NS-Dokumentationszentrum [fertiggestellt 2015]

  • Einerseits freue ich mich, dass es 70 Jahre nach Kriegsende in München endlich eine öffentliche Einrichtung gibt, die sich mit der Frage beschäftigt, wie unsere Stadt zur Keimzelle des Nationalsozialismus werden konnte. Andererseits stimmt es mich traurig, dass das neu errichtete Gebäude an Hässlichkeit kaum zu überbieten ist und die historische Sichtachse von den Propyläen bis zum Obelisken zerstört hat. Daher hätte man das Dokumentationszentrum besser entweder im benachbarten "Führerbau" oder in einem rekonstruierten Palais Barlow unterbringen sollen:


    Bis man sich in München auf eine Rekonstruktion hätte einigen können, wären wahrscheinlich noch weitere 30 Jahre vergangen. Schön ist das Gebäude zwar nicht, aber ich bin froh, dass es endlich überhaupt so ein Gebäude gibt.


    Wisst ihr ob man auch in diesem Museum am Sonntag für einen Euro auf Erkundungsreise gehen kann?
    Um möglichst viele Menschen zu erreichen, darf, meiner Meinung nach, "Erinnern" nicht viel kosten.

  • Naja den Bau in Berlin als gelungen zu bezeichnen ist schon etwas gewagt.


    Es ist ein banaler Profanbau ohne gestalterische Ambition und wurde aus Verzweiflung geboren, weil der überragende Entwurf von Peter Zumthor zu teuer und wieder abgerissen wurde und um das Desaster zu kitten wurde eben dann dieser Kasten hingestellt.

  • Der Münchner Dokumentationsbau ist nicht wirklich schön, allerdings kommt bei ihm am ehesten ein beklemmendes Gefühl auf, der Bezug zur NS-Zeit wird noch am deutlichsten herausgestellt.


    Dagegen lassen die von Endokin verlinkten Bauten überhaupt nicht erahnen, dass es hier um ein "Mahnmal" geht. Unser Bau mag aussehen wie ein Designer-Stadtwerkebau, der Bau in Berchtesgaden schaut dagegen aus wie ein Bio-Museum und der in Berlin wie eine Mehrzweckhalle wie sie überall in Deutschland stehen.


    So richtig überzeugen kann kein Gebäude.


    Die Frage ist, muss ein NS-Dokumentationsbau schön sein? Sich gut in die Umgebung integrieren? Oder soll er unangenehm auffallen, stören? Soll er innovative, gewagte Architektur beweisen oder sich eher im Hintergrund halten?

  • Die Frage ist, muss ein NS-Dokumentationsbau schön sein?


    Ich denke nicht, das der Bau eines NS Dokumentationszentrums in irgend einer Weise Modern Zeitgemäß oder sonstwie einen Architektonischen Wert haben muss, das ist doch eine unter geordnete Sache. Es kommt darauf an wie es im inneren aussieht und wie die Exponate präsentiert sind oder das gesamte Konzept die Besucher anspricht. Es ist enorm wichtig die Ausstellungen, bzw. das ganze Dokumentarische Material das zur Verfügung da ist möglichst gut zu vermitteln. Dann können alle die Besucher wichtiges Material für die Zukunft mit nehmen.


    Für mich als Ulmer ist sicher gut reden, da wir mit dem ehemalige KZ am Oberen Kuhberg uns über die Architektur der Info Center keine Gedanken machen müssen. Wir konnten das ehemalige zur Dokumentation nutzen, was sicher sehr viel bringt.


    Zur Info, Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg in Ulm.


    Unter den ca. 80 Doku-zentren das einzige in Süddeutschland dessen Gebäude und Gelände unverändert erhalten und zugänglich ist.


