Stadtumbau Ost
Ich will einen neuen Thread zum Thema "Stadtumbau Ost" einrichten. Bei diesem Thread soll es um Strategien und Maßnahmen für den Umgang mit rückläufigen Bevölkerungszahlen und Leerständen, wie sie in etlichen Teilen der neuen Bundesländer zu finden sind, gehen. Zu diesem Thema gibt es seit 2002 ein spezielles Förderprogramm unter dem Titel "Stadtumbau Ost", weiterhin gibt es zahlreiche Aktivitäten der Länder, Kommunen und Wohnungsunternehmen. Ich wähle für den Thread den länderübergreifenden Teil, weil er Regionen im Osten als auch in der Mitte als auch im Norden betrifft.
Ich will den Thread mit einer aktuellen Meldung zum Abrissprogramm des Landes Brandenburg beginnen, das gestern vom Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, Jörg Vogelsänger, vorgestellt wurde. Es enthält ein Volumen von 8 Millionen Euro, mit diesem Geld soll der Abriss von rund 2000 Wohnungen gefördert werden.
https://sixcms.brandenburg.de/…f%C3%B6rderung-Abriss.pdf
Mein Kommentar dazu: Zunächst die positiven Seiten: Der Förderumfang ist relativ gering, es werden nur 8 Millionen Euro für den Abriss von 2000 Wohnungen bereitgestellt. Weiterhin wird die Förderung von 70 Euro pro Quadratmeter abgerissener Wohnfläche nicht (wie beim Programm "Stadtumbau Ost") mit einer Altschuldenentlastung (von bis zu 77 Euro pro Quadratmeter abgerissener Wohnfläche) verknüpft. Die Erfahrungen mit dem Stadtumbau Ost haben gezeigt, dass eine Förderung ohne Altschuldenentlastung nicht attraktiv ist. Zudem wird die Förderung nur bei der Zustimmung der Mieter zum Abriss gewährt, diese Regelung verschafft den Mietern eine Vetomacht.
Nun zu den negativen Seiten. Zunächst ist es generell umstritten, ob man die Wirkungen des Bevölkerungsrückganges für einen bestimmten Wirtschaftszweig (der Wohnungswirtschaft) mit Fördermittel abfedern sollte oder ob dies nicht ungerecht gegenüber anderen Wirtschaftszweigen ist, die genauso unter dem Bevölkerungsrückgang zu leiden haben, die aber keine Fördergelder erhalten. (z.B. Ladenbesitzer, Betreiber von Freizeiteinrichtungen, von Kinos, von Handwerksbetrieben etc..) Es stellt sich auch die Frage, ob durch solche Förderprogramme eine nachhaltige Stabilisierung der Städte erreicht wird, oder ob das Ganze nicht in eine Dauersubvention mündet, die nie aufhört, weil ja auch der Bevölkerungsrückgang immer weiter geht.
Dann werden nur jene Städte unterstützt, die über mindestens 500 Wohnungen in Montagebauweise verfügen. Dies ist eine Benachteiligung von Städten, die nicht über die entsprechende Zahl an Wohnungen in Montagebauweise verfügen, die aber genauso unter dem Bevölkerungsrückgang zu leiden haben. Weiterhin wird nur der Abriss von Wohnungen in Montagebauweise gefördert, und dann sollen auch noch mindestens 100 Wohnungen abgerissen werden. Durch diese Regelung werden jene Städte bzw. Wohnungsunternehmen benachteiligt, die vor allem unter leerstehenden Altbaubeständen leiden.
Ein weiterer Negativpunkt ist die Regelung, dass auf den Abrissflächen 25 Jahre lang kein Wohnungsneubau erfolgen darf. Dadurch wird ein Stadtumbau, der vielerorts nicht nur den Abriss von nicht mehr nachgefragten Wohnungen, sondern auch den Neubau z.B. von altersgerechten Wohnungen umfasst, unmöglich gemacht. Da es in vielen Orten an Geld für die Schaffung attraktiver Grünfächen mangelt, drohen die Abrissflächen zu trostlosen Brachen zu verkommen, die ein Quartier nicht stärken, sondern schwächen.
Zuletzt gibt es das Problem, dass es in Brandenburg zahlreiche Orte, wie Potsdam und etliche Gemeinden im Berliner Umland, gibt, die einen Einwohnerzuwachs verzeichnen und daher unter einem Wohnungsmangel leiden. Diese Kommunen fordern von der Landesregierung regelmäßig eine Förderung für den Wohnungsneubau. (Diese gibt es zur Zeit nicht.) Diese Forderung wird vom brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur regelmäßig mit dem Verweis auf Finanznöte abgelehnt, wie zuletzt gestern wieder.
http://www.pnn.de/potsdam/780065/
Daher ist es erstaunlich, dass das Land dann doch Geld für Abrissprogramme hat. Hier stellt sich die Frage, was wichtiger ist: Der Neubau dringend benötigter Wohnungen in Potsdam - oder der Abriss leerstehender Wohnungen z.B. in Peitz Ost.
Insgesamt denke ich aber, dass das Programm aufgrund der unattraktiven Konditionen zu einem Flop wird.