Nikolaiviertel

  • Bau-Lcfr
    1% der gesamten Stadt an Altstadtrekonstruktion ist schon eine ganze Menge.


    Das wären 8,9km² =8,9 Millionen m², das MEF hat lediglich ca.50.000 m² !


    Folglich kannst du Dir vorstellen die ca 178 fache Fläche des MEF als Altstadt zu rekonstruieren.


    Respekt!


    Hier gibt es noch viel zu tun...

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  • ^^ Die Rede ist vom südlichen Teil des MEF - nicht dem gesamten MEF, der Platz vor dem Roten Rathaus sollte offen bleiben. Dann die neuen Quartiere gegenüber dem NV hinter der Grünerstraße, vielleicht noch hier und da etwas - insgesamt also nicht mal 1%, sondern weit unter 0,1% der Stadt. Umso rätselhafter, wieso manche deswegen nicht schlafen können.


    Vorbild sollte nicht Rothenburg sein, sondern Überlieferungen, wie die Berliner Altstadt-Bauten tatsächlich aussahen.

  • Denn Urbanität zu erzeugen ist nicht mit zubetonieren gleichzusetzen.


    Eben. Deswegen gilt es ja, die jetzige Situation zu ändern. Denn vor allem das RF ist jetzt zubetoniert. Bäume kann man auch in den neuen Straßen pflanzen. Aber das RF kann so bleiben...


    Die einzigen, die von "Puppenstube" reden, seid "ihr". Langsam musst auch du begriffen haben, dass hier kein Neumarkt oder Frankfurter Altstadt vorgesehen, wie man hier immer wieder mit anfängt.


    Wie wärs mit ner Plaza Mayor/Place des Voges/Praça do Comércio auf dem MEF? dann hat man nach außen hin wieder eine Fassade und innen weiterhin eine Grünfläche mit Karl und Fritz.


    Und wieso reden wir hier überhaupt über das MEF und so...? Hier gehts ums NV.

  • Ja, es geht hier um das Nikolai-Viertel, aber es hängt halt alles mit allem zusammen:


    Aus meiner Sicht ist das größte Manko des Nikolaiviertels nicht, dass da Platten stehen, sondern, dass es ein bisschen verloren in der ansonsten unwirtlichen Innenstadt Berlins (Ost) "herumliegt".


    Wenn allerdings von Molkenmarkt/Klosterviertel über Nikolaiviertel, bebautes Marx/Engels-Forum und teilbebautes Rathausforums sich bis hin zum Hackeschen Markt eine Innenstadt (ich sage absichtlich nicht "Altstadt") ziehen würde, wäre dies für den Bereich südwestlich des Alexanderplatzes bis zum Stadtschloss eine wirkliche Bereicherung.


    Nordöstlich des Alexanderplatzes könnten dann die Hochhäuser und denkmalgeschützten Platten dominieren.

  • Green Lion hat doch völlig Recht. Der stereotype Zuruf an die Rekobefürworter, dass man dann auch im altstädtischen Mief und Enge leben und sich mit dem Pferd fortbewegen müsse (wie z.B. die Berliner Senatsbaudirektorik Lüscher) geht fehlt. Genauso müssten gedankenlogisch die Plattenbaunostalkiger weiter Trabi fahren, mit Braunkohle heizen und ihre Stoffwindeln auskochen.


    Tatsächich geht es aber um etwas anderes: um die Frage wir wir mit unserer Geschichte und mit unseren Zentren umgehen. Die Zeit der autogerechten Stadt sollte vorbei sein und deshalb müssen die innerstädtischen Verkehrsschneisen zurückgebaut werden.


    Und in den Altstädten liesse sich viel lernen, z. B. dass das Geburtshaus von Horst Wessel den Eingang zum Großen Jüdenhof bildete. Das kann man nur topograhisch erfahren und nicht aus Büchern heraus verstehen. Ich ahbe das schon oben auseführt.


    Auch die Legende von Camondo, dass die Berliner Altstadt in puncto Architekturqualität "durchschnittlich bis darunter war" ist - pardon - schiere Unkenntnis. Das Palais Grumbkow, die Gerichtslaube, die Bürgerhäuser der Heilig-Geist-Straße, das Hotel König von Portugal, die Klosterkirche, die Turnhalle des Grauen Klostern von Ludwig Hoffmann, die Waisenstraße und Parochialgasse, der herrliche Eckbau am Bullenwinkel, die Börse, der Kavaliersstieg - das waren alles Schmückstücke der Altstadt und diese Liste liesse sich viel weiter führen. Aber es gab eben auch die Talmudschulen, die Textilfabrikationen, das jüdische Leben, weil Juden ausserhalb von Alt-Berlin keine Grundstücke kaufen durften. Den neuen Markt als Ort der letzten Judenverbrennung und gleichzeitig Sitz des pästlichen Gesandten in der Bischofstraße. Das sind doch die Geschichte, die sich nur in Altstätdten ortsverdichtet erzählen lassen. Das wrd man nachfolgenden Generation nichts als Facebookfeet übermitteln können.

