Die Stadt und der Verkehr

  • betrifft: IAA 2019

    Stilistisch etwas aus der Zeit gefallen, aber trotzdem irgendwie passend:



    Die meisten Foristen wissen bestimmt auch, wann diese Werbung geschaltet wurde, oder? (kleine Quizfrage)

  • Mainufer-Sperrung Mainkai/Untermainkai

    Die Sperrung des nördlichen Mainufers von der Alten Brücke bis zur Untermainbrücke bewegt noch immer die Gemüter. Vor allem die Nord-Sachsenhäuser sind not amused, aber auch viele Pendler. Auf letztere zielt Herr Oesterling gerade ab, er will sie zum Umstieg auf den ÖPNV oder aufs Rad bewegen (E-Roller bitte "nur in der Freizeit"). Kritiker halten ihm vor, die Sperrung sei unüberlegt; denn sie führe nur zur Umlenkung der Verkehrsströme - durch die Ringe, die Berliner Straße und eben ans dribbdebächer Mainufer. Und darauf sei die Infrastruktur sperrungsbegleitend nicht vorbereitet worden. Jeden zweiten Samstag wird es wegen des Flohmarkts ganz besonders bunt. Ihr ahnt schon, warum. Zum Tatort selbst. Er ist die reinste Tristesse. Lieblos stehen Betönklötze an beiden Enden, ansonsten der noch straßenbemalte Asphalt. Einen Beitrag zur Verschönerung der Unwirtlichkeit tragen Klimabausteine mit dem Charme von Baucontainern (wie heißen die nochmal?) und E-Roller-Paraden bei:


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    Hygge wird's mit im Asphalt verschraubten Parkbänken hart an der Straßen-Mittellinie:


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    Ein weiterer Eindruck:


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    Bilder: epizentrum


    Ich bin mit allen Verkehrsmitteln unterwegs, inkl. meinen eigenen Beinen, und freue mich gerade als Radfahrer über sichere Verkehrsflächen, auf denen ich auch mal richtig in die Pedale treten kann. Manchmal muss ich aber von meinem Wohnort nahe der Wallanlage durch die City zu meiner Arbeitsstätte auf der anderen Seite der Stadt mit dem Auto fahren, und das tut seit der Sperrung vor allem in Richtung West nach Ost richtig weh. Von Osten kann man - ja, Sachsenhäuser, das tut mir leid - über eine Brücke, rechts abbiegen und am Ufer entlangfahren und dann die Friedensbrücke hoch. Das fühlt sich nach einem leichten Umweg an. Oder eben die Wallanlagen zickzack um die Innenstadt herum. Geht zur Not. Von Westen geht das nicht. Nach der Friedensbrücke links abbiegen? Nach der Untermainbrücke? Das sollte man gar nicht erst versuchen. Also durch den Theatertunnel und durch die Berliner quälen, wie alle anderen auch. Alternative Strecken (via Hauptbahnhof oder via Neue Mainzer und dann durch die Hochstraße) probiert man einmal und nie wieder.


    Mit einem Kompromiss könnte ich leben, wäre ich aufs Auto "angewiesen": Den Mainkai-Abschnitt als Einbahnstraße von West nach Ost mit Begrenzung auf 30 km/h. Die freiwerdenden Flächen ordentlich aufteilen: Einen expliziten Streifen für Radfahrer, den Rest Fußgängern zuschlagen, auch als Grünflächenerweiterung. Davon abgesehen, muss konsequenterweise die Schöne Aussicht für Linksabbieger auf die Alte Brücke freigegeben und die Ampeln entsprechend geschaltet werden.

  • Ich bin auch ein großer Freund von Verkehrsberuhigung, breiten Fußwegen und Radspuren, aber die Sperrung des nördl. Ufers halte ich auch für ausgemachten Blödsinn. Ich hielte eine Reduzierung der teilweise vier Spuren auf durchgängig zwei für angemessen, will man das Tempo reduzieren, böte sich an, die Mittellinie nicht zu markieren und Tempo 30 auszuweisen. Den freigewordenen Raum nutzt man dann für breite Radwege, um die Räder vom Mainkai zu bekommen. Ich fahre da auch äußerst ungern und schon gar nicht am Wochenende. Das gibt nur STress mit den Fußgängern.

