Opern- und Schauspielhaus der Städtischen Bühnen

  • Städtische Bühne Frankfurt sind ein Sanierungsfall

    Die FNP widmet sich heute ausführlich den städtischen Bühnen in Frankfurt. Anbei die Kurzzusammenfassung:

    • Das Gebäude enthält noch Original-Mauern aus dem Jahr 1902 (OllaPetas Vermutung im März war also korrekt)
    • Ein Großteil der Bausubstanz stammt allerdings aus den Wiederaufbau-Jahren 1959-1963 und ist komplett sanierungsbedürftig.
    • Es wird auf eine Generalsanierung hinauslaufen. Bislang schon bekannt sind das undichte Dach und die nur einfach verglaste Glasfassade mit der der Willy-Brandt-Platz mitgeheizt wird. Weitere Bereiche wo wohl etwas gemacht werden muss sind das Leitungssystem und die 17 verschiedenen Klimaanlagen
    • Im Herbst wird die Bestandsaufnahme abgeschlossen sein.
    • Im städtischen haushalt sind bislang 129 Mio. € eingestellt, ein Blick nach Köln (wo ebenfalls das aus derselben Zeit stammende Opern- und Schauspielhaus saniert wird) verrät aber, dass es dort mit ca. 275 Mio. e mehr als doppelt so teuer wird.
    • Allein die derzeit laufende Mängeluntersuchung kostet 6 Mio. €.
    • Klar ist, dass der Spielbetrieb bei einer Sanierungs nicht in vollem Umfang ausrechterhalten werden kann. Bei der Sanierung der Oper würden die Opernaufführungen ins Schauspielhaus verlegt werden und das Schauspiel gleichzeitig ins Bockenheimer Depot umziehen. Nach der Sanierung der Oper zieht das Opernensemble zurück ins Opernhaus und das Schauspielhaus wird saniert.
    • Lediglich bei der Sanierung der Glasfassade wird wohl das gesamte Haus geschlossen werden. Es soll ein spezielles Glas verwendet werden, das viel Licht, aber wenig Wärmestrahlung durchlässt.
    • Ein Arbeitsbeginn ist derzeit noch nicht absehbar. Es wird damit gerechnet, dass nach einem Sanierungsbeschluss nochmal 18 Monate für die Planung einkalkuliert werden müssen.
  • 275 Mio???
    Wäre es da nicht fast günstiger, abzureißen und neu zu bauen?


    (Für 114 Mio. kann man sich immerhin eine Elbphilharmonie leisten, zumindest zum Originalpreis)

  • Wahrscheinlich schon. Allerdings müsstest Du dann Oper und Schauspiel komplett auslagern und nicht nur eine von beiden.

  • 129 Mio., evtl. 275 Mio... Unfassbar, dass nach dem ebenfalls nicht billigen, aber ziemlich hässlichen Anbau an der Südseite, der kürzlich fertiggestellt wurde (siehe Beiträge auf den letzten Seiten), nochmal so eine Riesensumme in diesen furchtbaren Klotz versenkt werden soll. Wer die Geschichte der Verunstaltung des Gebäudes noch nicht kennt, kann sie über die Seite aufbau-ffm.de in Kombination mit der WayBackMachine nachvollziehen: Klick! Vor dem Bau des Taunusturms konnte man vom Maintower aus noch ein Stück alter, vereinfachter Fassade in einem Innenhof erkennen. Vielleicht hat ja jemand eine bessere Auflösung, das Foto ist von 2007.



