Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Ein aktueller Artikel zu großen Kulturprojekten des Bundes in Berlin: https://www.tagesspiegel.de/ku…-im-schloss/24431900.html
    Ursprünglich einmal sollte demnach das Haus zum 250. Geburtstag Alexander von Humboldts am 14. September eröffnen. Daraus werde jedoch nur ein Baustellenfest, wohl mit nächtlicher Party zum Reinfeiern.
    Fazit zum Humboldt Forum:
    Die Idee mit dem Humboldt-Jubiläumsjahr sei schön, aber lieber "mit Aplomb" im Sommer 2020 als in leeren Räumen am 30. November 2019 eröffnen..

  • Bahnt Humboldtforum den Weg für diverse Gratisangebote?

    Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Die Zwei sind in dem Fall Lederer und Grütters und der Dritte sind museumsbegeisterte Berliner und Berlinbesucher.


    Zunächst einmal noch ein kleines Update zum Streit, auch weil es irgendwo fast schon wieder Unterhaltungswert bietet:
    -Herr Lederer behauptet, der freie Eintritt sei noch vor seinem Amtsantritt (wie dreist!) und dazu ohne vorherige Absprachen mit den Berliner Kooperationspartnern festgelegt und öffentlich kommuniziert worden. Er habe dann dennoch erwogen, als Land Berlin mitzuziehen. Allerdings ließe sich das nur "auf Kosten zentraler kulturpolitischer Vorhaben des Landes Berlin" realisieren und dazu sei man natürlich nicht bereit. Kurios finde ich dabei vor allem die Randbemerkung, dass der Bund der Stadt im Gegenzug bei den Betriebskosten für das Humboldtforum entgegen kommen habe wollen, das nachträglich jedoch zurückgezogen habe.
    -Bei Frau Grütters klingt das alles nämlich komplett anders. Demnach sei das kostenlose Eintrittsmodell sehr wohl mit dem damaligen Kulturstaatssekretär Tim Renner sowie dem Regierenden Bürgermeister Müller "vorbesprochen" worden (ob Herr Müller sich dazu wohl öffentlich äußern wird?). Zudem komme der Bund der Stadt faktisch erheblich bei dem Unterhalt für das Humboldtforum entgegen und zwar dauerhaft im Umfang von 2,6 Mio jährlich. Berlin hatte hingegen für die 3 kostenlosen Jahre lediglich mit je 1,5 Mio Umsatzausfall kalkuliert. Selbst bei kostenloser Berlinausstellung hätte Berlin in dem Zeitraum gegenüber dem eigentlichen Kostenanteil jährlich gut eine Million eingespart. Überhaupt trage der Bund bereits 750 Millionen Euro jährlich zur Berliner Kulturlandschaft bei. Daher seien die Argumente und Vorwürfe von Herrn Lederer irritierend.


    Kurz gesagt: Einer von den beiden lügt oder verdreht zumindest gehörig die Fakten. Und beide Seiten kommunizieren inzwischen offenbar primär über die Medien. Die profitieren also nebenbei auch durch kurzweilige Stories für das Sommerloch.


    Am meisten jedoch profitieren eindeutig die Berliner Museumsgäste. Auch wenn die Morgenpost den direkten Zusammenhang zum Humboldtforum zunächst einfach unterstellt, halte ich diese Deutung zumindest für plausibel. Der Deutungs- und Gestaltungskonflikt zwischen den Parteien umfasst nämlich offenbar auch zahlreiche weitere Museen:
    -Lederer hat jetzt angedeutet, dass Berlin einen Sonntag pro Monat zum kostenlosen Museumstag aller städtischen Häuser machen wird.
    -Grütters erwidert, dass der Bund da im Falle einer tatsächlichen Realisierung des Versprechens gerne mitmachen und am gleichen Strang ziehen wird - und das sogar ohne die Ausfälle (wohl auch rund 1,5 Mio) dem Land Berlin als Initiator in Rechnung zu stellen. Man werde aber sogar noch weiter gehen und die Daueraustellungen in historisch wichtigen Häusern wie dem Deutschen Historischen Museum und dem Jüdischen Museum dauerhaft kostenlos anbieten. Andere wichtige Gedenkorte wie der Tränenpalast oder die Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße seien bereits kostenlos. Es sei gerade auch im Kontext zunehmender sozialer Verwerfungen der richtige Weg, wichtige Kulturangebote und speziell den Zugang zur eigenen Geschichte möglichst attraktiv für alle zu machen.
    Quelle morgenpost.de


