieden mit dem aktuellen Stand sind.

    Wie könnte man diese Menschen organisieren, damit sie etwas besser wahrgenommen werden können?

    Fr. Schock-Werner scheint eine der bekanntesten und lautesten Stimmen in der Diskussion zu sein. Auf sie geht, meine ich, zu Teilen auch die Initiative zur Sanierung der Reste der römischen Stadtmauer zurück.

    Vielleicht könnte man sich mit ihr und ihren Kreisen in Verbindung setzen...?!

  • Hallo zusammen!
    Hier ist mein erster Beitrag in diesem Forum, auf Skyscrapercity bin ich schon seit einiger Zeit aktiv.
    Ich glaube, dass insgesamt die Diskussion hier im Forum sogar was größer ist als auf der anderen Seite.

    Gäbe es denn eurerseits Interesse daran, einen Stammtisch, einen kleinen Verein oder ähnliches zu etablieren, in welche, zumindest mal die Kölner Forenmitglieder gemeinsam diskutieren können? Vllt. schaffen wir es ja mittelfristig eine kleine Runde Kölner Architekturfreunde aufzubauen.

    Liebe Grüße,
    urbanista25