Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • Mythos Soziale Mischung

    Das bestätigt meines Erachtens eine andere These: Die "soziale Mischung" wird vor allem dann gern angeführt, wenn es darum geht, bislang eher von Ärmen bewohnte Quartiere auch für die Mittelschicht attraktiv zu machen. Das Argument der "sozialen Mischung" ist aber nicht mehr ganz so beliebt, wenn 500 oder auch weniger Asylsuchende oder andere eher ärmere Menschen in ein bislang von Mittelschichtsfamilien bewohntes oder eher für diese hergerichtetes Quartier ziehen.


    "Neil Smith, einer der prominentesten kritischen Geographen, geht in seiner Kritik noch einen Schritt weiter und sieht nicht nur den Mythos der Sozialen Mischung gescheitert, sondern interpretiert die neoliberalen Anrufung der sozialen Mischung als Ausdruck revanchistischer Stadtpolitik, da der Mix fast ausschließlich im Kontext einer Rückeroberung von Arbeitervierteln durch die Mittelklasse denkbar ist und nur selten in umgekehrter Richtung."


    Andrej Holm: Soziale Mischung - Zur Entstehung und Funktion eines Mythos. In: Städte: Planung, Entwicklung, Innenleben. Forum Wissenschaft 26 Heft 1, 2009 (http://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/2380964.html).
    Wiederabdruck: Mythos Soziale Mischung auf gentrificationblog.wordpress.com vom 29. Juli 2009:
    http://gentrificationblog.word…/mythos-soziale-mischung/


    Sebastian Friedrich, Duygu Gürsel, Çağrı Kahveci: Berlin-Neukölln und viel Gefühl: Wie funktioniert die Forderung nach “sozialer Mischung”? In: analyse & kritik Nr. 580 vom 15.2.2013, S. 30 f. ( http://www.akweb.de/ak_s/ak580/ ).
    Wiederabdruck auf http://www.annotazioni.de vom 5. März 2013: http://www.annotazioni.de/post/1136

  • ^ Das mit der Rückoberung habe ich noch nie im Zusammenhang mit konkreten gehobenen Projekten gelesen, dafür bei jeder Siedlung ab dem Durchschnitt aufwärts bundesweit heisst es immer wieder, im Namen der sozialen Mischung müsse es dort Sozialwohnungen geben, am besten von den Käufern der anderen quergesponsert. Vor mehreren Wochen habe ich selbst hier hinterfragt, ob man so gerne benachbarten Reichtum sehen möchte, wenn man gerade arm ist. (Arm war ich schon mal selbst, reich noch nie - und die jetzige Mitte würde ich näher dem unteren Bereich empfinden.)


    Jetzt geben die führenden Verfechter der Stadtsoziologie u.ä. zu, dass die so oft geforderte soziale Mischung bloß Humbug ist. Danke, dass wird unserer Stadtplanung Vieles ersparen.

  • Ich weiß auch nicht, was ich von der neuerlichen Phantomdiskussion halten soll. Dass Stadtviertel in den letzten Jahrzehnten eher in umgekehrte Richtung entmischt wurden (nämlich von Migranten und ärmeren Bevölkerungsschichten) kann man in jeder deutschen Großstadt (im Ausland, z.B. Frankreich, noch viel öfter) ausmachen. Und auch in Leipzig ging der Trend bis in die 1990er-Jahre hinein in entgegengesetzte Richtung. Dass es momentan in die andere Richtung geht ist bislang lediglich ein Trend aus jüngerer Zeit und betrifft alle Städte. Eine Entmischung kann ich dabei zumindest in Leipzig nicht feststellen. Lindenau oder Volkmarsdorf bleiben sicher auch auf lange Sicht eher arme Stadtteile trotz dass jetzt vermehrt Studenten und Mittelschichtsfamilien dorthin ziehen.


    Und bei 500 Flüchtlingen künftig in der Erstaufnahmeeinrichtung an der Max-Liebermann-Str. werden hier wild Bedenken angemeldet und Thesen aufgestellt, wo das betreffende "wohlhabende" Klientel noch gar keine Bedenken angemeldet hat. Aber diskutiert weiter, wir sind hier schließlich bei Mephistos Kaffeekränzchen.

