Leipzig und die DDR

  • Leipzig und die DDR

    Mod: Split aus Museumswinkel-Thread



    Ohne den Sachsenplatz selbst noch erlebt zu haben (ganz knapp verpasst) gibt es doch durchaus sonnig/farbenfrohe Aufnahmen, auf denen der Platz sich von angenehmerer Seite zeigt und nach denen er durchaus auch einiges von der vielbeschworenen Aufenthaltsqulität bieten konnte - nur ein Bsp.:
    https://commons.wikimedia.org/…_Merkur._DDR_Aug_1988.jpg

  • Gegen Mitte / Ende der 90er Jahre war das Image des Sachsenplatz' arg ramponiert. Unter anderem wurden die Gebüsche für alles mögliche Illegale zum Zwischenlagern genutzt, Publikum inklusive.


    Die Hufnagel/ Pütz / Rafaelian - Vision zeigt auch schön den Höhenbezug des Gebäudes zu den Brühl-Bauten.


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    (Es) gibt ...doch durchaus sonnig/farbenfrohe Aufnahmen, auf denen der Platz sich von angenehmerer Seite zeigt und nach denen er durchaus auch einiges von der vielbeschworenen Aufenthaltsqulität bieten konnte ...


    Eine mitteleuropäische Stadt sollte dicht bebaut sein, aus Abfolgen von Straßen und Plätzen bestehen. Der Sachsenplatz war noch nicht einmal ein Platz. Ein Platz hat Begrenzungen. Die fehlten hier. Beliebig hingestellte Hochbeete und aufgehübschte Leichtbaupavilions sind nicht geeignet, städtischen Räume zu schaffen. Nicht zu vergessen: Um den Sachsenplatz zu schaffen, wurden noch bestehende Gebäude abgerissen.

  • Auch wenn die Staffelung eine gewissen Reiz hat, stehen diese großen Flächen mit Wohnscheiben und flachen Pavilions in keinem Verhältnis. Die kompakte Kernstadt innerhalb des Rings stellt in Leipzig einen absoluten Charakter dar.


    Während mit der vorletzten Jahrhundertwende der Ring mit repräsentativen Bauten "verziert" bzw. manifestiert wurde, stellte die Gliederung des Sachsenplatzes ja eine nahezu Auflösung der innerstädtischen Gliederung vom Markt bis in die auch größtenteils zerstörte Nordvorstadt dar. Nun kann man das mit den gesellschaftlichen/ideologischen Prozessen der Nachkriegszeit vielleicht sogar verstehen. Dennoch macht es den ehemaligen Platz städtebaulich dadurch nicht wertvoller. Ganz im Gegenteil.


  • Ohne den Sachsenplatz selbst noch erlebt zu haben (ganz knapp verpasst) gibt es doch durchaus sonnig/farbenfrohe Aufnahmen, auf denen der Platz sich von angenehmerer Seite zeigt und nach denen er durchaus auch einiges von der vielbeschworenen Aufenthaltsqulität bieten konnte...


    Ich glaube, irgendwann muss man sich entscheiden und Prioritäten setzen. Leipzig hat eine - im Vergleich zu ähnlichen Städten- extrem kleine Innenstadt. Jahrmarktsgelände befinden sich üblicherweise etwas außerhalb der Stadtkerne.




    Leipzig, Sachsenplatz -- 1980 -- 14 [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0), CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en) oder CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], von Dietmar Rabich





    Bundesarchiv Bild 183-1989-0906-128, Leipzig, Sachsenplatz, Straßencafé [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Ludwig, Jürgen, vom Wikimedia Commons



    WIKIPEDIA meint:
    Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. Leipzig, Sachsenplatz, Straßencafé ADN-ZB Ludwig 6.9.1989 Leipzig: Herbstmesse Trubel nicht nurr in den Messehäusern. Überall in der Innenstadt erwarten auch diese kleinen " Handelshäuser" - hier auf dem Sachsenplatz - die Käufer.




