Nbger Südosten: Neubau Konzertsaal an der Meistersingerhalle [gestoppt]

  • Vermutlich oute ich mich jetzt hier als Konzertmuffel, aber worin besteht der Unterschied zwischen Schauspiel- Konzert- und Opernhaus? Warum führt Norimbergus das Opernhaus und das Schauspielhaus in seiner Liste gar nicht auf, wenn doch der Konzerthausneubau am Luitpoldhain erstmal die Ausweichspielsttätte für das Opernhaus sein soll?


    Grundsätzlich bin ich ja niemals gegen Kultur jeder Art, nur beim Konzerthausneubau habe ich halt so ein paar Fragezeichen, die ich mir nicht beantworten kann. Architektonisch bin ich ein Fan der Meistersingerhalle. Ich halte die Konzerthallenarchitktur der Nachkriegszeit mit seiner Innenausstattung für ziemlich einmalig und finde besonders das Foyer wirklich sensationell! Ein Konzert habe ich dort auch schon hören dürfen, aber da bin ich kein Experte, ich fand es nicht schlecht. Die Sicht auf die Bühne ist jedoch mangelhaft, wir hatten Plätze im Rang und konnten im Sitzen halt gar nichts sehen. Aber das dürften lösbare Probleme sein. Dass direkt daneben ein nagelneues Konzerthaus entstehen soll finde ich erstmal gut, weil es den Standort aufwertet und die Meistersingerhaltte stärken dürfte. An der stadtebaulichen Umgebung ändert das aber nichts, wie nenntmichismael schon beschreibt. Das Viertel ist ein reines Wohnviertel und kein Ausgehbereich. Vielleicht ändert der Hotelneubau daran etwas, aber das macht den Bereich immernoch nicht großstädtisch.


    Für mich ist der konzerttechnische Schwerpunkt Nürnbergs nunmal am Frauentorgraben, im Umfeld des Opernhauses. Hier hätte ich mir auch den Neubau des Konzerthauses gewünscht, z.B. anstelle des Arbeitsamtes, oder der AOK. Mit dem Neubau am Luitpoldhain fürchte ich entsteht eher ein Konkurrent dazu anstatt Synergien zu schaffen.

  • Vermutlich oute ich mich jetzt hier als Konzertmuffel, aber worin besteht der Unterschied zwischen Schauspiel- Konzert- und Opernhaus? Warum führt Norimbergus das Opernhaus und das Schauspielhaus in seiner Liste gar nicht auf, wenn doch der Konzerthausneubau am Luitpoldhain erstmal die Ausweichspielsttätte für das Opernhaus sein soll?


    Schauspielhaus? Ernsthaft? Gerade mal 500 Plätze und da drinnen findet fast jeden Tag eine Schauspielaufführung statt, wofür auch aufwendigste Bühnentechnik installiert ist. Wenn wir jeden Raum, der für irgendwelche Aufführungen vorgesehen oder zumindest geeignet ist und in den man auch ein paar Musiker reinsetzen könnte, unabhängig von Publikumskapazität, für welchen Zweck er gebaut wurde und genutzt wird etc. als Konzertsaal betrachten, dann haben wir in Nürnberg dutzende. Alleine in der Größenordnung Schauspielhaus fallen mir drei Räumlichkeiten ein, die sogar tatsächlich v. a. oder zumindest in erheblichem Ausmaß für klassische Musik und/oder auch Jazz genutzt werden und sogar für diesen Zweck (ausschließlich oder unter anderem) errichtet oder umgebaut wurden: Kleine MSH, Tafelhalle, Musiksaal der Nürnberger Symphoniker. In keinem dieser Räume würde ich aber eine Mahler-Symphonie hören wollen (und es wird auch niemand eine darin aufführen wollen), es sei denn, es handelt sich um eine Bearbeitung für Kammerorchester.

  • Bisher sind die Visualisierungen des Siegerentwurfs ja eher spärlich gesät. Vor allem die Homepage des eigentlichen Wettbewerbssiegers Johannes Kappler liefert überhaupt nichts. Auskunftsfreudiger ist hingegen die Seite des Partnerbüros Topolek 1. Dort finden sich interessante Querschnittsdarstellungen durchs Gebäude, eine Visualisierung des geplanten (und m.E. gelungenen) holzverschalten Innenraums und vor allem auch eine Beschreibung zur Wirkung im Stadtraum. Die macht mir tatsächlich Hoffnung! Stichworte: durchscheinende Fassade, tagsüber Reflexionen der Bäume an der Fassade, nachts schimmernde illuminierte Fassade. Zusammen mit der offenen Vollverglasung des Foyerbereichs kann das wirklich schön wirken - auch für den, der nur außen vorbeifährt. Auch die geplante Integration existierender Bäume in den Atrien gefällt mir. Wenn das alles qualitätsvoll und so wie konzipiert ausgeführt wird, dann kann der Bau schon wirken, trotz seiner Kastenform.