    Fazit: Unabhängig von den tatsächlichen Zusammenhängen bietet Berlin wohl bald den Luxus einer noch umfassenderen und dazu noch zugänglicheren Kulturlandschaft. Ich nehme an, dass sich die Stadt damit gerade touristisch noch stärker positionieren kann und auch die Besucherzahlen in den Museen selbst noch deutlich ansteigen könnten.

  • Das ist ein beschämendes Polittheater ersten Ranges. Vor zwei Tagen hatte ich mich deswegen dagegen entschieden, diesen Artikel hier zu verlinken.


    Immerhin erkennt die Morgenpost, dass es sich um eine "Retourkutsche" handelt, was eigentlich schon alles beschreibt.


    Meiner Ansicht nach gibt es für das ganze Theater überhaupt keine Grundlage. Alles was da beschrieben wird, ist noch gar nicht beschlossen und es dreht sich hauptsächlich um ein noch gar nicht eröffnetes Museum.


    Es gibt für mich auch keinen Grund freien Eintritt für Touristen zu gewähren.

  • Es wird auch völlig unterschlagen, dass die Berliner Stadtmuseen ja schon einen freien Tag im Monat haben: den ersten Mittwoch im Monat.

  • Anhand dieses Polittheaters kann man erkennen, wie groß die Leistung von Herrn von Boddien ist. Das Stadtschloss in seinem äußeren Erscheinungsbild wieder aufzubauen, ist eine schwierige und komplexe Aufgabe. Im Vergleich dazu ist es eine sehr leichte Aufgabe, Eintrittspreise festzulegen.


    Der Förderverein um Herrn von Boddien hat es geschafft, die schwierige Aufgabe des Wiederaufbaus umzusetzen. Und Politiker sind noch nicht einmal in der Lage, Eintrittspreise festzulegen, ohne dabei in Streit zu geraten.

  • ^ Nur echt mit schlechtgelauntem Türsteher! Kann man ja als Hologramm ergänzen, oder man stellt einen Praktikanten davor, dessen Job es ist, Museumsgäste möglichst unfreundlich zum Weitergehen zu bewegen: "Du nicht! Du ganz bestimmt nicht! Kennst Du überhaupt den Act heute Nacht? Das is hier kein Dorfdisko!" – solche Sachen...

  • Wahrscheinlich mache ich mir mit folgender Aussage wieder wenig Freunde hier, aber es ist tatsächlich so, dass mir die abendliche Beleuchtung / Illumination der Ostfassade wirklich gut gefällt.


    Leider funktioniert die Verlinkung der Einzelbilder der Webcam zur Zeit nicht, daher hier nur der Link zur Webcam für die Ostfassade, zum selber stöbern.


    Manches ist nicht so gut zu erkennen, Anderes passt dagegen sehr gut. Es gibt Bilder, Formen, Farben, Muster und abstarkte Motive, bei denen ich mir nicht sicher bin ob es nicht um Probeläufe für kommende Motive handeln könnte, die aber auch so interessant sind. Insgesamt finde ich es eine gute Idee und würde eine dauerhafte allabendliche "Show".

    Hoffentlich bezieht man später auch die Stirnseiten der Ostfassade mit ein.