    Es ist ein Teil der ehemaligen Bundesfestung Ulm.
    http://www.dzokulm.telebus.de/

  • An einem Standort wie dem Königsplatz, der mit den Propyläen, der Glyptothek, der Staatlichen Antikensammlung, der Hochschule für Musik und Theater (sog. Führerbau), dem Haus der Kulturinstitute (sog. Verwaltungsbau) etc. durch zahlreiche historische Baudenkmäler geprägt wird, hat ein neu zu errichtendes Gebäude zwei Aufgaben zu erfüllen: Es muss erstens genügend Raum für die geplante Nutzung bieten und sich zweitens harmonisch in die vorhandene Umgebung einfügen. Letzteres ist leider weder beim völlig misslungenen Erweiterungsbau des Lenbachhauses in Gestalt einer Blechkiste der Fall, noch beim Neubau des NS-Dokumentationszentrums in Gestalt eines Betonkubus, der in seiner Höhe nicht nur die Nachbarhäuser überragt, sondern auch die städtebaulich bedeutende Sichtachse zum Obelisken am Karolinenplatz beeinträchtigt.

  • Den Erweiterungsbau des Lenbachhauses finde ich dagegen genial. Im Prinzip kann sich nämlich kein Gebäude perfekt der Umgebung am Königsplatz einfügen, dafür sind der italienische und antike Stil zu verschieden. Dafür ist die goldene Schachtel wunderbar gelungen. Ganz im Gegenteil zum NS-Bau.

  • Kommt ja wohl auf den Inhalt an. Die Berliner Örtlichkeit ist total angemessen. Die Würfelform mit dem beklemmenden Wachzaunartigen äusseren, den verschiedenen Ebenen, dem kargen Vorplatz der an einen Ort des Unheils erinnert, und eben dem Inhalt. Das kam auf mich sehr überzeugend rüber.
    http://www.google.de/imgres?im…0&ndsp=31&ved=0CFQQrQMwCg


    Genau wie der Tiefbunker in Berchtesgaden. Einzigartig.


    Jetzt warte ich mal und schaue mir das innere des Münchner Baus an, dann gibts dazu auch eine Meinung. Aber das Gebäude wirkt auf mich null beklemmend oder einschüchternd. Weder löst es auch nur einen Assoziation an den NS aus. Kompletter Fail!



    PS. Natürlich war der Zumthor Entwurf nahe eine Sensation. Aber man kann nicht immer alles haben.

  • Hier ein video Beitrag zum neuen Doku Zentrum.


    Es war laut dem Bericht, Absicht die Sichtachse in ihrer Einzigartigkeit durch den Bau zu "zerstören". Unfassbar!


    Dabei bewirkt der Bau bei mir nichts ausser Kopfschütteln über die Arroganz mancher Entscheider.


    Mia .Solch ein Bau muss auch nicht schön sein. Aber muss iwie ansprechen, bzw. bewegen oder zum nachdenken eben über die NS Zeit anregen. Aber da failed er grandios.



    Hier der Beitrag der ARD/BR
    http://www.ardmediathek.de/tv/…27957592&bcastId=14912660

  • Ich war am Donnerstag in dem Gebäude. Ausstellung und Gebäude sind gut umgesetzt, man kann sowohl von oben nach unten, aber auch rückwärts in der Geschichte von unten nach oben gehen. Der Nationalsozialismus ist von seinen Anfängen, dem Bedeutungsgewinn bis zur vollständigen Entdemokratisierung, über Holocaust, Weltkrieg, Verdrängung, Verarbeitung und Wiederaufkleimungstendenzen bis zum heutigen Tage deutlich, nicht belehrend und sehr übersichtlich dokumentiert. Durch Ausblicke aus den Räumen auf die Umgebung des Königsplatzes kombinert mit Fotos und Filmen sind die Ereignisse des Nationalsozialismus inmitten Münchens sehr direkt und unmittelbar nachzuvollziehen. Auch die Außenwirkung des Gebäudes und die Gestaltung des Vorplatzes sind aussagekräftig und gelungen. In die Umgebung des Königsplatzes, die jahrzehntelang voller Fragezeichen war, ist ein Ausrufezeichen gesetzt worden. Nach dem ersten Besuch der Dokumentation geht man mit einem anderen Bewusstsein als zuvor über den Königsplatz und durch die Straßen der Stadt.