    Originaltext (Ausschnitt):
    In contrast to the existing building of the Meistersingerhalle, the open foyer is wrapped in a transparent skin that makes the building’s interior atmosphere perceptible from the outside. Conversely, views from the building’s interior outwards into the landscape situate the building within its specific context. On the upper floors, the translucent façade creates a unique lighting atmosphere. Visitors walk along the corridors behind the façade from the open foyer into the closed concert hall and experience an exceptional spatial situation. During the day, surrounding trees are reflected in building’s facade while at night, the volume of the concert hall glows in the dark. In a sense, the concert hall opens to the urban environment.


    https://www.topotek1.de/buildings/concert-hall/

  • Genauere Anforderungen an die Akustik wurden meiner Erinnerung nach ja erst nach dem Wettbewerb definiert; der beauftragte Akustiker war am Wettbewerbsentwurf noch nicht beteiligt (wohl eine übliche Vorgehensweise; schon im Architekturwettbewerb die Akustik detailliert zu berücksichtigen wäre sicher viel zu aufwendig und teuer). Ich halte es deshalb für durchaus möglich, daß sich am Saal noch einiges ändert. Bestimmt nichts Grundlegendes, aber je nachdem, wie die zu erwartenden akustischen Eigenschaften des Entwurfs mit den definierten Anforderungen an die Akustik in Einklang zu bringen sind kann sich da möglicherweise schon noch einiges tun.


    An neuere oder zusätzliche Bilder seit dem Wettbewerb kann ich mich auch nicht erinnern.


    Und ja: großzügig verglaste Fassaden können gerade in einem parkähnlichen Umfeld sehr gut wirken (aber reichen die paar Bäume zur Münchner Straße und zur Schultheißallee aus?), aber im Einzelfall stellt sich der angekündigte Effekt auch oft nicht so ein wie erwartet. Ich muß sagen, ich weiß nicht, wie der Bau dann in der Realität wirken wird. Bei solchen Entwürfen kann ich meist sehr schwer auf die sich tatsächlich einstellende Wirkung schließen.

  • Wahrscheinlich wirkt es in der Realität genau so wie auf dem ersten Bild der eigenen Visualisierung: Trist, deprimierend, simpel, anspruchslos, einfach und billig.

  • Das dumme dabei ist, dass eine parkähnliche Umgebung simple Architektur eher verkraftet als ein dicht bebautes Innenstadtareal. Hier können verglaste Fassaden oder gerade Linien und Flächen funktionieren, weil die Natur des Parks den Rahmen bildet. Das funktioniert bei der Meistersingerhalle ja auch. Stünde die Meistersingerhalle in der Altstadt wäre sie eine Bausünde.


    Mir ist deshalb die äußere Gestaltung des Konzerthauses irgendwie nicht so wichtig. Wenn ich mir ansehe, dass die sensationelle Elbphilharmonie, die als architektonisches Meisterwerk gilt, ein akustischer Gau geworden sein soll und erste Künstler verweigern, dort jemals wieder aufzutreten, dann wird irgendwie klar dass die Herausforderungen und Qualitäten hier andere sind. Mir tuts nur leid um die vielen alten Bäume, ich fürchte dass das Ensemble mit der Meistersingerhalle nicht klappen könnte, denn wie gesagt ist sie als Solitär einer Parklandschaft gedacht und wirkt auch nur so besonders gut, und nicht als Flachbau zwischen einem Hotelhochhaus und einem modernen Konzertsaal. Und drittens hätte ich mir gewünscht dass so ein Konzertneubau Leben und Kultur in die Innenstadt holt und nicht in ein peripheres Wohngebiet. Wieso ist die Meistersingerhalle eigentlich im Luitpoldhain gebaut worden?

