Fellini-Residences [realisiert]

  • Man kann auch ganz allgemein der Ansicht sein, dass es harmonischer wirkt wenn ein Gebäude einen erkennbaren Bezug zu den Nachbargebäuden hat und etwa die Höhe, die Kontur oder einige Gestaltungselemente aufnimmt. Oder Symmetrie herstellt.


    Alternativ kann auch ein höchstmöglicher Kontrast angestrebt werden.

  • Wie beim Alea, dass es die Formensprache des Cubix übernehmen sollte? Ich verstehe :)


    Wenn man aber der Ansicht ist, dass es mit einem Bezug zu Nachbargebäuden harmonischer wirkt, dann ist das subjektives Schönheitsempfinden und man kann nicht sagen, etwas _müsse_ so sein.

  • Solche Forderungen kann man in einer Diskussion je nach Situation einsetzen wenn sie den eigenen Vorlieben entgegenkommen. Wenn nicht (weil einem etwa die Nachbargebäude nicht gefallen oder weil einem das unangepasste Gebäude besonders gut gefällt) sagt man eben, dass es in diesem speziellen Fall nicht so sein muss usw.

  • Ich möchte zu bedenken geben, dass der Investor bei der Vorstellung der Fellini-Planung die Erwartung formulierte, hier werde ein ganzes Stadtviertel mit italienischem Flair entstehen, ein absolutes Novum im Vergleich zu anderen innerstädtischen Neubauquartieren. Entsprechend zeichnete Marc Kocher auch ein ganzes Ensemble von Wohnbauten in Blockrandbebauung mit der ihm eigenen sinnenfrohen Ausstrahlung. Dass dieses italianisierende Ensemble nicht zustande kam, kann man natürlich dem Architekten nicht anlasten.


    Im Übrigen begreife ich immer noch nicht, auf welchen Detailbeobachtungen die hier so oft ins Feld geführte Kitsch-Vokabel eigentlich gründet. Sind glatte ungegliederte (also "moderne") Hauswände kitschig, wenn sie sandsteinverkleidet sind? Sind Loggien kitschig, wenn sie halbkreisförmig einen Ehrenhof umschließen? Oder bringen die Balustraden oder die Pergola manche Betrachter so sehr in Rage, dass sie heftig verurteilen, was sie in dem lebensfrohen Italien voll Behagen akzeptieren würden? Kann man sich nicht auch einmal freuen, dass in dem weithin so trüben Berlin ein Stück Architektur entstanden ist, das Sinnenfreude und Lebensfeier ausstrahlt?

  • Chandler
    Eine Forderung, wie Du sie schilderst kann man in einer Polemik einsetzen. Wenn man Polemik nicht kann, sollte man das besser sein lassen. Schlechte Polemik ist nämlich eine Stammtischparole.

  • Oder bringen die Balustraden oder die Pergola manche Betrachter so sehr in Rage...


    Für die Pergola könnte leicht die runde Pergola an der Breslauer Jahrhunderthalle Pate stehen - das Ensemble ist übrigens Weltkulturerbe und Max Berg wird der Moderne zugerechnet. Auch ich finde die übermässige Verwendung des Wortes Kitsch ausgeleiert.


    Wer dennoch das Wort verwenden möchte, für den habe ich ein Filmzitat: "Ich liebe Kitsch! Ich suche Kitsch in meinem Leben..." (Kate Winslet), gerne würde ich selbst unterschreiben.

  • Alternativ kann auch ein höchstmöglicher Kontrast angestrebt werden.


    Also entweder gar kein Kontrast oder volle Kanne?


    Noch mal meine Frage: Immer wieder heißt es "Kontraste, Kontraste, Kontraste...Das macht Berlin ja so spannend...Blablabla..." Nun haben wir - nach Ansicht mancher - hier einen. Dürfen Kontraste nur durch Glas und Stahl erzeugt werden? Ich bin mir sicher, wenn dort zum Xten Mal etwas mit wild versetzten Mikrowellenfenstern, wenn nicht sogar ein Libeskind einstanden wäre, würden die FR-Gegner große Lobeshymnen anstimmen, trotz/gerade wegen des Bruches.


    Ich finde den Kontrast zw. dem Sandstein außen und dem gefärbten Beton(?) im Hof viel markanter und unpassender, weil des die Harmonie innerhalb des Gebäudes stört.

