Stadt der Moderne - Stadt im Umbruch

  • Laut neuer Richtlinie im Förderprogramm Städtebaulichen Denkmalschutz sind Lückenschließungen (also Neubauten) auch mittlerweile förderfähig. In begründeten Einzelfällen auch dann, wenn die Altbebauung erst kürzlich abgerissen wurde. Ob dort aber noch ein Fördergebiet aktiv ist, konnte ich nicht herausfinden. Die Stadt-HP ist diesbezüglich sehr uninformativ :confused:

  • So, die Annaberger Straße 110 ist jetzt endlich zwangsversteigert worden und ins Eigentum des Bseitzers des angrenzenden Gebäudeteils übergegangen (Freie Presse). Dass aufgrund eines Bieterwettstreits der Preis bis auf 46.100 Euro ging, sehe ich etwas zwiespältig. Als Nachweis für die Attraktivität des Denkmals und des Chemnitzer Immobilienmarktes ist es gut, zudem dürften mit der Summe ja ausstehende Zahlungen an die Staatskasse bestritten werden. Andererseits fehlt das Geld dann hoffentlich nicht für die anstehende Sanierung. Diese wird hoffentlich bald beginnen, so dass wir das Gebäude dann bald in einem anderen Strang als Sanierungsfall behandeln dürfen. Als möglicher Baubeginn steht 2021 im Raum.

  • Endlich macht die Antwort auf eine AfD-Stadtratsabfrage den aktuellen Stand zum Denkmal Limbacher Straße 167 bekannt (Link). Das Kontorgebäude war beim genehmigten Abriss des anschließenden Fabrikgebäudes erheblich beschädigt worden - natürlich total unabsichtlich. Wie man jetzt erfährt, wurde ein Abrissantrag für das Denkmal gestellt, der vom Baugenehmigungsamt abgelehnt wurde. Der Einspruch gegen die Ablehung wurde von der Landesdirektion abgelehnt, wogegen eine derzeit noch anhängige Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht wurde. Es wurden sogar schon Fördermittel in Höhe von 33.315 Euro für die Sicherung bereitgestellt, die der Eigentümer als nicht ausreichendabgelehnt hat.


    So weit kann man den Behörden also keinen Vorwurf machen, im Endergebnis verfällt das Denkmal aber trotzdem immer weiter und wird irgendwann selbst beim besten Willen nicht mehr zu retten sein, da in den oben beschriebenen Entwicklungen keinerlei Bestrebungen zum Erhalt des Objektes erkennbar sind. Man sollte überlegen, ob das Gesamtverhalten des Eigentümers nicht eine Enteignung rechtfertigt, die denkmalschutzrechtlich durchaus im Bereich des Möglichen liegt.


    Zur Erinnerung, worum es geht:

    Limbacher_Stra%C3%9Fe_167._Bild_1.JPG

    Foto: (dwt).

  • Danke für deinen Bericht hierzu! Eine Enteignung wäre hier zwar sicherlich möglich, würde dem Gebäude selbst aber auch nicht unbedingt Rettung versprechen. Zumindest bei den Wanderer-Werken hat es ja neulich mit der Androhung (oder gar dem Vollzug?) von Zwangsgeldern geklappt, den Eigentümer zum Handeln zu bewegen.


    Klar sagen muss man aber auch: Das Gebäude ist wirklich nur von der Fassade her erhaltenswert. Innen hat die DDR schon derart gewütet, dass da nicht mehr viel rauszuholen ist. Ursprünglich war das Gebäude durch ein Treppenhaus zwischen dahinterliegender Werkhalle und Villa erschlossen. Dieses wurde beim Abbruch mit abgerissen. Innen gibt es zwar noch ein nachträglich reingezimmertes TH, aber ich meine mich zu erinnern, dass dieses nicht das gesamte Gebäude erschließt. Es ist ein "schwieriger" Klotz und laut Aussage Eigentümer (habe vor vielen Jahren mal mit ihm gesprochen) wäre nicht mal die alte Zufahrt ohne großen Aufwand wiederherstellbar, da diese ja heute mitten im Bereich der Ampelkreuzung liegt.