  • ^ Apropos Legenden.
    Die Berliner „Altstadt“ wurde bereits Ende der 30er Anfang der 40er Jahre vernichtet. Indem man dreiviertel ihrer Bewohner, die Juden waren enteignet und deportiert hat. Das ist Berliner Geschichte. und wahrscheinlich war man ähnlich froh um die „Judenfreien“ Wohnungen und Häuser, denn nun konnte man ähnlich wie im Bereich um die Potsdamer Strasse herum mit dem Abriss für Germania beginnen und man hat damit begonnen. Man muss halt immer die ganze Geschichte erzählen und sich nicht nur die bösen Autogerechtestadtstadtplaner herauspicken. Ich wünsche einen erkenntnisreichen Holocaust-Gedenktag.

  • Schade eigentlich das man sich um Rekonstruktion oder Neubau zanken muss. Diese ganze Uneinigkeit entsteht doch letzten Endes nur, weil moderne Architektur so enttäuschend aussieht.


    Würde es einen harmonischen Ansatz für neue Architektur geben, der Besucher als auch Einwohner anzieht, der sowohl Funktionalität als auch Gestaltung berücksichtigt, gäbe es diese Diskussion wahrscheinlich gar nicht.

  • ^ Apropos Legenden.
    Die Berliner „Altstadt“ wurde bereits Ende der 30er Anfang der 40er Jahre vernichtet. Indem man dreiviertel ihrer Bewohner, die Juden waren enteignet und deportiert hat. Das ist Berliner Geschichte. und wahrscheinlich war man ähnlich froh um die „Judenfreien“ Wohnungen und Häuser, denn nun konnte man ähnlich wie im Bereich um die Potsdamer Strasse herum mit dem Abriss für Germania beginnen und man hat damit begonnen. Man muss halt immer die ganze Geschichte erzählen und sich nicht nur die bösen Autogerechtestadtstadtplaner herauspicken. Ich wünsche einen erkenntnisreichen Holocaust-Gedenktag.


    Bester Camondo, diese zynische, moralisch überhebliche Frechheit weise ich zurück. Die Deportation der Juden aus Berlin, eben auch aus der Altstadt, ist erstmalig und systemmatisch von einem großen Befürworter des Wiederaufbaus, Dr. Goebel, in der Ausstellung "Geraubte Mitte", dokumentiert und dargestellt worden. Die Austellung war mit über 44.000 Besuchern die am besten besuchteste Austellung des Stadtmuseums seit seiner Wiedergründung nach 1945.


    Mit der Deportation (und im übrigen mit dem intellektuellen Exodus des Bürgertums nach 1933) ist jedoch keineswegs die Berliner Altstadt vernichtet worden; das ist nun wirklich barer Unsinn. Im Stadtkern hatten viele Bauten den Krieg überlebt, die erst zu DDR-Tagen zum Aufbau der "sozialistischen Hauptstadt" abgebrochen wurden. Was die Substanz der Altstadt betrifft gab es - wie an so vielen Orten - eine unheilsame Kontinuität von Nationalsozialismus und Realsozialismus. Ich kann deine Haltung gegen Rekonstruktionen respektieren, als Argument musst Du Dir nun wirklich besseres Ausdenken als ausgerechnet die Judenverfolgung.


    Gerade die Judenverfolgung und das letzte Autodafé an Juden auf dem Neuen Markt ist einer der stärksten Gründe für eine Rückgabe des geraubten Eigentums und den Wiederaufbau der Häuser.


    Gerade deshalb habe ich auf die Altstadt als Lernort angesprochen, die offenbar gerade Camondo bestens brauchen könnte. Nirgend sonst als in der Altstadt verdichtet sich deutsche Geschichte auf so wenigen Quadratmetern und könnte so anschaulich dargestellt und vermittelt werden. Dies ist auch der Grund warum m.E. der Bereich um den Molkenmarkt nicht geeignet ist für weitere x-beliebigen Kettenhotels und Straßenzüge in der Breite der Spandauer Heerstraße.

  • ^^ Ansätze für neue Architektur mit interessanter Gestaltung gibt es schon, zu selten werden sie versucht. Würde man es häufiger tun, würde es das Problem deutlich entschärfen, doch etwas Altstadt braucht jede Stadt trotzdem. Wieso betreiben so viele Leute Ahnenforschung, lesen über Geschichte (hier im Thread ist diese in fast jedem Posting präsent), adoptierte Kinder suchen die leiblichen Eltern? Man braucht wohl irgendwelche Wurzeln und eine Altstadt stellt die einmaligen städtebaulichen Wurzeln der Stadt dar. Ohne sie wäre sie bloß eine Ansammlung stets gleicher Klötze mit stets denselben Ladenketten.
    So uninteressant kann die Berliner Vergangenheit nicht sein, irgendwie hat die Ortschaft zur Millionenstadt geschafft.