    Köln saniert momentan, wie sipaq oben schon schreibt, ebenfalls seine Oper (auch ein furchtbar hässlicher Klotz, siehe Thread) und hat die Veranstaltungen dafür in den Musical Dome verlagert. Eine ähnliche Lösung wäre sicher auch in Frankfurt wünschenswert, wobei ich natürlich nicht weiß, ob das wesentlich billiger/teurer werden würde, ob die Stadt ein passendes Grundstück fände etc. Ein Traum wäre die Wiederherstellung des alten Schauspielhauses für die Oper und ein Neubau für das Schauspiel. Aber wie gesagt, das ist nur ein Traum :)


    -Bild von mir-

  • Theaterarchäologie

    Abriß und Neubau wäre wahrscheinlich - zumindest im Bereich der Oper - wirklich die einfachste Lösung und eine Versicherung gegen die mit Sicherheit zu erwartenden Überraschungen. Denn im Unterschied zum Kölner Sanierungsfall steckt eben im Kern des ganzen Konglomerats immer noch das alte Jugendstilschauspielhaus. Das gilt zumindest für das so beliebte Holzfoyer, die Treppenhäuser, den Zuschauerraum und Bühnenturm der Oper. (OK, der Bühnenturm wurde nach dem Brand wie weitgehend auch immer erneuert). Drumherum wurden dann über die Jahrzehnte das neue Schauspielhaus, die neuen Werkstätten, Magazine und Foyers zwiebelartig in immer neuen Schichten an- und umgebaut - mit allen fragwürdigen Konsequenzen wie z.B. dem abgesenkten Eingang, den extrem niedrigen Decken in diesem Bereich und den irrwitzigen, als Treppen gestalteten Niveauübergängen im Inneren der Doppelanlage. Denn in den 60ern, als das neue Foyer vor den Altbau gehängt wurde, hat man gegenüber der früheren Situation sozusagen eine Etage untergeschoben, um Platz für die zusätzlichen Besucher des Opernhauses zu gewinnen. Man hatte im Zuschauerraum ja auch mehr Sitze untergebracht als vor dem Krieg.
    Wer Frankfurt noch aus den 60ern kennt, kann sich bestimmt noch an die zwar verstümmelte, aber doch noch weitgehend erhaltene Jugendstil-Fassade des Theaters erinnern. Vielleicht ist wie bei Ammerschläger, M.Schneider oder im Saal des Palmenhauses, die ja auch in dieser Zeit 'modernisiert' wurden, diese Fassung unter den Verkleidungen sogar noch vorhanden. Wundern würde es mich nicht.


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    Mod: An dieser Stelle ein Hinweis auf unseren Thread "Vergangenheit und Zukunft des Opern- und Schauspielhauses".

  • Sanierungskonzept

    Im oben in #100 beschriebenen Verfahren bezüglich "Durchführung einer Gebäudeanalyse der gesamten baulichen und technischen Anlagen der Städtischen Bühnen Frankfurt sowie die Entwicklung eines Konzeptes für die bauliche Umsetzung der erforderlichen Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen" wurde ein Auftrag vergeben. Den Zuschlag erhielt die skena Planungsgesellschaft mbH in Arbeitsgemeinschaft mit Hochmuth + Beyer GmbH & Co. KG, Heidelberg. Mit der Bestandsaufnahme der baulichen und technischen Anlagen soll möglichst in der Spielpause im Sommer 2015 begonnen werden. Die Ausarbeitung für das Sanierungskonzept soll sich im 1. Quartal 2016 anschließen (Quelle).

  • Vertane Chance

    Schade. Stellt euch vor, was für eine einmalige Chance sich geboten hätte, wenn statt der Sanierung neu gebaut worden wäre. Wenn wie in vielen nordeuropäischen Ländern in Hafenlagen, ein modernes Gegenüber zur alten Oper entstanden wäre, wäre die Taunusanlage rund herum international konkurrenzfähig geworden.
    Stellt man sich eine Abwandlung der vielen tollen Opernhäuser zwischen den Hochhäusern der Taunusanlage vor, wäre das für Frankfurt ein weiterer großer Schritt aus der Nachkriegspiefigkeit gewesen.


    In diesem Sinne halte ich die Investition in eine Sanierung für einen Fehler. Das derzeitige Gebäude ist ein unästhetisches Flickwerk und einer so prominenten Stelle unwürdig.


