Senckenberg Gesellschaft baut um und erweitert (seit 2014)

  • Hier ist das Landesamt für Denkmalpflege Hessen tätig. Herr Wionski ist dort der "Hauptkonservator".


    Ich verstehe nicht, warum aus dem Ensemble um jeden Preis eine dermaßen hohe Ausnutzung herausgepresst werden muss. Der Flächenzuwachs für die Senckenberg-Gesellschaft wäre doch auch bei einer konservativen Sanierung enorm. Baulich hat das Folgen, wie man sie hauptsächlich in den oben genannten Dekaden bei historischen Bauten gesehen hat, wenn sie für Banken und Versicherungen umgebaut wurden.


    Selbst ein der Gefühlsduselei völlig unverdächtiges Unternehmen wie die Messe Frankfurt hat begriffen, dass wiederhergestellte historische Bauten einen Wert an sich darstellen. Die aus Sicht der Messe wertsteigernde und mit eigenen Mitteln finanzierte Wiederherstellung der Rotunde, der Ecktürme und weiteren Details der Festhalle vor einigen Jahren kann als vorbildlich gelten. Ein paar hundert Meter weiter soll nun einem historischen Gebäudeensemble der Rest gegeben werden - ohne Not und bezahlt mit öffentlichen Mitteln. Der Bund und das Land Hessen geben alleine für die hier gegenständliche erste Phase des Projekts fast 117 Millionen Euro (Q). Im Hinblick auf das Baudenkmal womöglich schlicht zu viel Geld (wie bei Banken und Versicherungen damals auch).

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass das tatsächlich so gewollt ist und dass es auch so ausgeführt werden wird. Wenn doch, würden mich Proteste nicht wundern. Ich halte das für einen schlechten Witz.
    Es muss doch sowohl in der Stiftung als auch bei der Stadt jemand Entscheidendes von Sinnen sein, da ein deutliches Fragezeichen dran zu setzen...

  • Mir ist erstmal völlig rätselhaft, wie man das Büro von Peter Kulka mit dieser Aufgabe betrauen kann. Jedes Projekt in der Vergangenheit, wo dieses Büro, hier kann man allerdings durchaus vom Architekten selbst reden, mit historischer Bausubstanz zu tun hatte, war ein feuchter Traum für Denkmalpfleger – also ein ästhethisches Desaster für das gemeine, ungebildete Volk. Aktuell darf es ja das Potsdamer Stadtschloss nach eigenem Gutdünken bewusst verhunzt wieder aufbauen. Dies dürfte auch Beifall bei Denkmalpflegern in der ganzen Republik finden, die ja stets auf der Suche nach Musterbeispielen für die Wertlosigkeit der Rekonstruktion sind.


    Insofern verwundert es natürlich nicht, dass das Projekt bei einem Herrn Wionski, dessen denkmalpflegerische Prägung aus dem selben Jahrzehnt stammt, wie die architektonische Schulung des Herrn Kulka, nämlich den 1960er Jahren, also rund 25 Jahre, bevor man in beiden Professionen anfing, Bauten des Historismus irgendeinen Wert beizumessen, ebenfalls Anklang findet. Nur dies mal als selbstverständlich rein mutmaßende These zu etwaigen Hintergründen.


    Allerdings sind Denkmalschützer keine Entscheidungsträger. In diesem Fall zum Glück. Für mich stellt sich also eher die Frage, wer diese sind – müsste es nicht die Stadtverordnetenversammlung sein?

  • Abscheulich! Grauenvoll! Eine bodenlose Frechheit!
    Auch auf die Gefahr hin übermäßig pathetisch zu klingen: Mich, als gebürtigen und stolzen Frankfurter, packt das kalte Wutkotzen wenn ich seh wie diese [ZENSIERT] von Architekten und sogenannten "Denkmalschützern", welche mit Sicherheit NICHT aus unserer Stadt stammen, unser großes und ehrenwertes Senckenbergmuseum vergewaltigen wollen. Ich werde jede Bürgerinitiative die diese geradezu obszöne Beleidigung unser Stadt verhindern will bedingungs unterstützen!

