Sächsischer Denkmalschutz vor dem Aus?

  • Anbei der Brief, auf den sich mein Vorschreiber offensichtlich bezieht (aus einem Newsletter des Stadtforums):



  • Die Resonanz, die dieses Thema auch hier im Forum findet, steht wohl stellvertretend für die in der Presse und weitesten Teilen der Öffentlichkeit. Gut, dass es so gekommen ist, erschreckend, dass man das Ganze wohl auch problemlos hätte durchziehen können, und höchstens den leisen Protest der Fachkreise hätte fürchten müssen.

  • Naja, die mangelnde Resonanz liegt wohl auch darin begründet, dass spätestens seit Dezember klar war, dass die Änderungen wie geplant nicht durchgezogen werden. Unter Anderem auch deswegen, weil es immense Proteste gab (auch von Handwerksverbänden & Co). Erst dadurch ist doch noch einmal Bewegung in die Sache gekommen. In jedem Fall schön, dass die Novellierung abgewendet werdne konnte.

  • Ich pack es mal mit hier rein, auch wenn es da Strang-Thema nicht eins zu eins trifft.


    Die Zeit hat sich mit einem arg defätistischen Artikel der sächsischen Denkmallandschaft gewidmet. Über das Anprangern der Zustände und Kritik an Rekonstruktionen kommt man leider nicht hinaus.
    Die gewählten Beispiele Schloss Schönwölkau und die Papierfabrik Golzern sind ob ihrer Spezialität auch wenig hilfreich, um allgemeine Aussagen zu treffen. Dabei ist man mit dem Hinweis, dass es in Sachsen im Vergleich zu anderen Ländern sehr viele dokumentierte Denkmale gibt, schonmal auf der richtigen Spur, mit der man sich die reiserische Überschrift vom "selbstzerstörerischen Land" eigentlich hätte schenken können. Hier erfährt man immerhin davon, während andernorts mangels Schutzstatus kaum Möglichkeiten zum Eingreifen bestehen. So sind die Nachrichten aus Bayern diesbezüglich auch alles andere als befriedigend, wenn ich bspw. an die durchgeführten oder geplanten Abrisse in Landshut oder in Donauwörth denke.


    http://www.zeit.de/2017/02/sac…oenwoelkau-ostdeutschland

  • ^Ein sehr weites Feld. Die Situation hat sich gegenüber der vor einigen Jahren sicherlich deutlich verbessert, und ganz bestimmt stellt Sachsen jetzt keinen abschreckenden Sonderfall im Umgang mit seinen Kulturdenkmälern mehr dar. Ich glaube auch ein Umdenken bei den Denkmalschutzbehörden erkennen zu können, die dem Erhalt mittlerweile Vorrang einzuräumen scheinen. Wenn hoffentlich bald alle Chemnitzer Denkmäler fotografiert sind, habe ich mir schon fest vorgenommen, die mal alle komplett durchzuschauen, um den Prozentanteil der sanierten oder zumindest intakten herauszuarbeiten. Das wäre eine ganz andere Diskussionsgrundlage, als sich von traurigen Negativbeispielen zu eventuell falschen (oder doch richtigen?) Vermutungen leiten zu lassen.


    Andererseits ist man aber auch noch extrem weit davon entfernt, dem Erhalt der Denkmallandschaft die angebrachte Aufmerksamkeit zu widmen. Aus eigener leidvoller Erfahrung kann ich zum Beispiel berichten, dass die sächsischen Behörden keinerlei Interesse haben, die Denkmallisten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (was ich aber zumindest teilweise schon aushebeln konnte). Schon gar nicht ergreift man ausreichende Maßnahmen zur Aktivierung der verbliebenen Problemfälle. Wenn man genug Geld für Sicherungen oder Sanierungszuschüsse in die Hand nehmen würde oder die Problemfälle aktiv auf dem Immobilienmarkt anbieten würde, könnte man extrem viel erreichen. In Rochlitz zum Beispiel wird das älteste Gebäude der Stadt nach jahrelangem Leerstand von einem Bayern schrittweise saniert, der sich damit seinen Alterssitz ausbaut, der durch zusätzliche Vermietung noch eine zukünftige Einnahmequelle darstellen wird - und das sicherlich für einen Bruchteil der Mittel, die das in Süddeutschland verschlingen würde. Solche Chancen sollten agressiv vermarktet werden.

  • Die Nichtveröffentlichungen der Denkmallisten wird häufig mit Datenschutz begründet. Auf der Seite des Landesamtes wird eher nebulös seit Jahren die Online-Datenbank gepriesen, die allerdings nur über das Intranet der Landesverwaltung aufrufbar sei. http://www.lfd.sachsen.de/1406.htm


    Ein Problem sind nach wie vor viele ungeklärte Eigentumsverhältnisse oder einfach untätige Eigentümer. Im Prinzip können einige Städte nur auf den baldigen Einsturz von ruinösen Häusern warten. In die Sicherung fremden Eigentums ohne Aussicht auf Besserung zu investieren, ist schwer vermittelbar.

  • Ein Urteil des Dresdner Verwaltungsgerichts passt perfekt zum Themenstrang "Sächsischer Denkmalschutz vor dem Aus?" Dieses hat nämlich entschieden, dass eine widerrechtlich abgerissene denkmalgeschützte Villa in Dresden nicht wieder aufgebaut werden muss (SZ-online). Das Argument, dass diese nach Bränden bereits schwer beschädigt war, mag man eventuell gelten lassen - auch wenn der Zugang dann offensichtlich nicht ausreichend gesichert war. Dass die Entscheidung aber auch damit gerechtfertigt wird, dass "nach der Wiederherstellung ein Gebäude entstehen würde, das lediglich ein reines Abbild des früheren Zustandes und kein Kulturdenkmal sein könne", ist völlig absurd. Mit diesem Argument wäre eine Wiederherstellung nach einem illegalen Abriss grundsätzlich unmöglich und Immobilienspekulanten wäre Tür und Tor geöffnet. Die Geldstrafen nach dem sächsischen Denkmalschutzgesetz sind nämlich gegenüber einer Wertsteigerung eines Baugrundstückes ohne Denkmal vernachlässigbar.

  • Ja, das ist ein skandalöses Urteil. Fraglich, ob die Richterin, die in der Verhandlung doch allen Ernstes von einem "Disneyland-Objekt" sprach, sich der Tragweite des Urteils Bewusst ist. Bei der Verwendung dieses Wortes würde ich schon fast von "Befangenheit" sprechen. Alles andere als seriös. Ich hoffe doch sehr, dass man damit nochmal nach Bautzen geht.

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    Wenn man das Urteil mal weiter spinnt, dürfte Dresden seine Altstadt ebenso nicht mehr aufbauen, weil "nach der Wiederherstellung ein Gebäude entstehen würde, das lediglich ein reines Abbild des früheren Zustandes und kein Kulturdenkmal sein könne".
    Allgemein wäre dann jede Rekonstruktion, egal aus welchen Gründen, hinfällig, weil es ja nur ein Abbild von früher ist.
    So ein Schwachsinn!