    Allerdings könnte gut sein, dass die Schreckensmeldungen der Elbphilharmonie die Entscheidungsträger von einer derartigen Vision abhalten.

  • Gut ist, dass man mit einer Bestandaufnahme der baulichen und technischen Anlagen anfängt - danach weiß man erst was da alles steht und in welchem Zustand es ist.
    Wenn dann, offenbar erstmals, ein ganzheitliches Konzept für eine Sanierung erstellt wird, liegt ein Plan vor, der die gesamten Kosten der Sanierung offenlegt.


    Damit ist noch lange nicht gesagt, dass man die Sanierung überhaupt durchzieht, denn natürlich ist in diesem Konzept eine Wirtschaftlichkeitsberechnung enthalten.


    Es kann also gut sein, dass man, nachdem das Sanierungskonzept erstellt wurde und die Kosten für die Sanierung bekannt sind, eine Entscheidung für ein anderes Vorgehen trifft.


    Umgekehrt: Wenn man sich direkt für Abriss und Neubau entschieden hätte, ohne diese Bestandsaufnahme durchzuführen, wäre hinterher jahrzehntelang über die horrenden Kosten des völlig überflüssigen Neubaus gestritten worden, denn "das war ja alles noch gut in Schuss".


    Wie wär's mit der Vorbereitung eines Bürgerentscheids gegen einen Abriss - der wird sicher schiefgehen und damit den Kurs Richtung Abriss richten ;)

  • Einen richtigen Kracher hat heute die FR zu vermelden:


    Offenbar überlegt man in der Stadtregierung (sowohl Kämmerer als auch OB), ob man die Oper und das Schauspiel nicht abreisst und nahezu komplett neu ausbaut. Bestehen bleiben würden nur die Werkstätten, die ja relativ neu sind.


    Grund ist die Bestandsaufnahme, die mittlerweile abgeschlossen ist und einen Sanierungsbedarf in Höhe von ca. 300 Mio. € aufgezeigt hat.

  • Das in den Vorbeiträgen thematisierte Sanierungskonzept liegt noch nicht vor. Aus der Stadtverwaltung hat die FAZ aber bereits Eckpunkte in Erfahrung bringen können. Und die sind erschreckend: Bei einer Sanierung der Städtischen Bühnen mit Nutzung eines Interimsquartiers ist von Kosten von einer halben Milliarde Euro (!) und einer Dauer von elf bis zwölf Jahren (!) auszugehen. Das steht in der Mittwochsausgabe der Zeitung.


    Es wird damit gerechnet, dass das Gutachten vor der Sommerpause vorliegt. Anschließend sollen verschiedene Sanierungsvarianten geprüft werden, ebenso die Möglichkeit eines Neubaus an gleicher Stelle. Ein Neubau an anderer Stelle soll innerhalb der Römer-Koalition bisher kein Thema sein (dies daher bitte weiterhin an dieser Stelle diskutieren).

  • "Neues Stadttheater" (Kein Aprilscherz!)


    Heute berichtet die FAZ im Regionalteil (19. Mai 2017), dass ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten zu drei Vorschlägen gekommen ist:


    1) Abriß des Bestandsgebäudes und Neubau (Auslagerung Spielbetrieb)
    2) Sanierung und Auslagerung Spielbetrieb
    3) Sanierung bei laufendem Spielbetrieb


    Bei der Neubau- und bei einer Sanierungsvariante ist ein zusätzliches Hochhaus mit 100m Höhe und 24 Stockwerken an der Hofstraße ggü. des Jüdischen Museums-Neubaus geplant.


    (Zum Vergleich: Jumeirah-Hotel ist 99m hoch)


    Die Theaterintendanten wünschen sich 20.000 Quadratmeter zusätzliche Fläche für: Probenbühne, Büros, Lager (!), Wohnungen für Gaststars


    Das Gutachten kostete die Stadt bisher 6 Mio. EUR.


    Alle drei Varianten kosten ungefähr 500 Mio. EUR.


    Es wird wohl ein Neubau favorisiert.


