Gotteshäuser in Berlin

  • Architektenkind: Es liegt wahrscheinlich an der Gewohnheit. Der Bayer ist barocke Pracht bei Kirchenbauten gewohnt, der Preuße nicht. Trotzdem sollte es in der wichtigsten katholischen Kirche Berlins und symbolisch auch ganz Deutschlands nicht so karg aussehen wie in einer protestantischen Dorfkirche.


    Baukörper: Wie im oben verlinkten PDF zur Baugeschichte der Hedwigskathedrale zu sehen ist, wurde die Laterne schon 1747 geplant, aus Geldmangel aber erst 1887 gebaut. Sie war also durchaus im Sinne Knobelsdorffs und Legeays.

  • Trotzdem sollte es in der wichtigsten katholischen Kirche Berlins und symbolisch auch ganz Deutschlands nicht so karg aussehen wie in einer protestantischen Dorfkirche.


    Mich bedrückt diese Fülle in den im süddeutschen Kulturraum stehenden Barockkirchen eher, als dass ich sie gerne anstatt moderner Innenräume hätte, aber sicher sind da auch viele fazinierende Details enthalten.


    Die Hedwigskathedrale prunkvoll auszubauen (rekonstruierter Barock wäre wohl nicht der richtige Baustil) ist heute bestimmt nicht angebracht, trostlos muss sie deshalb aber auch nicht sein und einer protestantischen Dorfkirche entspricht sie schon gar nicht. Abgesehen davon finde ich gerade schlichte protestantische Dorfkirchen sehr ansprechend. Als Protestant gehe ich ja nicht in die Kirche um mich von dem Reichtum meiner Gemeinde oder der Landekirche beeindrucken zu lassen.


    Wie im oben verlinkten PDF zur Baugeschichte der Hedwigskathedrale zu sehen ist, wurde die Laterne schon 1747 geplant, aus Geldmangel aber erst 1887 gebaut.


    Von Geldmangel steht da aber nichts und bei Wikipedia ist nur die Rede von "baulichen Schwierigkeiten", sicher auch im Zusammenhang mit der hölzern ausgeführten Kuppel. Unabhängig davon hat sie über 100 Jahre ohne Laterne da gestanden und macht in ihrer heutigen Fassung einen sehr guten wenn auch eigenwilligen Eindruck.

  • Baukörper: Die finanziellen Probleme, die im 18. Jahrhundert zur Unterbrechung der Bauarbeiten an der Hedwigskirche führten, sind bekannt und werden auch weiter unten im Wikipedia-Artikel genannt. Deshalb bitte: Erst informieren, dann diskutieren.


    Was die Gestaltung des Innenraums betrifft, ist sie mehr ein innerkatholisches als ein architektonisches Problem. Ohne das Zweite Vatikanische Konzil gäbe es keine Innenräume, die so steril gestaltet sind wie zukünftig bei der Hedwigskathedrale.


    https://www.erzbistumberlin.de…t%20Hedwig_Broschuere.pdf

  • @Architektator: Es ging doch um die Frage warum die Laterne nicht in der ersten Baupahse gebaut wurde und dazu steht nunmal nichts in beiden genannten Quellen.
    Man könnte es bei Wikipedia hineininterpretieren, aber gerade die finanziellen Schwierigkeiten bedeuten ja auch, dass die Bauherren gezielt darauf verzichtet haben können.
    Das ist halt auch ein stückweit Auslegungssache.


    Und die Kirche funktioniert ja auch ohne Laterne und hat sich in ihrer Schlichtheit gut ins Stadtbild integriert.


    Was den Innenraum angeht sind in modernen (katholischen) Kirchen die Regelungen nicht mehr so streng, und schon gar keine üppige Dekoration notwendig, wie man ja auch schon beim jetzigen Innenraum von Schwippert feststellen kann.
    Den Zusammenhang mit dem 2. Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) der 2018 einen Umbau verlangen soll (?) verstehen wohl nur eingeweihte Katholiken (vielleicht kann das jemand kurz erläutern). Möglicherweise geht es dabei auch nur darum, das Rad ein Stück zu drehen, also den jetzigen unkonventionellen Kirchenraum, wegen "lithurgischer Notwendigkeiten" umzubauen.


    Wegen mir könnte der Kirchenraum mit der Öffnung zur Unterkirche so bleiben, ist irgendwie ein Unikat.

