Die künftige Last der/s modernen Architektur/Städtebaus?

  • Ja Camondo, sehr schön erklärt. Und dabei den Kontext vergessen. Populismus wird immer im politischen Kontext erklärt und nicht in Design-Fragen.


    Oder war Steve Jobs ein Populist?

  • Dann schaut mal http://www.zentralmoschee-koeln.de/ an. Da ist ähnlich viel Glas und Beton verbaut wie beim Kanzleramt in Berlin.


    Das Viertel ist Realität geworden und es wird die Gegend um die Friedrichwerdersche Kirche aufwerten. Ich will auch Axel Schultes nicht Unrecht tun. Dennoch glaube ich dass ein Ludwig Hoffmann (ein wirklich großer Architekt von Berlin) das sicher besser gemacht hätte.


    Wegen OT von dort hierher verschoben.
    Bato

  • ^


    Sicher, dass dieser Beitrag nicht für das Stadtbildforum gedacht war?
    Und im Übrigen: Der alte Hesse Ludwig Hoffmann hätte nach deinem Verständnis eigentlich nicht in Berlin bauen dürfen.

  • Gleichsetzungen zwischen der Kölner Moschee und dem erliner Kanzleramt sind abseitig, auch weil die Moschee in Köln 2005 entworfen wurde - also lange nach dem Berliner Kanzleramt, und runde Formen trägt. Die Formensprache der Mosche von Böhm paßt sich der Baumode an, nicht umgekehrt. Das hat erstmal mit Schönheit nichts zu tun sondern ist eine schlichte zeitliche Abfolge.

  • Quelle: Hallole


    Man kann mich jetzt wieder kritisieren und mich ins Disneylager schieben, aber bei diesen Bauten im Hinterrund gefriert mir das Blut in den Adern. Mich erinnern diese Bauten an düsterste Zukunftsbeschreibungen frei nach George Orwell. Das sind keine Bauten für Menschen, sondern negativste Depressionsutopie.


    Kann mir jemand erklären, wie man als Mensch vor solchen Bauten stehen kann und dabei ein positives und glückliches Gefühl entwickeln soll? Egal wie toll der Tag war, egal was man Positives erlebt hat, wenn man eine halbe Stunde durch solche Quartiere geht, dann ist die Stimmung danach garantiert verflogen.


    Jetzt kann man gegen Altstädte wettern, egal ob erhaltene oder rekonstruierte und diese als Puppenstube, rückwärtsgewandt oder altbacken bezeichnen, aber sie zaubern mir zumindest ein Lächeln ins Gesicht.


    Wenn ich mir aber diese Bauten anschaue - und da kann man seitens der Politik und der Architekten diese Art des Bauens anpreisen wie man will - dann zeichnen diese eine Welt, in der ich nicht leben will. Sie vermitteln nichts Positives, nichts Menschliches.


    Jetzt kann man mich nach meinem Post im Stadtschlossstrang ja berechtigterweise kritisieren, wenn ich hier versuche, Bauten doch menschliche Attribute zuzuordnen. Aber es ist einfach so kalt, so anonym, so entrückt, dass mir nur ein Begriff einfällt: Einsamkeit. Man fühlt sich einsam, wenn man sich diese Bauten anschaut.


    Wenn das die gebaute Zukunft unserer Gesellschaft ist, dann weiß ich, warum es aktuell so rumort. Ich finde diese Art der "Architektur" entsetzlich.

  • Ich war neulich dort und war richtig begeistert von der Ecke.


    Die Gebäude sind kantig, sparsam, dominant und nicht sehr kleinteilig aber wie ich finde auf eine schicke, großstädtische und hochwertige Art – das Ganze hat so gar nichts von Gewerbepark (aber ja, ich muss zugeben ein bisschen Orwell ist schon dabei...)


    Die alte schnörkelige Sandsteinbrücke bildet einen schönen Kontrapunkt dazu.


    Wenn man an der Ella-Trebe-Straße unter den Gleisen nach Süden geht, wirkt das trotz „Tunnel-Location” belebt und interessant – und ich kann Unterführungen normalerweise gar nicht ab. (Ein bisschen trägt vielleicht auch die aktuelle rege Bautätigkeit dazu bei).


    Nach der Unterführung kommt im Zusammenspiel mit dem Cube richtig Metropolenfeeling auf. Man blickt eine gerade Flucht hinab und hinten winkt das Kanzleramt.