  • Heute stand in der Tageszeitung lediglich als Randnotiz die Meldung, dass der geplante Konzerthausneubau eine eigene Orgel bekommen soll. Bislang war keine Orgel geplant. Der Interessenverband, der sich auch über die etwas zu geringe Kapazität des Saals beschwert hat, konnte nun die Installation einer Orgel durchsetzen. Das Hauptargument war, dass ein Konzerthaus ohne eigene Orgel von vorneherein nur zweitklassig sei.


    Nun denn, scheint also mehr Richtung Klasse statt Masse zu gehen.

  • Die Architekten haben da wohl den Begriff etwas zu sprichwörtlich genommen, dass man in Nürnberg nur noch Schuhkartons baut. Aber wenigstens eilt der Ruf der Stadt für anspruchsvolle Architektur heraus.

  • "Pausenmodus" für neues Konzerthaus


    Die SZ berichtet, der Baubeginn für das geplante Konzerthaus müsse angesichts der pandemiebedingt schlechten Haushaltslage auf mindestens 2026 verschoben werden. Nürnbergs Kulturbürgermeisterin Lehner treibt es angesichts dessen "keine Freudentränen ins Gesicht", versteht jedoch, dass sich auch Privathaushalte nichts Neues anschaffen würden, sollten Kühlschrank und Herd zur Reparatur anstehen... Es sei wahrscheinlich, dass CSU, SPD und Grüne dem Moratorium zustimmen.


    Einige Zahlen:


    Mögliche Neuverschuldung der Stadt 2020: 200 Millionen Euro

    Gesamtverschuldung dann: 1,7 Milliarden Euro

    Baukosten Konzerthaus: min. 200 Millionen Euro

    Sanierungskosten Oper: 500 Millionen Euro


    https://www.sueddeutsche.de/ba…l-plaene-corona-1.5117812

  • Schade, aber doch verschmerzbar. Das man den Rotstift nicht am Volksbad sondern am Konzerthaus angesetzt hat, ist sicher zu begrüßen. Spannend wird es, wie man bei der dringend sanierungsbedürftigen Oper nun weiter macht. Ein Thema mit dem sich so manche Kommune derzeit rum schlägt (Frankfurt, Stuttgart, Berlin..).


    d.

  • Der Konzerthausneubau ist ja als Ausweichspielstätte für das Opernhaus vorgesehen. Dort finden nun aber schon länger pandemiebedingt keine Veranstaltungen mehr statt. Ich denke das wäre durchaus schwer vermittelbar, dieses Projekt zulasten anderer fortzusetzen. Es pausieren zu lassen ist aus meiner Sicht o.k.

    Wie Dexter schreibt, beim Volksbad, um das so viele Menschen, Initiativen und Vereine gekämpft haben wäre ein Pausieren fatal.

  • Wir sollten realistisch sein. Wenn diese Entscheidung gegen den Konzertsaal nicht noch auf wundersame Weise revidiert wird (Markus, der Retter o.ä.), dann war´s das mit dem Konzerthaus. Die angebliche "Verschiebung" um sechs Jahre in die nächste Wahlperiode wird das Projekt wohl endgültig unfinanzierbar machen. Wenn es mit den jährlichen Baupreissteigerungen von derzeit ca. 4% pro Jahr weitergeht, kostet der Konzertsaal in sechs Jahren nicht mehr ca. 200, sondern ca. 250 Mio. Euro. Glaubt irgendjemand, dass die städtischen Einnahmen in den nächsten Jahren alljährlich um über 4% zulegen werden, um das auszugleichen? Dass man die bis zu 75% Zuschuss des Freistaats so in den Wind schießt und nicht mal ca. 50 Mio. Euro Eigenbeteiligung über mehrere Jahre hinweg stemmen kann, ist mir unverständlich. Um im oben zitierten Bild von Frau Lehner zu bleiben: Wenn ein Privathaushalt das Angebot bekommt, sich einen eigentlich nicht nötigen Trockner zu kaufen und dafür Waschmaschine, Kühlschrank und Herd geschenkt zu bekommen, würde er sich das wohl sehr ernsthaft überlegen...!


    Ich finde das sehr traurig, sowohl für die Konzertfreunde in der Stadt als auch wegen der Strahlwirkung eines solchen Hauses, die durchaus auch strukturverändernd würde wirken können, wie z.B. das Neue Museum gezeigt hat. Ich gebe aber auch zu: Den Bestand zu erhalten, ist noch wichtiger. Tragisch, dass es zu so einer Corona-Kultur-Triage kommen muss. Ich hoffe daher sehr, dass das "Opfern" des Konzerthauses wenigsens dazu dient, neben dem Volksbad die überragend wichtige Opernhaus-Sanierung zu sichern.