    Laut FAZ würde durch das Hochhaus das Wallservitut verletzt.

    3 Mal editiert, zuletzt von frank353 () aus folgendem Grund: Korrekturen durch mich

  • Ganz ehrlich: Ich hoffe auf einen Aufschrei in der Bevölkerung. Ein Hochhaus an sich ist ja etwas ganz Feines, aber am Südwest-Eck, in die Wallanlagen hineinragend, 100 Meter hoch, davon 20.000 Quadratmeter für die Städtischen Bühnen größtenteils zur Lagerung von Kulissen etc.? Wer hat da den Schuss nicht gehört? Wenn Hochhaus, dann an der Neuen Mainzer und auch nur (durch Einnahmen aus Grundstücksverkauf, Pacht o.ä.) rein zur Gegenfinanzierung des arg teuren Bühnenprojektes. Lager, Werkstätten, Probenräume etc. sollten/müssen an günstigeren Standorten unterkommen, auch um Puffer für gestalterische und logistische Überlegungen für die Doppelanlage zu schaffen.

  • Für mich kommt nur noch Variante 1 in Betracht. Das man bei solchen Kosten immer noch über eine "Sanierung" dieser Flickschusterei nachdenkt. Ich verstehe es nicht.
    Hochhaus muss dort auch nicht sein. Lieber einen weltstädtischen Opern-, Schauspiel-Neubau der Architektonisch hohes Niveau erreicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Adama ()

  • Damit ist es doch quasi offiziell, dass die gesamten Flächenanforderungen ohnehin nicht an diesem einen Standort erfüllt werden können. Also braucht es auf jeden Fall einen weiteren Standort. Mal abgesehen davon, dass reine Logistikflächen in solch teurer Lage ohnehin nichts verloren haben.
    Also sollte man auf jeden Fall mal unter Einbezug auch der Alten Oper und zwingend auch einer Variante rekonstruiertes Schauspielhaus prüfen, welche Nutzung denn in welchem Gebäude am besten passt, und den Rest an einen komplett neuen Standort auslagern.
    Hochhaus fände ich gar nicht so verkehrt, würde die Lücke zwischen Winx und Eurotower schließen. Sollte aber eher zur Querfinanzierung verkauft werden, und auf keinen Fall das Wallservitut verletzen.

  • Machbarkeitsstudie

    Heute wurde die "Machbarkeitsstudie für die Gesamtsanierung der Städtischen Bühnen Frankfurt" der Öffentlichkeit vorgestellt. Die aus diesem Anlass stattfindende Pressekonferenz wurde per Videostream übertragen. Bis weitere Informationen bekannt gegeben werden, vorab ein paar Eckpunkte:


    • drei Varianten wurden untersucht; zwei bezüglich Sanierung und Erweiterung, eine zu Abriss und Neubau
    • die ermittelten Gesamtkosten (also nicht nur Baukosten) betragen jeweils knapp 900 Mio. Euro
    • die Spanne, innerhalb derer sich die Gesamtkosten der drei Varianten unterscheiden, beträgt maximal 30 Mio. Euro


    Mit detaillierten Informationen ist heute Abend und in den nächsten Tagen zu rechnen. Als Vorschuss eine Grafik der Sanierungsvarianten mit dem schon bekannt gewordenen Hochhaus zur Erweiterung (vergrößerbar):


    Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/exabload/7777z7uxp.jpg
    Bild: Stadt Frankfurt am Main / PFP Planungs GmbH

  • Ein Exzerpt der Machbarkeitsstudie liegt nun als PDF vor: Teil 1 und Teil 2. Eine Folie daraus direkt, nämlich eine Gegenüberstellung der drei geprüften Varianten. Die erste ist eine Sanierung bei laufendem Betrieb, prognostizierte Dauer elf Jahre, die zweite Sanierung bei vorübergehenden Auszug des Schauspiels an einen anderen Ort, Dauer acht Jahre, und die dritte Abriss und kompletter Neubau bei voraussichtlich sechs Jahre Dauer:



    Grafik: Stadt Frankfurt am Main / PFP Planungs GmbH


    Im ersten Teil des Exzerpts heißt es, ohne Verklärung, mit der Distanz eines Hamburger Architekturbüros, auf Seite 29 zum Thema Erscheinung im Stadtraum:


    "Die heterogene Erscheinung des Gebäudeensembles stellt in der Summe keine hochwertige und dem künstlerischen Gehalt der Häuser entsprechende Erscheinung dar. Zum städtischen Willy-Brandt-Platz hin orientiert, öffnet sich das Ensemble über das durchgehende und vollverglaste große Foyer zur Stadt hin. Es wird etwas erzählt, das Haus gibt der städtischen Umwelt etwas von seiner inneren Funktion und Bedeutung, während besonders abends die Hochhaus-Kulisse einen atemberaubenden urbanen Hintergrund für die Besucher des Foyers abgibt. Hier funktioniert das Einwirken in den Stadtraum, an den anderen Fassadenseiten umso weniger. Unattraktiv, stumpf und dumpf wickeln sich die Fassaden ab, alleinig die neue Werkstatt versucht mit großflächigen Plakataufzügen seinem eigenen Grau entgegenzuwirken. Ein gemeinsam umlaufendes Erscheinungsbild oder alternativ eine getrennte Ablesbarkeit der beiden Spielstätten ist nicht gegeben."


    Das trifft es gut, meine ich. Bei einer Sanierung wären, stark vereinfacht ausgedrückt, beinahe alle Bereiche abzubrechen und anschließend neu aufzubauen. Darüber hinaus würden bei einer Sanierung alleine die Anforderungen des Brandschutzes bauliche Erweiterungen erforderlich machen. Um den aktuellen Vorschriften entsprechen zu können, muss das Bauvolumen also wachsen. Hauptsächlich diese beiden Faktoren sowie ein höheres Risiko für unvorhergesehene Kostensteigerungen erklären die geringe Differenz der Kosten der Sanierungsvarianten zu denen für Abriss und Neubau. Die bei der Pressekonferenz anwesenden Dezernenten, Ina Hartwig (Kultur) und Jan Schneider (Bau), ließen dann auch durchblicken, dass eine Sanierung nicht die von ihnen favorisierte Variante ist.


    Die Machbarkeitsstudie hat übrigens 6,6 Mio. Euro gekostet. Das sagte Dr. Hartwig auf die Frage eines Zuhörers.

  • Abschließend eine Presseerklärung zur heutigen Präsentation der Studie:


    Machbarkeitsstudie für die Gesamtsanierung der Städtischen Bühnen Frankfurt veröffentlicht


    Vor vier Jahren wurde die sogenannte „Machbarkeitsstudie für Gesamtsanierung der Städtischen Bühnen Frankfurt“ vom Kulturdezernat beauftragt. Grundlage ist ein Magistratsbeschluss vom 6. September 2013. Die Projektleitung der Studie oblag dem städtischen Hochbauamt in enger Abstimmung mit den Städtischen Bühnen. Sie legten die Parameter fest, nach denen der Bestand und die verschiedenen Lösungen eingehend geprüft wurden. Die Aufnahme und Bewertung des Bestandes der Städtischen Bühnen Frankfurt durch die beauftragten Planer führte zu einer Liste von Mängeln baulicher, technischer, sicherheitstechnischer, funktionaler und gestalterischer Art. Sie sind auf das Alter des 1963 errichteten Gebäudes und seine lange und bewegte Entwicklungsgeschichte zurückzuführen.


    Diese Machbarkeitsstudie ist nun fertiggestellt. Das beauftragte Architekturbüro PFP PLANUNGS GMBH aus Hamburg hat den Inhalt und die Ergebnisse der Studie bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 6. Juni, vorgestellt. Die Untersuchung beinhaltet sowohl Ergebnisse zum aktuellen Zustand des Gebäudes, eine Nutzerbedarfsanalyse sowie drei kalkulierte Varianten zur Neugestaltung und Sanierung des Theatergebäudes am Willy-Brandt-Platz. Variante eins sieht eine Sanierung im Bestand vor, Variante zwei berechnet die Sanierung bei einer Teilauslagerung des Betriebes, und Variante drei behandelt den kompletten Abriss und Neubau des Gebäudes.