  • Aus der Begründung eines Beschlussantrages der Fraktion Die LINKE auf der Stadtratssitzung am 16.04.2014 geht hervor, dass auch in Leipzig ein Problem mit der schnell und massiv abnehmenden Zahl an Wohnungen für Arme besteht:


    http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/BD0D3B3FFA1061BAC1257CB6003C0FDF/$FILE/V-a-536.pdf


    Beschluss-Nr.:
    Datum: 10.04.2014
    Einreicher: Fraktion DIE LINKE
    Beschlussfassung in: öffentlicher Sitzung
    Aktueller Antrags-Status: Antrag zur Aufnahme in die Tagesordnung
    Beschlussantrag
    Betrifft: Durchführung einer wohnungspolitischen Stunde
    Beratungsfolge:
    21.05.2014 Ratsversammlung
    16.04.2014 Ratsversammlung
    05.06.2014 Fachausschuss Jugend /Soziales /Gesundheit und Schule


    Beschlussvorschlag/Begründung
    Der Stadtrat führt im I. Quartal 2015 eine wohnungspolitische Stunde durch.


    Begründung:
    Nach den bildungspolitischen, der sicherheitspolitischen und einer wirtschaftspolitischen Stunde ist es an der Zeit für eine wohnungspolitische Stunde.


    Die Stadt Leipzig wächst. Der Wohnungsmarkt entwickelt sich nach Jahren, die von schwacher Nachfrage und hohem Leerstand geprägt waren, in Richtung eines ausgeglichenen Angebots- und Nachfrageverhältnisses, in einigen Stadtteilen mit hoher Nachfrage wird der Wohnraum in einzelnen Segmenten knapp und verteuert sich.


    Die bis 31.12.2013 mögliche Wohnraumversorgung einkommensschwacher Haushalte und anderer Bedarfsgruppen (z. B. ältere und behinderte Menschen) durch das Sozialamt ist ab dem 01.01.2014 eingeschränkt. Ursache sind
    • das Auslaufen des Sächsischen Belegungsrechtsgesetzes zum 31.12.2013, welches die Basis der bestehenden Belegungsrechtsverträge der Stadt Leipzig mit der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) und den Wohnungsgenossenschaften bildete,
    • der massive Rückgang der Belegungsbindungen aus der Wohnungsbauförderung (von ehemals 10.000 Wohnungen im Jahr 2003 verblieben am 01.01.2014 noch ca. 350 bis 500 Wohnungen mit alten- und behindertengerechter Ausstattung in der Bindung) und
    • der Wegfall der Subjektförderung („einkommensabhängige Zusatzförderung“) für rund 10.000 Wohnungen durch Auslaufen der Mietwohnungsbauförderprogramme des Freistaates Sachsen nach Teil B II in den letzten Jahren.


    In dieser Situation steht das Sozialamt vor der Herausforderung, die Wohnraumversorgung für einkommensschwache Haushalte und andere Bedarfsgruppen bei geänderten Rahmenbedingungen nachhaltig zu sichern. Dazu bedarf es eines tragfähigen wohnungspolitischen Konzeptes der Stadt, um auch weiterhin genügend Wohnraum für einkommensschwache Haushalte und andere Bedarfsgruppen vorhalten zu können und somit einer weiteren Segration entgegenzuwirken.

  • Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung in Leipzig

    Noch einmal zu den bestehenden Belegungsrechtsverträgen der Stadt Leipzig:


    Die Antwort des Innenministers Markus Ulbig vom 25. November 2013 auf eine kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Dr. Dietmar Pellmann ergab, dass es in Dresden zum Stichtag 10. September 2012 noch 10.212 in Leipzig 22.543 und in Chemnitz 290 Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung gab. In ganz Sachsen waren es 37.329 Wohnungen, davon in den drei größten Städten 33.045.
    http://edas.landtag.sachsen.de…Drs&leg_per=5&pos_dok=202
    http://www.l-iz.de/Politik/Kas…ozialwohnungen-52523.html


    Bemerkenswert sind die Ausführungen im Wohnungspolitischen Konzept der Landesregierung "Wohnen in Sachsen 2020" ( http://www.bauen-wohnen.sachse…n_und_Wohnen/WPK_0403.pdf :(



    Das Gesetz über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet der sozialen Wohnraumförderung (SächsWoFZustG) wurde durch den Landtag am 18. September 2013 in seiner 82. Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen und am 30. Oktober 2013 im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht.


    Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion
    http://edas.landtag.sachsen.de…228&dok_art=Drs&leg_per=5


    Nun gibt selbst die Sächsische Staatskanzlei in ihrer Pressemitteilung vom 30. Oktober 2013 zu, dass mit dem neuen Gesetz keine landesweite Regelung geschaffen wurde, sondern lediglich "den Städten und Gemeinden rechtzeitig die Verwaltung und auch die Schaffung von belegungsgebundenem Wohnraum nach Außerkrafttreten des Sächsischen Belegungsrechtsgesetzes zum Ende des Jahres weiterhin ermöglicht" wird.
    Minister Ulbig: „Mit diesem Gesetz ermöglichen wir unseren Städten und Gemeinden bei der sozialen Wohnraumförderung weiterhin eigenständig auf die regionalen Besonderheiten zu reagieren. Damit ist soziales Wohnen weiter gewährleistet.“


    Über den kleinen Nebenaspekt der Finanzierung macht man sich in dem Konzept keine weiteren Gedanken. Warum auch? Im September 2012 hatte ein Sprecher des Innenministeriums auf dapd-Anfrage mitgeteilt: "Im Freistaat Sachsen stehen preiswerte Wohnungen in ausreichender Menge zur Verfügung." Die zusätzliche Schaffung von Wohnraum mit Mietpreis- und Belegungsbindung sei somit nicht erforderlich.

  • Mag sein, dass meine Argumentation und Meinung icht jedem passt, damit muss ich leben,

    Ach, komm doch bitte aus der Opferecke! Von mir hast Du noch keine - irgendwie geartete - "Bewertung" erhalten, jedoch jede Menge Argumente (siehe vorherige Seite). Ich "kämpfe" mit offenem Visier!

    Dass die Miet- und Belegungsbindung ein ernstes Thema ist, sollte jedem klar sien, wie damit umgegangen wird, ist eine andere Frage.

    Ich halte es jedoch für wenig hilfreich, wenn das Thema zum x-ten Male durchgekaut wird, ohne auf die vorgebrachten Gegenargumente (z.B. zum Thema "Miet- und Belegungsbindung") auch nur im Geringsten einzugehen. Stattdessen unentwegt Propaganda von der Rolle. Spam, Spam, oh lovely Spam!

  • Man muß schon sehr überzeugt sein vom eigenen Standpunkt - "Wo ich stehe ist vorn und alle, die anderer Ansicht sind, sind entweder blöd oder ideologisch völlig verblendet, denn sonst wären sie ja nicht anderer Ansicht!" - sein, wenn das Abwerfen von ein paar Wortgruppen als Vorbringen von Gegenargumenten gilt. Und jedes Gegenargument zum Gegenargument wieder nur ein Stichwort wie etwa "alles (Fehl)-Subventionierung" oder "unter dem aktuellen Markwert geht gar nicht" braucht, um auch da zu klarzustellen, dass es nicht weiter diskutiert werden muss.


    Konkret meinst Du vermutlich folgende Textpassage:



    Ich versuche es mal:


    1.) Das ist erst mal nur eine Behauptung, vor allem mit Blick auf "innerhalb kürzester Zeit". Ich hätte gern ein paar Beispiele aus anderen Städten genannt, wie hoch sogenannte Fehlbelegungsquoten innerhalb welcher Zeiträume sind. Da wird es doch sicherlich einige Studien dazu geben. Angesichts aktueller Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wie der zunehmenden Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit, der Ausnahme von Hartz-IV-Empfänger_innen beim Mindestlohn, der zunehmenden Zahl von sogenannten Aufstockern und Seniorinnen, die trotz Rentenbezug auf Grundsicherung angewiesen sind, und so weiter glaube ich nicht so richtig an die Geschichte von gestern noch arbeitslos und auf Hartz IV, heute schon DINK mit 6000 Euro gemeinsamen Einkommen, aber immer noch in der 60-qm-Kohlenheizungswohnung.


    Außerdem kann man Fehlbelegungen überprüfen. In Brandenburg wird nun ähnlich wie in Berlin ein Förderprogram für sozialen Wohnungsbau aufgelegt, bei dem zinsgünstige Baudarlehen ausgegeben werden. Im gesamten Bundesland Brandenburg sollen bis 2019 240 Millionen Euro für die Wohnraumförderung in Kommunen mit erhöhtem Wohnungsbedarf ausgeben werden. Da es sich um Darlehen handelt, fließen die gering verzinst langfristig auch wieder in den Landeshaushalt zurück. Der Löwenanteil von 60 Millionen Euro geht in die Landeshauptstadt, wo rund 900 Sozialwohnungen, also etwa 150 Wohnungen pro Jahr, entstehen sollen. Mindestens die Hälfte des Geldes muss für die Sanierung von bereits vorhandenem Wohnraum eingesetzt werden. Dabei gilt für 75 Prozent der Wohnungen eine Mietpreis- und Belegungsbindung, beim Neubau liegt die Bindung bei 100 Prozent. Diese Wohnungen dürfen nur an einkommensschwache Mieter_innen mit einem Wohnberechtigungsschein vergeben werden, vor allem an Familien, Alleinerziehende, ältere und behinderte Einwohner sowie Studierende und Auszubildende. Haushalte, die ursprünglich als Förderfall eine günstige Wohnung erhalten haben, müssen eine marktübliche Miete zahlen, wenn sich das Einkommen erhöht. „Dies wird alle drei Jahre geprüft“, so Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD).