  • Einfach nur katastrophal. Aber das zeigt wieder mal die Einstellung der Denkmalschützer, die eine Bewertung der Frage, ob etwas erhaltenswert ist, unter ideologischen Gesichtspunkten vornehmen. Leider fehlt es hier völlig an einer Konzeption oder wenigstens Führung durch die Stadt. In diesem Zusammenhang passt dann auch dieser Artikel, auch wenn er ein ganz anderes Projekt betrifft http://www.faz.net/aktuell/rhe…-wie-schilf-12597285.html

  • Die städtische Verwaltung wird eine Baugenehmigung erteilen müssen, denn alles wird den Vorschriften und Normen entsprechen, Barrierefreiheit und donnerstags Veggieday inklusive. Aber ich wüsste nicht, was die Stadtpolitik mit diesem Projekt zu tun haben sollte, schon gar nicht, weswegen ihr "Konzeption oder wenigstens Führung" zukommen könnte. An der Verwaltung der Dr. Senckenbergischen Stiftung ist sie meines Wissens nicht beteiligt.

  • Andere Visualisierung

    Was bei den gezeigten Visualisierungen besonders bitter aufstößt, ist die Dachgestaltung. Wieso erscheinen die (Sattel-) Dächer so hell, fast weiß? Außer beim Hauptgebäude stellt sich die erschütternde Frage, ob das vielleicht sogar Sichtbeton werden soll. Vielleicht wird hier ein neuer Architekturstil geboren, der sogenannte "Bunkerlook".


    Zu meiner eigenen Verunsicherung bin ich dann noch auf auf eine Senckenberg-Internetseite vom 29.06.2012 gestoßen, auf der ebenfalls von den Umbaumaßnahmen berichtet wird, zu sehen ist allerdings eine ganz andere Visualisierung der Planung. Der gezeigte Entwurf geht behutsam mit der Bestandsbebauung um, lässt sie fast unverändert.


    Es bleibt zu hoffen, dass die FAZ die falschen Computergrafiken für ihren Artikel ausgewählt hat und dass es sich hierbei nur um einen misslungenen Vorentwurf handelt. Aber meine Hoffung ist gering.

  • Das Schlimmste ist ja noch nicht mal der Entwurf an sich. Irgendwo am Stadtrand kann der gute Herr Kulka gerne seine 60er-Jahre-Bauklötzchen hinsetzen, das soll mir egal sein.
    Aber das Schlimmste an dieser Planung ist doch, dass man das enorme Potential, dass diese drei Gebäude - Alte Physik, Senckenbergmuseum und Jügelhaus - bieten, NICHT nutzt. Gerade mit den verbindenden Arkadengängen könnte es eines der schönsten Ensembles in ganz Frankfurt werden, wenn man die historische Dachlandschaft vollständig wiederherstellt, die historischen Fassaden ergänzt, die modernen Anbauten beseitigt und sie ggf. durch dezentere ersetzt.
    Denn eines muss klar sein: Mit einem äußerlich wiederhergestellten historischen Erscheinungsbild könnte das neue, erweiterte Senckenbergmuseum das bedeutendste naturhistorische Museum in ganz Europa werden. Und diese Chance lässt man sich durch die Kulkasche Verunstaltung entgehen! Es ist wirklich nicht fassen.

  • Beggi, das Museumsgebäude ist auf den Visualisierungen wohl deswegen nicht verändert, weil es nicht zur ersten Umbauphase und damit nicht zum aktuellen Auftrag von Kulka gehört. Der "Masterplan I" umfasst das Jügelhaus und die Alte Physik. Das Rendering zur Pressemitteilung von Juni 2012 gibt m. E. den Istzustand wieder. Zu dieser Zeit dürfte Kulkas Planung noch längst nicht abgeschlossen gewesen sein, womöglich hatte sie noch nicht einmal begonnen. Und die Visualisierungen aus #241 waren nicht nur gestern in der FAZ, sondern sind aktuell auch auf Kulkas Website zu finden.


    Der gestrige Zeitungsartikel enthält noch weitere, bisher unerwähnte Grausamkeiten: So beabsichtigt Kulka auch Veränderungen der Alten Aula des Jügelhauses (Foto|Foto). Laut FAZ konzentriert sich die Denkmalpflege darauf, ein gutes Dutzend Räume zu erhalten (heißt im Umkehrschluss: alle anderen dürfen verpfuscht werden). Die Fassaden der Gebäude sollen aber möglichst erhalten bleiben (heißt: Entkernung, zumindest teilweise). Des weiteren soll eine gläserne Brücke durch das Museumsgebäude geführt werden, um dieses mit Alter Physik und Jügelhaus zu verbinden. Schließlich sollen fensterlose Räume für die Sammlungen neu gebaut werden.


