Ich stimme zu, dass regionale Architektur und ortstypische Straßenzüge
in sich ein schützenswertes Gut sind. Und so sehr dieses Haus, was in seiner Standzeit sicherlich zigmal umgebaut (man könnte auch sagen: eben über Generationen genutzt) wurde, Anno Dazumal zu Dutzendware gehört haben mag, so rar sind solche Gebäude inzwischen geworden.
Und somit wird aus der Dutzendware - gerade deswegen also - ein erhaltenswertes Unikat. Das ist der selbe Grund, warum es inzwischen sogar Museen für Industriedesign usw. gibt; Dinge, die für Opa noch normaler, alltäglicher Massenkram waren sind dato gerade am Verschwinden - und ja, das ist nicht nur schade, wenn es um Betonwürfel der Nachkriegszeit geht, siehe der Terz der in Hamburg um die ollen Klosterwallhochhäuser gemacht wird.
Und es ist ja nicht so, als ob die eigentlich alte Stadt Hamburg, die nicht erst in der Neuzeit zur Metropole aufstieg (wie zB Berlin) sondern bereits über viele, viele Generationen eine Weltstadt war, man denke nur an die Hanse, noch flächendeckend bauliches Erbe von vor 1950 aufweisen würde. Hamburg sieht bzgl. seines Stadtbildes jünger aus, als die meisten Ostküstenmetropolen Nordamerikas, insb. was vorindustrielles Bauen (d. h. auch vorindustrielles Wohnen) angeht. Vor WDVS Platten und weißen Kunststofffenstern-Einheitslook von Norwegen bis Sizilien. Als es noch gebaute Identität gab. Regionalarchitektur.
Es sind solche kleinen Biotope "hochkonzentrierter Regionalität", solche "verbauten" Einzelstücke mit einer "Lebensgeschichte", die den cleanen, geleckten, optimierten Städten - insb. Hamburg - zunehmend fehlen. Und einmal mehr wird ein Unikum durch Nüchternheit ersetzt. Ja, das darf man schade finden. Aus weitaus größeren Erwägungen heraus, als den §§ des DSchG.
Eure Enkel in Hamburg werden sich definitiv nicht für diesen Neubau interessieren, damit irgend eine Identität, Herkunft, Heimat verknüpfen. Wären sie hingegen in
solch einem Gebäude aufgewachsen - dann unter Garantie. Die "Moderne" gibt Menschen keine Heimat, sondern nur Nutzfläche. Wenn ich vor dem Neubau stehe, dann weiss ich nicht wirklich wo in Europa, rein von der Architektur her. Wenn ich vor dem Altbau gestanden wäre, dann wüsste ich, wie jeder Laie von der Straße, hingegen sofort "Norddeutschland", auch großes Nachdenken. Und das bischen Heimat, was euch in Hamburg der Bombenkrieg und die Nachkriegsabrißwut gelassen hat, das radiert ihr nun weiter sukzessive aus. "Die schönste Stadt Deutschlands", wie oft ich das schon von eingefleischten Hamburgern gehört habe. Nur gesehen habe ich kaum was, von dieser städtischen Schönheit. Und wenn, dann wird es abgerißen. Wie hier. Ohne Demut. Ohne Selbstkritik. Ohne Nachdenklichkeit. Weil es Beamte der Denkmalschutzbehörde nicht in irgend eine Liste aufgenommen haben. Sapere Aude?