    Man hätte hier einem Teilabbruch nicht zustimmen dürfen. Was ich nie verstanden habe ist, dass die alte Werkhalle abgerissen wurde um eine neue, kleinere Werkhalle zu bauen. Ich bin sicher, man hätte das Ensemble (was ja nun keines mehr ist) als Ganzes auch erhalten können, wenn man dem Eigentümer Unterstützung zugesagt hätte und ihn da auch planerisch etwas unterstützt hätte.


    Ein Trauerspiel und ich bin mir ziemlich sicher, dass es doch irgendwann im Abbruch enden wird.

  • Das mir bisher nicht bekannte Ausflugslokal "Heideschänke" (Luftbild) am Zeisigwald wird aktuell abgerissen (Freie Presse). Denkmalschutz bestand nicht, auch der Abriss ohne Genehmgung ist zulässig. Östlich davon sollen drei EInfamilienhäuser entstehen.

  • Die Freie Presse berichtet heute über die Gerichtsverhandlung, mit der der Eigentümer den Abriss der Villa Limbacher Straße 41 durchsetzen wollte (Link). Die Stadt hatte schon vorher genehmigt, dass nur noch die drei Außenwände und der Balkon zur Straße erhalten werden müssen, die Rückwand und das Innere aber abgerissen werden könnten. Der Richter ließ durchblicken, dass er der Stadt recht geben würde und empfahl dem Kläger die Rücknahme der Klage, was dieser letztlich auch tat. Der Eigentümer will nun ein Nutzungskonzept erstellen und erneut Fördermittel beantragen (die ursprünglichen 30.000 Euro wird er aber wegen gesunkener Fördersätze nicht mehr bekommen). Was man nach der im besten Fall fahrlässigen Beschädigung der VIlla und einer Abrissklage von solchen Ankündigungen halten kann, sollte klar sein.

  • Der schon lange unvermeidlich scheinende Abriss der ehemaligen Gaststätte "Zum Hirsch" in der Carl-Hertel-Straße 8 in Schönau hat jetzt begonnen und kostet 31.000 Euro (Tag24). Ein Blick zurück ins Jahr 2014 zeigt den damals schon nicht mehr guten Zustand, aber auch den beträchtlichen Verlust:

    1024px-Carl-Hertel-Stra%C3%9Fe_08.JPG

    BIld: (dwt).

  • Wie Tag24 berichtet (https://www.tag24.de/chemnitz/…rdi-ihk-ob-ludwig-1548876) soll noch diese Woche eine Entscheidung zum Chemnitzer Kaufhof fallen. Falls der Kaufhof Chemnitz verlässt, wäre das für den innerstädtischen Einzelhandel eine Katastrophe. Eine Nachnutzung mit reinem Einzelhandel ist aus meiner Sicht für das riesige Gebäude wohl kaum möglich. Als Nachnutzung könnte ich mir hingegen eine universitäre Nutzung (Kunst/ Institut für Ostmoderne) sehr gut vorstellen. Es bleibt spannend.

  • Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. So wie man hört, ist der Chemnitzer Kaufhof wohl noch einer der Umsatzstärksten. Trotzdem sollte bei einem Verbleiben in der Stadt der "angestaubte" Kaufhof m.M.n. modernisiert werden.

  • Wie sollte es auch anders sein, "natürlich" ist der Chemnitzer Kaufhof einer unter denen, die geschlossen werden sollen: https://www.freiepresse.de/nac…schliesst-artikel10891306


    Besonders hart ist irgendwie, dass alle anderen ostdeutschen Großstädte nicht betroffen sind. Die Filialen in Dresden, Leipzig, Magdeburg, Halle, Erfurt und Rostock bleiben voraussichtlich allesamt erhalten. Dabei ist die Chemnitzer Filiale ein Prestigeobjekt des Kaufhauses gewesen. Aber irgendwie passt das eben zu Chemnitz.


    Ich kann mir aktuell nicht mal ansatzweise vorstellen, was mit dem Gebäude passieren soll.


    Immerhin erhält die hiesige Filiale als Titelbild zahlreicher Artikel noch etwas Prominenz:


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  • Ich glaube, da gibt es genügend Einzelhandelsunternehmen (oder auch andere geteilte Nutzungsmöglichkeiten), die sich nach solchen Gebäuden an solchen Standorten vis-a-vis zum Rathaus die Finger lecken würden. Bloß nicht schwarz sehen, sondern kreativ werden, was da alles Schönes rein und draus gemacht werden könnte..