  • Das sieht echt traurig aus, aber ich finde Tempo 30 oder Fahrbahnbegrenzungen würden hier auch nichts bringen. Hier muss eine andere Lösung her. Was das müssen die Politiker schon selbst herausfinden!!! Dafür werden Sie ja bezahlt.

  • Jeder soll sich seine eigene Meinung bilden, aber ich halte die Sperrung des nördlichen Mainufers für ausgemachten Unsinn. Eine rein ideologische parteipolitische Einzelmaßnahme ohne Sinn und Verstand. Dadurch steigt keiner in den ÖPNV um. Der Verkehr wird nur verlagert mit großen Umwegen als Folge. Ich will gar nicht wissen wie viel zusätzliche Abgase dadurch in die Luft geblasen werden. Situation gestern Abend: Nördliches Mainufer Tristesse, Untermainbrücke Stau, Schweizer Straße Stau, Schaumainkai Stau in beide Richtungen, hinten an der Friedensbrücke auch. Und damit nicht genug: da sich mehr Verkehr über den Cityring quält, staut es sich nun auch in Junghof-, Mainzer Landstrasse und Platz der Republik. Das Chaos reicht bis zur Messe - ganztägig. Und da wurde noch stolz erzählt, dass in den letzten 30 Jahren der Verkehr in der Innenstadt um 30% abgenommen hat. Soviel schlimm und soviel Stau wie heute war aber noch nie. Da läuft doch etwas falsch! Zum nördlichen Mainufer: das wird auch keine Flaniermeile wenn es umgebaut würde. Außer am Fahrtor gibt es keine Cafés, Geschäfte oder sonstige Läden zum Verweilen.

    Warum nicht auf 2 Spuren zurückbauen, dadurch dem Radverkehr mehr Raum geben (siehe Schöne Aussicht) und nur am Wochenende sperren? Dann wenn es weniger Verkehr aber dafür mehr Besucher und Touristen in der Stadt gibt. Dann noch den Flohmarkt dahin verlegt und schon sollte es funktionieren. Aber gut, da habe ich die Rechnung ohne Berufspolitiker gemacht die wegen gekränkter Ehre wohl lieber an unsinnigen Maßnahmen festhalten als sich Fehler einzugestehen. Bin mal gespannt wie es in der Sache weitergeht.

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  • Das Ganze ist als Versuchsballon angelegt und wird sicherlich entsprechend bewertet werden.


    Ich find's furchtbar anstrengend, dass in diesem Forum so oft "ideologische" Gründe vermutet werden, wenn man zu einem Thema mal eine andere Auffassung hat als die zuständigen Politiker. Das ist doch kein Umgang, auch nicht in Internetforen.

  • "Das Ganze ist als Versuchsballon angelegt und wird sicherlich entsprechend bewertet werden." - Deine Meinung. Herr Oesterling hat sich seine nach 100 Tagen bereits gebildet. "Frankfurts Verkehrsdezernent Klaus Oesterling reagiert auf die Kritik gelassen. Er findet, dass sich die Sperrung nach 100 Tagen bewährt hat.", schrieb gestern hessenschau.de. Soviel zum Thema: nach 12 Monaten werden die Fakten auf den Tisch gelegt und ergebnisoffen beweret.

  • Natürlich ist die derzeitige Situation am nördlichen Mainufer derzeit trist. Aber die gegenwärtige Sperrung ist ja auch erstmal nur als Versuch angelegt. Daher kann die Stadt das Mainufer auch noch nicht gestalten und bespielen, um keine fertigen Tatsachen zu schaffen, die dann wieder rückgängig gemacht werden müssten. Daher kann die gegenwärtige Tristheit auch nicht als ein Argument gegen die fortdauernde Sperrung herangezogen werden. Aber natürlich wird es für alle Kritiker der Sperrung gerne herangezogen.