    PNN, 15.4.2014
    Wohnungsbau in Potsdam
    900 Sozialwohnungen für Potsdam
    http://www.pnn.de/potsdam/846883/


    RBB, 14.04.2014
    Brandenburg investiert 240 Millionen in bezahlbare Wohnungen
    Ein Viertel davon geht nach Potsdam
    http://www.rbb-online.de/polit…ungsbau-Vogelsaenger.html


    Zu 2. habe ich mich bereits länger geäußert:
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=423158


    Keine Konzentrationen von Sozialwohnungen am äußersten Stadtrand, sondern überall verteilt in der Stadt. Entweder durch Modelle wie die Münchner SoBoN, also Quotenregelungen für Neubauten, oder durch geförderten Bau von Sozialwohnungen auf Grundstücken der Kommune oder von Wohnungsbaugenossenschaften. "Jede andere Art der unterpreislichen Verwertung ist letztlich eine versteckte Subvention." Das ist zunächst nur ein Glaubenssatz. Und wenn schon, dann ist es eben so. Was heutzutage nicht alles versteckt subventioniert wird. Wenn es am Ende günstiger kommt und/oder an anderer Stelle hohe Ausgaben oder soziale Fehlentwicklungen verhindern hilft, dann ist dagegen doch kaum etwas zu sagen, oder?


    Zu 3. Wohngeld und die Übernahme der "Kosten der Unterkunft" mögen auf den ersten Blick "einfacher und flexibler/bedarfsgerechter" erscheinen. Ich frage mich allerdings, zu welchen Gesamtkosten. Daher gibt es den längeren Beitrag unter http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=423183 .


    Warum rechnet nicht einfach mal jemand gegeneinander auf, was eine mit günstigen Baukrediten geförderte Sozialwohnung über 20 Jahre die Landes- und kommunale Kasse kostet und was in der gleichen Zeit Wohngeld/KdU für eine Wohnung auf dem "freien Markt" fließen würde?


    4. Das mit dem begrenzten Kontingent "privilegierter Armer" habe ich noch nicht verstanden. Die wären schon längst wieder alle in gut bezahlter Arbeit, wenn sie sich drehen müssten, weil sie nicht mehr so günstig wohnen können?

  • Man muß schon sehr überzeugt sein vom eigenen Standpunkt - "Wo ich stehe ist vorn und alle, die anderer Ansicht sind, sind entweder blöd oder ideologisch völlig verblendet, denn sonst wären sie ja nicht anderer Ansicht!" - sein, wenn das Abwerfen von ein paar Wortgruppen als Vorbringen von Gegenargumenten gilt.

    Es ist eine Grundeigenschaft linker Propaganda, mit vielen Worten wenig zu sagen.


    Sokal lässt grüssen!


    "Sozialer Wohnungsbau" und "Fehlbelegungsquote" umreissen das Problem vollkommen, wozu noch die ganze Prosa. Das Problem "Fehlbelegungsquote" ist gemeinhin unumstritten, die Quote wird auf etwa 40% geschätzt.


    "Marktgerechte Miete bei Fehlbelegung" löst das Problem in keiner Weise, da eine fehlbelegte Wohnung - unabhängig von der Miethöhe - für soziale Zwecke eben nicht mehr zur Verfügung steht.


    Wenn also von 100 Sozialwohnungen 40 fehlbelegt sind, so bleiben 60 Sozialwohnungen. Gebaut wurden aber 100.


    Bei den fehlbelegten versucht sich die öffentliche Hand als "Unternehmer". Wenn letzteres immer so gut funktionieren würde, dann lebten wir immer noch in der DDR - und der Westen wäre beigetreten.


    Zum Thema "Sozialer Wohnungsbau" gab es übrigens seinerzeit einen Grossversuch mit dem Namen "Bundesrepublik Deutschland".

    Und jedes Gegenargument zum Gegenargument wieder nur ein Stichwort wie etwa "alles (Fehl)-Subventionierung" oder "unter dem aktuellen Markwert geht gar nicht"

    Habe ich gar nicht geschrieben! Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass auch eine verdeckte Subvention eine Subvention ist, d.h. es wird unterm' Strich Geld ausgegeben. Und da man jeden € bekanntlich nur einmal ausgeben kann, fehlt dieses Geld dann an anderer Stelle.

