Lanzarote: Vulkaninsel mit Architekturniveau

  • Lanzarote: Vulkaninsel mit Architekturniveau

    Obwohl ich sehr viele Landschaftsaufnahmen mit nach Hause gebracht habe, werde ich hier natürlich hauptsächlich Architekturfotos zeigen. Ohne Landschaftsaufnahmen geht es aber nicht, um zu zeigen, wie harmonisch die Architektur sich in sie einfügt. Harmonie zwischen der ungewöhnlichen Landschaft und der Architektur war auch für den "Inselarchitekten" César Manrique ein Hauptthema.


    Geheimnisvolle Insel


    Die kanarischen Inseln sind ja als Reiseziel populär. Daher ist sicher bekannt, dass sie zu Spanien gehören, aber vor der Küste von Südmarokko liegen und daher geographisch eher zu Afrika zählen. Das bedeutet mildes und trockenes Klima gepaart mit hervorragender Infrastruktur. Lanzarote ist wohl die landschaftlich wildeste der Kanaren und gleichzeitig die mit der besten Harmonie zwischen Architektur und Natur. Massentourismus hält sich in Grenzen und beschränkt sich auf wenige Ecken.


    Dörfer und Städte bestehen im Wesentlichen aus strahlend weiß gestrichenen einfachen kubischen Häusern mit grünen oder blauen Fenstern und Türen. Wer mehr Platz braucht, setzt manchmal einfach einen Würfel neben oder über die bestehenden. Angeblich soll das ein bisschen Marokko ähneln (kann ich aber nicht beurteilen). Der Künstler César Manrique hat sich für den Erhalt der traditionellen Architektur eingesetzt und mit spektakulären eigenen Bauten und Kunstwerken Highlights gesetzt.


    Die mondähnliche Landschaft ist von Vulkanismus geprägt. Überall sind Krater und Lavafelder, die spärliche Vegetation bringt u.a. lebende Fossilien wie den Drachenbaum hervor. 1730-1736 waren die letzten katastrophalen Vulkanausbrüche, die die Bewohner zwangen, die Insel zu verlassen. Heute sind die Vulkane zahm. Im Nationalpark hat Manrique ein Restaurant auf einer Magmablase errichtet, in dem man über einem Vulkanschlot gegrilltes Fleisch essen kann.


    Lanzarote ist beliebte Kulisse für Autowerbefilme. Auch der mehrteilige Science-Fiction-Fernsehfilm "Die geheimnisvolle Insel" (Kinofassung "Herrscher einer versunkenen Welt") von 1973 nach dem Roman von Jules Verne wurde zum größten Teil auf Lanzarote gedreht und bezieht daraus einen guten Teil seiner Dramatik. Schauspieler Omar Sharif alias Kapitän Nemo hat sich damals auch von Manrique ein Anwesen auf der Insel bauen lassen.


    Architektur von Manrique


    Der Künstler, Architekt und Umweltschützer César Manrique, 1919 auf der Insel geboren und 1992 dort überfahren worden, hat die Insel stark im positiven Sinn geprägt. Nach Studium auf Teneriffa und in Madrid, Arbeit in New York und späterer Rückkehr nach Lanzarote hatte er Kontakt zu vielen Künstlern in aller Welt, u.a. zu Brian Eno, dessen sphärische Musik teilweise in den von Manrique gestalteten Sehenswürdigkeiten zu hören ist.


    In Zusammenarbeit mit der Tourismusbehörde der Insel hat Manrique sich eingesetzt für den Erhalt der Natur und Architektur, für Werbeverbot auf Straßen aus ästhetischen Gründen und auch für die touristische Erschließung der Insel, aber unter Verhinderung von Massentourismus und dessen negativen Folgen.


    Manrique hat seine Gebäude oft nicht am Reißbrett, sondern unmittelbar vor Ort geplant. Die Umrisse des Gebäudes wurden dabei z.B. mit Kalk auf den Boden gestreut und bis zur Zufriedenheit korrigiert. Pläne zur Erlangung von Baugenehmigungen wurden notfalls hinterher erstellt.



