Rekonstruktionen

  • Tatsächlich glaube ich, dass das Problem nicht in der Attraktivität der Gründerzeit, sondern in der Unattraktivität der Moderne liegt. Es entwickelt sich zwar allmählich wieder ein konkurrenzfähiger Baustil. Aber während im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ein flächendeckendes Verständnis für Ästhetik existierte und vielleicht an 9 von 10 Häusern (selbst Arbeiterhäuser inbegriffen!) attraktivierende Elemente integriert wurden, ist dagegen heute nach wie vor der reine Zweckbau (oder noch schlimmer: der Investment- Bau) vorherrschend. Vielleicht bei einem von 10 Häusern setzt sich dagegen eine Moderne mit ästhetischem Anspruch durch. Wenn diese ästhetische Moderne endlich wieder Stadtteile prägt (wie vielleicht bald im Grünen Weg in Ehrenfeld), dann wird auch keiner mehr nach Gründerzeit schreien.


    Ansonsten ist das Nachahmen von bewährten vergangenen Stilen an sich noch nicht schlecht. Es wird auch im obigen Verlauf der Diskussion nicht ganz deutlich, was konkret schlecht daran ist (abgesehen davon, dass es möglicherweise teuer wird).
    So würde ich es insbesondere dort begrüßen, wo Straßenzüge bereits gründerzeitliche Bauten enthalten oder sogar davon dominiert sind, aber von einzelnen oder mehreren, meistens minderwertigen Bauten durchsetzt sind. Beispiele für solche Straßen gibt es in Köln zuhauf: Im Agnesviertel die noch recht homogene Weißenburgstraße (insbesondere westlich der Neusser Straße ergänzungsbedürftig) und die Ewaldtstraße. Oder auch die Severinstraße, die mit wunderschönen Häusern am Chlodwigplatz startet und dann immer häßlicher wird. Als Straßen mit größerer Bedeutung wären auch noch der Beginn des Hansarings (angrenzend an Kaiser- Wilhelm- Ring) und der Karolngerring zu nennen. Diese Straßen schlicht in demselben Stil zu vervollständigen, wäre schon ein großer Gewinn. Andere Straßenzüge kann man dann ja gerne modern (aber anspruchsvoll) gestalten.

  • Frische Brise aus Haltern

    Die Rekonstruktion historischer Gebäude finde ich durchaus akzeptabel, solange noch genügend Originalsubstanz vorhanden ist.


    In diesem Zusammenhang wird vielleicht dieser Bericht aus Haltern bei Recklinghausen interessant, der auf diesem WAZ-Artikel beruht. Im archäologischen Park sollen längst nicht mehr existierende altrömische Bauten wiederhergestellt werden, weitgehend bei der Verwendung alter Techniken. Wenn es wegen des Tourismus gemacht werden kann, wieso sollte Köln - noch mehr von den Touristen lebend - auf ähnliche Projekte (an die Dimensionalität und Bedingungen der Metropole angepasste) verzichten?


    Zahlreiche Rekonstruktionen werden ebenfalls am Limes in Süddeutschland errichtet. Während an einigen Stellen Überlegungen möglich sind, ob vollständige Rekonstruktion gegen den Erhalt der Originalreste abzuwiegen sei, in Köln wurde in den letzten Jahrzehnten/Jahrhunderten so viel umgebaut, dass nur zwischen Römischen oder mittelalterlichen Stadtelementen und geschichtslosen Projekten gewählt werden muss.

  • ^ Der erste Teil hat unter der Leitung des ehemaligen Stadtkonservators stattgefunden, in dessen Amtszeit mal eben drei halbwegs monumentale Gebäude (im Vergleich zu Sakralbauten hat Köln genau dort Bedarf) "verloren" gegangen sind (Stadthaus, Hauptpost, Bahncasino)? Was mag der dort wohl erzählt haben..:Nieder: Solange die "Fachöffentlichkeit" unter sich bleibt ist das Resultat IMO vorhersehbar.