    Konkret meinst Du vermutlich folgende Textpassage:

    Dieser Strang enthält (gelinde gesagt) mehr als ein Posting von mehr als einem Poster zum Thema. Allen gemein ist, dass Du nicht wirklich darauf eingehst.


    Und so dreht sich das Ganze im Kreise.

    Da es sich um Darlehen handelt, fließen die gering verzinst langfristig auch wieder in den Landeshaushalt zurück.

    Eine Subvention ist eine Subvention, egal wie man sie betitelt.

    Keine Konzentrationen von Sozialwohnungen am äußersten Stadtrand, sondern überall verteilt in der Stadt.

    Die Leute wollen aber nicht "überall verteilt in der Stadt" wohnen, sondern in ganz bestimmten, teuren Lagen. Teure Lagen = wenige freie Grundstücke zu hohen Preisen.


    Es gibt da z.B. noch ein wunderschönes, preiswertes Gründerzeitviertel östlich vom Hauptbahnhof mit beachtlichem Leerstand. "Wohnungsnot" geht anders!

    "Jede andere Art der unterpreislichen Verwertung ist letztlich eine versteckte Subvention." Das ist zunächst nur ein Glaubenssatz.

    Nein, das nennt sich "Mathematik".

    Und wenn schon, dann ist es eben so. Was heutzutage nicht alles versteckt subventioniert wird. Wenn es am Ende günstiger kommt und/oder an anderer Stelle hohe Ausgaben oder soziale Fehlentwicklungen verhindern hilft, dann ist dagegen doch kaum etwas zu sagen, oder?

    ..."wenn"! Aber genau dieses "wenn" wird ja bestritten! Im Englischen nennt man das: "Begging the Question".

    Zu 3. Wohngeld und die Übernahme der "Kosten der Unterkunft" mögen auf den ersten Blick "einfacher und flexibler/bedarfsgerechter" erscheinen. Ich frage mich allerdings, zu welchen Gesamtkosten. Daher gibt es den längeren Beitrag unter http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=423183 .

    Auch dazu gab es von dj tinitus eine Anwort, die von Dir ja aber scheinbar ignoriert wurde.

    Warum rechnet nicht einfach mal jemand gegeneinander auf, was eine mit günstigen Baukrediten geförderte Sozialwohnung über 20 Jahre die Landes- und kommunale Kasse kostet und was in der gleichen Zeit Wohngeld/KdU für eine Wohnung auf dem "freien Markt" fließen würde?

    Jetzt kommen wir zum Punkt! Mit Wohngeld zahlt die öffentliche Hand die Herstellungs- und Betriebskosten von Wohnraum, plus eine - in Leipzig eher bescheidene - Rendite von maximal so um die 5-6% (vor Finazierungskosten und Steuern). Sämtliche Risiken liegen beim privaten Vermieter. Fehlbelegungsquote 0%


    Jetzt kommt die gelobte "öffentliche Hand" in's Spiel, die glaubt, mit nur maximal 5-6% Mehrkosten gegenüber dem privaten Vermietertum dasselbe auch stemmen zu können? Fehlbelegungsquote 40%... "Neue Heimat", ... Muss ich noch weiter schreiben?

    Das mit dem begrenzten Kontingent "privilegierter Armer" habe ich noch nicht verstanden.

    Egal wie viele Sozialwohnungen aus dem Boden gestampft werden: Es kann nicht jeder für €3 Kalt im Waldstrassenviertel wohnen - aber jeder wird es wollen werden.


    Wir könnten ja auch aus Steuermitteln so viele Porsches bauen, bis jeder einen hat?

  • Und wenn schon, dann ist es eben so. Was heutzutage nicht alles versteckt subventioniert wird.


    Das ist ein empörend salopper Umgang mit fremden Geld. Im Düsseldorfer Wohnen-Forum wurde es schon öfters erklärt - wenn per eine Quote wie in München ein Teil der Wohnungen zwangsweise billiger vermietet werden sollte, muss der Rest entsprechend teurer vermietet werden, was einer versteckten zusätzlichen Besteuerung gleichkommt. Als ob die Steuern nicht bereits hoch genug wären. (Und dann werden die allgemeinen Mietpreise beklagt.)