    Schon beim Anflug erkennbar: die typischen schneeweißen Häuser eines Dorfes:



    Typische Architektur, weiße Häuser mit grünen oder blauen Fenster- und Türrahmen:



    Exotisch: eine Eukalyptusallee:


    Eingang zum Timanfaya-Nationalpark. Das Logo auf dem Schild stammt von Manrique:


    Besucherzentrum:


    Kamele, heute nur Touristenattraktion, wurden seit dem 16. Jhd. als Arbeitstiere eingesetzt:


    Unendliche Weiten im Nationalpark...:


    Der interessanteste Teil des Nationalparks ist für Autos gesperrt und nur per Bustour einsehbar:






    Da unten liegt das Restaurant:



    Restaurant von Manrique:



    Der energiesparende Grill des Restaurants: ein Loch, aus dem vulkanisch-heiße Luft steigt. Anders schmecken tut das Hähnchen aber nicht.


    Wir befinden uns auf heißem Boden. Ein Parkangestellter kippt für die Touristen einen Eimer Wasser in ein versenktes Rohr, und sofort schießt es als fauchende Dampffontäne wieder heraus:


    Teufelchen-Logo des Parks:




    Fundacion Manrique. In einem kubischen Haus mit Lavablasen drunter hat der Meister ein paar Jahre gewohnt und die Sache dann der Öffentlichkeit als Museum geschenkt:




    Im Haus Panoramafenster mit Blick aufs Lavafeld, ein Loch im Fußboden mit Blick in die Lava-Wohnblase, moderne Kunst an den Wänden:




    Dreht sich:


    Unterm Haus die Lavablasen:


    Eine der Wohnblasen:


    Baum im Raum wächst durch Decke:


    Gang zur nächsten Lavablase:







    Und noch 'ne Wohnblase. Die komischen Wachstuchmöbel waren wahrscheinlich damals der letzte Schrei:


    Auf vielen von Lanzarotes Straßenkreiseln hat Manrique sich drehende Windspiele hinterlassen, so wie hier:


    Campesino, Monument und historisches Museum. Auch hier hat Manrique Hand angelegt:


    Kraxeln auf den großen Krater der Caldera Blanca:





    Los Hervideros, Balkone über dem wilden Meer:


    Balkon siehe Bildmitte:


    El Golfo, algengrüner tiefer Kratersee direkt am Strand:



    Famara, Surferparadies und einer der wenigen hellen Strände der Insel, die anderen sind lavaschwarz:


    Ein wenig Urbanität in der Inselhauptstadt Arrecife:


    Castillo de San José, von Manrique zum Museum für moderne Kunst umgestaltet:




    Castillo de San Gabriel:



    Ob es Zufall ist, dass die Kanonen des Kastells genau auf das hässliche einzige Hochhaus der Insel gerichtet sind? :)


    Mirador del Rio im Norden der Insel. Aussichtspunkt hoch in den Felsen, gestaltet von ... Manrique:


    Grandioser Blick auf die Isla Gaciosa:





    Im Häfchen von Orsola startet ein Schiff zur Isla Graciosa, der kleinen vorgelagerten Insel (das Schiff ist aber größer als diese Nussschalen hier):


    Isla Graciosa hat nur 600 Einwohner:




    Isla Graciosa ist Ruhe pur! Kein Autoverkehr, keine asphaltierten Straßen und auch kaum Menschen, wenn nicht gerade wie hier ein Film gedreht wird. Lonely Planet schreibt, der Ort erinnere an eine Mischung aus marokkanischem Dorf und Wildwest-Outpost:







    Zurück auf Lanzarote:


