Friedrichswerdersche Kirche

  • Die Planungen sind in der Tat seit Jahren bekannt, das Planwerk Innenstadt von 1999 legte ja die Grundlage dafür. Allerdings gab es auch von Anfang an Warnungen der Denkmalpfleger vor diesen Planungen. Die Gefährdung der Friedrichswerderschen Kirche wurde schon damals von den Fachleuten gesehen. Der damalige Senatsbaudirektor Stimmmann hat sie allerdings für absurd erklärt und bewusst ignoriert. Ich kann mich noch gut an Diskussionsveranstaltungen zu diesem Gebiet erinnern, auf denen Stimmann die Denkmalpfleger unter dem Jubel seiner Fans regelrecht heruntergeputzt hat. Insoweit wurde die Schädigung der Kirche von Anfang an ganz bewusst in Kauf genommen.


    Man kann übrigens auch die Journalisten dafür kritisieren, dass sie erst dann Alarm schlagen, wenn das Kind schon fast in den Brunnen gefallen ist. Dennoch ist es gut, auch im Hinblick auf andere Projekte, dass die Kritik kommt. Besser spät als nie.


    Das Lamento von Theseus532 über den angeblichen Mangel an Luxuswohnungen in Berlin-Mitte betrachte ich mal als einen Scherz. Wer das Geld hat, um 10.000 Euro pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung auszugeben, der findet in Berlin-Mitte wirklich eine große Auswahl an Wohnungen, der muss nicht unbedingt mit seinen Wohnwünschen die Friedrichswerdersche Kirche ruinieren.

  • Dem Sachverhalt ist ein Stück von Nikolaus Bernau inder Berliner Zeitung hinzuzufügen, das die Gemengelage erhellt.
    Den meisten Kritikern der Bauten geht es die Bohne um die Schinkelkirche sondern um die verhaßten "Schickimickibauten", die Zuzügler und Ansätze einer Aufnahme des historischen Stadtgrundrisses. Dieser Grundimpetus, gepaar mit emotionalem Nachtreten gegen einen emotionalen Senatsbaudirektor Stimmann, der sich nciht mehr wehren kann, ist der Haupttenor der Kritik.
    Unter geht dabei, dass es die zweigeschossigen Tiefgaragen sind, die das Problem verursachen, nicht die Bebauung als solche, die in gleicher Näher vor 1945 dort auch gestanden hat. Aber Fakten sind nicht beliebt.

  • ^ ... Wahrscheinlich ist's auch nicht sonderlich beliebt zu sagen, dass nicht alles was hier vor 1945 stand auch gleichzeitig der Weisheit letzter Schluß gewesen sein muss. Und das man das so unbedingt wieder haben muss.

  • Wieso Feigenblatt?
    Es ist normal, dass die Umgebung den Wert bestimmt, neben einer Autobahn oder einem Güterbahnhof ist ein Grundstück eben günstiger als neben einem Schloß oder im historischen Zentrum einer Grossstadt.
    Was ist daran verwerflich?
    Natürlich sind die Grundstücke am Schinkelplatz am teuersten, wenn es anders wäre, würde ich mich um Berlin wirklich sorgen.
    Wie man Realitäten so ausblenden kann, ist mir ein Rätsel.


    Von der Kirche ist nicht mehr oder weniger zu sehen als früher auch, dass Dir das nicht gefällt, mag so sein aber die Bebauung hat eine legitime Basis.


    Ich kann mich mitunter des Eindrucks nicht erwehren, dass manche den Einsturz der Kirche geradezu herbeisehnen in der irrigen Annahme dadurch Bestätigung für ihre Meinung zu finden.

  • Camondo ist eigentlich zu intelligent um derartigen Unsinn zu verbreiten. Erstens kennt er den Unterschied zwischen Städtebau und Architektur und zweitens weiss er, dass Schinkel die Kirche für die Lücke entworfen hatte und nicht als Solitär.
    Daraus jetzt ex post einen Solitär machen zu wollen zeigt wie wenig es den meisten Kritikern der Bebauung es um Schinkel geht und wie stark die Rolle der neuentstehenden Archietktur und der künftigen Bewohner ist. Würden rechts und links der Kirche Libeskind-Zacken als neues Arbeitsamt Mitte oder Museum für Betonbaukultur errichtet wäre die Diskussion eine andere. Es ist ja legitum die Neubebauung architektonisch schrecklich zu finden (das geht mi nicht anders), aber die Bebauung bis an die Kirche heran ist richtig, wenn auch zwei Geschosse zu hoch.

  • Das ist doch Unsinn, was ich zugebe ist, dass die Friedrichswerdersche Kirche nunmal meine Lieblingskirche ist, das hatte ich auch schonmal erwähnt. Und dass ichs nur schwer etragen kann sie so dermassen eingezwängt zu sehen. Man hätte die Chance gehabt hier ein echtes Architekturerlebnis von allen Seiten erfahrbar zu machen. Die Chance wollte man nicht wahrnehmen. So wie es jetzt anzusehen ist und bald noch mehr aussehen wird... nun ich denke damit kann keiner so recht zufrieden sein, Theseus532 ausgenommen.

