Peak Oil und Auswirkungen auf die Stadtentwicklung

  • (so entspricht die Baudichte eher der Pariser Innenstadt als dem, was wir in Neubaugebieten Deutschlands schaffen)


    Einspruch:
    Die geplante Einwohnerdichte liegt bei 7900 Einwohnern pro km², also noch deutlich unter Berlin-Mitte. Mit allem Grün, das es in Mitte so gibt, inklusive Tiergarten. Neubaugebiete in Deutschland kommen auch durchaus auf ähnliche Werte. Der Standardbesatz hier in der Gegend HD/MA zum Beispiel liegt für Neuausweisung von zusammenhängenden Wohngebietsflächen (inklusive Erschließung und Grünzeugs) zwischen 40 und 65 WE/ha - also 8.500 bis 13.500 Ew/km² bei entsprechend durchgängiger Bebauung. Nur dass man hier halt nicht 6 km² durchgängig ausweist, weil dafür gar kein Bedarf ist.

  • Von den Berliner Projekten sollte man das Möckernkiez erwähnen, wo auf drei Hektar 385 Wohnungen und andere Funktionen geplant sind (fast 130 WE/ha). Das Quartier soll autofrei bleiben.


    Nachhaltiges Wohnen in Berlin von Vivico


    Artikel in der Immobilien Zeitung


    Es bleibt zu hoffen, dass die Gestaltung vielfältiger sein wird als auf der Visualisierung in der IZ, was die Beteiligung von fünf Architekturbüros ermöglichen sollte. Generell sind mE oft Passivhäuser wenig ansprechend gestaltet, was derer Zukunft nicht dient.

  • Post Oil City - Elektromobilität und Städtebau

    "Das Auto schrumpft – und der öffentliche Raum der Stadt kann wieder wachsen!" Ein sehenswertes Video über die städtebaulichen Auswirkungen eines flächendeckenden Einsatzes von Elektromobilität; auch und vor allem im Individualverkehr unserer Städte:




    Die oben verlinkte Animation findet sich auf der Homepage des M:AI (Museum für Architektur und Ingenieurkunst).

  • ^ Ich habe mir die Animation angetan - mit der bestechenden Logik, dass die Autos kleiner sein könnten, weil sie nur von einer Person benutzt würden. Dies gilt aber unabhängig vom Antrieb und einige kleine Benzinautos gibt es längst. Trotzdem werden zunehmend Privatpanzer (SUVs) bestellt, die einer meiner Bekannten als mobile Ritterburgen bezeichnet. Auch sonstige Autos sind größer geworden, weswegen sie nur noch schwer in Parkhäuser der 1960er/1970er Jahre passen, was kürzlich in den Medien stark präsent wurde - mit dem Fazit, eher neue Parkhäuser zu bauen als wieder kleinere PKWs zu kaufen. Wieso sollte dies bloß durch andere Antriebsart plötzlich anders werden? Hat etwa die Diesel-Nutzung anstelle der Benzinmotoren qualitative städtebauliche Änderungen bewirkt? Hat dies der Hybridantrieb getan?


    Weiter wurden einige Konzepte wie Car-Sharing vorgestellt, die es auch so bereits gibt. Mir scheint, manche Leute trauen dem E-Antrieb geradezu magische Kräfte zu - Auswirkungen, die keine Logik untermauern kann.

  • Ich denke nicht, dass in der Animation irgendwelche E-Magie beschworen wird. Vielmehr wird versucht die Not in eine Tugend zu kleiden. Mit der aktuellen E-Technik und Speicherkapazitäten lassen sich nun mal keine SUVs sinnvoll antreiben. Will mein E-Mobilität zum aktuellen Stand der Technik müssen die Autos also kleiner, leichter und damit sparsamer werden. Logisch, oder!?
    Anstatt den Leuten nun alleine auf den Verzicht einzuschwören ("Eure Autos müssen kleiner werden!") zeigt man die neuen Möglichkeitsräume auf, die dadurch für den Stadtraum entstehen. So funktioniert Marketing. Das dadurch in Zukunft alles besser wird, ist natürlich ein altbekannter Topoi, um den propagierten Paradigmenwechsel schmackhaft zu machen.
    Die Reduktion von Lärm- und Feinstaubemissionen werden in der Animation dabei noch nicht mal erwähnt...


    E-Mobilität ist m.E. auch nur ein Baustein und kein Allheilmittel. Eine dichte ÖPNV-Taktung, Fahrradautobahnen, PKW-Maut in Innenstädten, Car-Sharing, Nachverdichtung + "Stadt der kurzen Wege" tun ein übriges, um unsere Städte zukünftig vom PKW-Verkehr zu entlasten.

  • Klar kann man SUVs sinnvoll als Elektroautos betreiben. Die ersetzen nicht zu 100% die Verbrenner, aber um beispielsweise in Berlin rumzufahren reichen doch 150 km Reichweite. Von Toyota gab es den RAV-4 schon in der 90ern und jetzt gibt es wieder eine neue Version davon:


    http://en.wikipedia.org/wiki/Toyota_RAV4_EV


    Damit löst man keine Probleme, die sich aus einer veritablen Energiekrise ergeben, aber das tut man mit einem elektrischen Kleinwagen, der etwas weniger Energie benötigt auch nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn man das flächendeckend mit 42 Millionen PKW in Deutschland und deren heutiger Laufleistung machen will. Immer unter der Bedingung natürlich, dass keine Kernenergie zur Verfügung steht.