  • Die katholische Kirche ist da ein bisschen wie der Berliner Senat, es dauert unter Umständen eben etwas länger bis Beschlüsse umgesetzt werden...
    Spass beiseite: Im Grunde sind die Kirchen des Barock und alle "vor-konziliarischen" katholischen Kirchen so konzipiert, dass die Messe im Trididentischen Ritus abgehalten wird in dem der Priester der Gemeinde den Rücken zukehrt, außerdem wird die Messe dann lateinisch gelesen und es gibt die Predigt "von der Kanzel herab".
    Nach den Beschlüssen des Konzils wollte mann diesen Ritus abschaffen: Es sollte sprachlich verständlicher werden, die Kanzelpredigt wurde abgeschafft, der Priester sollte mehr mit der Gemeinde zusammen die Messe feiern, in Gemeinschaft.
    In sofern wird das neue Konzept sehr gute Möglichkeit geben, das auch umzusetzen.
    Allerdings ist es auch so dass die Päpste seit her das Konzil unterschiedlich auslegen...unser Ratzinger wollte ja gern zum lateinischen zurück und schon rein optisch kleidete er sich vorkonziliarisch, ein Wunder dass er sich nicht im Tragstuhl gezeigt hat!
    Franziskus hingegen macht das Gegenteil...

  • Sri Ganesha Hindu Tempel

    Der Sri Ganesha Hindu Tempel e. V. ist seit 2007 dabei einen aus Spenden und ehrenamtlichen Engagement getragenen hinduistischen Tempel an der Hasenheide, im Nordosteck des Volksparks, zu realisieren. Nun schreibt die Mopo, dass der Tempel nächstes Jahr eröffnen soll. Link
    Der Rohbau soll bis zum Jahresende stehen.
    In Britz gibt es schon einen hinduistischen Tempel, der Ganeshas Bruder Murugan gewidmet ist. Link zur Website


    Und hier ist die Website des Sri Ganesha Hindu Tempel Berlin: Link

  • Künstler klagen gegen Zerstörung

    Der Streit um den Umbau der Hedwigskathedrale am Opernplatz geht laut einem Bericht der Berliner Morgenpost jetzt vors Gericht. Mehrere am Wiederaufbau beteiligte Künstler bzw. deren Nachfahren haben Klage gegen die Zerstörung des von Hans Schwippert geschaffenen Innenraums eingereicht.


    https://www.morgenpost.de/bezi…-gegen-das-Erzbistum.html

  • Inwieweit eine Klage gegen die Aufhebung des Denkmalschutzes Erfolg haben könnte, vermag ich nicht zu beurteilen.


    Eine Klage wegen Verletzung des Urheberrechtes halte ich für kritisch. Zwar verbietet das Urheberrecht die Veränderung eines künstlerisches Werkes, aber es schützt keinesfalls vor dessen Zerstörung. Im Endeffekt bräuchte die Kirche dann eben nur die Innendekoration des Wiederaufbaus restlos entfernen. Das wäre insofern schade, weil dann die Zeitschicht des Wiederaufbaus komplett getilgt würde und selbst verwendbare Teile dieser Ausstattung im Depot verschwänden.
    Man kann sich da aber sicherlich auch finanziell einigen...

  • Wie bei jeder (wenn hier auch vereinfachten) Rekonstruktion wird es Stimmen geben, die "Disneyland" beklagen und die Zerstörung eines Bauwerks kultisch bis in alle Ewigkeit festmachen wollen. So weit so bekannt.


    Bei einer Synagogen-Reko kommt jedoch noch etwas anderes hinzu: es wird gewiss von einigen mit einer Verharmlosung der Judenvernichtung argumentiert werden, wenn der Bau in altem Gewand wieder entsteht. Ein Neubau müsse also irgendwie zeigen, dass vorher eine Vernichtung stattgefunden hat, Schmerz. Diese Doktrin hinter sich zu lassen ist m.E. die große Stärke dieses Bauprojekts gegenüber zeitgenössischen Synagogen. Eine Reko transportiert für jeden ersichtlich die Message, dass Juden vor 1933 schon immer da waren, Patrioten mit repräsentativen Bauten und Sendungsbewusstsein und heutige Berliner Juden auch an die Geschichte vor 1933 anknüpfen wollen. Sich also im Grunde von der Enkel- und Urenkelgeneration der Nazi-Täter (freilich gut gemeint) nicht für alle Ewigkeit in die Rolle des Opfers gerückt zu sehen. Zumindest die halbe Hand voll Juden, die ich persönlich kenne, sehen das so. Die wollen einfach "normal" sein dürfen.


    Da Antisemitismus nun mal im Lande vorhanden ist (laut Broder gibt es zig verschiedene Arten, z.B. völkisch, islamistisch, marxistisch), finde ich ein starkes Statement wie eine Synagogen-Rekonstruktion eine sehr gute Sache. Dass dieser Bau in dieser Lage am Landwehrkanal fantastisch aussehen und dieser ohnehin schönen Gegend das i-Tüpfelchen aufsetzen wird, macht das Ganze zu einem Riesengewinn.


    Raed Saleh überzeugt dabei als uneitler, ehrlicher Mittler (…..und löst vielleicht mal Farblos-Müller ab)

  • Also ich bin auch für den Wiederaufbau, aber die Erklärung im „Tagesspiegel“ ist in schlimmster Gutmenschen-Rhetorik abgefaßt, die diesem Projekt einen Bärendienst erweisen könnte und Ausdruck der zunehmenden Instrumentalisierung und Theatralisierung der deutschen Vergangenheit ist.


