Schloßfassade vor Einkaufszentrum

  • Schloßfassade vor Einkaufszentrum

    Die Welt, 10.12.2003


    Kulturschloss oder Kaufhauskulisse


    Architektenwettbewerb für das Braunschweiger Schloss entschieden - ECE plant 30 000 qm großes Center


    von Dankwart Guratzsch


    Braunschweig - Es verdichtet sich immer mehr: Braunschweig bekommt sein 1960 abgerissenes Schloss zurück. Im Architektenwettbewerb für das ECE-Center Braunschweig wurde von der Jury unter Vorsitz des Architekten Peter Kulka das Team Prof. Alfred Grazioli (Zürich) und Wieka Muthesius (Berlin) zum Sieger erklärt. Zentraler Baustein des neuen Einkaufszentrums soll das Welfenschloss sein. Für das 40 000 qm große Grundstück kassiert die Stadt 35 Mio. Euro, von denen sie elf in die Schlossfassaden steckt.


    Oberbürgermeister Gert Hoffmann, energischster Anwalt des Projekts, gab sich "extrem zufrieden", obwohl noch längst nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt sind. Gegen die Überbauung des Schlossparks kämpft ein Bürgerbegehren, über dessen Zulässigkeit im Januar entschieden werden soll. Im Stadtrat verfügt die "Schlosskoalition" aus CDU und FDP nur über eine Stimme Mehrheit. Doch knappe Mehrheiten schrecken die Schlossfreunde nicht. Auch die Front der Schlossgegner hatte die Sprengung der Ruine vor 40 Jahren nur mit einer Stimme Mehrheit durchsetzen können. Ehe freilich alle rechtlichen Voraussetzungen zum Wiederaufbau vorliegen, kann es Juli werden.Der Entwurf der Architekten sieht hinter dem Schloss mit seinen historischen Steinfassaden einen Glaspalast vor, dessen gewaltiges Volumen raffiniert gegliedert ist. So werden in die Rückfront "Keile" geschnitten, die die über 200 Meter lange Straßenfront als Reihung von Einzelbaukörpern erscheinen lassen. Mattierte Scheiben simulieren Lochfassaden, andere Bauteile werden durch vorgestellte gläserne Arkaden geschmückt. Der Schlosspark allerdings lebt nur im Namen des Einkaufscenters fort, das als "Schlosspark-Arkaden" firmiert.


    Wie lässt sich der Spottname "Kulissenarchitektur" entkräften? Nach dem Willen der Rathauspolitiker von CDU und FDP soll das Schloss zwar "überwiegend" kulturellen und öffentlichen Nutzungen vorbehalten bleiben (Stadtbücherei, wissenschaftliche Bibliothek, Stadtarchiv, Stadtmuseum, Kulturinstitute), doch hofseitig sollen sich "kommerzielle Nutzungen" anschließen. Nach außen als reiner Fassadenbau konzipiert, wird das Bauwerk im Innenhof laut Stadtbaurat Wolfgang Zwafelink nur in "Annäherung" an das historische Erscheinungsbild gestaltet werden. "Das historische Bauwerk soll hier zumindest ablesbar in Fragmenten bleiben", kommentiert er die nicht fertig ausgearbeiteten Pläne. Damit entstünde ein Bauwerk nach Art der Berliner Kommandantur Unter den Linden, deren straßenseitige Fassaden zwar exakt rekonstruiert wurden, die aber an der Rückfront eine Glaswand erhalten hat.


    Insgesamt investiert die Hamburger ECE-Gruppe 200 Mio. Euro in das Projekt, das die Käuferströme in Braunschweig in einen Randbereich der Innenstadt locken soll. Auf 30 000 qm Verkaufsfläche werden 120 Geschäfte platziert. Die Magnetwirkung dürfte sich durch den unterirdisch angebundenen Kaufhof noch beträchtlich verstärken. Warnende Stimmen des Einzelhandels wurden ignoriert. Alexander Otto, Chef des Investors ECE, zeigte sich in Jubellaune. Der Braunschweiger Zeitung sagte er: "Wir planen in Braunschweig etwas Einmaliges. Das Schloss benötigt und verdient eine wirklich herausragende und hochwertige Ergänzung." Ganz so einmalig ist es freilich nicht. Das Potsdamer Schloss liegt schon in der Schublade.