    Selbst das Meininger – zu recht als das schwächste Gebäude am Platz angesehen – schafft in der kleinen Straße an den Gleisen eine ganz interessante Atmosphäre, die mich ein wenig an amerikanische Großstädte der 1920er erinnert.


    Besonders nett ist es, sich oberhalb des kleinen Platzes auf die Bahnhofstreppen zu setzen. Die Hotels schaffen ein konstantes Treiben von Sightseeing-Bussen u.ä.


    Wenn alles mal fertig ist wird die Gegend bestimmt mal sehr gut und ein würdiges Berlin-Entree für ankommende Reisende.


    Marco
    ----

  • Ich für meinen Teil finde das gezeigte Gebäude kein gelungenes Beispiel für "schlechte", moderne Architektur.


    Den Eckbau finde ich sogar sehr gelungen. Hochwertige Materialien, keine komplett eintönige Fassade, und eine angenehme Höhe. Beim Gebäude links davon bin ich unschlüssig, da man nicht viel erkennt.


    Im Großen und Ganzen erzeugt das Gebäude bei mir aber kaum weniger Freude als zum Beispiel der Dresdener Neumarkt, den ich aktuell noch sehr künstlich finde. Das wird sich aber vermutlich in zehn Jahren, wenn die dresdener Fassaden ein wenig "Patina" angesetzt haben und authentischer wirken, anders sein.


    Das größte Manko an neuen Vierteln ist für mich, dass die Abwechslung fehlt. Ich finde das Gebäude auf Halloles Foto gut, aber wenn in einem Neubaugebiet mit 15 Parzellen alle Gebäude die gleiche Höhe, mehr oder weniger die gleiche Fläche und alle schnörkellose, geradlinige Fassaden haben, dann kann das erschlagen und langweilen.


    Warum fördert man keine Staffelgeschosse, Schrägdächer oder Rundungen mit einer etwaigen Kompensation für die verlorengegangene Fläche?


    Warum traut man sich nicht (mehr) an vereinzelte Blob-Architektur, Postmoderne aus Backstein oder farbigem Granit etc.?


    Gibt es ein Werkzeug, das Investoren die Einrichtung von kleinen Plätzen mit Grün oder Brunnen (POPS) oder auch Kunst am Bau auf Ihrem Grund (gegen erhöhtes Baurecht oder andere Förderung) vorschreibt/ermöglicht?


    Damit kein falscher Eindruck ensteht (die Fronten sind ja teils ein wenig verhärtet :D): Ich finde vereinzelte Rekonstruktionen wünschenswert und Viertel wie in Dresden (ganz gut) oder Frankfurt (genial) sollten ein fester Bestandteil künftigen Bauens sein, aber ich kann eben auch Neubauten wie dem oben gezeigten oder auch dem Potsdamer Platz viel abgewinnen.
    Nur auf mehr Abwechslung und wenn möglich kleinere Parzellen sollte man achten.


    PS: Falls meine drei Fragen zu naiv waren oder die Themen schon zur genüge hier diskutiert wurden, sorry.

  • Wer wohnt da? Mao Zedong?


    Guten Geschmack kann man sich halt mit Geld nicht kaufen, Grauenvoll


    und Odysseus


    "düsterste Zukunftsbeschreibungen frei nach George Orwell" Ich bin da ganz bei dir so etwas ist unmenschliche Architektur, ein wahr gewordenen Alptraum in Beton und Glas!

  • Also abgesehen davon, dass mir das Beispiel von Odysseus sehr gut Gefällt, möchte ich die Diskussion mal in eine ganz andere Richtung lenken:

    Ist es nicht recht egal wie Gebäude aussehen um sich in deren Nähe wohl zu fühlen? Viel wichtiger ist doch die Umgebung und wie diese gestaltet ist.

    Ich fühle mich zum Beispiel bei uns in der Plattenbausiedlung aus den 70ern ziemlich wohl, obwohl die Gebäude das absolute Gegenteil von einladend sind. Dafür ist alles größtenteils autofrei, mit kleinen Wegen, viel Grün und überall sind Menschen. Da halte ich mich doch gerne auf.

    Das Problem mit den hier geschilderten Bauten ist doch vielmehr, dass sie oft direkt an recht große Straßen angrenzen. Da hilft dann auch ein breiter Gehweg nicht. Dadurch entsteht dann die typische „Bahnhofsstraßenatmosphäre“ (ach witzig, ich hab gerade bemerkt, dass das Gebäude tatsächlich sogar neben einem Bahnhof ist :D) in der man sich schnell verloren fühlen kann. Mit alten Gebäuden aus Sandstein wäre diese Ecke auch nicht viel wohnlicher.