    Die Frage muss doch eher sein, was sich mit einer für den öffentlichen Raum zurückgewonnenen Fläche wie dieser zukünftig anstellen ließe. Man muss nur mal nach Düsseldorf gehen (die ihre Rheinuferstraße allerding vor über 20 Jahren in einen Tunnel unter dem Ufer verbannt haben) und kann erleben, welch wunderbares Gefühl es ist, auf der Rheinuferpromenande ungestört vom ehemals viersprurigen Autolärm spazieren zu gehen. Die Düsseldorfer haben ihre Promenade wunderbar gestaltet mit einem tollen Belag und schönen Platanen. Mit einer durchdachten Gestaltung und etwas gemeinsamen Willen (den man leider dieser, unserer heillos zerstittenen und uneinigen Stadtregierung absprechen muss) könnte man eine tolle Mainuferpromenade schaffen, auf der man gerne spazieren geht. Das wäre mal ein Fortschritt und eine sinnvolle Ergänzung des von Fußgängern bevölkerten Römerbergs, die zwangsläufig Richtung Main und Eiserner Steg streben, um dort aktuell im Niemandsland zu stranden.


    Leider wird in diesem Land nur allzu häufig Wert darauf gelegt, dem armen Pendler und Autofahrer keine allzu großen Steine in den Weg zu legen. Und es herrscht noch immer die Auffassung vor, dass es oberste Priorität haben muss, von einem Punkt zum anderen schnellstmöglich mit dem Auto zu kommen. Gerade ich als Sachsenhauser (und damit sozusagen "Betroffener") habe oft in letzter Zeit Gespräche von Nachbarn und Bekannten mitbekommen, in denen sich darüber beklagt wird, wie zeitaufwendig und schwierig durch den erhöhten Verkehr es jetzt wäre, z.B. vom Nordend an den Schweizer Platz zu gelangen. Wo man früher 1/4 h gebraucht habe, wären jetzt manchmal 45 Minuten erforderlich! Diesen Leuten kann ich nur zurufen: dann lasst doch Eurer Auto stehen und nutzt die U-Bahn, die einen in 15 Minuten von der Höhenstraße zum Schweizer Platz problemlos bringt, oder fahrt Fahrrad oder (vor mir aus) Elektroroller. Inbesondere in einer Stadt der kurzen Wege wie Frankfurt muss endlich mal ein Umdenken diesbezüglich einsetzen. Die Frage kann daher auch nicht sein: wo leiten wir denn den ganzen Verkehr bloß hin um, damit der ganze Verkehrsfluß aufrechterhalten bleibt und die Sperrung z.B. des nördl. Mainufers irgendwann keiner mehr spürt. Die Frage muss sein, wie schaffen wir es, die Leute zum Umstieg auf andere Verkehrsmittel zu bewegen. Und auch wenn letztendlich die einzig erfolgversprechende Maßnahme nur darin besteht, dass irgendwann keiner mehr Lust hast, mit seinem Auto 1 Stunde vom Nordend zum Schweizer Platz zu benötigen.


    Sorry, ich bin immer sehr zurückhaltend und um Ausgleich bemüht. Aber in diesem Substrang, in dem es um Stadtpolitik geht, musste ich jetzt einfach mal meine Meinung zu diesem Thema zum Ausdruck bringen . Ich bin übrigens kein Mitglied irgendeiner politischen Partei. Ich wünsche mir lediglich den Stadtraum zurück, den uns der Autoverkehr nach und nach entzogen hat.

  • Naja Herr Oesterling hat ja nicht alleine die Sperrung des Mainufers beschlossen. Und in der Diskussionen vor und während der Beschlussphase hörte es mehrheitlich so an, dass dieser Versuch ehr eine Formalie sei weil danach eine dauerhafte Sperrung folgen würde (also das Versuchsergebnis dieses sehr wahrscheinlich so hergeben würde).


    Wenn mit dem Beginn der Sperrung das Mainufer baulich dauerhaft umgestaltet worden wäre und das bei dem aktuellen "doachananner", da hätte es sicherlich ein noch viel lauteres Geschrei gegeben.


    In einem Interview in der FNP dieser Tage hat Oesterling gesagt das es nicht die letzte Maßnahme sein wird um den MIV in der Innenstadt zu reduzieren. Von daher wird wahrscheinlich Oesterling schon jetzt eine Meinung dazu haben. Aber wenn das Stadtparlament nach dem Versuch das Gegenteil beschließt dann ist er, ganz klassisch, überstimmt.