  • Nach der Fusion von Karstadt und Kaufhof gibt es in Deutschland kein einziges Handelsunternehmen mehr, welches dieses gigantische Kaufhaus übernehmen könnte. Auch sonst ist nicht einmal ansatzweise eine Nutzung absehbar. Da der Kaufhof der Hauptgrund für einen Innenstadtbesuch war, haben auch alle anderen Einzelhandelsstandorte eine ganz düstere Zukunft. Wenn es dabei bleibt, wäre die Chemnitzer Innenstadt erledigt. Alles andere ist Pfeifen im Walde.

  • Schon eigentümlich. Ich kenne die Zahlen nicht, aber mit Chemnitz gibt man ganz Südwestsachsen auf. Weder in Plauen noch in Zwickau gibt es eine Filiale. Gera lässt man dafür offen. Naja...

  • Ich muss mich leider revidieren. Hätte das nie für möglich gehalten. Wie schon geschrieben, ist er einer der Umsatzstärksten gewesen. Wahrscheinlich wurden die Mietzahlungen in den Jahren nach dem Eigentümerwechsel zum Verhängnis. So weit wie ich weiß, wurde die Lebensmittelabteilung ausgegliedert und u.a. das Parkhaus verkauft. Komisches Gebaren.

    Könnte mir auch vorstellen, dass hier einfach die Chance zum Ausstieg aus dem Mietvertrag zu verlockend war und der Kaufhof irgendwann wieder öffnet. Zumindest hoffe ich das Wohl.:rolleyes:

  • Nach der Fusion von Karstadt und Kaufhof gibt es in Deutschland kein einziges Handelsunternehmen mehr, welches dieses gigantische Kaufhaus übernehmen könnte. Auch sonst ist nicht einmal ansatzweise eine Nutzung absehbar. Da der Kaufhof der Hauptgrund für einen Innenstadtbesuch war, haben auch alle anderen Einzelhandelsstandorte eine ganz düstere Zukunft. Wenn es dabei bleibt, wäre die Chemnitzer Innenstadt erledigt. Alles andere ist Pfeifen im Walde.

    Na, ganz so sehe ich das nicht. Zum Beispiel kann man das Gebäude ja auch in so eine Art "Shopping-Center" umwandeln. Verschiedene Nutzungen und Fachmärkte in den einzelnen Etagen. In der oberen Etage meinetwegen Büros, Praxen oder ein Museum, auch wieder ein Restaurant oder auch was ganz anderes.. nur mal als grobe Vorstellung.

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  • Aus meiner Sicht, gibt es für das Gebäude drei (sinnvolle) Möglichkeiten:
    1. Ein kleinteiliger Einzelhandel: Ähnlich dem KDW entstehen mittlere bis kleinere Geschäftseinheiten im Gebäude, die unabhängig voneinander existieren und neben Einzelhandel und Gastronomie auch Raum für Erlebnis und konsumfreie Zonen bieten. Dazu bedarf es aber einen finanzkräftigen Investor/ den Eigentümer, der hier das Gebäude komplett umbaut und neu aufteilt. Gerade der Erlebnis-Charakter muss dabei eine große Rolle spielen - Einkaufen funktioniert heute viel stärker über das Erlebnis, als noch vor 20 Jahren, als der Kaufhof gebaut wurde. Vorstellen kann ich mir zum Beispiel eine große öffentliche Dachterrasse mit regelmäßigen Veranstaltungen etc. Aus meiner Sicht ist Chemnitz für ein derartiges Shop-Konzept aber zu klein und die Chemnitzer zu wenig finanzstark. So ein Shop-Konzept muss sich am Ende auch tragen. Übermäßiger Leerstrand oder die 'Vertrödelung' der Geschäfte (siehe Sachsen-Allee) wären der sofortige Tod des Konzepts. Aus meiner Sicht kein zukunftsträchtiges Szenario, wenn man den Chemnitzer Einzelhandel in den letzten Jahren etwas genauer beobachtet hat.