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  • Zwar habe ich das NS-Dokumentationszentrum seit seiner Eröffnung noch nicht selbst in Augenschein genommen, aber je mehr Fotos ich sehe, desto besser gefällt es mir irgendwie, obwohl ich es die ganze Zeit als hässlichen Klotz kritisiert hatte. Ich finde, bei dieser Funkion des Gebäudes ist es sinnvoll, dass es aus dem Rest hervorsticht. Und in seinem Inneren eröffnen sich scheinbar doch nette Raumsituationen.


    Was meinen denn die anderen hier?

  • Voller Erfolg?

    60.000 Besucher in den ersten vier Wochen, ausverkaufte Führungen bis August. Das NS-Dokuzentrum zieht eine erste Bilanz:


    http://www.sueddeutsche.de/mue…-ns-dokuzentrum-1.2506708


    Ich persönlich bin begeistert. Um sich eine Meinung bilden zu können sollte man unbedingt einmal vor Ort gewesen sein und sich die m.M.n. wirklich gelungene Ausstellung ansehen. Der Bau wirkt doch sehr souverän und stimmig.


    Der Thread-Titel könnte in "fertig" geändert werden.

  • Der Autor erwähnt, wie ähnlich es dem "Skygarden" des Arnulfparks doch ist. Wer will kann sich daran stören, aber welches Gebäude ähnelt nicht irgendeinem Anderen?


    So ein NS-Gedenkzentrum zu gestalten dürfte wohl eines der schwierigsten Unterfangen sein, die ein Architekt in Deutschland haben kann, zu sensibel ist das Thema immer noch. Daher gehen die Meinungen wohl auch so grundlegend auseinander. Vor Ort kann man viel Begeisterung für das Gebäude erleben, genauso wie totale Ablehnung gegen die architektonische Strenge.


    Die Frage ist: wie gestaltet man einen NS-Erinnerungsort? Was für Aspekte müssen unbedingt berücksichtigt werden? Sollte man provozieren, sich zurückhalten oder versuchen einfach alles ganz anders zu machen als damals und überhaupt keinen Bezug herzustellen? Da das nur jeder für sich selbst beantworten kann, halte ich solche Forderungen wie in dem Artikel für respektlos und überflüssig. Auch ggü. den Zeitzeugen, Opfern und anderen in irgendeiner Weise betroffenen Menschen, die an dem Gebäude nicht nur Gefallen gefunden haben, sondern auch endlich einen würdigen Ort zum Verarbeiten.

  • Absolut. Ich habe erst letzte Woche einen Freund aus Berlin hier gehabt, ein Student der Kunst, dem habe ich eine kleine Stadtrundfahrt geleistet. Er war auch recht angetan von einigen Ecken, aber er kannte M eh. Aber dann kam das unvermeidbare ...der Anfahrt auf das NS Dokuzentrum.


    Ich hatte ihn vorgewarnt, das es "nicht so" geworden ist...aber seine Reaktion war einfach ohne Worte ..."Ach Du S*".


    Wir sind danach ausgestiegen und die Sprachlosigkeit wandelte sich herbe Lacher über die Münchner Provinzialität. War dann schon fast zu viel des guten.


    Im Ernst wer das genehmigt hat, gehört verklagt.

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  • sRy Mia aber es ist mehr als absurd die Opfer und die Zeitzeugen iwie in eine Verbindung zum Schrottbau dieses Zentrums zu bringen. Eine Art Totschlagargument, dass allerdings null greift.


    Und ein Dokumentationszentrum zu erbauen, die es in Berlin Nürnberg, AA, Köln, Dresden, Düsseldorf und sonst wo gibt, ist weiss Gott keine Unmöglichkeit.

  • Man hätte an dieser Stelle auch einfach das klassizistische Palais Barlow, das 1828 nach Plänen von Jean Baptiste Métivier errichtet und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, wiederaufbauen und als NS-Dokumentationszentrum nutzen können:



    Quelle: Bildarchiv Foto Marburg