    Aber in diesem Jahr könnten doch ein paar Weihnachtsmarktstände ans Mainufer verlegt werden wie indirekt von Xalinia hier vorgeschlagen. Am Platz kann es jedenfalls nicht scheitern.

    Einmal editiert, zuletzt von main1a ()

  • Die Tristesse wird auch in einem dauerhaften Zustand nicht besser werden. Das liegt allein schon an der Bebauung: zum großen Teil übelste Vorstadt-Wohnblöcke, wie leider ein großer Teil der Altstadt, und hier auch noch komplett ohne öffentliche Nutzungen. Wer soll da dann schon freiwillig langlaufen? Irgendein lohnenswertes Ziel für einen Spaziergang gibts am Mainufer östlich des Römers ja nun auch nicht gerade.

    Würde er seine ideologischen Scheuklappen abnehmen, müsste Oesterling sich eingestehen, dass dieses Experiment ein totaler Rohrkrepierer ist, und besser vorzeitig abgebrochen gehört. Fußgängerzonen funktionieren nunmal nur in seltenen speziellen Fällen (in Frankfurt vA Neue Kräme und Fressgass, Zeil dagegen ist eher abschreckend). Ein Allheilmittel sind sie auf keinen Fall, der Urbanität vielfach sogar eher abträglich.

  • Ich weiß, mit diesem Kommentar werde ich anecken, aber es muss raus. Meiner Meinung nach ist die Sperrung des Mainufers eine sehr gute Sache. Es gibt genügend Wege um von Ost nach West oder umgekehrt zu kommen, es muss nicht immer direkt durch die Innenstadt gehen. Und es war schon immer so in Frankfurt, wenn dem Autoverkehr Flächen genommen werden, dass ein riesiger Aufschrei durch die Gemeinde ging (Sperrung der Durchquerung der Hauptwache) So wie sich Frankfurt heute darstellt ist das eine Hinterlassenschaft der 60er und 70er Jahre, Menschen unter die Erde und alles aufs Auto gesetzt. Hier sollte auch in Frankfurt endlich ein Umdenken stattfinden und die Sperrung des Mainufers ist ein erster Schritt in diese Richtung. Warum beschweren sich hier die Autofahrer, die Radfahrer haben viel mehr einen Grund sich zu beschweren, versucht doch mal mit dem Rad von Ost nach West zu kommen, ohne die Angst gerammt zu werden mit Autos auf den Radwegen. Macht Euch mal klar, wieviel Raum in der Innenstadt nur für Parkflächen verschwendet und verunstaltet werden. Wenn ich Argumentationen lese wie „das sieht schlimm aus“, „da geht doch keiner lang“, dem kann ich nur sagen hier muss man abwarten. Natürlich machen hier nicht innerhalb von 4 Wochen Kneipen und Geschäfte auf und da es nur ein Test ist, wird man nicht den Straßenbelag abtragen und Bäume pflanzen. Gebt diesem Projekt Zeit!

    Wenn‘s nach mir ginge, würden in der Frankfurter Innenstadt noch mindesten 15-20 Straßen komplett für den Autoverkehr gesperrt und nur für Radfahrer und Fußgänger freigegeben, z.B. der komplette Holzgraben (nur für Anlieferungen und Anlieger freigeben) So könnte man auch eine Stadt wie Frankfurt NOCH lebens- und liebenswerter machen. Städte wie Kopenhagen und Städte in den Niederlanden beweisen, es ist möglich.

  • Sorry, aber was du erzählst stimmt einfach nicht! Die Zeiten der autogerechten Stadt sind auch in Frankfurt schon seit Langem vorbei. Das Pendel ist schon vor etlichen Jahren eher sogar schon ins andere Extrem umgeschwungen, aber Extreme sind nie gut. Das Festhalten an dieser unsinnigen Sperrung des Mainufers trotz der ganz offensichtlichen Probleme die man sich damit auf den Ausweichrouten eingehandelt hat, ist nur ein Beispiel von vielen. Zur Zeit versucht man ja krampfhaft dem Straßenverkehr selbst an den sinnlosesten Stellen Steine in den Weg zu legen, und selbst auf überlasteten Straßen Fahrstreifen in Fahrradwege umzuwandeln, obwohl es vielfach auch deutlich weniger befahrene Parallelstraßen gäbe, wo die Radfahrer auch nicht in Konflikt mit Bus- und Straßenbahnhaltestellen kämen.