  • Wahrscheinlich mache ich mir mit folgender Aussage wieder wenig Freunde hier, aber es ist tatsächlich so, dass mir die abendliche Beleuchtung / Illumination der Ostfassade wirklich gut gefällt.

    Es ist oft leider eine besondere Tragik moderner Architektur, dass ihre Stärke wenn überhaupt nur bei Dunkelheit und gleichzeitiger Beleuchtung funktioniert. Gerade Bauten mit großen Glasflächen erfüllen nämlich meist nur dann ihre in den Visus suggerierte Transparenz. Die Ostseite des Humboldtforums wird daher durchaus schöne Motive liefern, gerade wenn sich Lichtkünstler das strenge Raster nutzen, um hiermit zu spielen.


    Mein großer Kritikpunkt an der Ostfassade ist nicht mal die Ostfassade in der direkten Draufsicht. Damit kann ich mittlerweile relativ gut leben. Ich lobe Stella ja sowieso regelmäßig, weil ich finde, dass mit ihm wirklich das beste Konzept für das Humboldtforum gewonnen hatte. Die Idee der Nord-Südquerung ist genial und er hat die Idee vom Weiterbauen des Schlosses wirklich verstanden. Ich glaube, Schlüter hätte diese Idee von Stella selbst reizvoll gefunden.


    Das einzige, wo ich finde, dass Stella keine gute Arbeit geleistet hat, ist neben der vierten Fassade des Schlüterhofs, die ich scheußlich finde, der Übergang der Ostfassade zu den barocken Fassaden. Weder auf der Seite mit dem Eckrondell noch auf der Lustgartenseite will ein sinnvoller Übergang gelingen. Das Eckrondell wirkt wie fehlplatziert, der Übergang am ehemaligen Apothekerflügel ist noch uninspirierter. Was auf der Lustgartenseite noch schlimmer ist, ist die Tatsache, dass das Schloss vom Alten Museum aus wie amputiert wirkt. Durch die Kuppel und die Anordnung der Portale wirkt es derart westlastig, als würde es jeden Moment in die Spree fallen.


    Die Architekten des historischen Schlosses hatten sich an der Lustgartenseite des Tricks bedient, indem die Schlossaoptheke den Bruch und die Unwucht des Schlosses zwischen dem historischen Burgteil und dem Barockteil sehr elegant verdeckt hat. Dieses Scharnier fehlt heute, daher wirkt das Schloss vom Lustgarten her so falsch proportiniert. Ich hoffe, dass die Bäume, die man genau in diesem Bereich pflanzt, dieses Problem mit der Zeit verdecken, aber trotzdem bleibt dieser Übergang die große Schwachstelle in Stellas Entwurf.

  • Das Humboldt -Forum ist ein seltsamer Hybrid aus Reko-Elementen und faden Betonoberflächen, der niemals international Anerkennung finden wird.


    Das ganze Elend, die ganze Unentschlossenheit, der fehlende Stilwillen und das geringe Streben nach Exzellenz der Berliner Baukultur nach 1990 spiegelt sich im Humboldt-Forum.


    Der Bau ist nicht Fisch und nicht Fleisch.

  • ^ Bei drei von vier vollständig rekonstruierten Fassaden samt Portalen, Kuppel, Schlüterhof sowie den Innenportalen in der Stella-Passage lässt sich doch kaum mehr von "Elementen" sprechen. Zudem finden sich am Humboldt Forum keinerlei "Betonoberflächen".

  • Das Humboldt -Forum ist ein seltsamer Hybrid aus Reko-Elementen und faden Betonoberflächen, der niemals international Anerkennung finden wird.

    :confused: Also, ich stehe dem Schloss ja auch nicht unkritisch gegenüber, aber da sind keine Rekoelemente. Die Fassade ist aufwendig handwerklich gearbeitete Baukunst. Wenn auch die Sandsteinelemente überwiegend mittels Computer und Maschinen hergestellt wurden, schadet das, für mich, der Sache nicht.