    Leider ist auch nicht zu erwarten, dass die Bürgergesellschaft einspringt oder auch nur Anstalten dazu macht. In Nürnberg gibt es keine Mäzenaten-Kultur. Während die Zivilgesellschaft in München stolze Summen für die Staatsoper, für die Pinakothek der Moderne oder das Deutsche Museum mobilisieren kann, herrscht in Nürnberg eine "Brauchd´s des?"-Wurschtigkeit. Dabei wäre genau jetzt eine Gelegenheit für bürgerliches Einspringen.

  • Naja mit "bürgerlichem Einspringen" hat die Stadtpolitik nun kein glückliches Händchen bewiesen. Ist ja nicht so, dass es das nicht gäbe. Und ich rede hier nicht allein von den Altstadtfreunden. Wenn man so will, das Deutsche Museum, dass ein Gerd Schmelzer in die Altstadt stellt, oder sagen wir, ohne den es das so nicht geben würde, ist ja auch eine Form des "bürgerlichen Einspringen".


    Nur ich sehe das Konzerthaus tatsächlich leidenschaftslos. Es ist ein Prestigeprojekt der Stadt, ja. Aber ich kenne tatsächlich niemanden in meinem Umfeld, der sich darauf gefreut hat. Dass die Opernhaus-Sanierung gelingt und wir nicht eine Diskussion wie in Stuttgart bekommen (Totalabriss weil zu teuer) oder in Frankfurt, wo eine Intitiative für die Rekonstruktion des ursprünglichen Konzerthauses eintritt, ist mir sehr wichtig. Das Opernhaus liegt mir als einzig verbliebener Prachtbau am Altstadtring aus Nürnbergs letzter, kultureller Blütezeit tatsächlich am Herzen, obwohl ich selber noch nichtmal drin war. Auch die gescholtene Meistersingerhalle mag ich sehr, auch hier muss die denkmalgerechte Sanierung angegangen werden und gelingen. Ich hatte aber immer Zweifel daran, ob Nürnberg gleich drei Konzerthaus-Investitionen dieser Größenordnung angehen sollte.


    Aber was andres, weil einfach immer so getan würde, als stünde der Freistaat mit offenem Geldbeutel da und würde womöglich ganz irritiert nach Nürnberg schauen, weil man Gelder nicht abruft. Sicher, dass hier nicht über bestimmte Kanäle in Politik und Ministerien bereits um entsprechende Streichlisten in den Kommunen gebeten wurde? Die Pandemie grassiert ja nicht nur in Nürnberg, auch in München muss man sparen. Meines Erachtens ist es illusorisch anzunehmen, dass diese Summen mirnichts dirnichts weiterhin darauf warten abgerufen zu werden. Ich schätze es wird vielmehr politischer Stil sein, dass die Kommunen in eigener Sache sparen wollen, müssen, und somit auch dem Freitstaat sparen helfen ohne das Gesicht zu verlieren.

  • ^


    An erster Stelle für die Kommunen steht natürlich aktuell, die am weitesten fortgeschrittenen Projekte zur Vollendung zu bringen, anstatt komplett neue in Angriff zu nehmen. Je weniger schon geplant / gebaut wurde, desto wahrscheinlicher dürfte es sein, Opfer des Rotstifts zu werden. Die Prioritäten sehe ich bei Bildung und Infrastruktur, erst dann im Bereich Kunst und Kultur. Daher kann ich die Entscheidung der Nürnberger Stadtspitze gut verstehen, das Konzerthaus erstmal auf die lange Bank zu schieben. Insbesondere da die Pro-Kopf-Verschuldung mit 2.700 Euro doch deutlich ausfällt. Daher möchte ich dem Szenario ...

    Wenn ein Privathaushalt das Angebot bekommt, sich einen eigentlich nicht nötigen Trockner zu kaufen und dafür Waschmaschine, Kühlschrank und Herd geschenkt zu bekommen, würde er sich das wohl sehr ernsthaft überlegen...!