    Und monofunktionale Fußgängerzonen sind wie erwähnt ohnehin ein extrem schlechtes Rezept für ein urbanes Stadtbild. Da muss man sehr genau aufpassen wo man sie anlegt. Einfach mal pauschal alle möglichen Straßen die einem einfallen in Fußgängerzonen umzuwandeln bringt null Urbanität aber dafür handelt man sich mit einem derart verbohrten Ansatz nur viele neue Probleme ein. Die Unwirtlichkeit vieler Orte in Frankfurt liegt auch nicht daran, dass dort vielleicht ab und zu mal ein Auto vorbeikommt und auch an Hauptstraßen noch nichtmal an der Anzahl von Fahrstreifen. Sondern das liegt zuallererst an der vielfach grauenvollen Architektur, missratenem Städtebau und dass sich die hiesigen Planer vielfach besonders dämlich anstellen wenn es darum geht den öffentlichen Raum zu gestalten.

    Das Mainufer mit seinem monofuntionalem Vorstadt-Wohnungsbau wird nie ein urbaner Ort werden, dazu müsstest du erstmal die Wohnblöcke abreißen und was anständiges Neues hinstellen. Noch dazu wenn man ein paar Meter weiter von der Vorstadt-Tristesse weg in viel angenehmerer Atmosphäre direkt am Fluss herumlaufen kann, so man denn tatsächlich irgendeinen Grund hat dort langzulaufen.

  • Naja, das Vorgehen der Stadt ist schon ziemlich verdreht. Bevor man eine Straße sperrt, muss man doch zumindest mal eine Grundidee entwickeln, was man mit dem frei werdenden Platz machen will. Zumal hier mit den beiden Rampen zu den Brücken und mit den vorm Kai geparkten Schiffen ein ziemlich schwieriger Ort vorliegt. Um dort ansprechenden Stadtraum zu schaffen, braucht es schon eine kreative und aufwändige Umgestaltung. Wenn man hier so vorgeht wie an der Hauptwache, wo auch Jahre nach der Straßensperrung nicht mal ein Gestaltungsansatz für die freigewordenen Flächen vorliegt, wäre das jedenfalls ziemlich traurig.


    Aber: Vor dem Fahrtor ist der Aufenthalt ohne Autos viel schöner geworden. Hier funktioniert die Straßensperrung. Und vor dem Saalhof braucht man keine große Phantasie, um sich einen schönen Platz vorzustellen. Insgesamt ist die Altstadt an den Main heran gewachsen. Allein dies ist für mich Grund genug, um die Sperrung zu unterstützen.


    Generell bin ich aber nicht der Meinung, dass die Einrichtung neuer Fußgängerzonen ein guter Ansatz wäre. Eher im Gegenteil. Damit eine Fußgängerzone funktioniert, muss es erstens einen ausgewogenen Mix aus Läden und Gastronomie geben. Zweitens muss die Architektur und die Stadtraumgestaltung ansprechend genug sein, damit sich Leute gerne in der Nähe aufhalten. Drittens sollte eine Fußgängerzone zwischen wichtigen Punkten der Stadt liegen, so dass auf natürliche Art für einen gewissen Passantenstrom gesorgt ist. Und viertens sollten Fußgängerzonen angrenzende Nebenstraßen nicht zu unattraktiven Sackgassen degradieren. Ich kann in Frankfurts Innenstadt mit ein paar Ausnahmen (z.B. Töngesgasse oder südlicher Teil der Stiftstraße) kaum eine Straße finden, wo alle diese vier Voraussetzungen erfüllt sind.