    „Bisher war die Zeit der Fachleute und Planer. Jetzt beginnt die Zeit der politischen Willensbildung, und das heißt zunächst einmal, dass die Kosten der einzelnen Modelle durchaus hinterfragt werden können und hinterfragt werden müssen. Meine grundsätzliche Haltung zum Standort ist bekannt und wird sich durch die heute vorgestellte Studie auch nicht ändern. Die Theaterdoppelanlage, das künstlerische und kulturelle Herz Frankfurts, gehört in die Mitte unserer Stadt“, sagt Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig.


    „Die heute vorgestellten Zahlen verdeutlichen, vor welch großer Planungs- und Bauaufgabe wir stehen. Daher muss mit größter Sorgfalt abgewogen werden, wie vorgegangen werden soll. Das bezieht sich sowohl auf das "Was" - also das Raumprogramm - als auch auf das "Wie" - d. h. die Entscheidung für eine Variante und den Standort. Bevor eine so kostenintensive Entscheidung getroffen wird, sollten zunächst alle denkbaren Varianten belastbar geprüft werden. Erst dann kann meines Erachtens abschließend über das weitere Vorgehen entschieden werden“, sagt Jan Schneider, Dezernent für Bau und Immobilien, Reformprojekte, Bürgerservice und IT.


    Variante eins:
    Die erste Variante der Studie, die von den Städtischen Bühnen zunächst bevorzugt wurde, prüft und berechnet eine Sanierung von Schauspiel und Oper bei laufendem Betrieb mit einer Bauzeit von elf Jahren. Der Mehrbedarf, den die zugehörige Nutzerbedarfsanalyse ermittelt hat, etwa für Probebühnen, benötigte Büro- und Lagerräume sowie Proberäume für die Musiker, würde sich in einem Hochhaus ausdrücken. Derzeit sind diese Räume zum Teil angemietet, verteilen sich über die ganze Stadt und verursachen erhebliche Kosten. Aber auch die gesetzlich notwendige technische Anpassung (Brandschutz, Arbeitssicherheit) erfordert einen erheblichen Volumenzuwachs. Im Turm-Neubau, der in den ersten Schritten anstelle des jetzigen Opernmagazins entstünde, würde für das Schauspiel eine Ersatzspielstätte eingerichtet. Das vakante Schauspielhaus stünde damit dem Opernbetrieb zur Zwischennutzung zur Verfügung. Dadurch könnte das Opernhaus komplett saniert werden. Nach Abschluss dieser Arbeiten könnte der Spielbetrieb der Oper in den angestammten Räumlichkeiten wieder aufgenommen und das Schauspielhaus vollständig saniert bzw. erneuert werden. Dazu gehört auch der Bau der Werkraumbühne als Erweiterung der bisherigen Kammerspiele. Zuletzt würde das Schauspiel aus der Turm-Interimsspielstätte wieder zurückziehen.


    Variante zwei:
    Die zweite Variante sieht ein gleiches Ergebnis vor, jedoch mit einer Extension des Hochhauses im hinteren Bereich des bestehenden Hauses. Bei dieser Variante wird eine Bauzeit von acht Jahren zugrunde gelegt, weil nur eine Bühne während der Umbauten weiter bespielt würde. Im ersten Schritt würde der Schauspielbetrieb an einen externen Standort verlegt, und die Oper zöge in den Schauspielbereich. Im Unterschied zur ersten Variante könnte nunmehr der Opernbereich komplett saniert und gleichzeitig der Turm anstelle des Opernmagazins gebaut werden. Nach dem Wiedereinzug der Oper würde das Schauspiel saniert und die Werkraumbühne als Erweiterung der jetzigen Kammerspiele gebaut. Danach würde das Schauspiel wieder an seinen ursprünglichen Ort zurückkehren.