    Und als Freund moderner Architektur finde ich modernen Fassaden, außer die Westfassade des Schlüterhofs, einfach gut.


    Odysseus: Ich bin ja selten Deiner Meinung, aber bei Deinem letzten Beitrag #3.834, bin ich mal weitgehend bei Dir!:daumen:

  • Das Humboldt -Forum ist ein seltsamer Hybrid aus Reko-Elementen und faden Betonoberflächen, der niemals international Anerkennung finden wird.

    Naja, mit der internationalen Anerkennung ist das so eine Sache; hinge wohl davon ab, wo man wen wie früge. Aber warum ist das überhaupt relevant?

  • Nachdem es am Schloss in den letzten Monaten kaum sichtbar voran ging, gibt es jetzt zwei positive Entwicklungen:


    Erstens geht es bei der Kuppel jetzt sichtbar voran. Heute wurde auf der Westseite die erste Kupferbahn komplettiert. Auch sonst arbeitet man sich heute sichtbar Richtung Nordseite vor.


    https://cam01.berlinerschloss-webcam.de


    Und auch am Schlossumfeld tut sich etwas. Auf dem Standort des ehemaligen Apothekerflügels, den ich ja oben bereits ansprach, wurden nun alle Vorbereitungen für das Anpflanzen der Bäume beendet. Auch scheinen die Vorbereitungen für die Pflasterarbeiten in diesem Bereich fast abgeschlossen.


    https://cam05.berlinerschloss-webcam.de

  • ^

    Na hoffentlich vergisst man die Beleuchtung nicht. Da sieht es auf den nun entstehenden Plätzen ganz danach aus.

  • Aber warum ist das überhaupt relevant?

    Ganz einfach: Berlin zählt bereits, unter den wesentlichen Weltstädten, zu den hässlichsten Orten überhaupt. Zu recht wie ich finde.


    Die Stadt hat historisch bedingt seit 1945 keine namhaften Architekten von internationaler Geltung hervorgebracht. Es gab auch keine Berliner Stilrichtungen oder technischen Neuerungen im Bau, die Vorbildcharakter für andere entwickelten. Die meisten weltweit anerkannten Architekten, die nach 1990 in Berlin gebaut haben UND bauen werden zu unterdurchschnittlichen Leistungen gezwungen.


    Wenn Deutschland mit Berlin als Hauptstadt jedoch als Kulturnation einen Ruf aufrechterhalten will, bzw auch Exzellenz in der Architektur darstellen will, kann man sich solche halbgaren Rekos wie das Humboldt Forum nicht leisten. Man macht sich international lächerlich. Jeder fragt sich doch bei dem Ding, warum die Deutschen keine klaren Entscheidungen mehr treffen können. Wo ist der Anspruch in einer Weltliga mitzuspielen ?

    Einmal editiert, zuletzt von Arty Deco ()

  • Worüber regst Du Dich so auf, wenn das alles so stimmte, passt das Humboldt Forum doch genau in Dein Berlin-Hasser Schema.


    Ich finde leide die ganzen tollen internationalen Architekten auch wo anders oft nicht überzeugend und den Hybrid die beste realistische Option.


    Der einzige wirklich herausragende kulturelle Neubau in Deutschland ist ja auch ein Hybrid und lebt gerade davon: die Elbphilharmonie.

  • ^^ "Ganz einfach: Berlin zählt bereits, unter den wesentlichen Weltstädten, zu den hässlichsten Orten überhaupt. Zu recht wie ich finde."

    Welcher Komplex schlummert da eigentlich in dir? Ich war in allen im Artikel genannten Städten und keine davon würde ich als "hässlich" bezeichnen (La Paz und Osaka sind im Gegenteil sogar wirklich schön und definitiv sehenswert - Berlin würde ich auch dazu zählen). Davon abgesehen stellt der Artikel eine Einzelmeinung eines Bloggers dar - einen Allgemeinanspruch drückt diese Meinung jedenfalls nicht aus.