    Ein Blick auf die derzeitigen Fußgängerzonen finde ich jedenfalls abschreckend genug. Auf der Zeil mag sich niemand länger aufhalten als unbedingt nötig. Die Fressgass wirkt verstaubt wie aus vergangenen Jahrzehnten. Die Schillerstraße dümpelt vor sich hin (während sich die parallel verlaufende Große Eschenheimer prächtig entwickelt). Die Sandgasse ist quasi tot. Und die Fußgängerzone auf der anderen Mainseite - Alt-Sax - ist ja wohl auch kein Paradebeispiel für Aufenthaltsqualität. Tendenziell scheinen sich Fußgängerzonen viel eher in extreme Richtungen zu entwickeln als Straßen. Wenn sie leer sind, werden sie zu Angsträumen. Wenn sie belebt sind, tendieren sie zu monofunktionalen Strukturen, die wie das Relikt vergangener Zeiten wirken.


    Wo sich in den letzten Jahren viel mehr urbanes Leben entwickelt hat, sind Straßen mit schöner Architektur, großzügigen Bürgersteigen und einem Autoverkehr, der nicht zu dominant ist. Ich denke da an die Schweizer Straße, die Kaiserstraße, die Münchener Straße, den Oeder Weg, die Friedberger Landstraße und die Eckenheimer Landstraße. Auch in anderen Städten sind es genau solche Straßen, die in den letzten Jahren an Zulauf gewonnen haben.


    Was die Stadt meiner Meinung nach also eher tun sollte, ist andere Straßen nach gleichem Vorbild umzugestalten. Besonders die großen, rein für den Autoverkehr vorgesehen Straßen könnten mit einer auf Fußgänger ausgerichteten Gestaltung sehr viel attraktiver werden. Bei einigen dieser Straßen sind die Bürgersteige lächerlich klein (Berliner Straße, Neue Mainzer). Bei anderen Straßen wird der Autoverkehr in so sanft geschwungenen Wegen durch die Stadt geführt, dass die Bürgersteige zwischen klein und riesig schwanken (Eschersheimer Landstraße). Bei weitern Straßen wird durch Diagonal- oder Querparkplätze jede Aufenthaltsqualität genommen (Friedberger und Textorstraße). An anderen wichtigen Stellen wiederum fehlt es an Läden und Gastronomie bzw. an einer eindeutigen Gebäudesprache, anhand derer öffentliche Nutzungen ablesbar sind (Mainzer Landstraße). All diese Beispiele haben eines gemeinsam: Bürgersteige werden als Restflächen wahrgenommen, die übrig bleiben, nachdem die Bedürfnisse der Autofahrer erfüllt sind. Aufenthaltsqualität sieht anders aus.


    Schließlich könnte man auch einmal darüber nachdenken, mehrspurige Einbahnstraßen, die zum Schnellfahren verleiten, durch eine Öffnung in beide Fahrtrichtungen zu entschärfen. Das könnte nicht nur die Aufenthaltsqualität auf den Bürgersteigen verbessern, es würde vielleicht auch den ein oder anderen Weg für Autofahrer verkürzen. Beispiele? Die Achse Taubenstraße - Börsenstraße - Goetheplatz - Große Gallusstraße - Taunusstraße. Oder die beiden Hauptautostraßen im Bahnhofsviertel - Gutleutstraße und Wilhelm-Leuschner-Straße. Vor allem aber könnten sowohl der innere als auch der äußere Wallanlagen-Ring von einer Öffnung in beide Fahrtrichtungen profitieren. Je eine Auto- und eine Fahrradspur in beide Fahrtrichtungen, große Bürgersteige und öffentliche Nutzungen in den Gebäuden entlang der Straße - so könnte ein urbaner Ring um die Stadt aussehen.


    Fazit: wir brauchen keine weiteren Fußgängerzonen. Wir brauchen auch keine vermeintliche Optimierung funktionierender Straßen (wie der Schweizer Straße). Was wir viel mehr brauchen, ist eine grundsätzliche Umgestaltung der reinen Autostraßen. Weniger nach dem Ideal der Nachkriegszeit mit einer möglichst weitgehenden Trennung von Autos und Fußgängern. Mehr nach Vorbild der klassischen, gründerzeitlichen Hauptstraßen mit klar strukturierten Bürgersteigen und liebevoller Gestaltung des öffentlichen Raums.

  • Vielleicht ist ein Ansatz der, dass man keine Fußgängerzone braucht sondern eine Straße in der man gerne zu Fuß gehen möchte und gut zu Fuß gehen kann.