    Der Bau ist zu begrüßen. Die Unterzeichner der Erklärung wollen aber bauen, um Deutschland vor einer neuen Nazi-Machtergreifung zu bewahren. Sie feiern ziemlich penetrant ihr gutes Gewissen und ihre fortschrittliche Gesinnung. Man sollte diese Erklärung ruhig mal genau lesen. Das ist wirklich schwer auszuhalten, diese infantile Gesinnungsethik.


    Wenn diese Synagoge als Zeichen „ewigen Erinnerns“ und quasi für den Kampf gegen rechts aufgebaut werden soll, entwertet sie das. Hier sieht man wieder mal schön, wie dieses sensible Thema politisch mißbraucht wird. Stichwort AfD. Der muslimische Antisemitismus wird in dem Text der „engagierten Demokratinnen und Demokraten“ mit keinem Wort erwähnt.


    Ich finde das jedenfalls eklig, wie sich hier diese Leute produzieren und unverhohlen ihr politisches Busineß betreiben. Henryk M. Broder hätte seine Freude an dieser Erklärung.


    Ich bin dafür, daß man auch bei einer Vollrekonstruktion zumindest subtil erkennen können sollte, daß das ein Wiederaufbau ist. Bei der Dresdner Frauenkirche erkennt man das unter anderem an den historischen Ziegeln, die eingebaut wurden.


    Es gibt bestimmt Möglichkeiten, diesen Bau so zu gestalten, daß er auch auf etwas Vergangenes deutet. Für mich stellt sich der Genuß an historischen Rekonstruktionen erst dadurch richtig ein, daß man erkennt, daß die Bauten eine Leistung heutiger Generationen sind. Was hat man davon, wenn man an der Synagoge vorbeiläuft und sich nichts dabei denkt und glaubt, sie hätte schon immer da gestanden?


    Also eine gewisse Unperfektheit würde den Bau aufwerten.

  • Das ist weder "ekelig" noch "produzieren" sich dort Leute!


    Das ist das Plädoyer der Fürsprecher! Wie bitte sollte es anders sein als so perönlich und eindeutig, wie es ist.


    Verglichen mit den Anstrengungen, die diejenigen unternehmen, die z.B. die Rekonstruktion des Nationaldenkmals erreichen wollten, ist das doch regelrecht eine zurückhaltende Fürsprache, angesichts der gewaltigen Verbrechen, die unter den nazis an den europäischen Juden begangen wurden.


    Eine Kritische Auseinanderseztung ist an dieser Stelle nicht zu erwarten und wäre in einem Plädoyer auch fehl am Platze!


    Mit Gutmenschentum oder falsch verstandener Political Correctness hat das nichts zu.



    Was die Gestaltung und die Erkennbarkeit der Rekonstruktion angeht, stimme ich dir aber dennoch zu.

  • Das betrifft aber nur den Innenraum, oder? Dringender notwendig wäre eine denkmalgerechte Wiederherstellung der Kuppel inkl. Laterne. Die Proportionen des Nachkriegsbaus stimmen ja hinten und vorne nicht.

  • Aber die heutigen Proportionen geben doch mMn recht gut die ursprünglichen Proportionen wieder. Ich finde, die vielen Aufbauten (inkl Laterne) aus dem 19 Jh haben die Kirche eher verhunzt. Das sah dann aus wie eine Keksdose ;)

  • ^ Ja, das Vorbild der Kirche war das Pantheon in Rom. Die nachträgliche Ausstattung mit der Dachlaterne im 19 Jhdt. halte ich für einen Stilbruch.

  • < Das kann ich so nicht gelten lassen. Hier aus meiner privaten Sammlung Berliner Archtiktektur Des 18. Jahrhunderts ein Kuperstich von Georg Ringle und Martin Engelbrecht. Er zeigt die seinerzeit nur Katholische Kirche genannte heutige Hedwigs-Kathedrale mit einer sehr schön proportionierten Kuppel und einer durchaus passenden Laterne. Links die französische Beschreibung, rechts die deutsche, die besagt: Grund und Aufriss der neuerbauten Katholischen Kirche zu Berlin.

    Der Kupferstich stammt aus der Entstehungszeit der Kathedrale also um 1750.

    Dass sie so erst im 19. Jahrhundert vollendet wurde besagt nur, dass der ursprüngliche Entwurf ebenso aussah.



    Bild von mir.


    https://abload.de/image.php?img=img_0506wukih.jpg]img_0506wukih.jpg[/url

  • ^ Danke, diese Ansicht kannte ich noch nicht. Ändert aber wenig an meiner Kritik: Ich finde, die flache Kuppel wird von der Laterne erdrückt. Zudem war die schließlich umgesetzte Version nochmal um einiges wuchtiger und hatte - anders als der Entwurf - als Abschluss ein sehr schweres, großes Kreuz. Too much, für meinen Geschmack.