    2. Einzelhandel wird nur mehr im Erdgeschoss existieren. Darüber entstehen Büros und ein Hotel. Auch hier wäre ein starker Eingriff in die Substanz notwendig - auch was die Anpassung an aktuelles Baurecht betrifft wären wahrscheinlich enorm. Problematisch hier ist, dass der Chemnitzer Büromarkt nicht sonderlich 'dynamisch' ist und die enormen Büro-Flächen auch erstmal gefüllt werden müssen. Hotels befinden sich aktuell ebenfalls einige im Bau - schwierig.


    3. Der Freistaat Sachsen überarbeit sein Universitäts- und Fachhochschulkonzpt und Chemnitz bekommt eine zusätzliche Hochschule (erneut: Ich hätte gerne eine Kunsthochschule für Chemnitz), die in diesem Gebäude ihren Platz findet. Einzelhandel könnte im Erdgeschoss trotzdem stattfinden. Eine universitäre (künstlerische) Nutzung samt Studenten würde die City stark beleben und aufwerten. Mein Wunschszenario, das leider wohl an der sparsamen Bildungspolitik der Sachsen-CDU scheitern wird.


    Im Hinblick auf die Kulturhauptstadt-Bewerbung und die (angedachte) Nutzung alter Industrie-Ruinen in der Stadt, habe ich Sorgen, man könne den nun leerwerdenden Kaufhof gegen andere Gebäude ausspielen - etwa die Wanderer Werke. Das darf nicht passieren.


    Es zeigt sich aktuell jedenfalls gut, wie stark Mono-Funktionen eine Stadt schwächen können. Hätte man damals beim Wiederaufbau der Stadt in den 90er/00er-Jahren auf eine stärkere Funktionsmischung geachtet, wären die Auswirkungen jedenfalls weniger stark. Dem gegenüber steht eine Aussage vom FDP-Vorsitzenden Müller-Rosentritt, der " handelsfeindliche Laufwege und schwierige Erreichbarkeit" für das Aus des Kaufhof verantwortlich macht - man kann mit dem Auto bis ins Gebäude fahren. Was will der noch???

  • Ich glaube ansich ist dieses Gebäude das am Besten Erreichbare in der ganzen Stadt, direkt neben Zenti. Das Parken kostet wohl allerdings was? Na gut, zugegebenermaßen ist die Zufahrt zum Parkhaus vielleicht auch nicht jedermanns Sache bzw. ein bisschen speziell und weniger einladend, weil man sich wohl auch ein bisschen auskennen muss.


    Etwas heller und freundlicher könnte das ganze Ensemble samt Parkhaus vielleicht noch wirken. Das Parkhaus ansich ist nun wirklich nichts fürs Auge. Schöner finde ich da eher solche Parkhäuser..


    Ich glaube das Hauptproblem für diese Kaufhof-Schließung liegt dort wohl eher in der Managementzentrale als direkt am Standort in Chemnitz. Man kann ja auch mal die Internetkommentare beim dazugehörigen Spiegel-Artikel lesen. Fast alle schreiben sie, dass das Konzept "Warenhaus in der Innenstadt" sich "überlebt" hätte..

    5 Mal editiert, zuletzt von waldkauz ()

  • Leute, kommt mal bitte wieder in die Realität zurück. Chemnitz ist eine wirtschaftsschwache, bestenfalls stagnierende Mittelstadt mit überschaubarem Einkommensniveau und viel zu viel Einzelhandelsflächen. Wenn sich ein Kaufhof in dem Gebäude nicht rechnet, dann tut es auch kein anderes Einzelhandelskonzept. arnold kommt ja in seinen Überlegungen zu denkbaren Alternativen letztlich immerhin auch zum Ergebnis, dass das alles kaum umsetzbar ist - zumal auch Hotels, Büros oder was auch immer gigantische Millioneninvestitionen in einem hundertprozentig auf die Kaufhausnutzung ausgerichteten Gebäude erfordern würden. Nichts davon wird passieren, Leerstand ist das einzig realistische Szenario - und der wird auch ganz über auf die Umgebung ausstrahlen, wo man bald auch mehr zugenagelte als beleuchtete Schaufenster sehen wird. Ja, das ist deprimierend, aber besser man macht sich das jetzt schon bewusst, anstatt sich hoffnungsvollen Träumereien hinzugeben und dann erneut enttäuscht zu werden.