    Die genügend Platz bietet, so dass sich zwei Kinderwagen begegnen können und deren Gliederung so klar ist, dass die Radfahrer auf der Fahrbahn bleiben, wo die Autofahrer dadurch halt auch nicht schneller unterwegs sind als ein flotter Radler.

    Gastronomie hilft, aber nicht, wenn dadurch die Wege unpassierbar werden - und halt auch: Gastronomie zwischen anderen Läden. Das ist etwas, was beim Indoor-Shopping nicht funktioniert, dort hat man Einkaufszentrum und drüber oder drunter das Fresszentrum.


    Zu viel Gastro funktioniert auch nicht, dann entstehen Partymeilen, in denen tagsüber tote Hose ist (z.B. Teile der Zülpicher Straße in Köln, aber auch die Touristenfallen in Alt Sachsenhausen warten bei Tageslicht auf ihr Publikum.


    Die Schweizer Straße hat da einen schönen Mix, ähnlich die Leipziger Straße, wobei die Schweizer durch den großzügigeren Schnitt mehr möglichkeiten bietet.


    Was halt nicht (mehr?) funktioniert sind aneinandergereihte, bodentief verglaste Kaufpaläste, die den Fußgänger ohne Vordächer oder Arkaden der Witterung aussetzen ohne ihm zwischendurch Obdach und Erfrischung zu bieten. Die Pavillions in der Mitte der Zeil sind da eigentlich schon zu weit weg und westlich der Brönnerstraße ist bis zur Kurt-Schumacher-Straße kein relevantes Angebot mehr.


    Warum nicht die Karstadtfassade aufbrechen und zwischen den beiden Eingängen auf 20x8 Metern zur Straße hin ein Café platzieren? Warum nicht die übergroße Selbstbedienungszone im Bienenkorbhaus an der Nordostecke mit Sicht auf Zeil und Konstabler Wache durch ein hochwertiges Gastronomieangebot ergänzen – nicht wie die Saftbar in die Reineckstraße quetschen.

    Fluchtwege sind in Erdgeschosslagen übersichtlich umzusetzen und notwendige Abluftkonstruktionen sind eine Frage desw Wollens, wenn man Etagenhöhen von 4m und mehr zur Verfügung hat.

  • Gestern war ein lesenswerter Artikel in der FNP über die Sperrung des Mainkai-Sperrung und die daraus resultierenden Folgen für Sachsenhausen erschienen.

    Hier kommt das Dezernat erwartungsgemäß schlecht weg. Entscheidender ist, das wird ebenfalls im Artikel zu recht bemängelt, das ein großes und langfristiges Gesamtkonzept in Frankfurt fehlt um den MIV zugunsten ÖPNV, Fahrrad und Fußgänger zu ersetzen. Stattdessen wird exemplarisch an der Schweizer Straße und Platz gezeigt wie sich die Aktivitäten im täglichen klein klein verheddern und bei den Verkehrteilnehmern Frust erzeugen. Ob der Bau des Parkhauses unterm Goetheplatz deshalb ein Fehler ist, wie im Artikel erwähnt, ist m.E. nicht entscheidend. Ob der seit Jahrzehnten diskutierte Straßentunnel am Main, wie im Artikel wieder aufgegriffen, die Problemlösung ist sehe ich nicht so. Viel relevanter ist das endlich der jahrelange Stillstand bei der Stadtbahnplanung überwunden scheint. Aber das Tempo müsste hierbei signifikant erhöht werden wenn die Fertigstellung von Streckenergänzungen und neuen Strecken mit dem prognostizierten Bevölkerungswachstum in Frankfurt auf 871k für 2040 Schritt halten soll.


    Nicht thematisiert wird das auf Landesebene viel zu wenig passiert. Mögliche Prj. über Frankfurt hinaus nach Offenbach, Bad Vilbel und zu anderen Nachbarn als Straßen- und/oder Stadtbahnverbindungen aber auch S-Bahn-Verbindungen sollten Land Hessen aufgreifen. Unter seiner Federführung schneller wären sie schneller voran und zum Abschluss begracht. Denn die Reduzierung des MIV mit Pörtnerampeln ist nicht die Lösung und Frankfurt kann nicht stellvertretend für das Rhein-Main-Gebiet solche Prj. (finanziell) abarbeiten, besonders wenn das anlaufende Programm Großer Frankfurter Bogen, was zu hoffen ist, erfolgreich sein wird. Dieses würde nochmals den Druck erhöhen weitere Strecken im regionalen Schienennetz zu planen und bauen, und zwar nicht erst wenn das Bevölkerungswachstum in Frankfurt und den anderen Kommunen stattgefunden hat.