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    Ich habe mir mal die Ausstellung der Modelle im hiesigen Rathaus mal angesehen. Meiner Meinung nach sind die unterlegenen Entwürfe aber teilweise schoener anzuschauen, wie z. B. die Entwuerfe von Albert Speer oder KSP Engel und Zimmermann

  • Hier habe ich mal die Modellbilder der Wettbewerbsteilnehmer.


    1. Preis:


    Dieser Entwurf stammt von Grazioli Muthesius.


    2. Preis:


    Der Vorschlag wurde vom Büro Kasper Kraemer eingereicht.


    3. Preis


    Dieser Entwurf kommt vom Büro Albert Speer und Partner


    4. Preis

    Als letzter Teilnehmer waren KSP Engel und Zimmermann dabei.

  • Da sind wirklich einige sehr interessante Entwürfe dabei! Insgesamt hört sich das sehr gut an; ein schönes Schloss und ein modernes EKZ "in einem".


    Unabhängig davon sollte man in Braunschweig aber nicht vergessen, dass 30.000qm Verkaufsfläche große Auswirkungen auf den Rest der Stadt haben können...kann man das in Braunschweig verkraften? Ist zwar ne große Stadt, aber wenn ich mir anschaue was solche Center in Siegen und vielen anderen Städten ausgelöst haben, ist vorsicht geboten! Aber dafür scheints ja jetzt bereits zu spät zu sein? ;)

  • ich hätte mir einen abgeschwächten klassizistischen anbau gewünscht. stil-in-stil weiterführen, jedoch deutlich erkennbar, dass es sich um einen modernen anbau handelt.
    so wie ich das sehe (sehr klein) finde ich den ersten entwurf am besten

  • Unabhängig davon sollte man in Braunschweig aber nicht vergessen, dass 30.000qm Verkaufsfläche große Auswirkungen auf den Rest der Stadt haben können...kann man das in Braunschweig verkraften? Ist zwar ne große Stadt, aber wenn ich mir anschaue was solche Center in Siegen und vielen anderen Städten ausgelöst haben, ist vorsicht geboten! Aber dafür scheints ja jetzt bereits zu spät zu sein? ;)[/QUOTE]


    Warte es erst einmal ab. Ich habe vor ein paar Tagen gehört, dass der Stadtrat am 5.7. entscheiden will, ob's gebaut wird oder nicht.

  • Hier ist ein neuer Bericht über die Probleme beim Auswerten der Bürgereinwände

  • Sehr interessant; ohne Bürgerproteste läuft soetwas anscheinend nur selten ab.


    Bitte halte dich an die Regeln zum Einbinden solcher Artikel! (genaue URL angeben, höchstens 1/3 zitieren)

  • Schon...darfst die Artkel aber auch ruhig zitieren, aber eben nur teilweise und am besten im quote-tag und mit dem direkten Link zur Quelle. ;)


    p.s. Schön dass es los geht! Für dieses Forum auf jeden Fall! :lach:

  • Hier ist mal was neues

    Karstadt: "Das Geschäft geht weiter"

    Rund 90 Mitarbeiter in Sorge – Rathaus und Einzelhandel: Widerstand gegen Schlossarkaden verstärken



    WOLFENBÜTTEL. Angst um die Arbeitsplätze in der Karstadt-Belegschaft, Betroffenheit im Rathaus, Entsetzen bei den Einzelhändlern: Die Nachricht von der Auslagerung und einem Verkauf des Kaufhauses hat die Stadt gestern wie ein Donnerschlag gerührt.


    Ihr fragt euch jetzt wahrscheinlich: Was hat das konkret mit den Schloss-Arkaden zu tun?


    Lest euch den Zeitungsartikel bis zum Ende mal durch, dann wisst, was ich meine.

  • Sie sehen hierbei das Rathaus in der Mitverantwortung.

    Notfalls müssten betroffene Geschäftsleute überlegen, auch den Klageweg beschreiten.


    Ich kann das nicht mehr hören! So etwas von jämmerlich - was glauben diese Leute? Dass Gerichte dazu da sind, um ihnen den Besitzstand zu sichern? Und es die Aufgabe der Stadtverwaltung ist, Konkurrenz in einer anderen Gemeinde im Keim zu ersticken? Kein Wort davon, dass man dann eben besser sein muss als die kommende Konkurrenz. Diese Haltung ist einer Hauptgründe, warum es mit diesem Land bergab geht.