    Offenbar ist es so: Bund und Land wünschen sich ein leistungsfähiges Forschungsinstitut. Das lassen sie sich etwas kosten, in Details mischen sie sich nicht ein. Die Senckenberg-Gesellschaft wünscht sich möglichst ausgedehnte Flächen für alle ihre Aufgaben, konzentriert auf einen Standort und funktionell auf Höhe der Zeit. Dummerweise wurde ein für diese Anforderungen ziemlich untauglicher historischer Baukomplex ausgewählt. Bezüglich der Gestaltung des Umbaus, ohnehin eine eher untergeordnete Rolle spielend, vertraut man auf den erfahrenen Architekten. Der Architekt, Jahrgang 1937, tut das aus seiner Sicht Richtige: Er erfüllt mit dem üppigen Budget die Wünsche seines Auftragsgebers, in der Umsetzung bleibt er sich treu. Die Stadt bleibt weitgehend außen vor. Bleibt als Korrektiv die Denkmalpflege. Leider versagt diese auf ganzer Linie, indem sie sich mit sehr wenig zufrieden gibt, und den Architekten ansonsten gewähren lässt.

  • Ab Februar sollen Fakten geschaffen werden. Eine aktuelle Auftragsbekanntmachung enthält die "Rückbau"- und Schadstoffsanierungsarbeiten für das Uni-Hauptgebäude. Damit dürfte lt. Adressangaben das oben disktutierte Jügelhaus und die Alte Physik gemeint sein.


    Entfernt werden bspw. 1.500 m³ Mauerwerk und 3.600 m³ Gipskartonwände. Das ist eine ganze Menge. Dazu natürlich die Deckenbekleidungen, Böden, 6 Aufzüge, Innentüren (1.000 Stück), Sanitäranlagen und alles andere, was nicht niet- und nagelfest ist.


    Bis November 2014 soll die Aktion abgeschlossen und die Gebäude damit kaum noch Schatten ihrer selbst sein.

  • ^ So, und was machen wir jetzt? Ich habe zwei Jahre in diesem Gebäude gearbeitet und mir tut es in der Seele weh, wenn ich sehe, was für ein Mist hier verpfuscht werden soll. An welcher Stelle können wir hier wie aktiv werden? Es gibt schließlich für den Kulturcampus Bockenheim Bürgerforen und Mitsprachemöglichkeiten, davon muss man hier Gebrauch machen. Wem kann ich bitte meine Empörung zuteil werden lassen?

  • Gute Idee, Miguel. Leserbriefe an FAZ, FNP und FR bringen nach den Erfahrungen in der Dom-Römer-Diskussion erstaunlich viel und werden auch von Politikern gelesen. Wider Erwarten werden diese auch überwiegend veröffentlicht bzw. die Zeitungen freuen sogar über kritische Meinungen, denn im passiven Hinnehmen irgendwelcher Mißstände sind wir Deutschen ja Weltmeister, zumindest, bis man Angie das Handy abhört.


    Frankfurter Allgemeine Zeitung: leserbriefe@faz.de


    Frankfurter Neue Presse: leserbriefe@fnp.de


    Frankfurter Rundschau: leserbrief@fr-online.de


    Traditionell bzw. aufgrund der politischen Orientierung sind die Chancen, bei FAZ und FNP zu Architekturthemen Gehör zu finden, geringfügig höher als bei der FR, wobei man der Ehrlichkeit halber sagen muss, dass ich dort auch schon oft veröffentlicht worden bin.

    Einmal editiert, zuletzt von RMA ()

  • Die Vorhaben der Senckenberg Gesellschaft gingen im Thread zum Kulturcampus etwas unter. Ich habe die betreffenden Beiträge daher in einen eigenen Strang ausgelagert.


    Um auch noch etwas Konstruktives beizutragen und die Diskussion zum Umbauprojekt eventuell wieder anzufeuern, aus dem Pressebereich der Senckenberg Gesellschaft eine Postkarte aus dem Jahr 1917. Denn gerade wird die große Chance vergeigt, die je nach Bauteil mehr oder weniger verhunzten Gebäude wieder ihrer bauzeitlichen Gestalt anzunähern. Anklicken zum Vergrößern:



    Bild: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung


    Zum Vergleichen die aktuelle Umbau-Planung des Architekten Peter Kulka in höherer Auflösung als oben in #14. Es geht bekanntlich um die Bauteile links und rechts im Bild, um den Physikalischen Verein und das Jügelhaus, das Hauptgebäude des Museums wird vom "Masterplan I" nicht umfasst.



    Visualisierung: Peter Kulka Architektur

  • Alleine die Wiederherstellung der Dächer würde eine ernorme Verbesserung darstellen.
    Ich verstehe nicht, warum das in Frankfurt nie ein Thema ist.