    Nach diesen Fotos standen nach dem II.Weltkrieg noch recht viele Häuser, die dann der Athener Moderne weichen mussten:




    Fotothek df roe-neg 0006217 028 Platz in der Innenstadt [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)




    Fotothek df roe-neg 0006257 031 Hausruine in der Innenstadt [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)





    Bundesarchiv Bild 183-R0210-339, Leipzig, Katharinen Straße, Altes Rathaus [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Blunck, vom Wikimedia Commons





    Fotothek df roe-neg 0000775 001 Katharinenstraße mit Blick auf das Alte Rathaus [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)





    1971



    Sachsenplatz, ma a lipcsei Szépművészeti Múzeum áll a tér helyén. Fortepan 61115 [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], von FOTO:Fortepan — ID 61115:
    Adományozó/Donor : Lencse Zoltán., vom Wikimedia Commons

  • "Extrem kleine Innenstadt"? Was ist da mit gemeint, der ehemals ummauerte Teil innerhalb des Rings? Da gibt es sicher größere bspw. in Nürnberg oder im heute viel kleineren Erfurt oder Halle, aber wenn ich Stuttgart oder Düsseldorf ansehe, ist die Leipziger Altstadt auch nicht kleiner.

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    Alles Ansichtssache. In Beschreibungen der Leipziger Innenstadt wird auffällig oft betont, wie klein die Innenstadt doch ist (wohl 500 x 800 m).

  • Ich glaube, irgendwann muss man sich entscheiden und Prioritäten setzen. Leipzig hat eine - im Vergleich zu ähnlichen Städten- extrem kleine Innenstadt. Jahrmarktsgelände befinden sich üblicherweise etwas außerhalb der Stadtkerne.


    Es sollte nicht gerade eine Verteidigung des Sachsenplatzes werden - ich hatte nur aus Bildern teilweise einen etwas anderen Eindruck gewonnen als den, der von dem sehr tristen Foto von Stahlbauer transportiert wird.

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    Geht schon in Ordnung.
    Tristesse kann man auf verschiedene Weise schaffen. Bei der jetzt entstehenden Bebauung, bin ich auch nicht sicher, ob das Ensemble gelingen wird. Die Idee der Architekten Hufnagel, Pütz, Rafaelian fand und finde ich aber gut.


    Ansonsten ist es heute schwierig, die Atmosphäre dieser Stadt, des Landes DDR bildhaft zu machen. Das Hamburger Reisemagzin MERIAN hat in seinem 1977er Heft "Leipzig" ein paar Tipps für Reisen nach Leipzig gegeben. Mag sich jeder selbst fragen, ob er unter diesen Bedingungen, eine Reise nach Leipzig, in die Deutsche Demokratische Republik auf sich genommmen hätte. Da haben auch ein paar bunte Blumen und Holzhütten am Tag der Republik nichts rausgerissen.



    Übrigens: Der Artikel ist keine Fakenews. Die Hinweise z.B. zur Entrichtung der Maut waren ernst gemeint.

  • ^ Sehr interessant. Von wegen rebellisches Ost-Berlin: In Connewitz gab es ja schon 1977 echte Punks. Ich dachte, die alternative Szene schwappte erst gegen Mitte/Ende der Achtziger von Berlin nach Leipzig. Ob die Irokesen wohl vorbildliche Staatsbürger waren und sich in der FDJ engagierten?

  • ^ Die Bilder sind wohl neueren Datums als der Text, wie man an den Quellenangaben bei Zweien davon sehen kann, die in den 80er Jahren entstanden sind.
    Das Bild mit den Punks würde ich auch eher in dieser Zeit verorten.

  • ^ Ja, danke. Hatte mich schon gewundert, dass es schon 1977 Punks in Leipzig gab. Glaubt man einer anderen Website, stammt das Bild von 1988, was Sinn ergibt.

  • Arnold Bartetzky

    Wie das Leben so spielt...


    Dieser Tage hat Arnold Bartetzky einen Vortrag zum Thema "Leipzigs DDR-Architektur im Wandel der Wahrnehmung" gehalten. Die LVZ berichtet darüber. Schon zu Ostzeiten haben Architekten, darunter der damalige Stadtarchitekt Dr. Fischer, die Aneinanderreihung von platzartigen Gebilden in der Leipziger Innenstadt zwischen Hauptbahnhof und Thomaskirche kritisiert.


    Ein Wettbewerb zur Innenstadtentwicklung hat damals ergeben, dass die Ostarchitekten für die Verdichtung der Leipziger Innenstadt und die Wiederherstellung der Raumkanten und somit für auch für die Bebauung des Sachsenplatzes votierten.