    Variante drei:
    Die dritte Variante, basierend auf belastbaren Vergleichswerten anderer Städte, berechnet einen Komplettabriss und anschließenden Neubau auf dem 1,3 Hektar großen jetzigen Standort. Als Bauzeit liegen dieser Variante sechs Jahre zugrunde. Sowohl für das Schauspiel als auch für die Oper müssten externe Interimslösungen gefunden werden. Ausgehend von den ermittelten Gebäudedaten, also Nutzfläche und Bruttogeschossfläche, der ersten und zweiten Variante, wird eine Kubatur im Rahmen des Grundstückzuschnitts gebildet, wobei auch Innenhöfe zur Belichtung der Nutzflächen berücksichtigt werden. Aus dieser Grundlage lassen sich Kennwerte für Vergleichskosten ableiten.


    Bei der vorgelegten Machbarkeitsstudie handelt es sich um eine Untersuchung der baulichen Durchführbarkeit der beschriebenen Varianten inklusive einer Kostenaufstellung. Sie ersetzt weder einen Architektenwettbewerb noch die genaue Planung eines tatsächlich durchzuführenden Bau- oder Sanierungsprojekts. Damit dient das Ergebnis der Studie als Diskussions- und Beschlussgrundlage für die verschiedenen städtischen Gremien.


    Die Kostenrechnung, basierend auf einem Baubeginn 2021, setzt sich wie folgt zusammen: Bei Variante eins betragen die reinen Baukosten 528 Millionen Euro. Bei Variante zwei liegen sie bei rund 506 Millionen und bei der dritten Variante bei rund 610 Millionen Euro. Bei allen drei Varianten kommen außerdem Kosten für den Abriss und Neubau, ein kalkulierter Risikozuschlag zwischen 10 und 30 Prozent sowie allgemeine Preissteigerungen hinzu, wie es bei Bauprojekten dieser Größenordnung üblich ist. Außerdem müssen die Kosten für die entsprechenden Interimslösungen hinzugefügt werden. Dies ergibt bei Variante eins eine Gesamtsumme von rund 868 Millionen Euro, bei der zweiten Variante rund 848 Millionen Euro und bei der dritten Variante Gesamtkosten in Höhe von rund 888 Millionen Euro. Eine detaillierte Übersicht der Kosten ist in dem Exzerpt der Machbarkeitsstudie der Städtischen Bühnen auf Seite 87 tabellarisch dargestellt.


    „Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie müssen jetzt erst einmal kritisch gegengeprüft werden. Ebenso muss geprüft werden, wo es Einsparpotentiale gibt. Eines aber ist gewiss: Der alarmierende Zustand des 1963 eingeweihten Hauses erzwingt baldiges Handeln. Andernfalls wäre die Gefahr einer kompletten Schließung nicht mehr auszuschließen. Eine der wichtigsten Entscheidungen der Stadtpolitik für die nächsten zehn Jahre steht also bevor. Es geht um nicht weniger als darum, das künstlerische Herzstück unserer wachsenden Stadt, die Theaterdoppelanlage, für das 21. Jahrhundert neu zu definieren. Dafür braucht es Zeit und Sorgfalt“, so die Kulturdezernentin abschließend.


    Auf dem Podium der Pressekonferenz saßen Prof. Jörg Friedrich, PFP HH Geschäftsführer, Detlef Junkers, PFP HH Büroleiter, Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig, Baudezernent Jan Schneider, Opernintendant Bernd Loebe, der designierte Schauspielintendant Anselm Weber, Anita Wilde, Verwaltungsdirektorin Städtische Bühnen Frankfurt, und Olaf Winter, Technischer Direktor von Oper und Schauspiel.