    Tatsächlich bin ich aber sehr neugierig, wie ich in 50 Jahren mal auf diese Gebäude schauen werde. Da ist nämlich viel Spielraum. Von Bausünde, bis zum visionären Bauhaus-Revival ist alles drin.

  • Viele tun so, als ob historisierende Fassaden sozusagen eine Geste der Versöhnung für die ewig Gestrigen sei, dass ist quatsch - es sei denn man möchte Architektur politisieren - das hat Architektur NIE geholfen. Nein historisierende Projekte dieser Art sehe ich als Stadtreparatur, die einen Stadtraum der vorher sozusagen unvollkommen versucht wurde eine neue Bedeutung zu geben - quasi ohne Bedeutung war. Es fehlte einfach ein Mosaik - nämlich der Baustein, der Berlin an dieser Stelle hätte durch nichts besser ersetzt werden können, als durch dieses Schloss. Davon bin ich jetzt wo ich es gesehen habe überzeugt.

    Quod erat demonstrandum: Die Vorstellung, Vergangenes kann durch nichts Besseres ersetzt werden, ist eine konservative Idee sui generis. Daher war und bleibt es eine politische Entscheidung, die Schlossfassaden rekonstruieren zu wollen, weil früher alles besser war und sich keine bessere Zukunft vorgestellt werden kann. Die sog. Ästhetik des öffentlichen Raumes ist auch ein Herrschaftsinstrument, wo gewünschte Leitbilder von Gesellschaft ermöglicht, ungewollte dagegen abgedrängt oder beseitigt werden. Zielgröße hier war wohl im besten Fall eine Vorstellung von Bürgerlichkeit des 19. Jahrhunderts, die in den Stadtveduten Eduard Gaertners zum Ausdruck gekommen ist? Andere hatten eher die Stadtästhetik einer Gesellschaft von 1910 oder 1939 als Wunsch vielleicht? Wie auch immer - diese Vorstellung einer heilen, bruchlosen "europäischen" Stadt wird klar gegen die fortschrittsoptimistischen, utopischen Stadtkonzepte der Moderne in Stellung gebracht. Natürlich gab es da auch gravierende Defizite - aber diese Auseinandersetzung in Deutschland zwischen der Stadt der Moderne und einer idealisierten Vorstellung einer vorweltkrieglichen harmonischen historischen Stadtstruktur mit dem Ringen der letzten 30 Jahre, welches Leitbild die konkrete Gestalt der Stadt bestimmt, ist politisch, sogar ideologisch und repräsentiert den Diskurs innerhalb unserer Gesellschaft, mit welchen Konzepte wir unsere Zukunft gestalten. Dafür ist das Humboldt-Forum ein Symbol - und es wurde und wird von seinen Befürwortern aber auch Feinden genau so verstanden (ich erinnere an so mache Diskussion zu diesem Thema hier im Forum). Und es gibt auch bis heute Kritiker gegenüber der Architektur des Humboldt-Forums - es ist ein Gebäude, dass bis heute zu gesellschaftlichen Kontroversen anregt, sie geradezu herausfordert an dieser Stelle.

  • Die Vorstellung, Vergangenes kann durch nichts Besseres ersetzt werden, ist eine konservative Idee sui generis.

    Nein, es ist keine konservative Idee. Vielmehr ist es die rein praktische Lebenserfahrung, dass moderne Architektur nicht imstande ist, Vergangenes durch Besseres ersetzen zu können. Viel Blabla für einen ganz einfachen Sachverhalt: Die Moderne hat kläglich versagt! Was gibt es da noch zu diskutieren?


    Im Übrigen wurde diese Grundsatzdebatte hier schon viele Male ergebnislos geführt. Daher erschließt sich mir nicht, welchen Sinn solche Beiträge haben sollen. Jedenfalls bin ich mit dem baulichen Ergebnis des Humboldt-Forums sehr zufrieden. Das ganze Gerede drumherum spielt keinerlei Rolle für das bauliche Ergebnis. Diese Stelle der Stadt ist bebaut und ausdiskutiert. Daher macht es Sinn, sich aus dieser Diskussion auszuklincken. Wir können gerne wieder diskutieren, wenn es darum geht, das Marx-Engels-Forum endlich zu bebauen. ;)