  • Was sich tatsächlich fundamental änder, und nur das, ist nach dem "Peak Oil" die Kostenkalkulation unserer gesamten Gesellschaft. Transportkosten machen derzeit keinen nennenswerten Posten aus, darum wird ja so global arbeitsteilig gewirtschaftet, häufig auch zum Nachteil hiesiger Konsumenten (die ja auch irgendwoher ihr Einkommen beziehen müssen).


    Es ist dann auch nicht mehr zwingend billiger wie bisher Gebäude aus Standardteilen von der Stange zu planen, weswegen die ach so "moderne" Architektur sich ja so gleicht - vom Dachziegel über die Fenster bis zur Klingeltafel, alles standardisiert und aus dem Katalog. Aber auch entsprechend häufig nicht so haltbar, weil auf Kostendruck- und Stückzahl hin optimiert, weil auch gar nicht an die lokalen bzw. gebäudeimmanenten Anforderungen hin optimiert.


    Es ist dann wieder wirtschaftlich z.B. Steinmetze und Schlosser zu beauftragen, weil deren Erzeugnisse deutlich haltbarer sind und umgekehrt nicht solch eine komplexe Wertschöpfungskette voller teurer Transporte und Zwischenstufen beinhalten. Vergessene Dinge werden auch wieder in die Planung einfließen, beispielsweise lokale Bauformen - die ja nicht bloße Folklore sind, zu der sie reduziert wurden. Es hatte einen guten Grund warum z.B. im Voralpenland ländliche Häuser mit weit auskragenden Dächern errichtet wurden, die Obergeschosse dabei zumeist aus Holz gezimmert. Das war das Resultat optimaler Anpassung an die klimatischen Bedingungen und auch Alltagstauglichkeit (z.B. können durch auskragende und tiefgezogene Dächer die Fenster und Türen nicht so leicht zuschneien, umgekehrt wird die Schneelast bei Flachdächern rasch bedrohlich für die gesamte Statik eines Gebäudes; Satteldächer sind wirtschaftlicher!).


    Reet und Lehm für die typischen Häuser Norddeutschland waren lokale Baustoffe, ebenso wie Schiefer, Holz und Lehm bei den Fachwerkbauten in Mitteldeutschland, etc. und haben dabei noch ideale bauphysikalische Eigenschaften bzgl. Isolierung, Raumklima aber auch Haltbarkeit.


    Bis hin zu städtischen Fragen wie, wie muss man Gebäudefronten und Straßenfluchten planen, damit der kalte Wind im Winter über den Dächern bleibt und nicht durch die Straßen und in jede Ritze pfeift. Oder wie muss ich den öffentlichen Raum gestalten, dass ich nicht diese technisch und energisch teure Entwässerung brauche sondern Oberflächenwasser möglichst direkt vor Ort wieder im Boden versickert. Wie betreibe ich Straßenbau, damit der Winterdienst (teures Streumaterial, enormer Spritverbrauch für die schweren Fahrzeuge) geringer ausfallen kann.


    Wie plane ich Straßenbeleuchtung, die möglichst effizient ist - die Zeiten von allgegenwärtigen Kugellampen, die v.a. den Himmel beleuchten, müssen vorbei sein. Statt immer neuer Straßenschneisen stehen schienengebundene öffentliche Verkehrsmittel im Fokus und besonders jene Grundstücke und Gebäude werden enorm an Wert gewinnen die in fußläufiger Nähe dazu liegen - der "Traum vom Haus im Grünen" wird aber für viele Leute vermutlich zum wirtschaftlich "Albtraum" werden. Die Preise fallen in's Bodenlose weil sich keiner, inkl. der jeweiligen Besitzer, mehr die Spritkosten für 50 km Pendeln am Tag leisten kann. Häuser mit unverbauter Südlage und guter ÖPNV Anbindung erzielen dagegen in Zukunft höchstpreise, nicht weil Sonnenschein so gute Laune macht sondern weil Sonne durch große, gut isolierte, Fenster den Wohnraum gratis beheizt und, schaut man sich den Heizkostenspiegel an, die Heizkostensteigerungen für immer mehr Menschen ein kaum noch zu stemmender Kostenfaktor werden.


    ...durch die enorme Verteuerung von Energie und Mobilität, die irreversibel ist auch durch erneuerbare Energien, werden sich einfach die Kosten ändern. Es wird nicht mehr billig sein "Wegwerfarchitektur" hinzuklotzen, von der man weiss dass man nach 30 jähriger "Nutzungsdauer" wieder abreißt und was neues hinbaut.


    Man wird sich wieder haltbarerer Architektur, zeitloser in der Optik ("kann auch in Würde altern, mit Patina, ohne dabei heruntergekommen zu wirken") und angepassterer Materialien, bedienen müssen und angepasst an lokale Gegebenheiten planen - der erste Schritt der Planung ist dann das Studium lokaler Klimadiagramme, Sonnenstunden und des Umfeldes (Schattenwurf etc.), nicht "wollen Sie einen Carport oder zwei?".