    ... entgegenstellen: Ein Haushalt der bereits stark verschuldet ist, sollte sich mit diesem Geschäft nur weiter verschulden, wenn er im Anschluss Herd, Kühlschrank und Waschmaschine teuer weiterverkaufen kann (vorausgesetzt, die Gerätschaften sind, und das sind andere Konzerthäuser in Nbg. ebenso, bereits vorhanden). Amüsant fände ich es ja, würde Nürnberg das beim neuen Konzerthaus versuchen :). Beim Gasteig-Umbau in München überlegt die Stadt nun einen externen Investor mit ins Boot zu holen, und später über Raten zurückzukaufen. Vielleicht auch ein Modell für Nürnberg?


    Ich wäre mir auch nicht sicher, dass der Freistaat nicht demnächst auch das neue Konzerthaus in München nach hinten verschiebt (wobei das Grundstück nur auf Erbpacht an den Freistaat vergeben ist und, falls ich mich nicht irre, Baubeginn ohnehin nicht vor 2023 wäre).

  • Beim Gasteig-Umbau in München überlegt die Stadt nun einen externen Investor mit ins Boot zu holen, und später über Raten zurückzukaufen. Vielleicht auch ein Modell für Nürnberg?


    Dass solche Investoren-Modelle die Lösung sind, kann ich mir hier wie dort schwer vorstellen. Ein Investor ist ja nicht die Wohlfahrt, der will seinen Schnitt machen und baut entweder mit niedrigerer Qualität oder er lässt es sich teuer und mit Gewinnmarge dann wieder abkaufen. Wenn die Projekte durch ÖPP-Modelle zu retten wären, wäre das ja schön, aber ich glaube nicht daran. (Dem Vernehmen nach, nothor, ist das Deutsche Museum im Augustinerhof auch nicht unbedingt ein Draufzahlgeschäft für Schmelzer...)


    Ausschließen kann man angesichts der Corona-Verwerfungen natürlich gar nichts. Aber ob sich ein Verschieben des Münchner Konzerthauses für den Freistaat rechnen würde, halte ich für zweifelhaft. Auch hier würden die ohnehin schon hohen Kosten nochmal massiv steigen. Und in den nächsten Jahren des Pausierens müsste der Freistaat aber trotzdem den Erbpachtzins berappen. Auch da würde ich eher auf ein Augen-zu-und-durch hoffen.

  • Dem Vernehmen nach, nothor, ist das Deutsche Museum im Augustinerhof auch nicht unbedingt ein Draufzahlgeschäft für Schmelzer...

    Nein, sicherlich nicht. Aber das Grundstück gehörte ihm, und ich denke weder die Stadt Nürnberg noch der Freistaat hätten dort ein Museumsprojekt in klassischer Form mit Grundstückserwerb und Bau in Eigenregie realisiert. Durch Seilschaften und Beziehungen hat es sich - für Nürnberg auch glücklich - ergeben, dass Schmelzer seine Pläne geändert und sich zugleich einen zahlungskräftigen Mieter gesichert hat. Und die Öffentlichkeit bekommt ein modernes Museum ohne ein Grundstück kaufen und endlose Bauzeit - und Kostensteigerungen hinnehmen zu müssen. Man kann es positiv oder negativ sehen, ich würde mal meinen unterm Strich gewinnen wir hier alle.


    Aber zum Thema "bürgerliches Einspringen" Wäre doch nett, wenn die/der nächste "Kulturbürgermeister/in" mit den Altstadtfreunden verheiratet wäre anstatt mit einem Baulöwen ;)

  • Ein Investor ist ja nicht die Wohlfahrt, der will seinen Schnitt machen und baut entweder mit niedrigerer Qualität oder er lässt es sich teuer und mit Gewinnmarge dann wieder abkaufen. Wenn die Projekte durch ÖPP-Modelle zu retten wären, wäre das ja schön, aber ich glaube nicht daran.

    Die Stadt München hat den heutigen Gasteig 1985 ebenso an ein Investorengremium vergeben und sich dann über einen langfristigen Vertrag eingemietet inkl. späterer Kaufoption. Klar erwarten externe Geldgeber eine gewisse Marge, doch befreien diese eine Kommune eben u.U. von einer Kreditaufnahme, Neuverschuldung, oder verhindern das sonst notwendige Aus eines Projekts. Investoren suchen (sichere) Anlagemöglichkeiten, Kommunen den Geldregen, bei sorgfältiger Vertragsgestaltung halte ich das schon für eine überlegenswerte Lösung.