    Liegt das an der Statik oder sind die Kosten so groß?
    Selbst wenn, mit Spenden wäre das in Frankfurt locker zu finanzieren.


    Es wird auch keinen Wert auf Details gelegt. So war die Sternwarte oben verklinkert. Für mich unverständlich.

  • Wahrscheinlich eine verrückte Idee, aber vielleicht sollte man einen Brandbrief an die Frau Heraeus schreiben, die im Präsidium der Senckenberg Stiftung sitzt. Sie ist Familienmitglied einer der reichsten Familien Deutschlands, die u.U. ein offenes Ohr dafür hat, dass man bei diesem Umbau nicht nur auf die Kosten achten sollte und hier eine einmalige Chance für die Stadt Frankfurt auf lange Sicht verbaut wird.

  • Das ist schon der zweite Bericht der Frankfurter Allgemeinen zu diesem Thema innerhalb einer Woche. Am 23. Januar ist bereits dieser Artikel erschienen (mit lesenswerter Lesermeinung "Was für eine Barbarei").


    Wer immer noch glaubt, so schlimm werde es doch nicht kommen, der kann in der FAZ unter anderem nachlesen, dass statt Gauben und Schiefer wie bisher eine Dacheindeckung mit Aluminiumpaneelen geplant ist. Auch eine verglaste Lichtfuge soll es an den Dachkanten geben (was einen Dachüberstand ausschließt).


    Zynisch, dass dieses Desaster ausgerechnet im hundertsten Jahr nach der Eröffnung der Stiftungsuniversität seinen Lauf nehmen soll. Vermutlich nur noch die Frankfurter Bürger können verhindern, dass die historischen Gebäude ihrer Goethe-Universität zerschunden und in nicht geringen Teilen zerstört werden. Man kann nur hoffen, dass solcher Widerstand nicht zu spät kommt.

  • Die Argumente, die Wionski und der Pressesprecher, der anscheinend das Pech hatte, von seinen Eltern keinen Namen zu erhalten, vorbringen, sind ja wohl mal gelinde gesagt für das Gesäß. Wenigstens ist letzterer ja noch so ehrlich mit „Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ das Ganze auf das zu reduzieren, was es es ist, nämlich der schlechte Geschmack der Beteiligten, das Geschwurbel von Wionski dagegen ist kaum erträglich. Man muss es sich echt auf der Zunge zergehen lassen, der *Landesdenkmalpfleger* segnet ein Projekt ab, bei dem ein schon verhunztes Bauwerk weiter verhunzt wird.


    Am genialsten aber der Satz „Weil wir den Bestand in seiner zeitlichen Entwicklung respektiert haben“ – dem Mann ist schon klar, dass er damit seine Profession komplett in Abrede stellt? Mit dem Totschlagargument kann man jeglichen Denkmalschutzstatus eines jeden noch so wertvollen Gebäudes aushebeln, ist dann ja einfach eine „zeitliche Entwicklung“, dass wieder mal irgendwas weggerissen und durch ein Betonungetüm ersetzt wird. Herr, wirf Hirn vom Himmel...

  • Bei so inhaltsleeren Phrasen wie, dass die Loesung mit Aluminiumpaneelen und Glasfuge “konsequenter darzustellen” sei, bekomme ich schlechte Laune. Was heisst denn ueberhaupt “konsequenter darzustellen”? Auch, dass die moderne Dachlandschaft die „unterschiedlichen Zeitschichten sichtbar machen“ solle, entstammt wahrscheinlich irgendeinem Bullshitbingo (fehlt nur noch ‚erlebbar‘). Fast noch besser ist aber die Aussage von Michael Kummer, Leiter der Bauaufsicht, „es ist eine anerkannte Methode, das neu Hinzukommende selbstbewusst im Zeitgeist zu zeigen“. So etwas hat man sich wahrscheinlich damals beim Bau des Technischen Rathauses auch anhoeren muessen. Das offensichtliche Desinteresse in der Kommunalpolitik ist ob der Bedeutung dieses Projekts ebenfalls unverstaendlich. Allein Wolfgang Siefert wagt sich aus der Deckung und spricht von einer bescheidenen Loesung.


    Hoffentlich hebt man sich etwas Sprengstoff aus der Nachbarschaft auf. Dann kann man in ein paar Jahren die Blechhaube da hinschiessen wo sie hingehoert: auf den Mond.

  • Ich hab es bisher immer für die Aufgabe des Denkmalschutzes gehalten, bei unter seinem "Schutz" stehenden Gebäuden das "neu Hinzukommende" so unaufdringlich wie möglich zu gestalten. So kann man sich offenbar täuschen.