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  • Aha, Sie wagen das zu bezweifeln. Es könnte also so gar nicht in Frage kommen, dass Risse durch Arbeiten in ummittelbarer Nähe der Kirche enstehen? Das können Sie ausschließen? Na dann ist ja gut. Und die Berliner Zeitung zählt eh zur Lügenpresse.


    STOP! Das habe ich so nicht geschrieben!
    1. Ich habe die WELT, nicht die Berliner Zeitung zitiert.
    2. Ich habe nicht von Lügenpresse geschrieben (zumal ich diesen Ausdruck verabscheue), sondern davon, dass die journalistische Berichterstattung ein Trauerspiel ist.
    3. Ich habe nicht geschrieben, dass ich das ausschließen kann, nur dass ich es bezweifele.


    Und der Zweifel nährt sich daraus, dass trotz (oder wegen) der ständigen Überwachung die Bauarbeiten nicht eingestellt wurden.


    Bitte nicht gleich überreagieren.

  • Die Behauptung von Konstantin, dass sich Hans Stimmmann nicht mehr wehren kann, kann ich nicht nachvollziehen. Nach meinem Wissen ist Herr Stimmmann noch sehr lebendig. Richtig ist aber, dass sich Stimmmann zu dem Desaster nicht äußert, wohl weil er genau weiß, dass er damals Mist gebaut hat. Da ist es natürlich besser, nichts zu sagen und das Desaster die heute Verantwortlichen ausbaden zu lassen.


    Ansonsten finde ich die Behauptung sehr gewagt, dass die Kritiker der Bauarbeiten, wie Pfarrer Frielinghaus, in Wirklichkeit nur gegen den Bau von Luxuswohnungen sind. Es gibt bekanntlich sehr viele Luxuswohnprojekte in Berlin, ich erinnere nur an den Umbau des Klinikkomplexes am Monbijoupark oder an die vielen Projekte rund um das BND-Areal. Gegen diese Projekte müsste sich dann auch eine Flut des Protestes ergießen, was aber nicht passiert. Daher könnte es vielleicht doch so sein, dass die Risse in der Friedrichswerderschen Kirche echt sind und dass sie nicht nur eine Halluzination von Gentrifizierungsgegnern sind.

  • Dennoch geht die Diskussion in eine falsche Richtung. Die Frage, ob man so nah an die Kirche bauen sollte ist eine ästhetische Frage, nichts anderes.
    Die Schäden an der Kirche kann man unumwunden eine mittlere Katastrophe nennen. Sie sind aber einzig und allein mangelnder Gründlichkeit und Unvorsichtigkeit geschuldet. Es ist heute möglich, Kirchen in einem Stück zu versetzen, da soll es nicht möglich sein, in deren Nähe zu bauen, ohne dass sie einstürzen? Absurd.

  • Und die Berliner Zeitung schreibt schon polemisch, man solle auf den Einsturz der Kirche hoffen, um einen Gesinnungswandel zu erreichen und rechnet mit allen Projekten in Berlin Mitte ab (insbesondere staatlichen Kulturbauten). Die U5 würde natürlich ausgezeichnet in die Liste passen, läuft aber bisher zu gut. Die Journalisten haben also Blut geleckt.


    Stimmann wäre also schön blöd sich jetzt zu äußern. Er wird es tun, sobald die Kirche saniert und in Betrieb ist, die Oper spielt, die Museumsinsel ihrer Vollendung entgegen sieht, das Humboldtforum Besucher wie Fliegen anlockt und die U5 viele Tausende durch den Untergrund befördert und hoffentlich die Bauakademie äußerlich wieder steht. Dann wird er es nutzen, dass man die neomodernen Kisten nicht mehr sehen kann und in einem Breiten Armlehnstuhl ein Interview geben und sich als großen Restaurator Berlins (zurecht) feiern lassen. :)


    Ich war heute wieder vor Ort. Überall in der Umgebung ist Baustelle, viele Konturen werden sichtbar. Hier wird insgesamt in einem äußerst schwierigen Eingriff ein Zentrum geschaffen, welches für Berlin einen sehr hohen Wert für lange Zeit haben wird. Der gefährlichste Eingriff ist natürlich die U-Bahn. Mit der Vereisung des Untergrundes im Bereich der Schlossbrücke wird ja erst begonnen.


    Zum Projekt Schinkelplatz:
    Ich denke doch, dass die Grube ihr Abschlussniveau hat. Man verdichtet die Erde und bereitet den Bau der Grundplatte wohl vor. Für eine Ebene Tiefgarage reicht es, denke ich. Dies wäre ein weiterer Grund, weshalb die östliche Baugrube für die Kirche vermutlich nahezu unbedenklich sein könnte, aber diese Details interessieren die Kritiker selbstredend nicht.