    Aber ob sich ein Verschieben des Münchner Konzerthauses für den Freistaat rechnen würde, halte ich für zweifelhaft. Auch hier würden die ohnehin schon hohen Kosten nochmal massiv steigen.

    Das in der Tat. Allerdings traue ich dem Freistaat alles zu, nachdem die Debatte um den Standort allein schon Jahrzehnte in Anspruch genommen, Seehofer mehrmals 180° Wenden vollzogen hat. Naja, mal abwarten.

  • zuerst möchte ich ein paar allgemeine Anmerkungen loswerden und einiges richtig stellen.


    zum Mäzenatentum

    gerade das war in Nürnberg (und Fürth, hier v.a. jüdische Einwohner) sehr stark ausgeprägt! Nürnberg war eine Bürgerstadt, aber nie eine Residenzstadt. Die Oper, das alte Schauspiel, das Germanische National Museum und vieles mehr hätte es ohne spendable Bürger nie gegeben. Auch beim Neuen Museum war es so. Eine Forderung vom damaligen MP Stoiber war eine Beteiligung der (lokalen) Bürgerschaft und Firmen. Hier in Nürnberg waren die Geldgaben prozentual sogar deutlich größer als in München für die Pinakothek der Moderne.

    Aktuell mag es leider etwas anders aussehen. Die Nachkriegsgeneration, die viel aufgebaut hat und ihrer Heimat verbunden war und gerne gespendet hat, ist überwiegend verstorben. Die Erbengeneration "lebt" lieber.



    zum städtischen Haushalt

    Die "Bürgerstadt" von früher ist heute aber v.a. Last für den kommunalen Haushalt. Weil es eben aus historischen Gründen viel städtisches in Nürnberg gibt, muss die Stadt vieles finanzieren und bezahlen, was in anderen ehemaligen Residenzstädten das Bundesland oder die BRD macht.

    Das beginnt bei der Stadtbibliothek, die einer der ältesten Bibliotheken ist und entsprechend viele alte und wertvolle, dadurch aber unterhaltsteure Werke ihr eigen nennt. Das geht weiter über Grünflächen, die bis auf den kleinen Burggarten von der Stadt unterhalten werden müssen (anders als bspw. der Englische Garten in München, der vom Freistaat getragen wird) und eine umfangreiche städtische Museumslandschaft. Setzt sich fort bei den Theatern hier, die bis vor kurzem fast komplett von der Stadt finanziell unterstützt bzw. getragen wurden (anders als bspw. in Coburg, wo das Theater aus historischen Gründen seit 100 Jahren zu einem erheblichen Teil vom Freistaat finanziert wird) und hört beim kommunalen Schul- und Bildungswesen nicht auf. Die neue TU Nürnberg ist die erste Hochschule, die nicht von der Stadt gegründet, aufgebaut und eine gewisse Zeit voll finanziert wurde.


    Das und noch ein paar andere Dinge sind aus meiner Einschätzung die Hauptgründe, warum es der Stadt finanziell eher mau geht. D.h. eigentlich wäre einiges an Geld da, vielleicht sogar genug. Das wird aber oft für Dinge ausgegeben, die eigentlich eine andere staatliche Ebene bezahlten müsste. Teils unfreiwillig, teils freiwillig wie auch beim Frankenschnellweg, der kreuzungsfrei ausgebaut eigentlich eine Autobahn ist und damit in der Baulast des Bundes läge.



    Vor- und Nachteile ÖPP

    hier gäbe es viel zu schreiben. ich will nur den Preis diskutieren:

    Private bauen i.d.R. günstiger. Das liegt an schlankeren Strukturen, anderen Vergabeverfahren und -möglichkeiten, weniger Bürgerbeteiligung, Führungskräfte können stärker über Boni und Provisionen motiviert werden, was sie zu besseren Antreibern und Kontrolleuren macht (und damit die Baupreise etwas drücken kann, bspw. über rigoroses Ablehnen von Nachträgen und Einbehalten).

    Die öff. Hand finanziert sich i.d.R. günstiger, da sich wegen größerer Sicherheit geringere Zinsen zahlt. Aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen, ist dieser Vorteil kaum noch vorhanden.

    => ÖPP könnte hier also schon eine Möglichkeit sein (ähnlich den neuen Schulgebäuden in Nürnberg, die überwiegend ÖPP waren / sind).



    um dann noch was zum Konzertsaal zu schreiben:

    ich kann die Entscheidung zum Stopp immer noch nicht verstehen oder nachvollziehen.