    @ Mod.: Macht es Sinn die Beiträge zur Mainkai-Sperrung in diesen Strang zu verschieben?

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    @MA: Hoffentlich, denn der Vorschlag wurde umgesetzt.

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    @ Mod.: Ich denke schon und im Namen der Mitleser und Foristen bedanke ich mich für die prompte Umsetzung.:daumen:



    3 Mal editiert, zuletzt von main1a ()

  • Die FNP schreibt gestern das die Leipziger Str. im Abschnitt zw. Adalbert- und Kurfürstenstr. für den Autoverkehr gesperrt werden soll. Die Sperrung soll immer Samstags zw. 10 und 17 Uhr und in einem Zeitraum von 6 Monaten erfolgen. Danach soll der nicht unumstrittene Versuch ausgewertet werden um dann zu entscheiden ob und wie sich dieses dauerhaft umgesetzten läßt. Wann der Versuch beginnt ist noch nicht entschieden. Was für verkehrliche Betroffenheiten dies in anderen Straßen erzeugt ist ebenfalls nicht klar.

  • OLG Frankfurt: keine "Knöllchen" durch private Dienstleistungsunternehmen im Auftrag der Stadt


    Das OLG Frankfurt hat heute eine epochale Entscheidung veröffentlicht: die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch „private Dienstleister“ ist gesetzeswidrig. Die so ermittelten Beweise unterliegen einem absoluten Verwertungsverbot.



    Das ist für die Stadt eine bittere Pille. Erstens gibt es kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung und zweitens wird es teuer. Zum einen droht ein Einnahmeverlust, 2018 wurden rd. 700.000 Parkverstöße mit einem "Sanktionswert" von 10 Mio € geahndet. Diese Einnahmen entfallen, bis die Kontrolle des ruhenden verkehrs wieder rechtsstaatlich organsisiert wird; zumindest der Teil, der durch private Dienstleister aufgebracht wurde.


    Unter dem rechtlichen Aspekt der Staatshaftung droht aber auch noch die Rückzahlung der rechtswidrig verhängten Knöllchen. Und schließlich geht es auch um die Leiharbeitnehmer und den Dienstleistungsvertrag selbst, dem durch diese Entscheidung die Geschäftsgrundlage abhanden gekommen ist (betrifft wohl im Wesentlichen die Fa. WISAG).


    Dieser Beschluss dürfte aber eigentlich die Stadt nicht wirklich überrascht haben, nachdem schon im letzten Jahr die Überwachung des fließenden Verkehrs (Geschwindigkeitskontrollen) durch private Dienstleister für gesetzeswidrig erklärt worden war.


    Quelle: PM des OLG Frankfurt vom 20..1.2020 und vom 12.11.2019


    Dann, liebe Leute, kramt mal eure alten Knöllchen hervor!

  • Mist, aus 2017 habe ich zwei Knöllchen aus Frankfurt gefunden, die aus 2018 sind leider verschollen. Nur ein Knöllchen aus Mainz finde ich für diesen Zeitraum. Vielleicht gibt es ja auch dort ähnliche rechtswidrige Machenschaften der Stadt.

  • ^^Jetzt man nur für mich zum Verstehen: Warum setzt eine Behörde, für eine Tätigkeit, von der sie genau weiß, dass sie sie dauerhaft und mit Profit betreibt, überhaupt noch Leiharbeiter ein?


    Dass das Thema "hoheitliche Aufgabe" nicht wirklich verstanden wurde überrascht mich eigentlich weniger.

  • ^ Ich könnte mir vorstellen, dass die Verwendung von Leiharbeitern der Fa. WISAG für das Ordnungsamt billiger ist als die Einstellung von "eigenen" Fachkräften, die der Tarifbindung nach TVöD unterlägen; eine banale haushalterische Grundüberlegung, die Personalkosten niedrig zu halten.