  • K-Restaurieren: Diese hdak-Veranstaltungen sind öffentlich und eintrittsfrei. Jedem Interessierten kann ich nur tunlichst empfehlen sich dort einzufinden und auch mal unbequeme Fragen zu stellen, damit eben mitnichten nur die "Fachöffentlichkeit" unter sich bleibt.


    Ich weiß aber nicht, inwieweit man Herrn Krings für den Abriss der von dir genannten Gebäude verantwortlich machen kann. Sowohl Stadthaus als auch Hauptpost (Bei dem Bahngebäude bin ich nicht sicher) waren nach Krieg und Wiederaufbau bis zur Unkenntlichkeit verändert worden (Bei bilderbuch-koeln.de sehr gut nachzuvollziehen), folglich waren sie aus der Sicht des Denkmalschutzes wohl nicht mehr erhaltenswert. Damit will ich auf keinen Fall die Abrisse gutheißen (geschweige denn die Nachfolgebauten). Die Frage ist halt nur, welche Argumente der Denkmalschutz in diesen Fällen hätte anbringen können.

  • Die Frage ist halt nur, welche Argumente der Denkmalschutz in diesen Fällen hätte anbringen können.


    Ich denke das ist die Gretchen-Frage! Das basierende Denkmalschutzgesetz ist ja in seinem Kern eher schwammig gehalten und spricht von einem "öffentlichen Interesse". Ich erkenne ein gesteigertes Interesse an dem histiorischen Köln (Zeitungsberichte, Bucherscheinungen, Lokalfernsehen) und die Hauptpost ist neben der "obligatorisch betrauerten" alten Oper eines der ersten Gebäude, auf das man bei Recherche stösst. Hier vermag ich bedeutende "emotionale Aspekte" zu erkennen, die für deren Erhalt gesprochen hätten. Ich finde, persönliche Meinung, dass zuviel mit Zollstock und Checkliste gearbeitet wird und zuwenig mit der Wertschätzung solch historischer baulicher Anker. Und der Stadtkonservator kann seine Rolle als Verteidiger solcher Bauten oder Vermesser nach Checklisten frei auslegen.

  • In der Kölner Innenstadt wurden in letzter Zeit einige Häuser wieder in Schuss gebracht und Saniert. Es sind zwar keine Rekonstruktionen im eigentlichen Sinne, aber bei beiden Gebäuden wurde eine eindeutige optische Verbesserung erzielt. :daumen::daumen:


    Brüsseler Straße 88 vor der Sanierung:



    Quelle: Bilderbuch-Koeln.de


    Nach der Sanierung:



    Quelle: Bild von mir!



    Bismarckstraße 24 vor der Sanierung:



    Quelle: Bilderguch-Koeln.de


    Nach der Sanierung:



    Quelle: Bild von mir!

  • Interessante Funde, die zeigen, dass mit relativ wenig Aufwand wie dem Wiederherstellen der ursprünglichen Fensteröffnungen eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Ursprungszustand erreicht werden kann. Bei dem Objekt in der Brüsseler Strasse ist bedauerlich, dass die Konsequenz bei der Wiederherstellung der ursprünglichen Optik in Souterrain und Hochparterre nicht auch in den weiter oben liegenden Geschossen angewandt wurde. Es bleibt allerdings ein sehr erfreuliches Ergebnis, welches ich bei Sanierungen von entstucktem Altbauten gerne häufiger sehen würde.
    In den gleichen Kontext wie die Funde von Rainercgn passt auch eine Sanierung in der Vogelsanger Strasse 67

  • Für die Wiederherstellung der ursprünglichen Fensteröffnungen ist natürlich Voraussetzung, das die Zimmerdecken nicht abgehängt sind, wie es ja bei der Entstuckung von Altbauten und der uglaublichen Verkleinerung der Fensteröffnungen (am besten noch mit einer praktischen Fassadenkachelung oder Eternitplattenverkleidung) einherging.