    Die Planungen waren weit fortgeschritten, Gutachten gemacht, viele Aufträge schon vergeben, was den Firmen mindestens eine Entschädigung für ihren bisherigen Aufwand und ggf. entgangenen Gewinn bringt, Zuschüsse zugesagt. D.h. man versenkt hier +/- 15% des Gesamtaufwands, oder sogar +/- 50% des städtischen Anteils. Rational wäre eine Weitermachen und sogar ein schneller Bauen gewesen. Das hätte dann die lokale Bauwirtschaft vor dem zu erwartendem Loch im Gewerbebau etwas bewahrt.

    Weiterhin war der Konzertsaal als Ausweichquartier für die Sanierung von Oper und Meistersingerhalle geplant. Eben weil kein Geld für ein temporäre Zwischenlösung verschwendet werden sollte, wurde ein ordentlicher Saal beschlossen und geplant. Wie das nun ohne Ausweichstätte funktionieren soll, muss der neue OB und seine Kulturbürgermeisterin erklären. Entweder es gibt mindestens 5 Jahre keine Opern, oder keine Konzerte oder doch eine temporäre Zwischenlösung, die dann verloren ist. Alternativ könnte es natürlich auch keine Sanierungen von Oper und Meistersingerhalle geben. Dann würde die Stadt wirklich richtig viel Geld "sparen".


    Übrigens, Nürnberg hat noch keinen Konzertsaal. Zumindest Oper und Meistersingerhalle sind das definitiv nicht! Das eine ist ein Opernhaus, das andere eine Multifunktionshalle, in der auch Konzerte stattfinden.

    Wenn dann könnte man höchstens den Musiksaal der Nürnberger Symphoniker (https://www.nuernbergersymphon…saal-in-der-kongresshalle) sowie den Probesaal der HfM (https://www.hfm-nuernberg.de/f…9949_klein_f6b645541c.jpg) als Konzertsäle bezeichnen. Allerdings mit 500 bzw. ca. 200 Plätzen dann doch etwas zu klein für große Konzerte und eine Metropole wie Nürnberg.

  • In der geschätzten Lokalpresse wird spekuliert, ob der Freistaat nicht stärker bei den kommunalen Haushaltslöchern einsteigen sollte, u.a. bei Flughafen und Messe, wo Stadt und Freistaat jeweils Gesellschafter sind. Die Überschrift des Artikels lautet aber

    "Konzertsaal Nürnberg: Steigt der Freistaat doch ein?"


    Ich hatte verwundert, aber auch leicht hoffnungsfroh begonnen zu lesen. Zunächst mal ist der Freistaat, wie es im Artikel auch steht, ja schon mit dem Löwenanteil der Kosten mit an Bord. Aber dann stellt es sich beim weiteren Lesen heraus, dass es sich um die Darstellung der Gedanken einzelner Lokalpolitiker handelt. Konkretes ist jedenfalls noch nicht bekannt. Aber ich fühle mich in meiner Einschätzung bestätigt, dass diese städtische Entscheidung ein Kurzschluss war: Planungskosten schon ausgegeben, womögliche Regresspflichten hervorgerufen, Zuschüsse des Freistaats gefährdet, durch jahrelangen Aufschub und entsprechende Baukostensteigerungen Zusatzkosten verursacht, bisherige Rotationspläne bei der Opernhaussanierung konterkariert und dazu noch einen mindestens bundesweiten großen Imageschaden in der Kulturszene verursacht.


    Ich verstehe nicht, warum die Verantwortlichen bei der Stadt nicht zuerst die Möglichkeiten der Finanzierung vollständig abgeklärt haben. Warum hat man nicht das Konzerthaus vorerst noch im städtischen Haushalt belassen? In den Jahren 2021 und 2022 wären da ja noch nicht mal übergroße Kosten zu Buche geschlagen, solange man noch mit Baumschützern diskutiert, ob überhaupt eine Baugrube ausgehoben wird... Den Stecker hätte man also in ein paar Monaten auch noch ziehen können, wenn es wirklich sein muss.


    (Kann natürlich sein, dass das alles schon abgeklärt war. Aber bis zum SPD-Vertreter in der Konzerthauskommission, Stadtrat Blaschke, hat es sich dann iinerhalb der Stadtratskoalition offenbar noch nicht herumgesprochen.)