    Ein Film-Mitschnitt der kompletten Präsentation kann auf http://www.kultur-frankfurt.de angesehen werden. Außerdem ist unter diesem Link im Anschluss an die Pressekonferenz ein Exzerpt zu finden, welches die über 800-seitige Studie auf rund 113 Seiten zusammenfasst. Informationsveranstaltungen für die Bürger sind geplant.

  • Vielen Dank Schmittchen für die bündigen Zusammenfassungen.
    Ein paar Gedanken hierzu:


    Hoffentlich entscheidet man im Römer mit Vernunft und zeigt Mut.
    Variante 1 und 2 haben viel zu hohe Risiken bzgl. evtl. versteckter Kostensteigerungen (wie üblich bei öffentlichen Projekten).
    Ein Flickwerk ohnegleichgen würde das alles werden.
    Und wenn ein Hochhaus dort dann nur an der Neuen Mainzer gelegen und nicht de facto mitten in der Wallanlage.


    Persönlich und auch was ich aus meinem Umfeld wahrnehme, ist der Entscheidungsfindungsprozess noch lange nicht zu Ende. Auch die Möglichkeit einer Außenrekonstruktion des Schauspielhauses, welches ja in seinen Grundfesten immer noch vorhanden ist, wird durchgespielt. Ob dort dann die Oper nochmal angesiedelt wird ist fraglich. Diese (Oper) kann ebenso an anderem Ort entstehen.
    Zudem ein Neubau der städtischen Bühnen mit direkt dahinter liegendem Hochhaus (also an der NMS, zudem bringt ein Hochhaus den Vorteil einer zumindest teilweisen Gegenfinanzierung) entstehen könnte und das rekonstruierte Schauspielhaus de facto eine Alte Oper 2.0 werden könnte.


    Man sieht also, dass es weiterhin viele Möglichkeiten gibt.
    Alle aber auf jeden Fall besser als die beiden ersten Varianten. Auch zeitlich gesehen. Und am Ende vielleicht sogar günstiger.


    Für die Bürger heißt es nun die Prozesse aufmerksam zu verfolgen.

    Einmal editiert, zuletzt von Adama ()

  • Bin ich der einzige, der ein Problem mit den hohen Kosten hat?


    Ich meine wir sprechen von rund 900 Mio. EUR. Meistens verteuern sich solche Projekte noch.


    Wir bewegen uns in einem Rahmen wie die Elbphilharmonie, ein Gebäude, das spekakulär auf einen Speicher gesetzt wurde.


    Solche Widrigkeiten bestehen bei unserem Bau nicht. Ich meine gelesen zu haben, dass die Oper in Kopenhagen vor 10 Jahren rund 330 Mio. EUR gekostet hat.


    Frankfurt ist weder die Hauptstadt eines Landes wie Kopenhagen, noch ein 2 Mio. Stadt wie Hamburg.


    Vielleicht könnte man es auch eine Nummer kleiner haben.


    Zumal dieses Ungetüm auf der Infografik von Schmittchen architektonisch wenig zwingend ist.

  • Schön, dass Du das Offensichtliche aussprichst: Eine Festigung des jetzigen Zustandes, den niemand als für Frankfurt angemessen bezeichnen kann, käme bei den aufgerufenen Kosten einem Schildbürgerstreich gleich. Wer einigermaßen bei Verstand ist, muss die Sanierungsvarianten (1 + 2) ausschließen.


    Die Erkenntnis zu dem extremen Aufwand dürfte sich angesichts der notwendigen Logistik und der baulichen Zustände im Inneren des Komplexes bereits früh abgezeichnet haben. Erstaunlich, dass die Studie nicht abgebrochen und stattdessen nicht bereits die Suche nach sinnvollen Lösungen begonnen wurde.


    P.S.: Der FAZ-Artikel zur Pressekonferenz gestern ist online. Die Druckausgabe enthält zusätzlich einen treffenden Kommentar von Matthias Alexander - nicht ohne einen bissigen Seitenhieb auf unseren OB Peter Feldmann, der gestern Wichtigeres zu tun hatte.