  • Die Verkündung der Bauakademie-Lösung dauert wohl noch bis Ostern - aber das macht nichts, Hauptsache das kommt noch bis zur Wahl in Tüten und Papier.


    Klarenbach: Hans Stimmann ist nicht mehr im Amt und den B-Plan hat Frau Lüscher gedengelt. Selbst wenn er sich hierzu äußern wollte müsste das darin enden seine Nachfolgerin schwer anzugreifen, was er aus Parteidisziplin wohl nur eingeschränkt tut. Es änderte wohl auch nichts an der Sache, weil Stimmann für die zweigeschossige TG, die ja kausal für die Schäden ist, nichts kann.

  • Camondo,


    deine Meinung, daß die Kirche frei stehen sollte, in allen Ehren. Aber letztendlich ist es zu spät. Die Entscheidung für die Bebauung ist gefallen und du wirst die Bebauung nicht verhindern können. Vielleicht macht es mehr Sinn, über die Projekte zu diskutieren, bei denen der Entscheidungsprozess noch offen ist. Da gibt es sicherlich ein weites Feld. (z.B. M-E-Forum)

  • Die Umbauung ist IMHO einerlei. Die Sicherheit des Baudenkmals jedoch nicht. Offensichtlich gibt es ganz triftige Gründe dafür, den Baugrund rund um die Kirche nicht mit umfangreichen Bauarbeiten zu belasten. Das konnte man vorher wissen oder hätte man vorher wissen müssen (dass da irgendwann mal, vor vielen Jahrzehnten, schon Gebäude standen ist ja
    dabei vollkommen irrelevant, in der Zwischenzeit ist die alte Kirche sicher nicht widerstandsfähiger geworden). Bodenuntersuchungen sind mit heutiger Technik einfacher denn je. Aber bei entsprechender Beachtung und folglicher Bausperre hätte man das Bauland nicht "versilbern" können...


    Leider werden solche "Umstände" nachträglich irgendwie nie wieder erwähnt oder weiter aufgeklärt. Bundesweit scheint es mehr Widerhall zu finden als im berliner Stadtleben. Mit Google findet man entsprechende Berichte selbst in fernen Lokalblättern wie dem "Generalanzeiger" aus Bonn oder bei "Trierischer Volksfreund".


    Ich hoffe nur inständig, dass die Bauherren bestens versichert sind und die Versicherungen auch anstandslos leisten. Was da mitten in Berlin passiert ist ein Desaster, wie wenig Widerhall es in Stadt und Senat findet ein Armutszeugnis. Das ist keinesfalls melodramatische Übertreibung.

    2 Mal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • ^ Interessantes Interview, aus dem ebenfalls hervor geht, dass die östliche Baustelle höchstwahrscheinlich keine Gefahr für die Kirchenstatik mit sich bringt. Ihn stört die unhistorische Nutzung mit Luxuswohnungen; nun ja.

  • ^ Bin letzte Woche vorbeigelaufen und dachte mir auch, da wird nichts mehr passieren. Hatte ich allerdings auch nicht erwartet angesichts der Vorkehrungen, die beim Ausschachten getroffen worden sind.


    Wenn es nun Zeit ist, die Kirche zu sanieren, frage ich mich aber: Wer bezahlt das? Die evangelische Landeskirche? Die Stiftung preußischer Kulturbesitz? Der Bauherr der Falkoniergasse (weil er die Schäden verursacht hat)? Oder das Land Berlin (weil es Baugenehmigung erteilt hat)? Über Aufklärung täte ich mich freuen...

  • Es kommt darauf an. Das kann man da pauschal gar nicht sagen.


    Eine Kirche der Protestanten ist das Gebäude übrigens schon seit dem Krieg nicht mehr. Und davor auch nicht evangelisch, sondern "preußisch-uniert", mit Teils französischen Gottesdiensten. Die Evangelen hatten ja ihre Dompfarrei in kurzer Distanz.

  • Es ist baurechtlich doch ein Standardfall. Tausendfach kommen Schäden an Nachbarn bei Unterfangungen vor. Der Verursacher haftet und muss über eine Versicherung verfügen.


    Die "Bauwert" hatte doch mehrfach zugesagt für die Kosten aufzukommen. Das ist soweit ich es gelesen habe nicht strittig.

  • Wenn man es darauf anlegt kann man Geschädigte durch Schuldzuweisungen und Verschachtelung zwischen Bauherr, Bauleiter, Auftragsnehmer und Subunternehmer im Tandem mit den Versicherungen und Gutachtern jahrelang vertrösten, bis der erste Cent fließt oder dem Geschädigten das Geld ausgeht.


    Wenn da aber bereits eine fixe Zusage vorliegt ist ja alles in Butter