    Zum Thema des Gedenkens - in der Düsseldorfer Altstadt gibt es genauso Platz für unzählige Gastronomiebetriebe wie auch für die Mahn- und Gedenkstätte in einem historischen Haus - in Berlin müsste man dafür ein Haus rekonstruieren, dann könnte ich mir Ähnliches vorstellen.

  • Bester Camondo, diese zynische, moralisch überhebliche Frechheit weise ich zurück. Die Deportation der Juden aus Berlin, eben auch aus der Altstadt, ist erstmalig und systemmatisch von einem großen Befürworter des Wiederaufbaus, Dr. Goebel, in der Ausstellung "Geraubte Mitte", dokumentiert und dargestellt worden. Die Austellung war mit über 44.000 Besuchern die am besten besuchteste Austellung des Stadtmuseums seit seiner Wiedergründung nach 1945.....


    Bester Konstantin, mit genau diesem Hinweis auf diese hervorragende Ausstellung habe ich dir 2014, den Wind aus den Segeln genommen.
    Wenn Du dich erinnern möchtest, ich bin gerade zu faul hier im Archiv zu stöbern, aber ich werds Dir schwarz auf weiss zeigen. Was und wer ist nun zynisch?
    ..und nochwas, für mich machen erst die Menschen soetwas wie Urbanität und Stadt aus.
    Für dich sind es immer nur Fassaden, Mauern und der here Schein.


    Anm. Mod.: OT bitte dort weiterführen. Danke
    Bato

    2 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Wenn man in einem Architekturforum erklärt, dass Städtebau und Architetur keine Bedeutung haben und seinem Gegenüber vorwirft er wolle nur über Architektur diskutieren sind wir am Ende einer Debatte angekommen, die man damit auch beschliessen kann.


    Jedoch stellt sich noch immer die Frage was daraus zu schliessen wäre, wenn Camondo recht hätte? Was würde denn daraus folgen, wenn man sich der irrigen These anschlösse die Berliner Altstadt sei durch die Deportation einen großen Teils der Einwohner schon "zerstört" worden?


    Ist dass die Legitimation für die nachfolgenden Regime auch die intakten Reste der Altstadt abzubrechen oder zu sprengen, die Flächen, die der jüdischen Bevölkerung gehören fachgerecht zu enteignen und zu seiner eigenen Ideologie zu mißbrauchen?

    Einmal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • ^ Nachdem viele Postings nach #dev/0 wegen OT verschoben wurden, sollte man solche Fragen nur ganz vorsichtig stellen. Deportationen gab es überall in Europa, doch niemand kommt auf die Idee, deswegen verdiene man keine Altstadt - weder in Amsterdam (dort gibt es übrigens das Anne-Frank-Museum inmitten der Altstadt) noch in Düsseldorf, noch sonstwo. Der größte Teil der Altstadt wurde wohl im Krieg zerstört? Den Kahlschlag danach würde ich nicht so sehr politisieren - ähnliche gab es auch im Westen, etwa in Hannover oder Kassel. Man glaubte hier und da an autogerechte Städte, irgendwelche Wische von Athen usw. - was genauso hier wie da sich inzwischen als Irrwege herausstellte.
    Der verlinkte WP-Artikel über die Charta erwähnt übrigens, dass ab etwa 1970 im Rahmen der Korrekturen u.a. die Vitalisierung der historischen Stadtkerne angestrebt wurde - was eben hier durch die Erweiterung des Nikolaiviertels umgesetzt wird (hoffentlich).

  • Es ist ja nicht so das alle Teile der ursprünglichen mittelalterlichen Städte erhalten blieben. In der Regel blieb der prunkvolle Teil innerhalb der Stadtmauern erhalten. Ich finde dieses ständige intellektualisieren der Architektur mühsam und unerträglich.


    Natürlich haben auch Gebäude eine Aussage, sie lösen Assoziationen und Erinnerungen aus und womöglich geben Sie auch Identität.


    Wie schnell dies aber wechseln kann, sehen wir am Beispiel des Fernsehturms. Ich bin wirklich nicht besonders fasziniert von diesem Spargel, aber diese schnöde TV Gurke mit "Ball" in der Mitte, das mehr oder weniger als Aussichtsplattform dient, hat es innerhalb von 40 Jahre (oder weniger) Jahren geschafft, sich in das kollektive Bewusstsein einzugraben.


    Es wäre aus meiner Sicht hilfreich einen Städtebaulichen Pragmatismus mit höherem Anspruch an ästhetischer Harmonie zu koppeln, die sich an Jahrhunderten der Architekturgeschichte fröhlich bedienen kann.


    Das muss nicht so aussehen wie Disney-World - aber mehr Mut zur Schönheit ist durchaus drin. Und Identität und Assoziationen entstehen dann sehr rasch. 10 Jahre später darf es dann nicht mehr abgerissen werden weil man Identitätsverlust fürchtet.