  • Es geht doch nicht darum, ob im Stadtraum eine neue, zeitgemäße Stilrichtung grundsätzlich und immer besser und ein Fortschritt ist gegenüber einer älteren bzw. „nicht mehr zeitgemäßen ,rückwärtsgewandten“ Stilrichtung. Sondern, es geht darum, welcher Stil und welche Form im Einzelfall an einer konkreten Stelle in einem beschädigten oder nicht vollendeten Ensemble funktional, ästhetisch, historisch passender ist und ob entweder Kontraste zwischen alt und neu reizvoller und positiv anregender wirken oder ob durch einfügsame Anpassung in Stil und Form an das unmittelbare Umfeld eine harmonischere, vielleicht auch historisch bedeutsamere Erinnerung und Wirkung erzielt wird.

    Du hast recht: Gebäude sollte man nicht politisch belasten und kontaminieren, so wie z. B. die zu rekonstruierende Garnisonkirche von 1735 durch den Handschlag zwischen Hitler und Hindenburg von 1933 oder das Humboldt-Forum durch den späten Wilhelmismus unter WII und durch die Raubkunstverbrechen.

  • Quod erat demonstrandum: Die Vorstellung, Vergangenes kann durch nichts Besseres ersetzt werden, ist eine konservative Idee sui generis. Daher war und bleibt es eine politische Entscheidung, die Schlossfassaden rekonstruieren zu wollen, weil früher alles besser war und sich keine bessere Zukunft vorgestellt werden kann.

    Was für eine verkopfte, politisch gewollte Aussage!
    Natürlich gibt es genau diese konservativen, die in dem Bau an alte Zeiten erinnern wollen im Sinne von früher war alles besser… Diese Meinung ist genau so eine Meinung wie viele andere die in diesem Schloss einfach nur eine wohltuende Erholung für das angestrengte Auge in Berlin sehen!


    Er will ja bitte keiner erzählen, dass die Architektur rund um den Alexanderplatz, in irgendeiner Form harmonisch, noch irgendwie ein Ensemble bildet, rund um den Bahnhof Alexanderplatz ergibt sich in Richtung Spree ein komischer Mix aus DDR Architektur, moderne Konsumarchitektur und wenige erhaltene Vorkriegsarchitektur mit riesigen Strassenschluchten ohne Gestaltungsidee an den Rändern…

  • Es gibt manche, die schon in den Wunsch ein "harmonisches Stadtbild" herstellen zu wollen eine konservative Vorstellung am Werke sehen... Hier im Forum weniger, aber in Architekturfachdiskursen oder auch im Image jüngerer Touristen in Berlin spielen vielmehr diese als spannend empfundene Widersprüchlichkeit und Heterogenität als Charakteristika Berlins eine Rolle, die Stadträume eben nicht durch "Schönheit" besetzt, sondern Freiräume zur Aneignung bietet. Und dieser Ort des Humboldt-Forums und wie in den letzten 100 Jahren mit ihm umgegangen wurde, kann meiner Meinung nach ein Baustein dafür sein - wenn er nicht künstlich harmonisiert wird, sondern in seinen krassen Widersprüchen Thema bleibt - was er ja auch tut - wie die gesellschaftlichen und medialen Diskussionen der letzten Monate aufzeigen. Letztlich wollte ich einfach darauf hinweisen, dass gerade diese Brüche in der gelebten Praxis an dem Ort das spannende bleiben, weil es sie einfach gab.

  • Nein, es ist keine konservative Idee. Vielmehr ist es die rein praktische Lebenserfahrung, dass moderne Architektur nicht imstande ist, Vergangenes durch Besseres ersetzen zu können. Viel Blabla für einen ganz einfachen Sachverhalt: Die Moderne hat kläglich versagt! Was gibt es da noch zu diskutieren?


    Im Übrigen wurde diese Grundsatzdebatte hier schon viele Male ergebnislos geführt. Daher erschließt sich mir nicht, welchen Sinn solche Beiträge haben sollen. Jedenfalls bin ich mit dem baulichen Ergebnis des Humboldt-Forums sehr zufrieden. Das ganze Gerede drumherum spielt keinerlei Rolle für das bauliche Ergebnis. Diese Stelle der Stadt ist bebaut und ausdiskutiert. Daher macht es Sinn, sich aus dieser Diskussion auszuklincken. Wir können gerne wieder diskutieren, wenn es darum geht, das Marx-Engels-Forum endlich zu bebauen.