    Die Wiederherstellung der Fenster in Originalgröße kann daher in der Regel nur im Zusammenhang mit einer (Luxus-)Gesamtsanierung des Gebäudes mit den bekannten Verdrängungsprozessen erfolgen...

  • mehr Rekonstruktionen

    Ich würde den Kölnern mehr Rekonstruktionen der Vorkriegszeit empfehlen!
    Meiner Meinung nach ist die Innenstadt von Köln immernoch nicht durchdacht und prägt den 50er Stil weiter. Ein gelungener Mix aus neu und alt wäre ideal. Auch in Braunschweig werden viele im Krieg zerstörte Gebäude wiederaufgebaut, manchmal auch nur die Fassade wie beim Residenzschloss. Das ist ein guter Weg und damit Grüße aus Braunschweig!

  • Lieber Braunschweiger, die Antwort auf deinen Vorschlag kann - nimmt man dieses Forum hier ernst und begreift man es nicht als Nostalgie-Forum wie bspw. "Stadtbild Deutschland" - nur ein klares NEIN sein. NEIN - Köln braucht KEINE Rekonstruktionen der Vorkriegszeit. Köln braucht gute Architektur, die, im Falle der Altstadt, sicher auch mit historischen Bezügen und Zitaten arbeiten kann und sollte, wie es übrigens gerade bei einigen Häusern an der Ost- und Nordseite des Heumarkts der Fall ist. In diesem Zusammenhang könnten einige der Häuser gerade an der Ostseite des Alter Markt sicher mal eine neue und hochwertige Fassadengestaltung vertragen, ohne Frage. Rekonstruktionen aber würden in einer an kunsthistorischen Schätzen so reichen Stadt wie Köln doch eher grotesk wirken, als das sie etwas bringen würden. Im Falle der Shopping-Mal mit Pseudo-Stadtschlossfassade in Braunschweig dreht sich übrigens bei jedem Architekten und Kunstgeschichtler der Magen um vor soviel Geschmacklosigkeit und Zerrbild der Geschichte - Disney-Land meets Konsumgesellschaft. Das kann doch nicht dein Ernst sein, dass du das als gutes Beispiel von Stadtgestaltung und Planungen ansiehst?


    Es gibt übrigens auch ein Forum namens Stadtbild Deutschland oder so ähnlich. Das wäre für viele Leute hier m.E. der bessere Ort, um ihre Auffassung von "Architektur"(-Nostalgie) zum Ausdruck zu bringen.

  • abekoeln
    Ich bin bereits seit längerer Zeit Mitglied in diesem Forum und habe sehr viele Beiträge hier als konstruktiv, fair, durchaus offen und wenig tendenziös empfunden. Die Debatten zu Rekonstruktionen im Frankfurter Forum bieten etwa ein gutes Beispiel dafür, dass das Thema hier durchaus vertieft und fundiert diskutiert wird. Auch Anhänger von Rekonstruktionen sollten meines Erachtens nicht diskreditiert werden und dürfen sich hier äußern.


    Aus meiner Sicht können Rekonstruktionen selbstverständlich auch in Köln im Einzelfall durchaus Sinn machen und zur Verbesserung des Stadtbildes beitragen. Dies wäre im Einzelfall zu erörtern. Braunschweig muss ja nicht unser Vorbild sein.


    Ceterum censeo: Das Dom-Hotel muss sein altes Dach und die Fassadenergänzungen wieder erhalten!