  • Ich bin vor einiger Zeit mal auf diesen Beitrag aus dem Nationalatlas gestoßen. Die Karten zu Leipzig sind leider etwas unscharf. Dennoch ist deutlich zu erkennen, wie viel sensibler die offenbar schon recht weit gediegenen Wiederaufbauplanung für die Inennstadt von 1949 waren, bis dann leider der Sozialismus planmäßig aufgebaut werden musste. Der Plan von 1959 entspricht ziemlich genau dem 1990 überlieferten Zustand.

  • Stahlbauer: Danke für den Artikel und die interessanten Perspektiven. Spannend, dass es schon zu DDR-Zeiten doch kritische Stimmen zur Innenraumgestaltung und Nachverdichtung gegeben hat. Auch die Ausführungen zur intensiveren Debatten über den Umgang mit DDR-Architektur ist durchaus aufschlussreich - sie ist ja auch hier im Forum immer mal wieder Thema.

  • Ich bin vor einiger Zeit mal auf diesen Beitrag aus dem Nationalatlas gestoßen. Die Karten zu Leipzig sind leider etwas unscharf. Dennoch ist deutlich zu erkennen, wie viel sensibler die offenbar schon recht weit gediegenen Wiederaufbauplanung für die Inennstadt von 1949 waren, bis dann leider der Sozialismus planmäßig aufgebaut werden musste. Der Plan von 1959 entspricht ziemlich genau dem 1990 überlieferten Zustand.


    Dieser erste Wiederaufbauplan für die Leipziger Innenstadt ist mit guter Auflösung hier zu sehen (Bild kann nach dem Öffnen stark vergrößert werden):
    http://www.deutschefotothek.de…obj/71102902/b_am_0017903


    Bezogen auf das spätere Areal *Sachsenplatz* war für mich die Ecke Brühl/Reichsstraße besonders interessant, denn dort enthält der Plan die Angabe "Altbestand*. Eine Recherche erbrachte aber, dass damit kein "vollständiges" Vorkriegsgebäude gemeint war, sondern die - freilich nutzbar gemachten - Reste des Textilkaufhauses Hollenkamp (im folgenden Foto links angeschnitten):
    http://www.deutschefotothek.de…j/33067081/le_khm_0000634
    Hier im unzerstörten Zustand:
    https://upload.wikimedia.org/w…llenkamp_Leipzig_1907.jpg

  • Wer möchte, kann HIER eine Stadtführung zum Thema Wiederaufbau in Leipzig zu Ostzeiten buchen.


    Auf diesem FOTO ist ein Teil der unbebauten Flächen innerhalb der Leipziger Innenstadt zu sehen. Vom Markt -vor dem II. Weltkrieg der größte Platz innerhalb der Innenstadt- gelangte man zum Sachsenplatz, dem aufgeweiteten Salzgäßchen und zur Fläche vor der Thomaskirche. Gleich daneben war ein Parkplatz hinter dem Riegel des Messeamtes.

  • Zum Vergleich kann man sich HIER und HIER den ursprünglichen Zustand ansehen.


    Dieser erste Wiederaufbauplan für die Leipziger Innenstadt ist mit guter Auflösung hier zu sehen (Bild kann nach dem Öffnen stark vergrößert werden):
    http://www.deutschefotothek.de…obj/71102902/b_am_0017903


    Interessanterweise ist man in den ersten Jahren nach der Zerstörung im WKII stark nach den ursprünglichen Straßenraster gegangen. Die wirklichen Veränderungen wären demnach nur an der Hainspitze, dem Matthäiskirchhof, und auf dem Gebiet der Universität passiert.


    Brühl, Katharinenstraße, und Reichsstraße hätten ihren Blockrand komplett zurückbekommen. Auch die von mir immer wieder kritisierte fehlende Blockrandbebauung am Markt mit der ursprünglichen Rasterung - Salzgässchen und Thomaskirchhof - ist im ersten Wiederaufbauplan komplett geschlossen. Die städtebauliche Misslage an den beiden Ecken des Marktes heute, wird auf Stahlbauers beiden Bildern noch mal sehr deutlich. Für mich immer noch die gravierende Fehlentscheidung der Stadtplanung nach der Wiedervereinigung...


    Dass die ganzen Abrisse ab den 1950/60ern in der Innenstadt passierten, haben sicher ideologische wie finanzielle Gründe. Selbst in den stark zerstörten Großstädten der damaligen BRD wurden die Innenstädte größtenteils - wenn möglich - nach den alten Rastern geplant.