    Es ist schon ehrlicher, wenn eine Gemeinde vom eigenen Geld Sozialwohnungen baut - falls sie dieses Geld im Haushalt findet. Die müssen nicht überall sein, sondern am effizientesten dort, wo der Grund besonders preiswert ist - also einfache Lagen und nicht die begehrtesten. Die einst angedachte soziale Durchmischung hat sich ja als Mythos und Ausdruck revanchistischer Stadtpolitik entpuppt.


    Noch effizienter ist es, wenn die Gemeinde Belegungsrechte in ohnehin möglichst preiswerten Wohnungen erwirbt - wie z.B. Nachkriegs-Altbauten, die weit weniger als Neubauten kosten. Dann ist die abzudeckende Preisdifferenz am geringsten. Es geht um die Grundsicherung des Dachs über dem Kopf und nicht begehrte Wohnungen für Lau für Auserwählte (wie bereits im Vorbeitrag angesprochen).

    2 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Was die Veröffentlichung eines Hoax-Artikels des Physikers Alan Sokal und die daran anschließenden Debatten nun mit unserer Diskussion über Wohnungsbau zu tun haben, erschließt sich mir nicht direkt. Aber ich will es auch nicht erklärt haben.



    Das Problem "Fehlbelegungsquote" ist gemeinhin unumstritten, die Quote wird auf etwa 40% geschätzt.


    Das Problem gibt es ohne Frage, aber wer schätzt die Quote wann unter welchen Bedingungen und nach welcher Zeit auf 40 %? Es gibt auch Angaben, wonach die Fehlbelegungsquote nach 15jähriger Wohndauer ca. 30 Prozent beträgt. Wo wurde das genauer untersucht? Gibt es aktuellere Zahlen für ostdeutsche Großstädte?


    Was ich von dem Pseudoargument, dass die DDR nun ausgerechnet am Wohnungsbau kaputtgegangen wäre, halte, habe ich auch schon mehrfach gesagt. Aber noch mal: Totschlagargument, auf dem Niveau "Wenn es Dir nicht paßt, dann gehe doch in den Osten!". Sinnloser Vergleich, weil ganz andere politische und ökonomische Bedingungen.



    Mit Wohngeld zahlt die öffentliche Hand die Herstellungs- und Betriebskosten von Wohnraum, plus eine - in Leipzig eher bescheidene - Rendite von maximal so um die 5-6% (vor Finazierungskosten und Steuern). Sämtliche Risiken liegen beim privaten Vermieter. Fehlbelegungsquote 0%


    Ach, und warum schreibt die "linker Propaganda" eher unverdächtige AENGEVELT IMMOBILIEN GmbH in ihrem jüngsten Immobilienbericht vom 15.04.2014?:


    Bei Wohnhäusern sind im guten Lagebereich aktuell Anfangsrenditen von 5,9% bis 8,5% marktüblich. Für Objekte in nachgeordneten bzw. weniger präferierten Wohn- und Geschäftslagen reicht die Spannweite bis 9,0%.
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=425377


    Wir haben in Leipzig aktuell etwa 39.100 "hilfsbedürftigen Haushalten", deren Miete im Rahmen der "Kosten der Unterkunft" vom Jobcenter bezahlt werden. Die LWB vermietet ca. 11.000 Wohnungen innerhalb der KdU-Bemessungsgrenzen, zum Stand der letzten Zählung waren noch 2000 Wohnungen hauptsächlich am Stadtrand leer. Nun wüßte ich noch gern, wieviel Hartz-IV-Empfänger_innen Mieter_innen der Wohnungsgenossenschaften und wieviel bei privaten Vermietern sind. Neu auf den Markt kommen Wohnungen unterhalb der Grenze von 4,48 Euro/m² kalt so gut wie keine. Wie wird sich das Wohnen im unteren Segment in den nächsten Jahren entwickeln? Wo gibt es private Vermieter, die in größerem Rahmen auf die Vermietung im unteren Preissegment (bis max. 4,48 Euro/m² kalt) setzen?



    Wir könnten ja auch aus Steuermitteln so viele Porsches bauen, bis jeder einen hat?


    Porsche fahren muss kein Mensch, nicht mal Auto fahren. Wohnen muß jede_r.

  • Porsche fahren muss kein Mensch, nicht mal Auto fahren. Wohnen muß jede_r.

    Wohnen ja - aber eben nicht in einer bestimmten, "angesagten", begehrten, ... Lage. Darum - und nur darum geht es hier! Grünau ist gross!


    Auf den Rest gehe ich später ein.