  • lieber ottocgn1 - ich sehe das durchaus auch differenziert. im falle bestehender gebäude mit historischen "teilen" - wie bspw. den großen baudenkmälern (roman. kirchen etc.) - gehören teilzerstörungen, wiederaufbau, rekonstruktionen etc. ja schon fast "zum guten ton". ich finde aber, dass es an der stelle aufhört, an der gefordert wird, dass komplett verschwundene gebäude wieder errichtet werden sollen! insofern bin ich beim dach des domhotels absolut bei dir. und bei den fassaden am alter markt finde ich bspw. auch, dass diese auf ganz einfach weise der geschichte der altstadt angepasst werden könnten und auch sollten: indem sie nämlich, analog zu den fassaden in den altstadtgassen, steineinfassungen bei den fensterrahmungen in der fassade sowie sprossenfenster erhalten. das wäre eine ziemlich tolle aufwertung der bestehenden gebäude mit bezug zur geschichte des ortes, und zudem ziemlich günstig zu haben - gemeint sind einige der gebäude auf dem folgenden foto - vorbild wäre das rote apotheken-haus, ebenfalls auf dem foto.


    http://www.bilderbuch-koeln.de/Fotos/119109#20416

  • Zum Thema Rekonstruktion: Köln leidet m.M. nach eher an den vielen "Bausünden" die es in der Nachkriegszeit aufgesammelt hat. Wenn man da den einen oder anderen Bau "zurückbauen" würde, wäre schon etwas gewonnen. Was ich in Köln dagegen immer sehr schön finde sind die großen Plätze, die im Kontrast zur dichbebauten Altstadt stehen.

  • Beitrag bezieht sich hierauf (Thema: Breslauer Platz). rec


    Was soll man zu dem ganzen Areal sagen: Es kann nur besser werden. Es ist besonders in diesem Bereich von Köln alles so schmuddelig und an der Grenze zum runtergekommen sein, dass jede Veränderung eine Aufwertung darstellt. Allein wenn man sich in Köln mal flächendeckend zu einer Modernisierung von Straßenpflaster und Straßenmöblierung durchringen könnte. Und wenn die Straßenreinigung vielleicht zweimal statt einmal im Monat etwas sorgfältiger sauber machen würde, dann wäre schon einiges gewonnen.


    Es ist durchaus bedauernswert, dass sich besonders in Köln die Denkmalpflege so an die Wiederaufbaubauten der 50er und 60er Jahre klammert und so viele Chancen auf eine positive Entwicklung auch im domumfeld im Wege stehen.

  • Es ist durchaus bedauernswert, dass sich besonders in Köln die Denkmalpflege so an die Wiederaufbaubauten der 50er und 60er Jahre klammert und so viele Chancen auf eine positive Entwicklung auch im domumfeld im Wege stehen.


    Welche Gebäude der 50-er und 60-er im Domumfeld meinst du genau, die deiner Meinung nach einer positiven Entwicklung im Wege stehen?
    Worauf beruht deine These, dass die Denkmalpfleger in Köln die Nachkriegsarchitektur bevorzugt?

  • Es fängt beim Domhotel an und setzt sich im Uhrzeigersinn fort. So war z.B. eine Rekonstruktion des historischen Dachs nicht gewünscht, weil man wohl die Flachdächer als gestalterisch wertvollen teil der Wiederaufbauphase erhalten wollte. Sehr schade. Die Flachdachprovisorien findet man aber nicht nur in Domumgebung, sondern überall in Köln.


    Und scheinbar besteht seitens der Stadt auch keinerlei Ambition dies zumindest an bestehenden Bauten zu ändern, man konserviert lieber die Amputation. Ob es den Bauten zuträglich ist, bezweifle ich aber!

  • flachdach

    also wir wollen es aber auch mal nicht übertreiben mit der rekonstruktionitis. ich bin ja auch ein freund davon historisches wiederherzustellen, wo es sinn macht, sogar wenn vom original nix mehr übrig ist. aber wer sich diesen link anguckt und dann noch möchte, dass auf das domhotel das alte dach kommt,... wie würde das aussehen??? fürchterlich. es sieht so wie es ist gut aus, niemandem fehlt das dach, glaub ich. da gibts andere und wichtigere projekt für köln


    http://www.baukunst-nrw.de/bilder/full/2324_203810.jpg