  • Ich finde das Gebäude im Ganzem richtig gut.Besser als immer nur Bauhausarchitektur oder glatte Putzfassaden. Die Fassade ist hochwertig und bis auf die letzte Etage mit den kitchigen kleinen kegelbahngerüst und paar überflüssigen Säulen im Hof, ist das Gebäude weit entfernt vom kitch.
    Viel Kitch findet man in Las Vegas oder Einfamilienhäuser in Vorstadtsiedlungen aus den 80er und 90er Jahren.
    Selbst die Fenster sind hochwertig und schön geworden. Alles in Allem kann man auf hohem Niveau meckern. Diese glatten kühlen grau-weißen Bauten mit kleinen Fenstern, die es so viel in Berlin gibt, sind eher ein Dorm in Auge.

  • ... Oder bringen die Balustraden oder die Pergola manche Betrachter so sehr in Rage, dass sie heftig verurteilen, was sie in dem lebensfrohen Italien voll Behagen akzeptieren würden?


    Ich glaube damit haben Sie ziemlich genau herausgefunden was mich zum Beispiel am heftigsten stört. Diese Pergola.. selbst die Pergolen des 19. Jahrhunderts die man in Berlin und Potsdam noch vereinzelt findet, die ich sehr mag und die ja schliesslich auch italieninspiriert waren, hatten nicht diesen betonten Mittelbogen, diese plumpe Ranchanmutung mit diesen viel zu dicht gesetzten Ballustraden dazwischen. Hätte man sich hier etwas zurückgenommen und mehr auf Beispiele wie die Kaiserterrasse am Bebelplatz oder Schloss Charlottenhof in Potsdam, zurückgegriffen. Hier nur erfüllen sie einzig den Zweck einer ”Gated Comunity“ und das ist ebenso beklagenswert. Es geht überhaupt nicht darum dieses Gebäude mit etwas „glattem modernen“ abzurechnen, das ist schon wieder viel zu polarisierend. Es ist einfach schlecht nachempfunden und das läßt es teils billig aussehen. Abgesehen von den Fenstern, die sind top.

  • Das ist ja auch etwas positives an dem Gebäude: Es polarisiert und regt zu weitschweifigen Diskussionen an. Die Meinungen gehen weit auseinander, den eine gefällt es einfach, anderen überhaupt nicht und dazwischen gibt es zahllose Nuancen.


    Letztendlich ist das vielleicht sogar besser als ein beliebiger Langeweiler, der überhaupt keine Aufmerksamkeit erregt. Der Bau wird (Geschmack hin, Schönheitsempfinden her) weder Berlin schaden noch in die Architekturgeschichte eingehen. In wenigen Jahren wird man sich endgültig an ihn gewöhnt haben.

  • Ich höre das hier so oft, dieses "muss sich einfügen" oder "muss sich anpassen" etc. Deshalb ganz konkret gefragt: warum?


    In meinen Augen gibt es positive und negative Kontraste. Der Kontrast zwischen modernen und historischen Gebäuden, die Teil eines Blockes sind, finde ich beispielsweise fallbezogen oft sehr ansprechend. Den Kontrast zwischen einem englischen Townhouse und einem italienischen Palazzo finde ich absurd, genau wie den zwischen einem EFH im mediterranen Stil und einem Schwedenhaus. Sicher, das ist auch Geschmackssache und offensichtlich stört es ja viele Leute nicht.

  • ^Deshalb:
    § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile
    (1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
    (Baugesetzbuch)

  • Dieser Komplex ist doch schon lange fertig, dafür sieht er ja recht unbewohnt aus. Stünde der Bau in Rom würde da vermutlich kein Tarnnetz hängen und die Balkone wären voller Zitronenbäumen, Lorbeer, Rosmarinsträucher, etc.
    Hier in Berlin bleibt es teurer Schmu...

  • ^^ er meint sicher das grüne Teil am 2. Balkon von oben, ganz links.


    Wir sind aber nicht in Italien. Das Ding ist durchaus bewohnt, ich habe letztens mal darauf geachtet, als ich dort vorbeikam. Allerdings dürften mehrere Mieter/Eigentümer zu der Kategorie "Gelegenheitsbewohner" gehören.


    EDIT - ok, HarrySeidler war knapp schneller... ;)

  • Tja, eine Woche mit Temperaturen über 0°C und der Berliner träumt von blühenden Zitronenhainen auf den Balkonen. Ging mir in der Sonne heute genauso.

  • Im Palazzo "Marco Cuoco" finden sich noch immer nicht die von TwistedRoad erträumten Zitronebäume auf den Balkonen, aber nun sprudelt tatsächlich der reichlich kitschige Brunnen. Warum man die Pergola nicht berankt hat, ist mir weiterhin ein Rätsel:





    © HarrySeidler