  • Nächster Punkt: KdU


    Bei der gegenwärtigen Rechtslage trägt jeder Privatvermieter, der an Hartz IV - Empfänger vermietet, ein enormes finanzielles Risiko. Es mag ja sein, dass 90% aller Hartz IV - Empfänger die Miete immer pünktlich zahlen, die Mietsache pfleglich behandeln, ... gerät man jedoch an einen von den übrigen 10%, dann war's das!


    Dabei wäre es so einfach, an ein paar Stellschrauben zu drehen. Ein Beispiel:


    1.) KdU nicht je nach Wohnungsgrösse, Kaltmiete Nebenkosten,... , sondern als Fixum (sagen wir: €280,--)
    2.) Benutzbar als Bürgschaft für (unstrittige) Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis und pfändbar
    3.) "Versemmelt" es der Mieter, dann ist der KdU - Zuschuss erst einmal weg, solange bis alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis befriedigt sind. Mieter zieht zu Bekannten oder ins Obdachlosenheim.


    Meine Prognose ist, dass sich in einem solchen Szenario potenzielle Vermieter um Bewerber mit Hartz - IV förmlich reissen werden.

  • Ach, und warum schreibt die "linker Propaganda" eher unverdächtige AENGEVELT IMMOBILIEN GmbH in ihrem jüngsten Immobilienbericht vom 15.04.2014?:


    Bei Wohnhäusern sind im guten Lagebereich aktuell Anfangsrenditen von 5,9% bis 8,5% marktüblich. Für Objekte in nachgeordneten bzw. weniger präferierten Wohn- und Geschäftslagen reicht die Spannweite bis 9,0%.
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=425377


    *** !!! Sensation !!! ***
    Immobilienverkäufer schönt Renditeprognosen!
    *** !!! Sensation !!! ***


    Da wir hier sicher nicht von Schönefeld oder Mockau reden, wären also 5,9 - 8,5% (vor Finanzierunskosten und Steuern) "marktüblich".


    Ich sag Dir was: Wenn die Planwirtschaft (nichts anderes ist sozialer Wohnungsbau) beim Bereitstellen von Waren und Dienstleistungen (und Wohnraum) auch nur annähernd dieselbe Effizienz erreichen würde, dann bin ich der Erste mit 'nem Roten Stern auf der Budjonny-Mütze! Scheiss auf das bisserl Rendite - der Kapitalismus hat unstrittig auch Schattenseiten!


    Dummerweise ist dieser Feldversuch irgendwie gigantisch gegen den Baum gegangen. Wer den DDR-Wohnungs"markt" auch nur annähernd als erstrebenswerte Referenz betrachtet, der hat ihn nie kennengelernt! Die Mieten waren zugegebenermassen recht niedrig - wenn man denn endlich einmal eine bewohnbare Hütte gefunden hatte.

  • Woher stammt die Zahl von 10% der Hartz IV-Empfänger_innen, die ihre Miete nicht immer pünktlich zahlen, die Mietsache nicht pfleglich behandeln? Wo ist der Unterschied zu solventeren Mieter_innen, unter denen es solche Leute auch geben soll? Wie hoch ist das "Mietausfallrisiko" bei allen Mieter_innen zusammen, ist es bei Ärmeren grundsätzlich höher und wenn ja, warum?



    1.) KdU nicht je nach Wohnungsgrösse, Kaltmiete Nebenkosten,... , sondern als Fixum (sagen wir: €280,--)


    Das ist ja jetzt schon so ähnlich. Derzeit kann eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft eine Wohnung bis zur Grundmiete von 201,60 € und Betriebskosten von 59,85 €, also bruttokalt 261,45 € anmieten. Im Rahmen des sogenannten Deckungsringes können theoretisch die Nebenkosten etwas höher sein, wenn die Kaltmiete dafür niedriger ist (bzw. andersrum) und Bruttokaltmiete gleich ist. Das hindert das Leipziger Jobcenter aber nicht, trotzdem "auf Plausibilität zu prüfen" und je nach Lust und Laune abzulehnen:
    http://www.leipzig.de/wirtscha…t-im-arbeitslosengeld-ii/


    Bei 280 Euro bruttokalt würden fast 20 Euro mehr bezahlt, also eine Steigerung von 7,6 Prozent bzw. von 5,81 Euro/m² (bei 45 m²) auf 6,22 Euro/m² (+ 0,41 Euro/m²).


    Welche Grenzen schlägst Du für Zwei- und welche für Mehrpersonenhaushalte vor?



    3.) "Versemmelt" es der Mieter, dann ist der KdU - Zuschuss erst einmal weg, solange bis alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis befriedigt sind. Mieter zieht zu Bekannten oder ins Obdachlosenheim.


    Was heißt "versemmeln" - trotz Mietüberweisung des Jobcenters die Miete nicht an den Vermieter zahlen? Was passiert eigentlich, wenn es das Jobcenter "versemmelt"? Das kommt gar nicht mal so selten vor.


    Und mal rein finanziell betrachtet: Was kostet es pro Tag, wenn jemand ins Obdachlosenheim ziehen muss?



    Meine Prognose ist, dass sich in einem solchen Szenario potenzielle Vermieter um Bewerber mit Hartz - IV förmlich reissen werden.


    Wo sind noch mal die Wohnungen zu den entsprechenden Mietpreisen?
    Max. 201,60 € nettokalt:
    http://www.immobilienscout24.d…O--201,60#result-73446547

  • Du hast das Problem nicht verstanden. Es werden keine KdU - kompatiblen Wohnungen angeboten, weil der Status Quo so ist, wie er ist. Vermietung an Hartz - IV ist desshalb riskant, weil die Miete eben nicht sicher vom Amt kommt, sondern sehr wohl vom Mieter "verfrühstückt" werden kann. Eine evtl. abgegeben Abtretungserklärung ist jederzeit widerrufbar.


    Über eine Kaution von maximal etwas über €600,-- erfolgt ebenfalls auch nicht annähernd eine adequate Absicherung gegen (unbestrittene) Forderungen - und einen vollstreckbaren Titel kann man sich bei Hartz - IV einrahmen und an die Wand hängen.


    Auch meinte ich nicht 280.-- Bruttokalt. Wenn Du nochmal nachliest, dann schrub ich:
    "KdU nicht nach ... Nebenkosten, sondern...". Die 20€ obendrauf sind eingesparte Verwaltungskosten, da ein entsprechender Automatismus eine Einzefallprüfung, nach "Ermessen" etc. überflüssig macht. Dies halte ich auch für - Tata! - menschenwürdiger und zudem förderlich für das Wahrnehmen von Eigenverantwortung.

  • Hinsichtlich der "10%": Da es schwierig ist, belastbares statistisches Material zu finden, hier eine - für Dich vermutlich seriöse - Quelle (Linkspartei):


    http://archiv2007.sozialisten.…hartziv_newsletter_07.pdf


    Hier ist von einer Mietausfallrate von 8% und Mietrückstandsquote von 16% (in Berlin, 2007) die Rede. Nicht einbezogen sind Schäden durch nicht bestimmungsgemässen Umgang mit der Mietsache.


    Die "10%" sind also bestimmt nicht so weit weg von der Realität!

  • Leider vermisse ich noch eine Antwort auf die nachfolgenden Fragen: Wo ist der Unterschied zu solventeren Mieter_innen, unter denen es solche Leute auch geben soll, die ihre Miete nicht immer pünktlich zahlen, die Mietsache nicht pfleglich behandeln? Wie hoch ist das "Mietausfallrisiko" bei allen Mieter_innen zusammen, ist es bei Ärmeren grundsätzlich höher und wenn ja, warum?


    Das Jobcenter selbst will unter anderem aus Verwaltungsgründen lieber an den Hartz-IV-Empfänger überweisen als direkt an den Vermieterin.



    Auch meinte ich nicht 280.-- Bruttokalt. Wenn Du nochmal nachliest, dann schrub ich:
    "KdU nicht nach ... Nebenkosten, sondern...". Die 20€ obendrauf sind eingesparte Verwaltungskosten, da ein entsprechender Automatismus eine Einzefallprüfung, nach "Ermessen" etc. überflüssig macht.


    Ich bitte um Entschuldigung, ich habe es wirklich nicht verstanden. Wieviel Gesamtmiete (bruttokalt plus Heizkosten) soll Deiner Ansicht nach ein Ein-Personen-Haushalt und wieviel ein Zwei-Personen-Haushalt (beides Hartz-IV-Empfänger_innen) als staatliche Unterstützung erhalten bzw. zu welchen Konditionen sollen sie Wohnraum anmieten dürfen. Was passiert, wenn ein oder mehrere Kinder dazukommen?

  • Leider vermisse ich noch eine Antwort auf die nachfolgenden Fragen: Wo ist der Unterschied zu solventeren Mieter_innen, unter denen es solche Leute auch geben soll, die ihre Miete nicht immer pünktlich zahlen, die Mietsache nicht pfleglich behandeln?

    Die Anwort liegt bereits in der Frage: Solvente Mieter sind solvent, d.h. Forderungen in der Regel vollstreckbar. Das war jetzt nicht so schwer, oder?