    Herzlichen Glückwunsch für ihren festen Glauben! - Unabhängig von Ihnen gibt es gerade schon intensive Kontroversen darum, auch wenn sie persönlich das scheinbar weniger erreicht. Es gibt zum Beispiel Initiativen in Berlin, die einen Abriss des Humboldt-Forums fordern... - Gut - das ist eine Extremposition. Aber ich glaube nicht, dass jetzt um das Humboldt-Forum Ruhe herrschen wird... Die anderen Akteure sind genauso hartnäckig wie die Rekobefürworter...

  • Stadtstruktur Hartnäckigkeit KANN eine wichtige Qualität sein. Hartnäckig gegen eine massive Wand anzurennen, wäre aber eher eine hohe 'Qualität' von Beschränktheit sowie Zeit- und Energieverschwendung. Und gerade die Mauern des Humboldtforums sind schon ziemlich massiv (was wohlgemerkt auch für die modern gestalteten Anteile gilt). Man spricht da manchmal auch von der normativen Kraft des Faktischen, was entsprechend mal gerne und mal mit Zähneknirschen akzeptiert wird (jeder findet sich da in wechselnder Rolle wieder).


    Ansonsten bin ich grundsätzlich durchaus oft fasziniert von Berlins vielen Brüchen und Kontrasten - gerade wenn sie wie bei der Reichstagskuppel tatsächlich eine besondere Form der Aneignung ermöglichen. Beim Humboldtforum hängt die Aneignung mE aber mehr vom inhaltlichen Konzept als von den äußeren Hüllen ab. Ich finde die inszenierten Brüche übrigens ok. Sie sind aber letztlich ebenso eine ('künstliche') Entscheidung wie es die Sprengung war und wie es eine Vollreko gewesen wäre.


    Und dass Brüche immer besser als harmonische Ensembles sind (vielleicht gar noch, je krasser, disharmonischer und unversöhnlicher, desto besser), würde ich so auch nicht unterschreiben. Bei besonderen Bauwerken wie besagtem Reichstag oder auch der Gedächtniskirche finde ich es ziemlich genial. Wenn man das aber um jeden Preis zur flächendeckenden Agenda macht, wird es mE irgendwann banal und erstickt zudem (künstlich!) die Entwicklung. Man kann Spuren der Zeit auch selektiv konservieren (wie beim Weinhaus Huth und Hotel Esplanade am Potsdamer Platz oder der Eastside Gallery) oder aber abstrahieren (wie bei Stolpersteinen zum Holocaust, einer Nachzeichnung von Grundrissen wie besonderer Pflasterung oder aber Grünstreifen entlang des alten Mauerverlaufs), Denkmäler und Gedenktafeln errichten. Immerhin wollen die Menschen auch in der Stadt leben und sich mit ihr identifizieren. Da finde ich demonstrative Hässlichkeit/ Disharmonie nicht den überzeugendsten Ansatz (je höher und redundanter der didaktische Zeigefinger ausgepackt wird, desto stärker nutzt es sich ab - spreche da durchaus aus Erfahrung).

  • Viel einseitiges, viel Geblubber. Alte wie moderne Architektur hat seine Daseinsberechtigung! Zumal übrigens eine Bebauung des Marx und Engels Forum unklug wäre, auch aus ökologischer Sicht und zum anderen muss man denn immer alles so herstellen wie vor dem zweiten Weltkrieg? Man kann eine Metropole auch weiterentwickeln, man muss es sogar, denn auch vor 100 Jahren haben unsere Stadtfrauen und Stadtmänner die 4.5 Millionenstadt Berlin schon als "Metropole der Hochhäuser" gesehen.


    Ja, das Humboldtforum war eine sinnvolle Stadtreparatur, bin ich ganz dabei, aber wir sollten Balance bewahren, gerade auch hier bei uns in Berlin.

  • Wenn Bebauung, dann kann es m. E. selbstverständlich nur eine mutige, konsequent moderne, städtisch dichte, lebendige Mischbebauung mit Stadthäusern, Cafés, Geschäften, möglichst mit großzügiger Sichtachse zwischen Fernsehturm und Humboldt-Forum sein. Hier ist ohne rekonstruierte Bauten eine genaue Nachbildung des früheren Vorkriegs-Straßenverlaufs m. E. nicht erforderlich und nicht sinnvoll. Auch für die beiden Marx u. Engels fände sich bestimmt ein würdiger Platz, Der Neptunbrunnen gehört m. E. ohnehin zurück zum Schlossplatz. Der Senat wird aber auf der sichtbaren und erlebbaren DDR-Zeitschicht einschließlich der bestehen.