  • Hallo, bin neu im Forum und möchte den Braunschweig-Thread auf den neusten Stand bringen.
    Nach langem Hin- und Her und weiteren Rechtsstreitigkeiten wird das Schloss mit Anschluss von ECE nun gebaut. :) Ich finde die Entwürfe des ersten Preises, welche jetzt auch weitersgehend umgesetzt werden sollen, gut gelungen.
    Das Schloss ist allein durch seine Fassadenpräsenz sinngebend für die Stadt, die, wie bereits in den Galerieforen zu lesen ist, stark durch den Nachkriegsum-neu- und eben auch Nichtbau geprägt ist. Wenn ich es hinbekomme, dann mache ich mal ein paar Photos von Braunschweig und stelle sie hier rein... *panik* habe ich noch keine Erfahrung darin!


    Für weitere Infos geht mal auf die Seiten der Stadtplanung . Dort sind Bilder und Integrationsplanungen zu finden, wie das ECE in die Stadt mit ihrem Einzelhandel eingefügt werden soll. Es ist nämlich ganz und gar nicht so, dass dort nun nur ein weiterer Klotz mit ein wenig Schlossfassade hingeknallt wird.
    Die anliegenden Straßen werden übrigens neu gestaltet, so dass sich das ganze in diesem Bereich zumindest in das Stadtbild einfügen, bzw. erst neue Akzente setzen wird.
    Lesenswert finde ich auch die Infos über das städtebauliche Leitbild. Mir ergibt sich dadurch das Bild, dass sich auch in Braunschweig langsam ein Umdenken durchsetzt... die Umsetzung hängt sicher mit den finanziellen Möglichkeiten zusammen. Man wird sehen, wie es weitergeht. Mit dem neuen ECE ist aus meiner Sicht aber ein wichtiger Schritt getan. Sowohl wirtschaftlich, als auch städtebaulich.
    Braunschweig wird... und es ist mit Sicherheit viel zu tun! :) Ich bin obtimistisch.

  • Da habe ich mich schon in den Sessel zurück geworfen, mit der Annahme, dass nun endlich alles geklärt sei, und es losgehen kann... bin gespannt.
    :kratz: :kratz:


    arnd: wie schätzt Du denn die Wirkung des ECE auf Braunschweig ein, gefällt Dir das Konzept?

  • Was den Einzelhandel angeht, sehe ich da schwarz in die Zukunft, denn im Bereich zwischen Münzstraße und Bohlweg sieht es schon jetzt ziemlich schäbig aus und wenn dieser Konsumtempel jetzt auch noch dorthin kommt, dann gute Nacht, Innenstadt.

  • Schäbig, das ist sicher das richtige Wort für die momentane Situation in diesem Bereich. Ist aber auch verständlich, dass sich Investoren nicht recht dafür begeistern können, dort Geld hineinzustecken, wo sämtliche städtische wie auch wirtschaftliche Zielsetzung und Entschlusskarft fehlte.
    Der Einzelhandel steht mit dem ECE im Nacken ziemlich unter Druck. Allerdings hat diese Gruppe bis dato auch nichts wirklich anziehendes für die Stadt getan, bevor es ums ECE ging, oder?
    Mit dem ECE und der Schlossfassade wird, besser als auf der gründen Wiese, ein Einkaufsmagnet errichtet, das zugleich ein Stück altes BS wieder bringt. Das finde ich gut gelöst. Auf zwei Wegen kann es zu einer Art Initialzünder werden, wenn sich das Umfeld nicht verschrecken, sonder motivieren lässt. Was abzuwarten bleibt.
    Der Einzelhandel und die Stadt im Zusammenspiel werden sich anstrengen müssen, diesem Magneten (hoffentlich natürlich) ein eigenes städtisches und wirtschaftliches Flair in den sonstigen Innenstadtbereichen entgegenzusetzen. Aber darin besteht definitv die Chance, BS vom Nachkriegszustand zu erlösen. Wenn es nur um Kaufen geht, dann kann es auch so bleiben wie gehabt. Denn die Kulturbauten bestehen auch so und wirken im einzelnen. Was fehlt ist allerdings eine Gesamtwirkung, die durch die Abstimmung zwischen den Einzelteilen erreicht wird.
    Nicht abwarten und hoffen, dass etwas getan wird, sondern selbst daran arbeiten ist doch die Devise, oder? Keine Bestandsicherung wie oben von Schmittchen beschrieben, sondern Konkurrenz belebt das Geschäft! :)