    Jameos del Agua: Eine Lavahöhle mit Meereszufluss, in der kleine blinde Krebse leben, die sonst nur in der Tiefsee zu finden sind. Manrique hat daraus einen Konzertsaal mit Restaurant gemacht. Diese Umgestaltung eines Naturwunders erscheint heute wie eine Vergewaltigung, aber in den 1960ern und 1970ern sah man das wohl noch anders. Wieder ein Logo von Manrique:


    Die 3 cm kleinen Protagonisten (Muniopsis polimorpha) im Wasser haben den Engriff von Manrique aber überstanden:



    Swimmingpool:


    Bar im spacigen 1960er-Stil:


    Kirche mit Aussicht in Femés:


    Nazaret, ehemalige Residenz von Omar Sharif:


    Ein Drachenbaum (Dracaena draco) irgendwo auf der Insel:






    Das war's. Hoffe es hat gefallen. :cool:
    Bilder von mir, Ende Februar 2008.

  • Vielen Dank, wirklich sehr schoene Fotos von einer wunderschoenen Insel! Ich finde dass Manrique die Insel sehr bereichert hat. Der botanische Garten ist wunderschoen. Warst du auch im Tal der 1000 Palmen? Fand es in dem kleinen Ort besonders schoen und gemuetlich. Ansonsten sind die kleinen Haeuser und Gaerten mit ihren Terassen sehr schoen. Alles wirkt sehr klein, ordentlich und liebevoll gestaltet, ist ja auch ne recht kleine Insel. Ich mag den rauhen Charme aber sehr!

  • Schöne Bilder, obwohl mir die Landschaft ein wenig zu karg ist. Da gefallen mir die grünen Azoren besser.

  • Jetzt weis ich auch wo die Götter Urlaub machen und ich auch. Super Bilder, da könnte man gleich die Sachen packen und einchecken :juhu: .

  • Johnny
    Das drittletzte Bild zeigt das Tal der Palmen, wenn ich nicht irre. Und das letzte auch, von oben(?)


    Kampflamm
    Dieses Jahr war es sogar recht grün auf der Insel! Als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal da war, habe ich zuerst genau das gleiche gedacht wie Du: das ist mir viel zu karg hier, ich will hier weg! Eine Insel in warmem Klima muss doch viel Grün haben, am besten Urwald! Aber nach zwei Tagen hatte ich mich daran gewöhnt und mir sind die wahnsinnigen Landschaftsformen, die wilden Küsten, die Aussichten und der Charme aufgefallen und, und ich fand es genial! Vielleicht habe ich oben auch zuviele Lavafotos gepostet, aber das ist das Herausragende. Grüne Fotos kann man überall machen ;)

  • Noch ein Foto als Nachtrag: Diese Weinberge mit ihren menschengemachten halbkreisförmigen steinernen Schutzwällen sind auch ein besonderes Feature und an mehreren Stellen anzutreffen. Sie dienen wohl zum Sammeln der wenigen Feuchtigkeit und als Windschutz:

    Bild von mir

  • Da ich ein paar verliehene Bücher wiederbekommen habe, hier ein letzter Nachtrag:
    - Lanzarote ist seit 1993 Biosphärenreservat der UNESCO.
    - Jameos del Agua (die Krebshöhle) war 1968 von Manrique als erstes seiner sieben Hauptwerke auf der Insel gestaltet worden (die anderen sechs sind Jameos del Agua, Restaurante El Diablo, Mirador del Rio, Monumento de Campesino, Castillo de San José, Wohnhaus (jetzt Fundacion Manrique), Jardín de Cactus (Kakteengarten)).
    - Restaurante El Diablo wurde 1974 von Manrique und J. Soto an der heißesten Stelle des Nationalparks gebaut. 10 cm unter der Oberfläche sollen angeblich 140°C herrschen, 6 m tiefer 400°C. Dass der Boden warm ist, merkt man im Restaurant auch, obwohl er speziell isoliert ist. Im verglasten Innenhof liegt das Skelett eines Dromedars.


    Karte von Google Maps: